Urteil des BFH vom 19.02.2009

Nachhaltigkeit einer Tätigkeit - Verkehrsbeteiligung - Abgrenzung zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag - Bauvertrag mit Einschaltung eines Generalunternehmers

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 19.2.2009, IV R 10/06
Nachhaltigkeit einer Tätigkeit - Verkehrsbeteiligung - Abgrenzung zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag - Bauvertrag mit
Einschaltung eines Generalunternehmers
Leitsätze
Bei der Prüfung, ob eine Tätigkeit wie z.B. die Errichtung von Gebäuden als nachhaltig anzusehen ist, sind die
Vertragsleistungen eines Generalunternehmers dem Auftraggeber jeweils gesondert als Einzelaktivitäten zuzurechnen.
Tatbestand
1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine 1993 gegründete GbR. Zweck der Gesellschaft ist der Erwerb
eines Grundstücks, dessen Bebauung mit Pavillons und Hallen und deren anschließende Vermietung. Entsprechend
dem Gesellschaftszweck erwarb die Klägerin im Jahr 1993 ein 9 310 qm großes, in G belegenes Grundstück. Sie
errichtete auf diesem Grundstück Gebäude, die sie als Fachhandwerkszentrum vermietete.
2
Im Jahr 1995 trat der Inhaber eines Küchenstudios in S an die Gesellschafter der Klägerin mit der Anregung heran,
auch in S ein Fachhandwerkszentrum zu betreiben. Einige Gesellschafter waren zu einer entsprechenden Beteiligung
bereit, wenn die Klägerin die Gebäude errichten und an das Fachhandwerkszentrum in S veräußern könnte. Auf
dieser Grundlage wurde schließlich die FHZ-S GbR (FHZ-S) errichtet. Die Gesellschafter der FHZ-S waren teilweise
mit denen der Klägerin identisch.
3
Die Gesellschafterversammlung der Klägerin beschloss am 2. Mai 1995, die entsprechenden Gebäude zu errichten
und an die FHZ-S zu veräußern. Mit Vertrag vom 28. August 1995 verpflichtete sich die Klägerin, vier
Ausstellungspavillons nebst Zwischenbauten, ein Ausstellungsgebäude und Bürogebäude nebst Zwischenbauten,
eine Lagerhalle mit Büro und Sanitäreinrichtungen sowie Außenanlagen auf einem Grundstück der FHZ-S für diese zu
errichten. Die Vertragsparteien vereinbarten einen "Kaufpreis" in Höhe von 11 132 000 DM, der nach Baufortschritt in
sieben Abschlagszahlungen zu entrichten war. Auf die einzelnen Gebäude entfielen folgende Entgelte:
4
Pavillons incl. Zwischenbauten
je 1 202 414 DM
Ausstellungsgebäude und Bürogebäude incl. Zwischenbauten
4 629 410 DM
Lagerhalle
1 002 928 DM
5
Der Vertragsgegenstand sollte spätestens 12 Monate nach Lieferbeginn schlüsselfertig übergeben werden. Für das
Vertragsverhältnis sollte die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB Teil B/C) als vereinbart gelten.
Der Vertrag wurde für die Klägerin von deren Gesellschaftern Dr. W. und R. unterschrieben.
6
Am selben Tag schloss die Klägerin einen Werkvertrag mit der L-GbR ab. Deren alleinige Gesellschafter waren die
Herren Dr. W. und R., die --wie vorstehend erwähnt-- als vertretungsberechtigte Gesellschafter der Klägerin den mit
der FHZ-S abgeschlossenen "Kaufvertrag" unterzeichnet hatten. Nach diesem --mit dem "Kaufvertrag" bis auf das
Entgelt identischen-- Vertrag sollte die L-GbR die Gebäude auf dem Grundstück der FHZ-S für die Klägerin errichten.
