Urteil des BFH vom 29.03.2017
BFH (abweisung der klage, genossenschaft, zweck, liquidation, kläger, begünstigung, satzung, förderung, festsetzung, eigentum)
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 24.2.2010, IX R 51/09
Keine Eigenheimförderung für Anteile an einer Genossenschaft in Liquidation
Tatbestand
1 I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Erben nach ihrer Mutter K, die im Jahr 2002 einen Geschäftsanteil
an der seit 1996 bestehenden E-Genossenschaft zur Förderung des Wohnbaus e.G. (E) erwarb. Nach § 2 ihrer Satzung
bezweckt E, genossenschaftliches Wohnen zu fördern. § 11 der Satzung räumt den Mitgliedern ein Erwerbsrecht i.S.
des § 17 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) ein. Im Jahr 2004 beschloss die Generalversammlung der E, die
Genossenschaft aufzulösen. Auch danach vermietete E neben verschiedenen Veräußerungen weiterhin Wohnungen.
2 K stellte im Jahr 2003 einen Antrag auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 2002. Dementsprechend setzte der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Eigenheimzulage und Kinderzulage zunächst fest. Im Jahr 2007 hob das
FA die Festsetzung ab dem Jahr 2005 wieder auf, nachdem es durch die Oberfinanzdirektion von der Liquidation
erfahren hatte.
3 Die Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) hob den Aufhebungsbescheid des FA auf und führte zur Begründung
aus, auch im Abwicklungsstadium habe E ihre werbende Tätigkeit in Erfüllung des Gesetzeszwecks des § 17 EigZulG
zunächst fortgesetzt.
4 Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 17 EigZulG. In der Liquidation verfolge die aufgelöste
Genossenschaft statt des bisher zentralen, werbenden Zwecks, ihre Mitglieder zu fördern, den Zweck, abgewickelt zu
werden und ihr Vermögen in Geld umzusetzen.
5 Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
6 Die Kläger beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
--FGO--). Das FG hat unzutreffend einen Anspruch auf Eigenheimzulage über das Jahr 2004 hinaus bejaht. Die
Voraussetzungen des § 17 EigZulG liegen ab dem Jahr 2005 nicht mehr vor.
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1. Nach § 17 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage für die Anschaffung von Geschäftsanteilen
von mindestens 5.113 EUR an einer nach dem 1. Januar 1995 in das Genossenschaftsregister eingetragenen
Genossenschaft (Genossenschaftsanteile) in Anspruch nehmen. Zwar erfüllte K als Anspruchsberechtigte i.S. von § 1
EigZulG diese Voraussetzungen; denn sie hat Genossenschaftsanteile im Werte von 5.113 EUR erworben. Indes
entspricht E nicht den Anforderungen, die das Gesetz an die Förderbarkeit ihrer Anteile stellt.
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Wenn der Gesetzgeber mit der Begünstigung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen vermeiden wollte,
genossenschaftliches Anteilseigentum gegenüber (Allein-)Eigentum an einer Wohnung zu diskriminieren
(Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der steuerrechtlichen
Wohneigentumsförderung, BTDrucks 13/2476, S. 5, Tz. 13, zu Art. 1), so ist es nur der mitgliedernützige Zweck der
genossenschaftlichen Vereinigungsform (§ 1 Abs. 1 des Genossenschaftsgesetzes --GenG--), der deren
Begünstigung rechtfertigt (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2002 IX R 55/00, BFHE 197, 507,
BStBl II 2002, 274, unter II.4.a, und vom 29. März 2007 IX R 28/06, BFH/NV 2007, 1635). Dieser Zweck tritt aber hinter
den Abwicklungszweck zurück, wenn die Genossenschaft in Liquidation gerät. Zwar muss die Genossenschaft auch
im Abwicklungsstadium auf die Förderung ihrer Mitglieder Rücksicht nehmen, wie sich aus § 87 Abs. 1 GenG ergibt.
Ihr ursprünglicher Zweck, das --hier bezogen auf E-- genossenschaftliche Wohnen ihrer Mitglieder durch werbende
Geschäftstätigkeit zu fördern, fällt aber fort. Stattdessen richtet sich ihr Zweck von der Auflösung an auf die Abwicklung
des Geschäftsbetriebs (Beuthien, GenG, 14. Aufl., § 87 Rz 1; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, 3. Aufl., §
87 Rz 1; Cario in Lang/Weidmüller, GenG, 36. Aufl., § 87 Rz 1). Dementsprechend müssen die Liquidatoren nach § 88
GenG die laufenden Geschäfte der Genossenschaft beenden, ihre Verbindlichkeiten erfüllen, Forderungen einziehen
und das Vermögen verwerten.
10 Vor diesem Hintergrund trifft die Gesetzesauslegung durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zu, wonach
der Förderzeitraum mit dem Ablauf des Jahres des Liquidationsbeschlusses endet (BMF-Schreiben vom 21.
Dezember 2004, BStBl I 2005, 305, Rz. 84).
11 2. Nach diesen Maßstäben hat K keinen Anspruch auf Eigenheimzulage nach § 17 EigZulG ab dem Jahr 2005. Denn
im Jahr 2004 beschloss E die Liquidation. Es ist unerheblich, ob und inwieweit E in den folgenden Jahren tatsächlich
noch wohnungswirtschaftlich zugunsten ihrer Mitglieder tätig wurde. Das ändert nichts daran, dass ihr vorrangiger
Zweck auf Abwicklung des Geschäftsbetriebs gerichtet ist. Dieser Zweck rechtfertigt keine Begünstigung durch
Eigenheimzulage.
12 Da die Vorentscheidung diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. K hat
keinen Anspruch auf Eigenheimzulage über das Jahr 2004 hinaus. Deshalb hat das FA zutreffend die Festsetzung
von Eigenheimzulage ab dem Jahr 2005 aufgehoben. Die Klage gegen diesen Aufhebungsbescheid ist deshalb
abzuweisen.