Urteil des BFH vom 14.11.2003
Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung als Sondervergütung eines Mitunternehmers
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 30.8.2007, IV R 14/06
Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung als Sondervergütung eines Mitunternehmers
Leitsätze
Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung eines Mitunternehmers, der sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer
angesehen wird, gehören --unabhängig davon, ob sie dem Mitunternehmer zufließen-- zu den Vergütungen, die er von der
Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft bezogen hat (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung) .
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2. (Klägerin zu 2.) --Frau B.-- war Arbeitnehmerin der B-GmbH, der Klägerin
und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.). Zum 1. Dezember 1998 beteiligte sie sich mit einer Einlage von 5 000 DM
am Betrieb der B-GmbH. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass hierdurch eine atypisch stille Gesellschaft
begründet wurde und Frau B. die Stellung einer Mitunternehmerin erlangt hat.
2 Im Anschluss an eine Betriebsprüfung wurden die Gewinnfeststellungen 1998 bis 2001 (Streitjahre) mit Bescheiden
vom 14. November 2003 dahin geändert, dass erstmals die von der B-GmbH entrichteten Arbeitgeberanteile zur
gesetzlichen Sozialversicherung als Sondervergütungen bei Frau B. erfasst wurden. Dies führte nach den
Feststellungen der Vorinstanz zu folgenden Gewinnerhöhungen: 448 DM (1998), 9 658 DM (1999), 10 015 DM (2000)
und 10 027 DM (2001).
3 Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2006, 736).
4 Dagegen wenden sich die Klägerinnen zu 1. und 2. mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision.
5 Sie beantragen sinngemäß,
6 das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Feststellungsbescheide 1998 bis 2001 vom 14. November 2003 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. August 2005 dahin abzuändern, dass die Sondervergütungen der
Klägerin zu 2. um die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gemindert werden (1998: 448 DM, 1999: 9 658 DM,
2000: 10 015 DM, 2001: 10 027 DM).
7 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt,
8 die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
9
II. Die Revision ist nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
10 1. Im Ergebnis zutreffend ist das FG von der Mitunternehmerstellung von Frau B. ausgegangen. Hierbei bedarf es
jedoch keiner Auseinandersetzung mit der materiellen Frage, ob die gesellschaftsvertraglichen Rechte von Frau B.
den Mitunternehmermerkmalen genügen. Zu beachten ist insoweit vielmehr, dass die Mitunternehmerqualifikation in
den Gewinnfeststellungsbescheiden vom FA bejaht worden ist und die hierauf gerichteten --verfahrensrechtlich
selbständigen-- Feststellungen mangels Anfechtung durch die Klägerinnen in Bestandskraft erwachsen sind. Sie sind
deshalb für das anhängige Verfahren, in dem ausschließlich über die --gegenüber der Mitunternehmerstellung von
Frau B. rechtlich nachrangige-- Frage zu entscheiden ist, in welcher Höhe Frau B. Sonderbetriebseinnahmen
zuzurechnen sind, bindend (vgl. zu diesen Zusammenhängen Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.
Januar 2003 VIII B 108/01, BFHE 201, 6, BStBl II 2003, 335; zur selbständigen Anfechtbarkeit der festgestellten
Sonderbetriebseinnahmen vgl. BFH--Urteil vom 15. Dezember 2005 IV R 23/05, BFH/NV 2006, 941;
Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 60 Rz 65 "Sonderbetriebsvermögen ...").