Als Entgelt vereinbarten die Vertragsparteien einen Betrag in Höhe von 10 130 000 DM. Der Vertrag war sowohl für
die Klägerin als auch für die L-GbR von den "Sowohl-als-auch"-Gesellschaftern Dr. W. und R. unterschrieben. Die L-
GbR errichtete die Gebäude auftragsgemäß. Die Klägerin stellte im Zusammenhang mit dem Vertrag vom 2. Mai 1995
keine Arbeitnehmer ein und erwarb auch keine Baumaterialien. Tag der Abnahme für Gebäude und Außenanlagen
war der 22. August 1996.
7
Die Klägerin erklärte für die Streitjahre 1995 und 1996 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 23
585 DM (1995) und 647 490 DM (1996). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte zunächst
den Angaben in den Steuererklärungen und erließ entsprechende Feststellungsbescheide unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO--).
8
Anlässlich einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die Klägerin sei im Zusammenhang mit der
Errichtung der Gebäude für die FHZ-S gewerblich tätig geworden. Insbesondere habe sich die Klägerin nachhaltig am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Daher habe sie in den Jahren 1995 und 1996 Einkünfte aus
Gewerbebetrieb erzielt. Die Klägerin habe zum 31. Dezember 1996 den Betrieb aufgegeben, da die Gebäude im Jahr
1996 fertig gestellt worden seien. Deshalb habe sie im Jahr 1996 einen Aufgabegewinn in Höhe von 3 512 374 DM
erzielt.
9
Das FA folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ nach § 164 Abs. 2 AO geänderte
Feststellungsbescheide. Es stellte dabei laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 959 DM (1995) und
647 490 DM (1996) einheitlich und gesondert fest. Ferner erließ das FA erstmalige Bescheide über den einheitlichen
Gewerbesteuermessbetrag. Ihnen lagen die festgestellten laufenden Gewinne zugrunde. Den hiergegen erhobenen
Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.
10 Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit der Errichtung der Gebäude für
die FHZ-S habe sich auf den Abschluss des Vertrags mit der FHZ-S einerseits und des Vertrages mit der L-GbR
andererseits beschränkt. Sie, die Klägerin, habe keine organisatorischen oder sonstigen Leistungen zum Zwecke der
Errichtung der Gebäude erbracht. Daher liege eine lediglich einmalige Tätigkeit vor, die nicht nachhaltig i.S. des § 15
Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei. Außerdem habe sie nicht am allgemeinen wirtschaftlichen
Verkehr teilgenommen. Denn sie sei nicht mit einer Verkaufsabsicht an den allgemeinen Markt herangetreten.
Vielmehr habe sie die Absicht gehabt, nur für die FHZ-S tätig zu werden. Hilfsweise hat sie geltend gemacht, dass sie
den Gewerbebetrieb --sofern ein solcher vorgelegen habe-- im Jahr 1996 nicht aufgegeben und mithin keinen
Aufgabegewinn erzielt habe.
11 Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die Klägerin habe die in § 15 Abs. 2
EStG genannten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs erfüllt. Ihre Tätigkeit sei auch nicht als
private Vermögensverwaltung anzusehen. Der Hilfsantrag der Klägerin gehe ins Leere, weil das FA im
Gewinnfeststellungsbescheid 1996 keinen Aufgabegewinn angesetzt habe. Das Urteil des FG vom 14. Dezember
2005 2 K 1064/04 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 983 veröffentlicht.
12 Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die auf die Verletzung materiellen Rechts und das Vorliegen eines
Verfahrensmangels gestützt ist.
13 Die Klägerin beantragt,
14 das finanzgerichtliche Urteil, die Einspruchsentscheidung vom 20. April 2004 sowie die Bescheide über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1995 und 1996 und die Bescheide über
den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1995 und 1996 vom 30. Dezember 1999 aufzuheben;
15 hilfsweise,
16 den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1996 vom 10.
Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. April 2004 dahingehend zu ändern, dass vom Ansatz
eines Veräußerungsgewinns in Höhe von 3 512 374 DM abgesehen wird.
