Urteil des BFH vom 25.06.2009
BFH: Abziehbarkeit von Prozesskosten als Werbungskosten, Neuausrichtung eines Finanzierungskonzepts bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, meinung, klagebegehren, anschaffungskosten, erhaltung
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 25.6.2009, IX R 47/08
Abziehbarkeit von Prozesskosten als Werbungskosten - Neuausrichtung eines Finanzierungskonzepts bei Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung
Tatbestand
1 I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), im Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte
Ehegatten, erwarben im Jahr 1997 jeweils zur Hälfte eine Eigentumswohnung, aus deren Vermietung sie Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung erzielen. Zur Kaufpreisfinanzierung nahmen sie einen Kredit bei der Landesbank X (LB)
auf. In der Folgezeit machten sie gegenüber der LB geltend, dass der Darlehensvertrag aufgrund eines Verstoßes
gegen das Haustürwiderrufsgesetz und das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Sie beauftragten einen Rechtsanwalt
mit der Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber der LB, dies im Jahr 2005 im Wege der Klage auf Rückzahlung der
Darlehenszinsen und Freigabe sämtlicher Sicherheiten.
2 Die Kläger zahlten an den beauftragten Rechtsanwalt im Streitjahr Gebühren in Höhe von 9 361,65 EUR, welche sie in
ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend
machten. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) nicht. Der Einspruch blieb insoweit
erfolglos.
3 Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1783), da alle mit dem Darlehen
in Zusammenhang stehenden Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar seien, wenn das Darlehen selbst durch
die Einkünfteerzielung veranlasst sei. Unerheblich sei insoweit, dass die Kläger nicht nur die Rückzahlung der ihrer
Meinung nach überhöhten Darlehenszinsen, sondern auch die Feststellung der Nichtigkeit des gesamten
Darlehensvertrags sowie die Freigabe der gewährten Sicherheiten verlangt hätten. Im Vordergrund des
Klagebegehrens habe die Loslösung von den nach Meinung der Kläger überhöhten Darlehenszinsen gestanden.
4 Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der dieses die Verletzung materiellen Rechts rügt. Soweit das FG das
Klagebegehren der Kläger im zivilgerichtlichen Verfahren dahin auslege, dass im Vordergrund die Loslösung von den
überhöhten Darlehenszinsen gestanden habe, sei dem nicht zu folgen. Eine Loslösung von überhöhten Schuldzinsen
geschehe mit der Geltendmachung eines niedrigeren Zinssatzes und nicht mit dem Antrag auf Schuldbefreiung. Der
Antrag auf Befreiung von einer Schuld sei der Vermögensebene zuzurechnen. Das Klagebegehren habe keinen
unmittelbaren Einfluss auf die Vermietungstätigkeit gehabt, sondern nur auf die Höhe der Einkünfte durch Wegfall der
Schuldzinsen.
5 Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
6 Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Zutreffend hat das FG die Anwaltskosten der Kläger als abziehbare Werbungskosten behandelt.
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1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung,
Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dies gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in
wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Prozesskosten teilen als Folgekosten die
einkommensteuerliche Qualifikation derjenigen Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren (Urteil des
Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258).
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2. Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den Rechtsanwaltskosten der Kläger um abziehbare
Werbungskosten.
10 Die an die LB gezahlten --nach Meinung der Kläger überhöhten-- Darlehenszinsen stellen Werbungskosten der
Kläger dar. Das Vorgehen der Kläger gegen die LB diente einer aus der Sicht der Kläger günstigeren Gestaltung ihres
Finanzierungskonzepts hinsichtlich der Anschaffungskosten des Vermietungsobjekts (vgl. zur Maßgeblichkeit des
Gesamtkonzepts zur Finanzierung der Anschaffungskosten BFH-Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 62/07, BFHE 224,
351, BStBl II 2009, 459). Unabhängig davon, ob es den Klägern darum ging, nach Aufhebung der ursprünglichen
Darlehensverträge solche mit besseren Konditionen abzuschließen, oder darum, einen günstigeren Vergleich mit der
LB zu erreichen, sind die Rechtsanwaltskosten Bestandteil einer Neuausrichtung des Finanzierungskonzepts der
Kläger. Danach stellen auch sie abziehbare Werbungskosten dar.