Urteil des BFH vom 03.07.2009
BFH: vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. März 2005 VI B 32/04, BFH/NV 2005, 1333, die Regeln des Anscheinsbeweises sind insoweit nicht anwendbar (BFH-Urteile in BFHE 193, 28, BStBl II 2001, 211, datum, eintrag
BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 3.7.2009, IX B 18/09
Postausgangskontrolle beim Finanzamt - Beweiswürdigung beim Fehlen eines Absendevermerks
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachte
Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist nicht gegeben.
2 a) Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr.
2 2. Alt. FGO) im Fall einer Divergenz (Abweichung des Finanzgerichts --FG-- bei einem gleich oder ähnlich gelagerten
Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der Rechtsauffassung eines anderen Gerichts; vgl.
BFH-Beschlüsse vom 2. März 2005 VI B 32/04, BFH/NV 2005, 1333; vom 15. Dezember 2005 IX B 98/05, BFH/NV 2006,
768) ist nicht erforderlich. Die gerügte Divergenz zur BFH-Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 28. September 2000 III R
43/97, BFHE 193, 28, BStBl II 2001, 211; Beschluss vom 26. Juni 2006 II B 99/05, BFH/NV 2006, 1860) liegt nicht vor.
3 Nach der BFH-Rechtsprechung ist auch eine Behörde zu einer wirksamen Postausgangskontrolle verpflichtet (BFH-
Beschluss vom 7. Dezember 1982 VIII R 77/79, BFHE 137, 221, BStBl II 1983, 229). Dafür reichen die einfache
Zuleitung oder kommentarlose Übergabe des jeweiligen Schriftstücks an die amtsinterne Postausgangsstelle ebenso
wenig aus wie ein bloßer Abgangsvermerk der Stelle, die das Schriftstück an diese Postausgangsstelle weiterleitet.
Vielmehr ist regelmäßig ein Absendevermerk der Poststelle erforderlich. Liegt ein solcher Vermerk nicht vor, muss das
FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung beurteilen, ob es die
rechtzeitige Absendung für nachgewiesen hält oder nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 19. August 2002 IX B 179/01,
BFH/NV 2003, 138, m.w.N.); die Regeln des Anscheinsbeweises sind insoweit nicht anwendbar (BFH-Urteile in BFHE
193, 28, BStBl II 2001, 211; vom 16. Januar 2007 IX R 41/05, BFH/NV 2007, 1508).
4 Nach diesen Grundsätzen ist das FG aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der
handschriftliche Abgangsvermerk der Veranlagungsstelle (in Übereinstimmung mit den Bescheiddaten) das
tatsächliche Datum der Aufgabe zur Post wiedergibt. Es hat dafür zum einen das konkrete im Finanzamt durchgeführte
Verfahren der Postaufgabe mit den datierten Postausgangsfächern in der Poststelle und deren taggleicher Leerung
herangezogen und zum anderen darauf abgestellt, dass die Kläger "nichts vorgetragen haben, was auf eine
Verzögerung auf dem Versandweg (von mindestens 12 Tagen) schließen ließe"; auch hätten die Kläger den
Briefumschlag der Bescheide zum Beweis eines anderen Postlaufs nicht aufbewahrt. Auf diese Weise hat es im Wege
freier Beweiswürdigung die Richtigkeit des Abgangsvermerks auch als Datum der Aufgabe zur Post festgestellt.
5 b) Soweit die Kläger Mängel in der Beweiserhebung rügen, greifen diese --abgesehen von einer nicht hinreichenden
Darlegung i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO-- nicht durch, zumal der im schriftlichen Verfahren angekündigte
Beweisantrag wegen (avisierter) Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung
nicht gestellt oder wiederholt wurde. Überdies ergibt sich aus der durchgeführten Beweisaufnahme --was auch die
Kläger erkennen--, dass ein schriftlicher Eintrag in eine Postausgangsliste oder ein Postausgangsbuch bei der
Poststelle des FA (Absendevermerk) nicht erfolgt ist.