11 2. Zutreffend hat die Vorinstanz ferner angenommen, dass Frau B. aufgrund ihres Dienstvertrags gemäß § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) Vergütungen für ihre "Tätigkeit im Dienst der
Gesellschaft ... bezogen hat". Hierzu gehören nach ständiger Rechtsprechung (z.B. Beschlüsse des Großen Senats
des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.II.3. der Gründe; vom 3. Mai 1993
GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.6.a bb der Gründe) auch solche Leistungen, die nicht auf dem
Gesellschaftsvertrag, sondern auf einer eigenständigen schuldrechtlichen Grundlage, wie beispielsweise einem
Dienstvertrag (§ 611 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--), beruhen. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG ist
deshalb auch anzuwenden, wenn --wie vorliegend-- Leistungsbeziehungen zwischen einer GmbH und dem an ihrem
Handelsgewerbe atypisch still Beteiligten zu beurteilen sind (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1998 VIII R 62/97, BFH/NV
1999, 773), vorausgesetzt, es handelt sich um eine Tätigkeit, die wirtschaftlich zur Förderung des Zwecks der (stillen)
Gesellschaft in dem Sinne beiträgt, dass die Leistung und die Mitunternehmerschaft nicht nur zufällig
zusammentreffen (BFH-Urteil vom 1. Februar 2001 IV R 3/00, BFHE 194, 13, BStBl II 2001, 520, unter 1.b der Gründe;
zu Einzelheiten s. Schmidt/Wacker, EStG, 26. Aufl., § 15 Rz 562, m.w.N.). Ein Dienstleistungsentgelt ist demnach
unabhängig von der Höhe der Beteiligung (BFH-Urteile in BFHE 194, 13, BStBl II 2001, 520, 522; vom 8. April 1992 XI
R 37/88, BFHE 167, 522, BStBl II 1992, 812; vom 27. Mai 1981 I R 112/79, BFHE 133, 526, BStBl II 1982, 192) und
unabhängig davon, ob im Einzelfall bei wertender Betrachtung die Mitunternehmerstellung oder die
Arbeitnehmereigenschaft "überwiegt", jedenfalls dann den Sondervergütungen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz
EStG) zuzuordnen, wenn der Arbeitnehmer einen Mitunternehmeranteil am Betrieb erwirbt und im Anschluss hieran --
entsprechend dem Willen der Beteiligten-- beide Rechtsverhältnisse (Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis) nicht nur
kurzfristig nebeneinander bestehen (BFH-Urteil vom 24. Januar 1980 IV R 156-157/78, BFHE 129, 490, BStBl II 1980,
271).
12 3. Dem FG ist auch darin zuzustimmen, dass die streitigen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung Teil der von der
Klägerin zu 2. bezogenen Dienstleistungsvergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG sind.
13 a) Letzteres entspricht der durch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Oktober 1970 GrS 1/70 (BFHE
101, 62, BStBl II 1971, 177) begründeten Rechtsprechung. Hiernach sind unter den Begriff der Vergütung i.S. von § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift alle Aufwendungen --einschließlich
der aufgrund eigener Verpflichtung angefallenen Gehaltsnebenkosten-- zu fassen, die unmittelbar durch das
Dienstverhältnis des Gesellschafters bei der Gesellschaft veranlasst (verursacht) sind. Der Bezug einer Vergütung
setze --so der Große Senat des BFH weiter-- nicht deren Zufluss (§ 11 Abs. 1 EStG) voraus; ausreichend sei vielmehr,
dass die Zahlung im Interesse des Gesellschafters liege und ihm einen geldwerten Vorteil verschaffe. Dieser sei im
Anspruch des Gesellschafters auf Leistungen aus der Sozialversicherung zu sehen; Arbeitnehmer- und
Arbeitgeberanteil bildeten zusammen die Kosten dieses Versicherungsschutzes. Folge hiervon sei des Weiteren, dass
beide Anteile entnommen würden und vom Gesellschafter im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für
Vorsorgeaufwendungen abgezogen werden könnten; eine Kürzung nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. d 2. Halbsatz EStG
1961 (ähnlich § 10 Abs. 3 Satz 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung) um die Arbeitgeberanteile zur
gesetzlichen Rentenversicherung komme nicht in Betracht, weil steuerrechtlich keine Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit vorlägen.
