Urteil des BFH vom 25.02.2009
BFH: vermietung, verpachtung, kaufvertrag, bauvertrag, kaufpreis, immobilie, subjektiv, erhaltung, einkünfte, privatvermögen
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 25.2.2009, IX R 80/07
Instandsetzungsaufwendungen für Denkmalschutzobjekt während der Vermietungszeit als Veräußerungskosten
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts. Im Jahr 1991 erwarb die Klägerin das Anwesen …, welches in der Folgezeit zur Erzielung von
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt wurde. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 15. Januar
des Streitjahres (1998) veräußerte die Klägerin die …-Grundstücke an K. Nach Ziff. 3 der Kaufvertragsbestimmungen
verpflichtete sich die Klägerin gegenüber K, bis spätestens 31. Dezember 1998 ein auf dem Anwesen befindliches
Mühlrad entsprechend einem von der Klägerin abgeschlossenen Bauvertrag, welcher als Anlage 1 Gegenstand des
Kaufvertrages war, zu renovieren bzw. zu ersetzen. Der genannte, zwischen der Klägerin und einem
Holzbaufachgeschäft abgeschlossene und vom 16. April 1997 datierende Bauvertrag sah vor, dass das Mühlrad
entsprechend einem beigefügten Leistungsverzeichnis für den Betrag von 148 266 DM instand gesetzt und neu
angebracht werden solle. Der Kaufpreis für das Anwesen in Höhe von 716 000 DM wurde nach Ziff. 1 der
Bestimmungen des Kaufvertrages als Festpreis vereinbart; er sollte unabhängig von den der Klägerin im
Zusammenhang mit der notwendigen Erneuerung des Mühlrads tatsächlich entstehenden Kosten zu zahlen sein.
Weiter wurde bestimmt, dass auf das zum Vertragsgegenstand gehörende Mühlrad in dem vom Verkäufer zu
renovierenden Zustand ein Kaufpreisteilbetrag in Höhe von 145 000 DM einschließlich Mehrwertsteuer entfalle. Mit
Nachtrag zum Kaufvertrag vom 17. Juli 1998 wurde der Kaufpreis für das Anwesen einvernehmlich von 716 000 DM um
5 000 DM auf 711 000 DM herabgesetzt; der auf das Mühlrad entfallende Kaufpreisteil blieb insoweit unverändert.
Besitz, Nutzen und Lasten des Grundstücks gingen am 17. Juli des Streitjahres auf K über; zu diesem Zeitpunkt war die
Renovierung des Mühlrades abgeschlossen.
2 In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr machte die Klägerin die Renovierungskosten für das Mühlrad in Höhe
von 116 000 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ die Renovierungskosten nicht zum Abzug als Werbungskosten zu, da
diese veräußerungsbedingt entstanden seien. Der Einspruch der Klägerin, mit dem diese u.a. vortrug, dass das
zuständige Denkmalschutzamt 54 000 DM für die Renovierungsarbeiten am Mühlrad erstattet habe und mithin nur noch
62 000 DM als Werbungskosten geltend gemacht würden, hatte keinen Erfolg.
3 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 290 veröffentlichtem Urteil ab.
4 Mit ihrer Revision vertritt die Klägerin weiter die Auffassung, die Aufwendungen für die Renovierung des Mühlrades
seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Ansatz zu bringen. Zwar habe sie
sich bei Abschluss des Kaufvertrages vom 15. Januar 1998 zur Renovierung des Mühlrades gegenüber K verpflichtet;
der Entschluss für die Renovierung sei indes schon 1994 gefasst worden. Sie sei überdies aufgrund
denkmalschutzrechtlicher Bestimmungen zur Wiederherstellung des Mühlrades verpflichtet gewesen. Die Ausführung
der Renovierungsarbeiten habe sich vor allem wegen der lang andauernden Verhandlungen mit dem
Denkmalschutzamt hinausgezögert. Zu dem für die wirtschaftliche Verursachung maßgeblichen Zeitpunkt der
Beauftragung des Holzbauunternehmens sei die Immobilie vermietet gewesen; daher seien die
Reparaturaufwendungen allein der Vermietungstätigkeit zuzuordnen. Vor diesem Hintergrund sei es ohne Bedeutung,
dass sie, die Klägerin, im Zuge der Veräußerung aufgrund der übernommenen Reparaturverpflichtung einen höheren
Kaufpreis erzielt habe.
5 Die Klägerin beantragt sinngemäß,
6 das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und den Feststellungsbescheid für das Streitjahr vom 12. Januar 2001 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2004 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung unter Ansatz weiterer Werbungskosten in Höhe von 62 000 DM mit ./. 73 521 DM
angesetzt werden.
7 Das FA beantragt,
8 die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
9
II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG
hat die strittigen Aufwendungen zu Recht der Veräußerung der Grundstücke zugeordnet und dementsprechend deren
Abzug als Werbungskosten versagt.
