Urteil des OLG Hamburg vom 18.10.2010

OLG Hamburg: Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Anforderungen an die Darlegung des Unfallschadens bei früherer Beschädigung im selben Schadensbereich

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Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Anforderungen an die Darlegung des Unfallschadens bei früherer
Beschädigung im selben Schadensbereich
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg 14. Zivilsenat, Beschluss vom 18.10.2010, 14 W 89/10
§ 249 Abs 2 S 1 BGB
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer
31, vom 09.09.10- Gesch-Nr.: 331 O 361/09 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die am 27.09.10 per Fax bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3
ZPO zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht das
Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers abgelehnt, weil sich nicht feststellen lässt, dass der geltend
gemachte Schaden am Audi A 4 durch die behauptete Kollision mit dem bei der Antragsgegnerin versicherten
Kraftfahrzeug verursacht worden und damit gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzen ist.
1. Unstreitig war das Fahrzeug des Antragstellers auf Grund des Unfallgeschehens vom 21.01.09 im linken
Seitenbereich vorbeschädigt. Das Ausmaß dieses Schadens geht aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten
Reparaturkosten-Kalkulation des Sachverständigen A. H. vom 02.02.09 (Anl. B 2) hervor. Der Antragsteller
hätte im Einzelnen darlegen müssen, in welchem Umfang und auf welche Weise dieser Schaden beseitigt
worden sein soll, bevor es am Abend des 15.04.09 zu der angeblichen Kollision mit dem Opel Corsa des
Zeugen J. Z. gekommen ist. Denn er kann nur die Kosten ersetzt verlangen, die zur Wiederherstellung des zu
diesem Zeitpunkt vorhandenen Fahrzeugzustandes erforderlich wären. Der Antragsteller hat indessen trotz
Hinweises des Landgerichts und der Gegenseite nicht ansatzweise dargelegt, wann er durch wen welche
konkreten Maßnahmen zur Schadensbeseitigung hat vornehmen lassen, obwohl er mit seiner Beschwerde
vorträgt, auf mehrfache Mahnungen nicht bezifferte Reparaturkosten bezahlt zu haben. Er hat weder eine
Reparaturwerkstatt benannt noch eine Rechnung über Werkleistungen oder Ersatzteile vorgelegt, obwohl er
dazu bereits am 05.08.09 von der Antragsgegnerin aufgefordert worden war. Die Bezugnahme auf das Zeugnis
des Sachverständigen H., der das Fahrzeug am 24.02.09 nachbesichtigt hat, ersetzt substantiierten
Sachvortrag nicht. Seine Vernehmung würde zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis führen. Die
schriftliche Reparaturbestätigung des Sachverständigen (Anl. K 7 = B 1) ist in Bezug auf den Umfang und die
Qualität der Vorschadensbeseitigung, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ohne jegliche
Aussagekraft. Zu Recht wendet die Antragsgegnerin ein, dass vor diesem Hintergrund das
Sachverständigengutachten P. (Anl. K 2) keine geeignete Grundlage zur Feststellung des ersatzfähigen
Schadens darstellt, denn aus den Angaben auf Seite 1 (Weitere Vorschäden laut Halter: keine) ergibt sich,
dass der Sachverständige über Vorschäden überhaupt nicht unterrichtet worden ist.
2. Erfolglos vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, das Gericht könne jedenfalls einen Mindestschaden
auf der Basis einer hypothetischen Alternativreparatur schätzen. Wie sich aus der in der
Beschwerdebegründung zitierten BGH-Entscheidung (MDR 2010, 1106 ff.). ergibt, setzt eine solche Schätzung
sichere Anknüpfungstatsachen voraus, auf die die Überzeugung des Gerichts gestützt werden kann. Daran
fehlt es vorliegend, weil die Schadensfolgen aus zwei unterschiedlichen Ereignissen wegen der Identität der
Schadensbereiche nicht abgegrenzt werden können und der Antragsteller über den Zustand des Kraftfahrzeugs
vor dem zu beurteilenden zweiten Vorfall keine ausreichenden Angaben macht. Sein Vortrag weist nicht nur
Lücken oder Unklarheiten auf, sondern ist so vage gehalten, dass eine Schadensschätzung völlig in der Luft
hinge und daher willkürlich wäre. In einem solchen Fall verlangt auch der BGH keine Schätzung. Zum Zustand
der Karosserieteile stellt die Beschwerdebegründung vom 14.10.10 auf eine Alternativbetrachtung ab. Dass der
Audi vor dem 15.04.09 mit zwei neuen Felgen und neuem Außenspiegel ausgestattet war, wurde weder
vorgetragen noch unter Beweis gestellt.
3. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den von ihm eingeschalteten
Sachverständigen P. (Anl. K 3). Da das Gutachten nicht konkret ausweist, ob und inwieweit unreparierte
Vorschäden in die Kalkulation eingeflossen sind, ist es von Anfang an keine geeignete Grundlage für den von
der Antragsgegnerin möglicherweise zu regulierenden Schaden gewesen. Die unzureichende Instruktion des
Sachverständigen über die Vorschäden geht zu Lasten des Antragstellers.
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4. Mangels hinreichender Darstellung zum Zustand des Fahrzeugs vor der streitgegenständlichen Kollision
lässt sich der durch eine erforderliche Reparatur bedingte Nutzungsausfall nicht konkretisieren. Insoweit kann
entgegen der Ansicht der Beschwerde ebenfalls nicht auf das Sachverständigengutachten P. abgestellt
werden.
5. Da es an einem erstattungsfähigen Sachschaden fehlt, stehen dem Kläger auch keine Auslagenpauschale
und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu.
Nach allem bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers auch nach seinem
Beschwerdevorbringen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.