Urteil des OLG Hamburg vom 16.12.2013

OLG Hamburg: einstweilige verfügung, werbung, warentest, stiftung, verbraucher, verkehr, veröffentlichung, produkt, anzeige, begriff

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Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg 5. Zivilsenat, Urteil vom 16.12.2013, 5 U 278/11
§ 3 Abs 1 UWG
Verfahrensgang
vorgehend LG Hamburg, 22. August 2011, Az: 408 HKO 87/11, Urteil
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen
vom 22.08.2011, Geschäftszeichen408 HKO 87/11, wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen Printwerbung der Antragsgegnerin für die Margarine „...“.
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der
gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere die Achtung darauf, dass die Regeln des
lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die Antragsgegnerin stellt her und vertreibt Lebensmittel, und zwar unter anderem die Margarine „...“ und die
hier streitgegenständliche„...“.
Die Antragsgegnerin hat für ihr Produkt „...“ in einer am 22. Juni 2011 in der Zeitschrift „L...“ erschienenen
Werbeanzeige wie aus der Anlage A 1 ersichtlich, auf die wegen der näheren Ausgestaltung Bezug
genommen wird, geworben. Dort heißt es u.a. „Nr. 1 im Geschmack“ und „Probieren Sie jetzt selbst den
Testsieger* im Geschmack!“
Der in der untersten Zeile der streitgegenständlichen Werbung enthaltene Text in Schriftgröße 6,6 pt lautet
wie folgt:
„*Verbrauchertest 2011 eines unabhängigen Marktforschungsinstituts im Auftrag von Unilever mit 750
Verbrauchern. Im Test Margarine und pflanzliche Streichfette“.
Der Antragsteller hält die Werbung für wettbewerbswidrig. Eine Abmahnung des Antragstellers vom
04.07.2011 ist ohne Erfolg geblieben (Anl. A 2, A 3).
Das Landgericht Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, hat antragsgemäß durch Beschluss vom
29.07.2011 eine einstweilige Verfügung mit nachfolgendem Tenor erlassen:
„Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche
Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann,
einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall
höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
verboten,
im geschäftlichen Verkehr für das Produkt „...“ mit der Wiedergabe von Testurteilen zu werben, ohne
die Fundstelle der Veröffentlichung in leicht und eindeutig nachprüfbarer Weise wiederzugeben, bzw.
ohne die näheren Umstände des Tests zu erläutern, indem blickfangmäßig geworben wird:
1. „Nr. 1 im Geschmack“,
2. „Probieren Sie jetzt selbst den Testsieger* im Geschmack!“
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(gemäß Inserat „L...“, Heft Nr. 22 vom 22. Juni 2011, Seite 7 - Anlage A 1).“
Die Beschlussverfügung, auf die ergänzend Bezug genommen wird, war mit einer Farbkopie der
streitgegenständlichen Werbung gemäß Anlage A 1 verbunden.
Im Widerspruchsverfahren hat die Antragsgegnerin u.a. vorgetragen:
Die streitgegenständliche Werbung sei auch unter Berücksichtigung der Kriterien der Rechtsprechung zur
Werbung mit Testergebnissen zulässig. Danach sei bei der sog. Testhinweiswerbung zwar grundsätzlich eine
Fundstellenangabe erforderlich. Dies werde damit begründet, dass den Testergebnissen von Testinstituten,
Fachzeitschriften und sonstigen unabhängigen Dritten aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ein
besonderes Gewicht zukomme. Hier werbe sie, die Antragsgegnerin, aber ohne Benennung des
Marktforschungsinstituts, das von ihr beauftragt worden sei. Es werde also gerade nicht der gute Ruf eines
Dritten für eigene Werbezwecke eingesetzt. Aus dem Text werde für den Verbraucher deutlich, dass es sich
um einen von der Antragsgegnerin selbst in Auftrag gegebenen Test handele.
Die Angaben seien darüber hinaus zutreffend und nicht irreführend. Auch liege keine Irreführung durch
Unterlassen vor.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 29. Juli 2011 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten
Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller hat beantragt
,
die einstweilige Verfügung vom 29. Juli 2011 zu bestätigen.