10 1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur
Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind
Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Nach der Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine derartige Veranlassung vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher
Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die
Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Bei während der Vermietungszeit
durchgeführten Renovierungs- oder Instandsetzungsarbeiten ist typisierend davon auszugehen, dass sie noch der
Einkünfteerzielung dienen und die dadurch entstandenen Aufwendungen --unabhängig vom Zahlungszeitpunkt--
grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Hingegen ist der erforderliche
Veranlassungszusammenhang mit der Vermietungstätigkeit nicht gegeben, soweit Aufwendungen allein oder ganz
überwiegend durch die Veräußerung des Mietwohnobjekts veranlasst sind; denn der Verkauf eines solchen zum
Privatvermögen gehörenden Objekts stellt --abgesehen von privaten Veräußerungsgeschäften i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23
EStG-- einen nicht einkommensteuerbaren Vorgang in der Vermögenssphäre dar. Daher können auch damit im
Zusammenhang angefallene Aufwendungen nicht einkommensteuermindernd berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom
14. Dezember 2004 IX R 34/03, BFHE 208, 232, BStBl II 2005, 343, m.w.N.).
11 Werden im Rahmen einer Grundstücksveräußerung vom Verkäufer übernommene Reparaturen durchgeführt, sind die
dafür zu erbringenden Aufwendungen ebenfalls nicht mehr der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, sondern
der nicht einkommensteuerbaren Vermögensebene zuzurechnen. Die Mitveranlassung der Aufwendungen durch die
Abnutzung der Immobilie während der bisherigen Vermietungstätigkeit reicht nicht aus, um den
Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu rechtfertigen; denn der objektive
Zusammenhang der Aufwendungen mit der früheren Einkunftserzielung wird durch die von den Beteiligten gewollte
Verknüpfung mit der nicht einkommensteuerbaren Grundstücksveräußerung überlagert (BFH-Urteil in BFHE 208, 232,
BStBl II 2005, 343, m.w.N.).
12 2. Nach diesen Grundsätzen hat die Revision keinen Erfolg.
13 a) Nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Tatsachenfeststellungen des FG hat sich die Klägerin im
Kaufvertrag vom 15. Januar 1998 gegenüber K verpflichtet, das zu dem veräußerten Anwesen gehörende Mühlrad bis
spätestens 31. Dezember 1998 entsprechend einem von ihr bereits abgeschlossenen Bauvertrag zu renovieren bzw.
zu ersetzen. Soweit das FG hieraus gefolgert hat, dass die Renovierung und Instandsetzung des Mühlrades objektiv
und subjektiv durch die --bereits notarvertraglich vereinbarte-- Veräußerung der Grundstücke veranlasst gewesen sei
und diese die bisherige Vermietungstätigkeit überlagert habe, liegt darin eine jedenfalls mögliche Schlussfolgerung,
die weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze oder allgemeine Auslegungsregeln verstößt. Sie ist
daher mangels erhobener und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend.
14 b) Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Revision greifen nicht durch. Insbesondere kann der Einwand der
Klägerin, die Renovierung des Mühlrades sei bereits zu einem früheren Zeitpunkt --während der andauernden
Vermietung-- geplant gewesen und beauftragt worden, nicht zu einem anderen Ergebnis führen.
15 Denn die typisierende Annahme, während der Vermietungszeit durchgeführte Erhaltungsmaßnahmen dienten noch
der Vermietungstätigkeit, setzt einen für solche Fälle üblichen ("typischen") Geschehensablauf voraus. Im Streitfall hat
die Klägerin diesen typischen Geschehensablauf mit der im Kaufvertrag vom 15. Januar 1998 getroffenen
Vereinbarung, das Mühlrad noch nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages über die Veräußerung des
Anwesens instand zu setzen, verlassen. Zwar ist die Klägerin die Verpflichtung aus dem Bauvertrag bereits zu einem
Zeitpunkt eingegangen, als der Kaufvertrag über das Anwesen noch nicht geschlossen war. Ein hinreichender
Zusammenhang von Erhaltungsaufwendungen mit der Vermietungstätigkeit wird jedoch nicht dadurch hergestellt,
dass zu behebende Schäden bereits vor einer Veräußerung des Mietobjekts festgestellt werden oder ihre Beseitigung
in Aussicht genommen wird; maßgebend ist insoweit der Zeitpunkt der Schadensbeseitigung (BFH-Urteil vom 23.
Januar 1990 IX R 17/85, BFHE 159, 491, BStBl II 1990, 465; vom 10. Oktober 2000 IX R 15/96, BFHE 193, 318, BStBl II
2001, 787, unter II. 2. a) a.E.). Im Zeitpunkt der Schadensbeseitigung hat die Klägerin indes die hierfür anfallenden
Aufwendungen aufgrund einer eigenen Willensentscheidung mit der Veräußerung des Mietobjektes vertraglich
verknüpft und hierbei auch erreicht, dass sie aus der Veräußerung der Grundstücke einen höheren
Veräußerungserlös erzielt hat. Denn nach den Vereinbarungen im Kaufvertrag vom 15. Januar 1998 hat K für das
erneuerte Mühlrad einen Kaufpreisteilbetrag in Höhe von 145 000 DM entrichtet und mithin der Klägerin die gesamten
Renovierungsaufwendungen ersetzt; wirtschaftlich gesehen hat danach K und nicht die Klägerin die Aufwendungen
getragen.