17 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
18 II. Die Revision ist hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheides 1995 und der Gewerbesteuermessbescheide 1995
und 1996 unbegründet. Hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheides 1996 ist sie begründet. Sie führt insoweit zur
teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
19 1. Den von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmangel erachtet der Senat nicht für durchgreifend. Von einer
Begründung wird insoweit abgesehen (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
20 2. Soweit das FG davon ausgegangen ist, dass die Klägerin in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt
hat, ist seine Entscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
21 Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit
Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
darstellt. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit
nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. Dezember
2005 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259).
22 a) Die Tatbestandsmerkmale der Selbständigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht sind unzweifelhaft gegeben.
23 b) Das FG konnte auch ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, dass sich die Klägerin am allgemeinen wirtschaftlichen
Verkehr beteiligt hat. Dieses Merkmal erfordert eine Tätigkeit, die gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte
äußerlich erkennbar angeboten wird. Es dient dazu, solche Betätigungen auszugrenzen, die zwar von einer
Gewinnerzielungsabsicht getragen, aber nicht auf einen Güter- und Leistungsaustausch gerichtet sind. Zwar sprechen
Geschäftsbeziehungen mit mehreren, womöglich ständig wechselnden Kunden im Allgemeinen deutlicher für das
erforderliche Teilhaben am Marktgeschehen, sie sind aber kein unerlässliches Erfordernis. Erkennbar angeboten wird
die Tätigkeit nach der ständigen Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn sie nur einem einzigen Marktteilnehmer
angeboten wird (vgl. z.B. Senatsurteil vom 16. Mai 2002 IV R 94/99, BFHE 199, 261, BStBl II 2002, 565).
24 aa) Für den --hier nicht unmittelbar einschlägigen-- Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat es der BFH
24 aa) Für den --hier nicht unmittelbar einschlägigen-- Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat es der BFH
genügen lassen, dass die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen --unter Umständen auch nur einer
einzigen Person-- bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen
(BFH-Urteil vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, unter 1.d der Gründe). Nach der neueren
Rechtsprechung des BFH kann es indessen nicht mehr darauf ankommen, ob der Verkäufer davon ausgeht, seine
Verkaufsabsicht werde sich "herumsprechen". Vielmehr kann eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen
Verkehr auch dann vorliegen, wenn Geschäftsbeziehungen zu anderen Personen vertraglich ausgeschlossen sind.
Maßgeblich ist, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen
Marktteilhabe entspricht (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 I R 16/99, BFHE 191, 45, BStBl II 2000, 404; vom 22.
Januar 2003 X R 37/00, BFHE 201, 264, BStBl II 2003, 464; zustimmend Beschluss des Großen Senats des BFH vom
10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.I. der Gründe).
25 bb) Das FG konnte die Umstände des Streitfalls dahingehend würdigen, dass diese Voraussetzungen bei der Klägerin
erfüllt waren.
26 Die Klägerin hat nicht --wie sie in der Revisionsbegründung vorgetragen hat-- in dem mit der FHZ-S geschlossenen
Vertrag lediglich selbst geschaffenes und erworbenes Know-how weiterverkauft oder zur zeitlich begrenzten Nutzung
überlassen. Vielmehr hat sie mit der FHZ-S einen Werkvertrag in der Form eines Bauvertrages (vgl.
MünchKommBGB/Busche, 4. Aufl., § 631 Rz 111 ff.; Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl., Einf v § 631 Rz
16) abgeschlossen. Zwar ist dieser Vertrag als "Vertrag über den Kauf" der zu errichtenden Gebäude bezeichnet; die
Vertragsparteien werden Käufer und Verkäufer genannt. Auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung
eines Vertrages kommt es jedoch nicht an (vgl. z.B. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 25. Juni 2002 X ZR
83/00, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2002, 3317; vom 16. Juli 2002 X ZR 27/01, BGHZ 151, 330). Dass es
sich entgegen seiner Bezeichnung um einen Werkvertrag handelt, ergibt sich daraus, dass die "verkauften" Gebäude
im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht fertig gestellt waren (MünchKommBGB/ Busche, a.a.O., § 631 Rz 7).