14 Diese Beurteilung ist vom BFH (z.B. Urteile vom 20. Juli 1982 VIII R 143/77, BFHE 136, 262, BStBl II 1983, 196
einschließlich Abgrenzung, und vom 13. November 1985 VIII R 263/80, BFH/NV 1987, 237) nicht nur bestätigt,
sondern zudem mit Urteil in BFHE 167, 522, BStBl II 1992, 812 dahin erläutert und ergänzt worden, dass die
Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 EStG für einen Kommanditisten, der sozialversicherungsrechtlich Arbeitnehmer der KG
ist, nicht zum Tragen komme (zustimmend BFH-Beschluss vom 27. April 1993 VIII B 38/92, BFH/NV 1993, 599).
15 b) Hieran hat der VIII. Senat des BFH (Beschluss vom 18. Mai 2006 VIII B 145/05, juris) auch nach Ergehen des Urteils
des VI. Senats des BFH vom 6. Juni 2002 VI R 178/97 (BFHE 199, 524, BStBl II 2003, 34) festgehalten, mit dem
entschieden wurde, dass die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung nicht als gegenwärtig
zufließender Arbeitslohn (§ 19 EStG) zu werten seien und § 3 Nr. 62 EStG deshalb nur deklaratorische Bedeutung
habe. Der VI. Senat hat sich hierbei auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. Juni 2000 B 4 RA 57/98 R
(BSGE 86, 262) gestützt, in dem --im Zusammenhang mit einer begehrten Beitragserstattung nach § 210 des Sechsten
Buches Sozialgesetzbuch --SGB VI-- (Gesetzliche Rentenversicherung)-- u.a. ausgeführt wird, dass der
Arbeitgeberanteil in dem seit 1969 geltenden Umlageverfahren eine (ausschließlich) zugunsten der aktuellen
Rentenbezieher (und Rehabilitationsbedürftigen) fremdnützige ("systemnützige") Abgabe sei, die dem Arbeitgeber als
öffentliche Verpflichtung aus sozialen Gründen auferlegt worden sei.
16 c) Entgegen einzelner Stimmen im Schrifttum (Bolk, Finanz-Rundschau --FR-- 2003, 839; Paus, Deutsche Steuer-
Zeitung --DStZ-- 2006, 336) gibt diese geänderte lohnsteuerrechtliche Einschätzung keine Veranlassung, von der
Rechtsprechung des BFH zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG abzurücken (gl.A. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15
Rz 584; Reiß in Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 15 Rz 394 und Fn. 14; Blümich/Stuhrmann, § 15 EStG Rz 522; Bitz in
Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 15 EStG Rz 83; Köster in Herrmann/ Heuer/Raupach, §
15 EStG Rz 514).
17 aa) Zwar sind nach Abkehr von der sog. Bilanzbündeltheorie schuldrechtliche Beziehungen zwischen einer
gewerblichen Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern anzuerkennen, so dass beispielsweise das für eine
Dienstleistung erbrachte (oder zu erbringende) fremdübliche Entgelt als Betriebsausgabe der Gesellschaft
anzusetzen ist und damit den (steuerrechtlichen) Gewinn der Gesellschaft sowie den hiervon abgeleiteten
Gewinnanteil des Gesellschafters (Mitunternehmers) nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz EStG mindert.
