Urteil des BFH vom 23.04.2009

BFH: gesellschaft, gewöhnlicher aufenthalt, rechtliches gehör, selbstanzeige, vertreter, beweiswürdigung, einkünfte, abgabenordnung, hinweispflicht, steuer

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 23.4.2009, III B 163/08
Tatsachenwürdigung hinsichtlich der Erzielung von Einkünften durch den Kläger oder eine ausländische Gesellschaft
Tatbestand
1 I. Der für die Streitjahre 1995 bis 1998 steuerlich nicht geführte Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erstattete 1999
eine Selbstanzeige, in der er angab, als Vertreter einer in Spanien ansässigen Gesellschaft Managementaufgaben
wahrgenommen und dafür im Jahr 1995 … DM, 1996 … DM, 1997 … DM und 1998 … DM eingenommen zu haben.
Nachdem er trotz Aufforderungen durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) keine Steuererklärungen
eingereicht hatte, ergingen Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide aufgrund geschätzter
Besteuerungsgrundlagen.
2 Die dagegen gerichteten Einsprüche, zu deren Begründung der Kläger vorgetragen hatte, er habe in den Streitjahren
weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt und die Beträge auch lediglich als Vertreter der
spanischen Gesellschaft vereinnahmt, blieben ohne Erfolg.
3 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, der Kläger sei unbeschränkt steuerpflichtig gewesen. Sein
gewöhnlicher Aufenthalt habe sich im Inland befunden, da seine beschlagnahmten Terminkalender für 1995 an 244
Tagen, für 1996 an 180 Tagen und für 1997 an 213 Tagen Termine in Deutschland verzeichneten. Der Kläger habe
gewerbliche Einkünfte erzielt und sei auf eigene Rechnung und nicht als Vertreter der spanischen Gesellschaft tätig
geworden. Dies ergebe sich aus der Formulierung der Selbstanzeige, den vom Berater eingereichten
Einnahmenüberschussrechnungen, seiner Vernehmung am 17. März 2005, den Auskünften der spanischen
Steuerbehörden über die Gesellschaft, deren Anteile der Kläger zu 80 % halte und die für die Streitjahre keine
Steuererklärungen und Gewinnermittlungen eingereicht habe, der Zeugenvernehmung seines Bruders sowie der
Weigerung des Klägers, Auskunft über die Verwendung der Einnahmen durch die spanische Gesellschaft und den
Verbleib der Gelder zu geben. Auch die Barzahlungen und die unterschiedlichen Angaben über die Höhe der auf
Konten der Gesellschaft eingezahlten Beträge hätten es, das FG, überzeugt, dass die spanische Gesellschaft nur formal
vorgeschoben worden sei.
4 Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt der Kläger vor, die Einheitlichkeit der
Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG sei mittels willkürlicher Beweiswürdigung sowie unter Außerachtlassung
steuer- wie gesellschaftsrechtlicher Grundsätze zu dem Ergebnis gelangt, dass er --und nicht die spanische
Gesellschaft-- Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen habe. Das FG habe außerdem verfahrensfehlerhaft (§ 115 Abs.
2 Nr. 3 FGO) einen durch tatsächliche Feststellungen nicht gedeckten Sachverhalt unterstellt, rechtliches Gehör
verweigert, gegen die richterliche Hinweispflicht verstoßen und eine Überraschungsentscheidung gefällt.
Entscheidungsgründe
5 II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).
6 1. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) erfordert eine Zulassung der Revision zum
einen im Falle der vom Kläger nicht geltend gemachten Divergenz und zum anderen, wenn das Urteil des FG auf einem
so schwerwiegenden Fehler beruht, dass sein Fortbestand das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen könnte,
weil es sich als objektiv willkürlich darstellt oder greifbar gesetzwidrig ist (BFH-Beschlüsse vom 28. April 2003 VIII B
260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 28. Juli 2003 V B 72/02, BFH/NV 2003, 1597; vom 7. Juli 2004 VII B 344/03, BFHE
206, 226, BStBl II 2004, 896). Dazu darf das Urteil unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar sein, so dass sich der
Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden Erwägungen beruht (BFH-Beschluss vom 4. November 2004 I B 43/04,
BFH/NV 2005, 707).
7 Im Streitfall weist das angefochtene Urteil keine schwerwiegenden Fehler auf. Seine umfangreiche Tatsachen- und
Beweiswürdigung ist vielmehr gut nachvollziehbar. Die Annahme des FG, dass der Kläger und nicht die spanische
Gesellschaft, deren Mehrheitsgesellschafter er war, die Leistungen erbracht und die Gelder vereinnahmt hat, ist
naheliegend und, da Scheingeschäfte für die Besteuerung nicht erheblich sind (§ 41 Abs. 2 der Abgabenordnung),
auch rechtlich vertretbar.
8 2. Dem FG sind auch keine Verfahrensfehler unterlaufen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Dass der Kläger selbst die
Einnahmen als von ihm erzielt betrachtete, hat das FG im Übrigen nicht nur aus der Selbstanzeige, sondern auch aus
den Einnahmenüberschussrechnungen gefolgert, in denen die vereinnahmten Beträge in Höhe von … DM als
Betriebseinnahmen seiner Unternehmensberatung erklärt wurden.