Selbst wenn sie fertig gestellt gewesen wären, hätte die Klägerin der Erwerberin an ihnen nicht das Eigentum
verschaffen können, weil sie nicht Grundstückseigentümerin war. Zudem ist der Vertragstext bis auf die Höhe des
Entgelts und die Bezeichnung der Vertragsparteien identisch mit dem Wortlaut des Werkvertrages, mit dem die
Klägerin die L-GbR als Generalunternehmerin beauftragt hat. In beiden Verträgen ist die Geltung der VOB Teil B/C
vereinbart mit den entsprechenden Folgen für die Gewährleistung. Die von der Klägerin übernommenen
Gewährleistungspflichten (§ 13 VOB/B) waren --ebenso wie bei der L-GbR-- nicht durch die in den jeweiligen
Verträgen vorgesehene Abtretung von Gewährleistungsansprüchen gegen (weitere) Subunternehmer abgegolten.
Auch die Zahlung des Entgelts nach Baufortschritt ist typisch für einen Bauvertrag. Der Vertrag entspricht demnach
den Verträgen, wie sie von Bauunternehmern oder Generalübernehmern und mithin von Gewerbetreibenden
abgeschlossen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter
C.III.4. der Gründe). Die Klägerin ist wie ein Generalübernehmer aufgetreten, der seinerseits einen Unter-
Generalübernehmer beauftragt.
27 cc) Gegen eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr lässt sich auch nicht ins Feld führen, dass die
maßgebliche Tätigkeit nur einen geringen Umfang gehabt habe. Die Klägerin hat die Verpflichtung übernommen, vier
Pavillons nebst Zwischenbauten, ein Ausstellungs- und Bürogebäude nebst Zwischenbauten sowie eine Lagerhalle
mit Büro und Sanitäreinrichtungen zu errichten. Es handelt sich demnach --abgesehen von den ebenfalls zu
gestaltenden Außenanlagen-- um sechs Bauwerke.
28 dd) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass an der Klägerin und der FHZ-S teilweise dieselben Personen
beteiligt waren (BFH-Urteil in BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259). Selbst wenn die Klägerin entschlossen gewesen
sein sollte, Verträge, wie sie sie mit der FHZ-S geschlossen hat, nicht mit Erwerbern zu schließen, an denen ihre
Gesellschafter nicht wenigstens teilweise ebenfalls als Gesellschafter beteiligt waren, so lässt sich daraus nicht
folgern, dass sie nicht auch zu einem Vertragsschluss (oder mehreren Vertragsschlüssen) mit anderen --der Höhe der
Beteiligungen oder der personalen Zusammensetzung nach unterschiedlichen-- Schwestergesellschaften bereit
gewesen wäre.
29 ee) Hiervon ausgehend ist der Schluss des FG, die Klägerin sei gegebenenfalls auch zu einem Verkauf an andere
Erwerber bereit gewesen, sofern diese nur ein ausreichend hohes Entgelt gezahlt hätten, revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden. Dass die Klägerin, nachdem sie sich einmal entschlossen hatte, den Vertrag mit der FHZ-S zu
schließen, gewillt war, von diesem Entschluss nicht mehr ohne Not abzuweichen, liegt auf der Hand, ist aber für die
Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unerheblich.
30 c) Die Tätigkeit der Klägerin war auch nachhaltig.
31 aa) Das Merkmal der Nachhaltigkeit dient dazu, nur gelegentliche Aktivitäten aus dem Bereich der gewerblichen
Tätigkeiten auszuschließen. Eine Tätigkeit ist regelmäßig dann nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist,
also eine Wiederholungsabsicht in der Weise besteht, dass weitere Geschäfte geplant sind (vgl. Senatsurteil vom 15.
April 2004 IV R 54/02, BFHE 206, 90, BStBl II 2004, 868, unter II.2. der Gründe).
32 bb) Allerdings kann ausnahmsweise eine Nachhaltigkeit selbst dann zu bejahen sein, wenn der Steuerpflichtige nur
ein einziges Geschäft oder einen einzigen (Veräußerungs-)Vertrag abschließt und sich insoweit keine
Wiederholungsabsicht feststellen lässt.