Unberührt hiervon bleibt jedoch die Hinzurechnung der Vergütung als Sonderbetriebseinnahme beim betreffenden
Gesellschafter gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG (vgl. dazu --einschließlich des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG)-- Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter
C.II.3. der Gründe). Auch im Rahmen dieser zweistufigen (additiven) Bestimmung des Anteils des Mitunternehmers am
Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft (Gewinnanteil zuzüglich/abzüglich Sonderbetriebsergebnisse) zielt die
Vorschrift zum einen darauf, den Gewinn des Mitunternehmers demjenigen eines Einzelunternehmers anzugleichen,
der mit sich selbst keine schuldrechtlichen Verpflichtungen eingehen und deshalb auch den Gewinn seines
Einzelgewerbes nicht um einen Unternehmerlohn mindern kann (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1999 VIII R 41/98, BFHE
190, 394, BStBl II 2000, 339); zum anderen bezweckt die Hinzurechnung von Tätigkeitsvergütungen eine
Gleichstellung mit dem Sachverhalt, dass die Arbeitsleistung des Mitunternehmers nicht aufgrund eines
Dienstvertrags, sondern durch den Anspruch auf einen erhöhten Anteil am Gesellschaftsgewinn (sog. Gewinnvorab)
abgegolten wird (BFH-Urteile vom 28. März 2000 VIII R 13/99, BFHE 191, 517, BStBl II 2000, 612; vom 23. April 1996
VIII R 53/94, BFHE 180, 371, BStBl II 1996, 515). Entsprechend diesen Regelungsanliegen ist es für den Ansatz der
Sonderbetriebseinnahmen --d.h. deren Bezug i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG-- ohne Bedeutung,
ob die einzelnen Vergütungsteile dem Mitunternehmer zufließen (§ 11 Abs. 1 EStG) oder bilanzrechtlich (§§ 4, 5 EStG)
zu erfassen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 101, 62, BStBl II
1971, 177; BFH-Urteil in BFHE 136, 262, BStBl II 1983, 196). Tragend (und hinreichend) ist allein, dass die
Aufwendungen dem Dienstverhältnis zuzuordnen sind und die hiermit verbundene Vergütung --ungeachtet des
Zeitpunkts ihres Zuflusses oder ihrer bilanzrechtlichen Konkretisierung-- als Gegenleistung für die Tätigkeit im Dienste
der Gesellschaft zu werten ist (BFH-Urteil in BFHE 191, 517, BStBl II 2000, 612 betreffend Verpflichtung des Pächters
zur Beseitigung selbst errichteter Bauwerke). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der Passivierungsaufwand der
Gesellschaft durch einen gleich hohen Ansatz im Sonderbetriebsvermögen des begünstigten Mitunternehmers
auszugleichen (sog. korrespondierende Bilanzierung).
18 bb) Hiervon ausgehend sind Pensionszusagen, die die (Personen-)Gesellschaft einem Gesellschafter erteilt und für
die sie in ihrer Steuerbilanz Rückstellungen bildet (§ 6a EStG), in der Sonderbilanz des Begünstigten unabhängig
davon zu aktivieren, ob zum Bilanzstichtag lediglich ein Pensionsversprechen vorliegt (BFH-Urteil vom 16. Dezember
1992 I R 105/91, BFHE 170, 169, BStBl II 1993, 792, unter II.2.b der Gründe) oder ob die Pensionsberechtigung zu
diesem Zeitpunkt arbeitsrechtlich bereits unverfallbar ist.
19 cc) Nichts anderes gilt für die von der Personengesellschaft aufgebrachten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung.
Sie sind von der Klägerin zu 1. --zu Lasten des Gesellschaftsgewinns-- in den Streitjahren als Betriebsausgaben
abgezogen worden (zur Sozialversicherungspflicht stiller Gesellschafter vgl. BSG-Urteil vom 24. Januar 2007 B 12 KR
31/06 R, juris) und daher in nämlicher Höhe als Sonderbetriebseinnahmen anzusetzen.
20 aaa) Auch hier kommt es nicht darauf an, ob die Arbeitgeberanteile beim Gesellschafter als gegenwärtig zufließendes
Entgelt zu qualifizieren sind. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob --wie ausgeführt-- die Beitragsleistung dem
Dienstverhältnis zuzuordnen ist und dem Arbeitnehmer entweder zeitgleich oder erst zu einem späteren Zeitpunkt
einen Vorteil, d.h. eine wirtschaftliche (s. dazu unten) Gegenleistung für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft
vermittelt.