Der Antragsteller hat u.a. geltend gemacht:
Die Werbung der Antragsgegnerin sei unlauter und verstoße gegen §§ 3, 6 II Nr. 2 UWG. Durch die
Formulierung „Testsieger“ lehne sich die Antragsgegnerin bewusst an Begrifflichkeiten an, die Institutionen
wie die „Stiftung Warentest“ verwendeten; wer im geschäftlichen Verkehr mit derartigen Testurteilen werbe,
müsse hierauf deutlich lesbar hinweisen und die Fundstelle des Tests unzweideutig erkennen lassen.
Im Übrigen sei die Werbung irreführend im Sinne der §§ 5, 5a UWG bzw. § 11 I 1 Nr. 1 LFGB.
Das Landgericht Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, hat mit am 22.8.2011 verkündeten Urteil die
einstweilige Verfügung bestätigt. Hierbei hat das Landgericht seine Entscheidung darauf gestützt, dass die
angegriffene Werbung gegen die vom BGH entwickelten Kriterien der Testhinweiswerbung im Sinne des § 3
UWG verstoße. Die zur Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest entwickelten Kriterien, dass
eine Fundstelle anzugeben sei, seien auch auf die streitgegenständliche Werbung mit dem Ergebnis eines
Verbrauchertests übertragbar.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten
Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und ergänzt diesen wie folgt:
Zu Unrecht habe das Landgericht die einstweilige Verfügung bestätigt. Die vom Landgericht vertretene
Rechtsauffassung sei nicht zutreffend. Es bestehe keine generelle Pflicht des Werbenden, alle zur
Nachprüfung des Testergebnisses erforderlichen Umstände proaktiv zu veröffentlichen. Das Landgericht habe
seine Wertung und Entscheidung auf Grundsätze, die zur Werbung mit Testergebnissen der Stiftung
Warentest ohne Angabe der Fundstelle entwickelt worden seien, gestützt. Die Rechtsprechung zur
Testhinweiswerbung bei von der Stiftung Warentest durchgeführten Testreihen beruhe jedoch darauf, dass die
Stiftung Warentest selbst entsprechende Vorgaben mache (vgl. Anl. AG 2 Werbevorgaben der Stiftung
Warentest). Diese Grundsätze seien jedoch nicht auf Verbrauchertests, die der Werbende selbst in Auftrag
gegeben habe, anzuwenden. Der Umstand, dass es sich nicht um einen unabhängigen Warentest handele,
werde in der angegriffenen Werbung im Anzeigentext eindeutig kommuniziert. Soweit sich das Landgericht
auf eine Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts, abgedruckt in WRP 2007, 557, beziehe,
übertrage das Landgericht in unzutreffend verallgemeinernder Weise die Grundsätze der Entscheidung auf
den Streitfall. Das Landgericht habe die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts unzutreffend
wieder gegeben. Das Hanseatische Oberlandesgericht habe nicht ausgeführt, die Empfehlung der Stiftung
Warentest enthalte einen allgemeinen Grundsatz, der für jedwede Testhinweiswerbung gelte, um die
notwendige Transparenz herzustellen. Nur die Werbung mit Testergebnissen aus Fachzeitschriften sei
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Gegenstand der Entscheidung gewesen. Das Landgericht weite die vom BGH aufgestellten Grundsätze zur
Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest auf Eigentests bzw. selbst in Auftrag gegebene Tests
aus. Es sei nicht ersichtlich, woraus sich eine Verbrauchererwartung ergeben solle, dass ein Test im Sinne
eines Nachvollziehens der Testdetails und des Testverlaufes in Einzelschritten veröffentlicht werden müsse.
Eine solche Handhabung sei im Lebensmittelmarkt bislang völlig unüblich (Beweis:
Sachverständigengutachten). Es sei nicht verständlich, aus welchen Gründen das Landgericht davon
ausgehe, die streitgegenständlichen Aussagen
Testsieger* im Geschmack!“ würden bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Assoziation an die
Stiftung Warentest wecken. Die Aussage
untypische Formulierung; derartige allgemeinsprachliche Formulierungen könnten nicht allgemein untersagt
werden.