33 cc) Dies ist dann der Fall, wenn die Erfüllung dieses Geschäftes oder Vertrages eine Vielzahl von unterschiedlichen
Einzeltätigkeiten erfordert (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01, BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294). Für
den Fall, dass ein zu bebauendes Grundstück verkauft wird, hat der BFH außerdem das Erfordernis aufgestellt, dass
die maßgeblichen Aktivitäten mit dem Ziel entfaltet wurden, den Verkaufspreis zu erhöhen (Senatsurteil in BFHE 206,
90, BStBl II 2004, 868, unter II.2. der Gründe a.E.). Im Streitfall hat die Klägerin sich jedoch zur Erstellung von
Gebäuden auf dem Grundstück der Auftraggeberin verpflichtet, so dass die Möglichkeit, die Aktivitäten könnten im
Hinblick auf eine künftige Eigennutzung oder Vermietung vorgenommen worden sein, nicht in Betracht kommt.
34 dd) Wie die Gründe des BFH-Urteils in BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294 zeigen, kann auch die Errichtung eines
einzigen, aber ungewöhnlich aufwändigen Gebäudes als nachhaltig anzusehen sein, wobei der BFH einschränkend
darauf hingewiesen hat, dass für die Annahme der Nachhaltigkeit solche Einzeltätigkeiten nicht ausreichen, die beim
Bau eines jeden Hauses erforderlich werden, gleichgültig ob es selbst genutzt, vermietet oder veräußert werden soll
(BFH-Urteile vom 28. April 2005 IV R 17/04, BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606, und vom 26. September 2006 X R
27/03, BFH/NV 2007, 412).
35 ee) Ob infolge der Vielzahl und des Gewichts der vom Verkäufer im Hinblick auf die Bebauung entfalteten Aktivitäten
die Gesamttätigkeit als nachhaltig anzusehen ist, richtet sich nach dem --vom FG festzustellenden-- Gesamtbild der
Verhältnisse eines jeden Falles. Wie bei der Beurteilung der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist
darauf abzustellen, ob der Steuerpflichtige in einer Weise tätig geworden ist, die dem Bild eines Gewerbetreibenden --
insbesondere eines Bauunternehmers oder eines Bauträgers-- entspricht. Die Höhe der Baukosten spielt im Rahmen
dieser Gesamtwürdigung nur als Beweisanzeichen eine Rolle.
36 ff) Im Streitfall sind die Baukosten mit rd. 10,1 Mio. DM (bzw. 11,1 Mio. DM, wenn man den Gewinn der Klägerin
mitrechnet) nicht so hoch, dass aus ihnen allein geschlossen werden müsste, dass die Klägerin bei der Errichtung des
Fachhandwerkszentrums nachhaltig i.S. des § 15 Abs. 2 EStG tätig geworden wäre (BFH-Urteile in BFHE 212, 106,
BStBl II 2006, 259, und in BFH/NV 2007, 412). Auf der anderen Seite hat die Klägerin in einer Weise am
Marktgeschehen teilgenommen, die dem Bild eines Gewerbetreibenden --nämlich dem eines Bauunternehmers--
entspricht. Das folgt aus dem mit der FHZ-S geschlossenen Bauvertrag.
37 gg) Zudem hat die Klägerin so viele Aktivitäten entfaltet, dass ihre Tätigkeit unter diesem Gesichtspunkt auch bei
Beachtung der in den BFH-Urteilen in BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606 und in BFH/NV 2007, 412 genannten
Einschränkungen als nachhaltig bezeichnet werden muss.