21 bbb) Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) zu berücksichtigen, nach der auch die Arbeitgeberanteile dem versicherten Arbeitnehmer als eigene
Leistungen zuzurechnen sind und dem Schutzbereich des Art. 14 des Grundgesetzes (GG) unterstehen (Urteile des
BVerfG vom 16. Juli 1985 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023, 1052/83 und 1227/84, BVerfGE 69, 272, 302 betreffend Renten-
und Krankenversicherung; vom 28. April 1999 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95, BVerfGE 100, 1, 35). Hierauf aufbauend
hat das BVerfG ausgeführt, dass die Beiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) zur Rentenversicherung nach
Einführung des Umlageverfahrens (ab 1969) zwar der Finanzierung der zur Zeit der Beitragsentrichtung fälligen
Rentenzahlungen dienten; gleichwohl erwerbe der Beitragszahler sein Anrecht auf Bezug der Rente, d.h. seinen
staatlich garantierten Anspruch gegen die Versichertengemeinschaft, nicht erst bei deren Anlaufen in einem Akt,
sondern mit den Beitragszahlungen wachsend während des Versicherungsverlaufs. Deren absolute Höhe habe auch
im System des Umlageverfahrens insofern für den Wert der erworbenen Teile des Rentenrechts Bedeutung, als sie
die Rangstelle des Versicherten innerhalb der Versichertengemeinschaft festlegten (BVerfG-Beschluss vom 26. März
1980 1 BvR 121, 122/76, BVerfGE 54, 11, 27 f.; vgl. zur Bedeutung der Faktoren der Rentenformel auch BSG-Urteil
vom 10. November 1998 B 4 RA 32/98 R, SozR 3-2600 § 256a Nr. 2). Hiermit übereinstimmend hat das BVerfG
schließlich dargelegt, dass auch der Arbeitgeberanteil "letztlich einen Teil der Gegenleistung bilde, die sich der
Arbeitnehmer erarbeiten müsse"; demgemäß sei der Erwerb des Anwartschaftsrechts (auf Leistungen aus der
Sozialversicherung) "das (unmittelbare) wirtschaftliche Ergebnis der Arbeits- und Dienstleistung" (BVerfG-Urteil vom 6.
März 2002 2 BvL 17/99, BVerGE 105, 73, BStBl II 2002, 618).
22 ccc) Der erkennende Senat schließt sich dieser Beurteilung an. Sie stimmt im Kern mit den Erwägungen des Großen
Senats des BFH im Beschluss in BFHE 101, 62, BStBl II 1971, 177 überein. Demnach vermittelten auch im Streitfall die
durch das Arbeitsverhältnis (vgl. § 7 SGB IV) veranlassten Arbeitgeberbeiträge der Klägerin zu 2. einen
wirtschaftlichen Vorteil (Versicherungsschutz) in Form einer Gegenleistung für die erbrachten Dienste. Unerheblich ist
hierbei, ob die Arbeitgeberanteile zivilrechtlich als Arbeitsentgelt (Gegenleistung) zu qualifizieren sind. Auf diese --
vom BSG (im Urteil in BSGE 86, 262, 308) verneinte-- Frage kommt es im Rahmen der Zwecksetzung des § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG ebenso wenig an wie auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Arbeitgeberanteile.
