Urteil des OLG Hamburg vom 29.06.2010

OLG Hamburg: Rechtsanwaltsgebühren: Ausübung des Bestimmungsrechtes bei der Bestimmung der Gebührenhöhe; Bindungswirkung

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Rechtsanwaltsgebühren: Ausübung des Bestimmungsrechtes bei der Bestimmung der
Gebührenhöhe; Bindungswirkung
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg 9. Zivilsenat, Beschluss vom 29.06.2010, 9 W 29/10
§ 14 Abs 1 RVG, § 315 Abs 2 BGB
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers vom 28.4.2010 gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom
15.4.2010 (Az.: 332 O 142/09) wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber
unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
zurückgewiesen mit der Begründung, ein Rechtsanwalt sei an sein einmal ausgeübtes Ermessen zur
Bestimmung der Rahmengebühr nach § 14 RVG gebunden. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine
abweichende Entscheidung.
Das Gestaltungsrecht aus § 14 Abs. 1 RVG ist, sobald die Erklärung dem Empfänger zugegangen ist, durch
seine Ausübung verbraucht. Die Erklärung kann durch den Rechtsanwalt nicht mehr geändert oder widerrufen
werden, es sei denn, er hat sich eine Erhöhung ausdrücklich vorbehalten, ist über Bemessungsfaktoren
getäuscht worden oder hat einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen (Mayer in
Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert u.a., RVG, 19. Auflage 2010 § 14 Rn 4). Zwar kann die Bindung des
Rechtsanwalts sich nur auf eine Ermessensausübung beziehen, die sich in dem vom Gesetz eingeräumten
Ermessensspielraum hält, so dass eine Bindungswirkung bei Ermessensunter- oder überschreitung entfällt.
Allerdings ist eine Neubewertung dann ausgeschlossen, wenn der betreffende Umstand dem Rechtsanwalt
bereits bei der ersten Ausübung des Gebührenermessens bekannt war oder sein musste (Römermann in
Hartung/Römermann, RVG, § 14 Rn 78).
Vorliegend ist kein Umstand gegeben, der den Rechtsanwalt grundsätzlich zu einer erneuten Ausübung des
Gebührenermessens berechtigt. Die Änderung der ursprünglichen Kostennote geht, ausweislich des
Anschreibens hierzu, vielmehr auf eine Innenrevision der Buchhaltung zurück. Die mit der Beschwerde
vorgebrachten Gesichtspunkte zur Bestimmung der Höhe der Gebühr waren allesamt bei der erstmaligen
Ausübung des Gebührenermessens bekannt. Daher scheidet eine Neubewertung aus. Auch für eine
Billigkeitsentscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ist in einem solchen Fall kein Raum.
Die vom Antragsteller angeführte Entscheidung des OLG Koblenz vom 21.4.2009 verhilft der Beschwerde
ebenfalls nicht zum Erfolg, da die Entscheidung eine andere Fallkonstellation betrifft und mithin die
Ausführungen des Gerichts vorliegend keine Anwendung finden.
Schließlich führt auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin nach Erteilung der geänderten Kostennote vom
29.1.2009 eine Zahlung vorgenommen hat, zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn der mit der Kostennote
geltend gemachte Betrag wurde durch die Antragsgegnerin nicht gezahlt, sondern ein wesentlich geringerer
Betrag. Eine vorbehaltlose Genehmigung der Kostennote oder ein Anerkenntnis erfolgte daher nicht.