38 Dabei sind die Tätigkeiten der L-GbR der Klägerin zuzurechnen. Der VIII. Senat des BFH hat in seiner Entscheidung
vom 14. Oktober 2002 VIII R 70/98 (BFH/NV 2003, 742) zu erkennen gegeben, dass er dazu neigt, die
Vertragsleistungen des Generalunternehmers dem Auftraggeber (hier: der Klägerin) auch für die Prüfung der
Nachhaltigkeit jeweils gesondert (d.h. als eine Vielzahl wirtschaftlicher Einzelaktivitäten) zuzurechnen (vgl. hierzu
BFH-Entscheidungen vom 14. November 1972 VIII R 71/72, BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239; vom 6. Februar 1986
IV R 133/85, BFHE 146, 244, BStBl II 1986, 666; vom 12. Februar 1990 X B 124/88, BFH/NV 1990, 640; vom 20.
September 1995 X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302). Der erkennende Senat hat die Frage bisher offen gelassen (BFH-
Urteil in BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259). Er bejaht sie nunmehr mit der Maßgabe, dass Nachhaltigkeit nur dann
gegeben ist, wenn die Tätigkeiten des Auftraggebers und des Generalunternehmers zusammen über das
hinausgehen, was zum Bau eines jeden Hauses erforderlich ist (s. vorstehend unter II.2.c dd). Für die steuerliche
Qualifizierung einer Tätigkeit kann es keinen Unterschied machen, ob der Steuerpflichtige die vertraglich vereinbarte
Leistung selbst erbringt oder sie von einem Beauftragten erbringen lässt. Allerdings ging es in den BFH-Urteilen in
BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239 und in BFHE 146, 244, BStBl II 1986, 666 um die Frage, ob von einem Beauftragten
entfaltete Aktivitäten zur Folge hatten, dass unbebaute --vor langer Zeit erworbene-- Grundstücke zu gewerblichem
Umlaufvermögen wurden (z.B. durch Aufstellung eines Bebauungsplans und Erschließung - im Gegensatz zu bloßer
Parzellierung). Der Senat hat erwogen, ob im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit die Einschaltung eines
Generalunternehmers anders gewürdigt werden kann, weil es insoweit weniger auf die Folgen einer Tätigkeit als auf
die Tätigkeit als solche ankommen könnte. Eine solche Differenzierung erscheint gleichwohl aus Gründen der
Gleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte nicht gerechtfertigt. Der Streitfall verdeutlicht das. Die Gesellschafter
der Generalunternehmer-GbR waren zugleich Gesellschafter der Auftraggeberin. Sie sind bei allen maßgeblichen
Vertragshandlungen als Vertreter sowohl der auftraggebenden Klägerin als auch der auftragnehmenden L-GbR tätig
geworden. Ein signifikanter Unterschied zu dem Fall, dass die Klägerin die der FHZ-S gegenüber übernommenen
Bauleistungen selbst erbracht hätte, ist nicht erkennbar.
39 hh) Nach den Feststellungen des FG hatte die L-GbR nach Maßgabe des Vertrags vom 28. August 1995 nicht nur vier
Ausstellungspavillons, ein Ausstellungs- und Bürogebäude, eine Lagerhalle mit Büro- und Sanitäreinrichtungen sowie
die Außenanlagen herzustellen, sondern auch die zur Erstellung des Baugesuchs notwendigen Antragsformulare und
sonstigen Bauvorlagen der zuständigen Baubehörde und sonstigen Ämtern zur Verfügung zu stellen und
insbesondere den Bauantrag einschließlich aller für den Bau erforderlichen Planungsunterlagen anzufertigen. Damit
erfüllte sie gleichlautende von der Klägerin gegenüber der FHZ-S übernommene Verpflichtungen. Die der Klägerin
zuzurechnende Tätigkeit der L-GbR umfasste damit neben der Herstellung der Gebäude und Außenanlagen die
Planung des Bauvorhabens und die Schaffung der Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung des
Genehmigungsverfahrens.