Die Forderung des Landgerichts, eine Fundstelle des Tests oder die näheren Umstände des Tests zu
veröffentlichen, berücksichtige nicht, dass die Testergebnisse eines Marktforschungsinstituts in ihrer
üblichen Gestaltung für den Verbraucher gänzlich unverständlich seien. Die von ihr bereits angegebenen
Merkmale, dass viele Verbraucher an dem von ihr in Auftrag gegebenen Verbrauchertest teilgenommen
hätten und um welche Art von Vergleichsprodukten es gegangen sei, müsse ausreichen, um den Verbraucher
angemessen zu informieren. Mit der Wertung des OLG Bremen (GRUR-RR 2011,147) setze sich das
Landgericht ausdrücklich nicht auseinander. Zwar habe dem vom OLG Bremen entschiedenen Sachverhalt
die abweichende Werbeaussage „Meine Nr. 1“ zugrunde gelegen, darauf komme es aber nicht entscheidend
an, denn wesentlich an der Entscheidung sei gewesen, dass es auch im dortigen Fall um einen
Verbrauchertest gegangen sei. Das OLG Bremen habe zutreffend zwischen den unterschiedlichen
Erwartungen eines Verbrauchers bei Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest und
Verbrauchertests unterschieden.
Auch liege offensichtlich kein Verstoß gegen § 5a II UWG vor. Um einen Verbraucher vor einer Irreführung zu
schützen sei nicht erforderlich, dass dieser Einsicht in die Testunterlagen erhalte. Sie habe sichergestellt,
dass beim Verbraucher kein falscher Eindruck erweckt werde. Das reiche aus.
Im Übrigen habe sie sich hinsichtlich ihrer werblichen Angabe abgesichert; die durchgeführte Umfrage könne
die getätigte Werbeaussage belegen. Die Werbeanzeige enthalte ausschließlich zutreffende Angaben. Die
streitgegenständlichen Angaben „Nr. 1 im Geschmack“ und „Probieren Sie jetzt selbst den Testsieger* im
Geschmack!“ stellten den farblich am stärksten kontrastierenden Hinweis in der Anzeige dar. Am unteren
Ende der Anzeige sei im Sternchentext eine ausreichende Erklärung für die oben stehende Auslobung
aufgeführt. Die streitgegenständlichen Angaben seien in der ganzseitigen Anzeige auf wenigen Zentimetern
im unteren Bereich konzentriert, sodass die Angaben wegen des engen räumlichen Zusammenhangs, der
auch durch den Sternchenhinweis eine Verbindung der werblichen Angabe mit der Erläuterung schaffe, vom
Verbraucher im Zusammenhang wahrgenommen würden. Die Angaben seien durch einen umfassenden
Verbrauchertest abgesichert worden. Eine weitere Erläuterung der Testdetails oder eine Fundstellenangabe
mit einer Veröffentlichung des Gesamttests bedürfe es nicht.
Die Antragsgegnerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22.08.2011, Az: 408 HKO 87/11, aufzuheben und den
Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Antragsteller verteidigt das landgerichtliche Urteil.
Ergänzend trägt er u.a. wie folgt weiter vor: Die Darstellung der Antragsgegnerin, es sei unstreitig, dass die
streitgegenständliche Werbung ausschließlich zutreffende Angaben enthalte, treffe nicht zu. Auch die von der
Antragsgegnerin vertretene Auffassung, der Erläuterungstext zum Sternchenhinweis werde „zwingend im
Zusammenhang wahrgenommen“, sei unrichtig. Das Gegenteil sei der Fall. Die Einzelheiten des
durchgeführten Geschmackstests seien für ihn, den Antragsteller, nicht nachvollziehbar, da die vorgelegte
Anlage AG 1 nicht vollständig sei. Die Antragsgegnerin habe es versäumt, die statistische Auswertung zur
genauen Testdurchführung vorzulegen, insbesondere mitzuteilen, wie gewährleistet worden sei,
Blindverkostungen durchzuführen.
Die Antragsgegnerin könne nicht hinweg diskutieren, dass sie sich durch ihre Wortwahl eindeutig an die
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Gepflogenheiten der Stiftung Warentest angelehnt habe. Daher müssten auch die strengen Maßstäbe gelten,
wie sie die Rechtsprechung für Testhinweiswerbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest oder von
Fachzeitschriften verlange.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung sowie
die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf die
Sitzungsniederschriften vom 22.08.2011 und 21.11.2013 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist nicht begründet. Dem Antragsteller steht gegen die
Antragsgegnerin ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3 I, 8 UWG zu. Die angegriffene Werbung ist unlauter.