Mit Rücksicht auf die angestrebte Gleichstellung des Mitunternehmers, der aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung
für die Gesellschaft tätig wird, mit einem Einzelunternehmer (Vergleichsfall 1) sowie einem Mitunternehmer, der
anstelle eines eigenständigen Dienstleistungsentgelts Anspruch auf einen erhöhten Gewinnanteil hat (Vorabgewinn; -
-Vergleichsfall 2--), ist es --im Einklang mit der wirtschaftlichen Deutung des Begriffs "im Dienst" i.S. von § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG (dazu BFH-Urteil in BFHE 190, 394, BStBl II 2000, 339) sowie des Merkmals der
"Förderung des Gesellschaftszwecks" (s. dazu Abschn. II.2. der Gründe dieses Urteils)-- für den Ansatz einer
Sonderbetriebseinnahme im Zusammenhang mit einem Dienstvertrag ausreichend, dass der in Frage stehende
Vorteil bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die erbrachte Tätigkeit zu werten ist. Hieran kann aber --
wie erläutert-- kein Zweifel bestehen. In diesem Sinne hat zudem der X. Senat des BFH mit Beschluss vom 1. Februar
2006 X B 166/05 (BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420) erkannt, dass im Rahmen der beschränkten Abziehbarkeit von
Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 EStG in der Fassung des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 5. Juli
2004 (BGBl I 2004, 1427, Übergang zur sog. nachgelagerten Besteuerung) die nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien
Arbeitgeberanteile vom Sonderausgabenabzug auszunehmen seien (§ 10 Abs. 3 Satz 5 EStG), weil --ungeachtet
dessen, ob sie der Lohnsteuer unterlägen-- in Gestalt der Arbeitgeberanteile nach der Rechtsprechung des BVerfG
"ein Beitrag zum Erwerb der Vorsorgungsanwartschaft (vorliege), der unmittelbar wirtschaftliches Ergebnis der
Arbeitsleistung (sei)" (unter II.9.c der Gründe).
23 ddd) Entgegen den Ausführungen der Revision (s. dazu auch Paus, DStZ 2006, 336) begründet die Ansicht des
erkennenden Senats weder einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz noch verletzt sie den Grundsatz der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Vielmehr stellt diese Rechtsprechung zum einen sicher,
dass --ebenso wie in den genannten Vergleichsfällen-- die als Sonderbetriebseinnahmen erfassten und --aus der
maßgeblichen Sicht des (Mit-)Unternehmers-- für Zwecke der privaten Vorsorge verwendeten (d.h. aus dem
Sonderbetriebsvermögen entnommenen) Arbeitgeberanteile im Rahmen der nicht gekürzten Höchstbeträge des § 10
Abs. 3 EStG 1998 bis 2001 (Streitjahre) als Sonderausgaben geltend gemacht werden können (vgl. dazu auch
Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 101, 62, BStBl II 1971, 177; zum AltEinkG s. oben). Zum anderen
entspricht nur diese Wertung der ständigen Rechtsprechung, nach der Beiträge für die Versicherung privater Risiken
vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind (vgl. z.B. Senatsurteil vom 26. August 1993 IV R 35/92, BFH/NV
1994, 306, m.w.N.).
24 4. Das Urteil der Vorinstanz ist demnach zu bestätigen.
25 Der Senat hat im anhängigen Verfahren ausschließlich über die Rechtmäßigkeit der gegenüber der Klägerin zu 2.
festgestellten Sonderbetriebsergebnisse zu entscheiden. Demgemäß ist die Sache ungeachtet dessen spruchreif, ob
die für die Klägerin zu 2. geltende Begrenzung ihres Sonderausgabenabzugs für Vorsorgeaufwendungen nach den
Höchstbeträgen des § 10 Abs. 3 EStG 1998 bis 2001 verfassungsgemäß ist (vgl. hierzu z.B. den Vorlagebeschluss
des BFH vom 14. Dezember 2005 X R 20/04, BFHE 211, 351, BStBl II 2006, 312; s. auch die
Verfassungsbeschwerden 2 BvR 325/07 betreffend BFH-Urteil vom 8. November 2006 X R 45/02, Deutsches
Steuerrecht 2007, 147, und 2 BvR 1220/04 betreffend BFH-Beschluss vom 17. März 2004 IV B 185/02, BFH/NV 2004,
1245). Letzteres ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der Klägerin zu 2. zu klären.