40 Angesichts der Errichtung von sechs Gebäuden zu Einzelpreisen zwischen 4,6 und 1 Mio. DM kann auch nicht davon
die Rede sein, dass die Klägerin nicht mehr an Aktivitäten entfaltet habe, als sie beim Bau eines jedweden einzelnen
Hauses erforderlich sind. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der BFH beim Verkauf von mehreren
Grundstücken durch einen einzigen Vertrag nicht von einer nachhaltigen Tätigkeit ausgeht (vgl. z.B. Senatsurteil vom
7. Oktober 2004 IV R 27/03, BFHE 208, 147, BStBl II 2005, 164). Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden
Erwägungen beschränken sich auf die sog. Durchhandelsfälle. Wird demgegenüber Grundbesitz zusammen mit
einem zu errichtenden Gebäude veräußert, ist nicht auf die Zahl der Verkaufshandlungen, sondern auf den Umfang
der im Zusammenhang mit der Errichtung angefallenen Aktivitäten abzustellen (insoweit zutreffend Söffing, Finanz-
Rundschau --FR-- 2006, 485, 487). Nichts anderes kann gelten, wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen --ohne
Grundstücksübertragung-- lediglich in der Errichtung von Bauwerken auf dem Grund und Boden des Bestellers
besteht.
41 d) Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihre Tätigkeit über eine private
Vermögensverwaltung nicht hinaus gegangen sei. Das --auf dem Grund und Boden der Erwerber errichtete--
Gebäude war nicht dazu bestimmt, von der Klägerin selbst genutzt oder anderen zur Nutzung überlassen zu werden.
Wie bereits ausgeführt lässt sich der Rückschluss auf eine bloße Vermögensverwaltung auch nicht aus dem
Vorbringen herleiten, die Klägerin habe lediglich ihr beim Bau des Handwerkermarktes in G erworbenes Know-how
zur zeitlich begrenzten Nutzung überlassen. Insbesondere ergibt sich ein solcher Sachverhalt nicht aus der
Bestimmung des mit der FHZ-S geschlossenen Bauvertrages, der zufolge die Konstruktion, Pläne und Details des
Vertragsgegenstandes dem urheberrechtlichen Schutz des "Verkäufers" unterliegen. Es handelt sich vielmehr
insoweit lediglich um eine typische Nebenbestimmung eines Bauvertrages, was im Streitfall schon dadurch
verdeutlicht wird, dass auch der zwischen der Klägerin und der L-GbR geschlossene Vertrag eine entsprechende
Regelung enthält.
42 3. Hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheides für das Jahr 1996 ist das FG davon ausgegangen, dass das FA
einen Aufgabegewinn nicht erfasst hat. Das trifft ausweislich des vom FG in Bezug genommenen Bescheides vom 10.
Dezember 1999 indessen nicht zu. Zwar ist der Aufgabegewinn nicht in der Angabe des Gesamtgewinns auf der
ersten Seite des Bescheides ("A. Feststellungen"), sondern lediglich in der Anlage ESt 1, 2, 3B aufgeführt, diese ist
indessen --worauf auch auf der ersten Seite des Bescheides hingewiesen wird-- Bestandteil des Bescheides. Der
Bescheid kann insgesamt nicht anders verstanden werden, als dass auch der Aufgabegewinn einheitlich und
gesondert festgestellt worden ist. So hat ihn auch die Klägerin --jedenfalls zunächst-- verstanden. Andernfalls hätte
der im erstinstanzlichen Verfahren gestellte "Hilfsantrag" für den Fall, dass die streitige Tätigkeit als gewerblich
anzusehen sein sollte, den Bescheid in der Weise zu ändern, dass ein Aufgabegewinn nicht anzusetzen ist, keinen
Sinn ergeben.
43 Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Befragen klargestellt,
dass der ursprüngliche "Hilfsantrag" im Revisionsverfahren aufrecht erhalten werde.
44 Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen dazu treffen, ob das FA im Gewinnfeststellungsbescheid 1996 --
unter Zugrundelegung einer gewerblichen Tätigkeit der Klägerin-- den streitigen Aufgabegewinn zu Recht erfasst hat.
45 In der Zurückverweisung liegt --anders als in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen
Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragen-- keine Verböserung. Die Vorentscheidung enthält -
-auch wenn man die Urteilsgründe zur Auslegung mit heranzieht-- keinen Urteilsauspruch des Inhalts, dass die in der
Anlage ESt 1, 2, 3B aufgeführten Feststellungen unbeachtlich seien.