1. Streitgegenstand des zunächst formulierten Antrags ist das Verbot,
im geschäftlichen Verkehr für das Produkt „...“ mit der Wiedergabe von Testurteilen zu werben,
ohne die Fundstelle der Veröffentlichung in leicht und eindeutig nachprüfbarer Weise wiederzugeben,
bzw. ohne die näheren Umstände des Tests zu erläutern,
indem blickfangmäßig geworben wird:
1. „Nr. 1 im Geschmack“,
2. „Probieren Sie jetzt selbst den Testsieger* im Geschmack!“
(gemäß Inserat „L...“, Heft Nr. 22 vom 22. Juni 2011, Seite 7- Anlage A 1).
a. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2013
klargestellt, dass die Verknüpfung der Antragsbestandteile im zweiten Absatz des Antrages durch die
Konjunktion „bzw.“ als „anderenfalls“ zu verstehen ist, ferner, dass die aufgezählten, blickfangmäßig
hervorgehobenen Werbeangaben („1. „Nr. 1 im Geschmack“, 2. „Probieren Sie jetzt selbst den Testsieger* im
Geschmack!“) gedanklich durch ein „und“ miteinander verknüpft sein sollen. Die Angabe „gemäß“ im
Klammerzusatz des Antrages ist als „wie geschehen in“ gemeint, wie der Prozessbevollmächtigte ebenfalls
klargestellt hat.
Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrags ist daher die konkrete
Verletzungsform. Der Klageantrag enthält zwar abstrakte Umschreibungen („…für das Produkt „...“ mit der
Wiedergabe von Testurteilen zu werben, ohne die Fundstelle der Veröffentlichung in leicht und eindeutig
nachprüfbarer Weise wiederzugeben, ...”). Der Antrag wird aber sodann durch einen Hinweis auf die konkret
beanstandete Verletzungshandlung näher bestimmt („gemäß“ im Sinne von „wie geschehen in“). Anders als
Antragsfassungen, die die konkrete Verletzungsform nur als Beispiel heranziehen, wird durch die unmittelbare
Bezugnahme auf die konkrete Werbeanzeige durch die Wendung „gemäß“ im Sinne von „wie geschehen in”
im Streitfall deutlich gemacht, dass Gegenstand des Antrags allein die konkrete Werbeanzeige sein soll
(BGH, GRUR 2006, 164 Rdnr. 14 = NJW-RR 2006, 257 = WRP 2006, 84 – Aktivierungskosten II; GRUR
2007, 981 Rdnr. 18 = NJW 2008, 231 = WRP 2007, 1337 – 150% Zinsbonus; GRUR 2010, 749 Rdnr. 36 =
WRP 2010, 1030 – Erinnerungswerbung im Internet; GRUR 2011, 82 Rdnr. 34 = WRP 2011, 5 – Preiswerbung
ohne Umsatzsteuer; GRUR 2011, 340 Rdnr. 21 = NJW-RR 2011, 398 = WRP 2011, 459 – Irische Butter).
b. Der Antragsteller hat die Werbeanzeige unter mehreren unterschiedlichen tatsächlichen Gesichtspunkten
als unlauter bzw. irreführend beanstandet. Dabei stützt er sich in erster Linie auf den Gesichtspunkt der
Unlauterkeit der Werbung nach §§ 3 I, 8 UWG im Zusammenhang mit den von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätzen zur Testhinweiswerbung, wie sich den Protokollerklärungen erster Instanz
entnehmen lässt.
2. Die angegriffene Werbung der Antragsgegnerin ist nach §§ 3 I, 8 UWG unlauter, weil in ihr mit einem
„Testergebnis“ ohne ordnungsgemäße Fundstellenangabe geworben wird. Die im Erläuterungstext enthaltenen
Angaben zum durchgeführten Verbrauchertest waren nicht geeignet, dem angesprochenen Verkehr die
erforderlichen Informationen zu verschaffen.
a. Nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen ist eine geschäftliche Handlung in Gestalt einer Werbung
mit einem Testergebnis ohne Angabe der Fundstelle der Veröffentlichung unlauter und geeignet, die
Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen (BGH GRUR 1991, 679, 680 - Fundstellenangabe).
