Urteil des BFH vom 20.01.2009
BFH: Eigenheimzulage bei Ehegatten, getrennt leben, originärer erwerb, konkurs, einfamilienhaus, zwangsversteigerung, grundstück, familienwohnung, beschlagnahme, entgeltlich
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.1.2009, IX R 77/07
Eigenheimzulage bei Ehegatten
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb im März 2001 von ihrem Ehemann das von den Eheleuten mit
ihren Kindern bewohnte Einfamilienhaus. Nach einem Schreiben der kreditgebenden Bank vom Juli 2007 hätte diese
das Grundstück zwangsweise verwertet, wenn der Verkauf vom Ehemann an die Klägerin nicht stattgefunden hätte; die
Zahlung des Kaufpreises durch die Klägerin habe dazu geführt, dass die Verbindlichkeiten ihres Ehemanns
entsprechend getilgt worden seien.
2 Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Festsetzung von Eigenheimzulage einschließlich
Kinderzulage für das genannte Objekt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) ab. Der
Einspruch blieb ohne Erfolg.
3 Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt, da das Merkmal Anschaffung "vom Ehegatten" in § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG
entsprechend der mit dem Eigenheimzulagengesetz verfolgten Ziele, die Vermögensbildung durch den Erwerb
eigengenutzten Wohnungseigentums zu fördern, einschränkend auszulegen sei. Der Eigentumsübergang vom
Ehemann auf die Klägerin habe bewirkt, dass die Verbindlichkeiten des Ehemanns durch die Veräußerung sich
entsprechend vermindert hätten, da die Klägerin neue Kredite aufgenommen habe. Anhaltspunkte dafür, dass im
Streitfall ein Grundstück "verschoben" werden sollte, um erneut in den Genuss der Eigenheimzulage zu kommen, lägen
nicht vor.
4 Mit ihrer Revision rügt das FA die Verletzung von § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG und beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
5 Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
6
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Entscheidung in der Sache selbst
durch Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG
Eigenheimzulage für den Erwerb des Einfamilienhauses der Klägerin von ihrem Ehemann gewährt.
7
1. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG ist eine Wohnung, die der Anspruchsberechtigte von seinem Ehegatten anschafft,
nicht begünstigt, wenn bei den Ehegatten im Zeitpunkt der Anschaffung die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes vorliegen, d.h. die Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt
leben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend --zwischen den Beteiligten unstreitig-- gegeben.
8
Die Motive, die zu dem Kauf geführt haben, sind unbeachtlich (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Juni 2003
III R 51/00, BFH/NV 2003, 1399). Dass ein Ehegatte ein gemeinsam genutztes Haus deshalb erworben hat, weil er
eine drohende Zwangsversteigerung abwenden wollte, ist im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der
Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG unerheblich. Etwas anderes gilt nur bei einem Erwerb durch Zuschlag
in der Zwangsversteigerung (BFH-Urteil vom 23. September 1992 X R 159/90, BFHE 169, 328, BStBl II 1993, 152)
sowie beim Erwerb einer zur (Konkurs-)Insolvenzmasse des anderen Ehegatten gehörenden Familienwohnung vom
(Konkurs-)Insolvenzverwalter (BFH-Urteil vom 19. Februar 2004 III R 54/01, BFHE 205, 212, BStBl II 2004, 489). In
beiden Fällen liegt keine Anschaffung "vom Ehegatten" vor, sondern ein originärer Erwerb durch einen
rechtsgestaltenden Staatshoheitsakt bzw. ein Erwerb von dem verfügungsbefugten (Konkurs-)Insolvenzverwalter. Um
einen nicht begünstigten Erwerb vom Ehegatten i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG handelt es sich aber dann, wenn
dieser wegen Beschlagnahme der Wohnung lediglich einem relativen Veräußerungsverbot unterliegt (BFH-Beschluss
vom 14. Dezember 2005 IX B 140/05, BFH/NV 2006, 503).
9
§ 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG verstößt in dieser Auslegung auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (BFH-Urteil
in BFH/NV 2003, 1399).
10 2. Da das Urteil des FG den dargelegten Maßstäben nicht entspricht, kann es keinen Bestand haben. Die Sache ist
spruchreif.
11 Die Klägerin hat das streitbefangene Einfamilienhaus entgeltlich von ihrem uneingeschränkt verfügungsbefugten
Ehemann erworben. Sie kann gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG hierfür keine Eigenheimzulage beanspruchen. Ihre
Klage auf Festsetzung der Eigenheimzulage war deshalb abzuweisen.