Der BGH geht davon aus, dass es den an dem Test Interessierten durch die fehlende Fundstelle nicht nur
unerheblich erschwert werde, sich den Test zu beschaffen. Die Ergebnisse der Untersuchungen der Stiftung
Warentest stießen in der Bevölkerung auf besonderes Interesse und auf Akzeptanz, so dass das Bedürfnis,
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dem Verbraucher ein Aufsuchen des gesamten Testberichts durch Anführen der Fundstelle zu erleichtern, in
besonderem Maße gegeben sei. Diese Grundsätze, die für Testhinweise auf durch die Stiftung Warentest
durchgeführte Testreihen entwickelt wurden und auch für Werbung mit Testhinweisen auf durch
Fachzeitschriften durchgeführte Produkttests gelten (so auch KG MD 1993, 286 ff.; KG MD 2001, 546, 548;
OLGR Schleswig, 2001, 393 ff. und Hans. OLG in WRP 2007, 557), muss die Antragsgegnerin im Streitfall
gegen sich gelten lassen, auch wenn ihre Werbung – unstreitig – nicht auf einem durch die Stiftung
Warentest oder eine Fachzeitschrift durchgeführten Test beruht, sondern auf einer von ihr selbst veranlassten
Verbraucherbefragung. Eine Übertragung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur
Testhinweiswerbung auf die streitgegenständliche Werbung der Antragsgegnerin ist zulässig und geboten, da
der Eindruck vermittelt wird, die werblichen Angaben beruhten auf von dritter Seite – unabhängig -
durchgeführten Testreihen. Die Antragsgegnerin macht sich durch die Aufmachung ihrer Werbung die
Neutralität von Testergebnissen (wie etwa solchen der Stiftung Warentest) zu Eigen. Dies geschieht nicht
ohne Grund, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Durch unabhängige Dritte ermittelten
Testergebnissen kommt wegen ihrer Neutralität eine äußerst wichtige Bedeutung für die
Auswahlentscheidung der Verbraucher zu. Derartige Angaben sind besonders werbewirksam.
b. Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage nach § 3 UWG ist, wie der angesprochene Verkehr die
beanstandete Werbung versteht. Da sich die streitgegenständliche Werbung in der Frauenzeitschrift „L...“ an
allgemeine Verkehrskreise wendet, zu denen auch die Mitglieder des Senats zählen, kann der Senat aus
eigener Kenntnis beurteilen, wie die Werbeslogans „Nr. 1 im Geschmack“ und „Probieren Sie jetzt selbst den
Testsieger* im Geschmack!“ in der konkreten Aufmachung der Werbung von den in Betracht kommenden
Verkehrskreisen verstanden werden (vgl. BGH, GRUR 1965, 363, 365 – Fertigbrei).
aa. Der Antragsteller hat folgendes Verkehrsverständnis vorgetragen: Durch die Formulierung „Testsieger“
lehne sich die Antragsgegnerin bewusst an Begrifflichkeiten bzw. Formulierungen an, die Institutionen wie die
„Stiftung Warentest“ verwendeten. Dieses Verkehrsverständnis sei im Kontext der beanstanden Werbung
zutreffend. Der Senat teilt diese Auffassung. Mit der Wahl des Begriffes „Testsieger“ knüpft die
Antragsgegnerin an Vergleichstests an, wie sie insbesondere von der Stiftung Warentest oder
Fachzeitschriften für bestimmte Produkte durchgeführt werden. Auch wenn der Begriff „Testsieger“ dem
allgemeinen Sprachgebrauch entnommen ist, erwartet der durchschnittlich informierte und situationsadäquat
aufmerksame Verbraucher nach dem maßgeblichen Gesamteindruck der streitgegenständlichen Anzeige,
dass die Werbung auf verifizierbare und neutral durchgeführte Testreihen Bezug nimmt.
bb. Diese Erwartung wird beim angesprochenen Verbraucher insbesondere durch die optisch besonders
hervorgehobene Formulierung „Probieren Sie jetzt den Testsieger….“, hier in dunkelblauer Schrift vor gelben
Hintergrund, geweckt. Auch die blickfangmäßig herausgestellte Angabe „Nr. 1…..“, dargestellt in einer
stilisierten Goldmünze, verstärkt diesen Eindruck zusätzlich, denn die Wortwahl „Nr. 1“ und nicht etwa „Meine
Nr. 1“, lässt auf eine neutrale Bewertung schließen.
Der Verbraucher geht aufgrund der Angaben „Nr. 1 im Geschmack“ und „Probieren Sie jetzt selbst den
Testsieger* im Geschmack!“ daher davon aus, dass „...“ als bestes Produkt im Rahmen eines unabhängigen
Tests hervorgegangen ist.
cc. Einem derartigen Verbraucherverständnis steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin ihren Testsieg
für den Geschmack ihres Produktes auslobt. Der Geschmack eines Produktes mag zwar nicht zu den
Prüfungskriterien der Stiftung Warentest bei Durchführung von Produkttests zählen. Indes werden nach
Kenntnis der Mitglieder des Senats bei Lebensmitteln, beispielsweise bei Wein, Tee oder Kaffee, auch
Geschmackstests von unabhängiger Seite durchgeführt. Daher gibt die Aussage „Testsieger im Geschmack“
dem Verbraucher keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die ausgelobte Erstplatzierung nicht im Rahmen
eines unabhängig durchgeführten Tests ermittelt worden wäre.
Auch das Fehlen des Testsieger-Logos der Stiftung Warentest oder des Logos einer anderen Fachzeitschrift
führt bei der streitgegenständlichen Werbung nicht dazu, ein vom vorstehend dargelegten Verständnis
abweichendes Verbraucherverständnis im Zusammenhang mit dem Begriff „Testsieger“ anzunehmen. Die
angesprochenen Verkehrskreise werden aufgrund des Fehlens des Logos der Stiftung Warentest allenfalls
davon ausgehen, dass der Test nicht durch die Stiftung Warentest erfolgte. Es bleibt jedoch bei der
Vorstellung einer unabhängigen Testdurchführung aufgrund des herausgestellten Begriffes „Testsieger“. Auch
die stilisiert dargestellte Goldmünze weckt im konkreten werblichen Umfeld Assoziationen an
Leistungsprämierungen durch unabhängige Institutionen. Eine Verleihung von Medaillen für Bestleistungen ist
dem angesprochenen Verkehr nicht nur aus dem Bereich des Sports, sondern auch aus anderen Bereichen
bekannt. Ohne dass es auf diesen Umstand entscheidungsrelevant ankommt, erinnert die von der
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Antragsgegnerin in der streitgegenständlichen Werbung verwendete stilisierte Goldmünze an Auszeichnungen
für Lebensmittel, wie sie von der „Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG)“ vergeben werden. Diese
erteilt geprüften Lebensmitteln Medaillen in Gold, Silber oder Bronze.
Schließlich genügt es nicht, im Erläuterungstext darauf hinzuweisen, dass der Verbrauchertest im „Auftrag
von ...“ durchgeführt worden ist. Hierdurch wird der Eindruck eines verifizierbaren Tests durch eine
unabhängige Einrichtung nicht hinreichend korrigiert, zumal an dieser Stelle auch ausdrücklich auf die
Durchführung seitens eines „unabhängigen Marktforschungsinstitutes“ hingewiesen wird.
dd. Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Entscheidung des OLG Bremen (OLG Bremen, Urteil
vom 27.08.2010, 2 U 62/10 - „Meine Nr. 1“) rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des
streitgegenständlichen Falles, denn sie befasst sich mit dem im dortigen Fall verwendeten Begriff „Meine Nr.
1“, der mit ausreichender Deutlichkeit darauf schließen lassen kann, dass in der dort angegriffenen Werbung
eine „Eigenbelobigung“ aufgrund einer vom Hersteller bezahlten Verbraucherumfrage vorlag.
c. Angesichts des Umstandes, dass die Antragsgegnerin durch ihre Werbung den Eindruck der Bewertung
durch eine unabhängige Institution erweckt und nach Auffassung des Senates die nach höchstrichterlicher
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Testhinweiswerbung daher anzuwenden sind, genügen die im
Erläuterungstext gegebenen Informationen den Anforderungen nicht: Es fehlt eine Fundstellenangabe. Selbst
wenn eine solche hier nicht zu verlangen wäre, sind die Angaben in dem mit „*“ gekennzeichneten
Erläuterungstext über das nicht näher bezeichnete Marktforschungsinstitut, die Anzahl der Testpersonen und
über die nur gattungsmäßig als „Margarine und pflanzliche Streichfette“ bezeichneten Testprodukte nicht
ausreichend, um dem Verbraucher ausreichende Informationen über die näheren Umstände des
durchgeführten Vergleichstests zu verschaffen.
d. Die Frage, ob die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Testhinweiswerbung generell auf
Konsumentenbefragungen/Verbrauchertests anwendbar sind, muss der Senat aus Anlass dieses
Rechtsstreites nicht entscheiden. Ferner kommt es auf die Frage, ob die Werbung auch irreführend ist, nach
der Formulierung des zur Entscheidung gestellten Antrages nicht an.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die vom Antragsteller in Ansehung seines Antrages
vorgenommen Erklärungen erfolgten ausschließlich zur Klarstellung. Diese Klarstellungen ziehen keine
Kostenfolge nach sich.