Urteil des BFH vom 08.09.2005
BFH: vollziehung, begriff, personenbeförderung, güterbeförderung, aussetzung, bedingung, ausstattung, budget, gütertransport, hersteller
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Gericht:
Finanzgericht des
Landes Brandenburg
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2005
Aktenzeichen:
4 V 6/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 Abs 6a StVZO, EGRL
116/2001, § 8 Nr 2 KraftStG
2002, § 9 Abs 1 Nr 3 KraftStG
2002, § 8 Nr 1 KraftStG 2002
(Kraftfahrzeugsteuer: Eingruppierung schwerer Geländewagen
nach Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO - Land Rover "Defender")
Tatbestand
Für den Antragsteller wurde zum 08.09.2005 ein Kraftfahrzeug vom Typ "Land Rover
Defender" (LD) mit dem amtlichen Kennzeichen ... zum Straßenverkehr zugelassen. Bei
dem Fahrzeug handelt es sich um einen Geländewagen, dessen Zulassungsdaten im
Fahrzeugbrief, die per Datenträger von der Zulassungsbehörde an das Rechenzentrum
der Finanzverwaltung des Landes Brandenburg (Technisches Finanzamt Cottbus)
übermittelt wurden, wie folgt lauten:
Fahrzeugart:
Personenkraftwagen geschlossen
Fahrzeugklasse:
Aufbauart:
Antriebsart:
Diesel
Zulässiges Gesamtgewicht:
Leergewicht:
Hubraum:
Sitzplätze:
Mit Bescheid vom 21.09.2005 setzte der Antragsgegner die Kraftfahrzeugsteuer für die
Zeit ab dem 08.09.2005 auf jährlich 683,- € fest, wobei die Steuer entsprechend der
verkehrsrechtlichen Zulassung unter Einordnung des Fahrzeugs als Personenkraftwagen
nach dem Hubraum und dem Schadstoffausstoß bemessen wurde. Gegen diesen
Bescheid legte der Antragsteller fristgerecht Einspruch ein und beantragte gleichzeitig
die Aussetzung der Vollziehung, wobei er erklärte, den unstreitigen Teil der Steuer
natürlich gern bezahlen zu wollen. Zur Begründung seines Einspruchs führte er aus, dass
das Fahrzeug im Herstellerland sowie in allen anderen EU-Ländern und bisher auch in
Deutschland als Kombinationsfahrzeug bewertet worden sei und dementsprechend als
"anderes Fahrzeug" der Gewichtsbesteuerung unterlegen habe. Nach Streichung des §
23 Abs. 6 Buchstabe a Straßenverkehrszulassungsordnung -StVZO- zum 01.05.2005
habe der Bundesfinanzhof -BFH- im Umkehrschluss entschieden, dass Fahrzeuge mit
einem Gewicht von mehr als 2,8 Tonnen keine Pkw seien. Aus der EU-Richtlinie
2001/116/EG vom 20.12.2001 sei erkennbar, dass sein Fahrzeug das Symbol G für
Geländefahrzeuge erfülle und daher nach dem Gewicht zu besteuern sei. Mit Schreiben
vom 27.10.2005 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass durch die
Aufhebung des § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO der dort normierte Begriff
"Kombinationswagen" entfallen sei. Deshalb gelte für alle - aufgelasteten - Fahrzeuge
mit mehr als vier Sitzen und entsprechend kleiner Ladefläche ab dem 01.05.2005 die
Besteuerung nach dem Hubraum, da die Auflastung jetzt keine Auswirkung mehr auf die
Besteuerung habe. Die Ladefläche des Fahrzeugs des Klägers nehme auch nicht mehr
als 50 v.H. der Gesamtnutzfläche ein, da das Fahrzeug als Pkw mit 9 Sitzplätzen
zugelassen sei. Daraufhin teilte der Antragsteller mit, dass das Fahrzeug nur mit 7
Sitzplätzen ausgerüstet sei. Die hinteren rechten zwei Notsitze habe bereits der
vorherige Halter des Fahrzeugs ausgebaut. Zur Überprüfung dieses Vortrags bat der
Antragsgegner den Antragsteller um die Vorführung des Fahrzeugs an Amtsstelle. Bei
der Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs wurde laut Gesprächsnotiz vom 06.12.2005
festgestellt, dass die beiden hinteren seitlich zur Fahrbahn angeordneten Sitzplätze auf
der Beifahrerseite ausgebaut waren. Im Rahmen der Besichtigung des Fahrzeugs wurde
dem Antragsteller zudem eine Verfügung vom 01.12.2005 ausgehändigt, mit der sein
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen
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Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen
Kraftfahrzeugsteuerbescheides abgewiesen wurde. Im weiteren Verlauf des
Einspruchsverfahrens reichte der Antragsteller ein Gutachten der Technischen Prüfstelle
für Kraftfahrzeugverkehr beim DEKRA e.V. Dresden vom 10.01.2006 ein, aus dem sich
ergibt, dass das Fahrzeug hinsichtlich der möglichen Sitzplatzanzahl durch
Verschweißung der Aufnahmepunkte und Sicherheitsgurte für zwei Sitze auf sieben Sitze
umgerüstet worden sei. Über den Einspruch hat der Antragsgegner bis heute nicht
entschieden.
Mit Schriftsatz vom 05.01.2006 begehrt der Antragsteller nunmehr die Aussetzung der
Vollziehung durch das Finanzgericht, da der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Bei
dem streitbefangenen Fahrzeug handele es sich nicht um einen Pkw, sondern um ein
"anderes Fahrzeug" gemäß §§ 8 Nr. 2, 9 Abs. 1 Nr. 3 Kraftfahrzeugsteuergesetz -
KraftStG-, das nach dem zulässigen Gesamtgewicht zu besteuern sei. In der EU-
Richtlinie sei bei der Aufbauart AF - Mehrzweckfahrzeug - eine Berechnungsformel
vorgegeben, aus der sich ergebe, wann ein Fahrzeug nicht als ein Fahrzeug der Klasse
M1 und somit nicht als Pkw gelte. Sein Fahrzeug erfülle bei sieben Sitzplätzen diese
Formel und verfüge über eine große Ladefläche, was der Antragsgegner durch
Maßbandarbeit statt einer nur augenscheinlichen Überprüfung des Fahrzeugs hätte
feststellen können. Die Vollziehung des Steuerbescheides würde auch eine unbillige
Härte bedeuten, da er wegen der Fahrzeugversicherung (757,14 €) und einer
Lebensversicherung (553,35 €) sein Budget bereits überzogen habe. Sollte die
Vollziehung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides nicht ausgesetzt werden, wäre er
gezwungen, das Fahrzeug stillzulegen und könnte dann wegen seiner Behinderung (70
%, Merkzeichen "G") nicht mehr selbständig am öffentlichen Leben teilnehmen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die Vollziehung des
Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom 21.09.2005 in Höhe von 502,70 € auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass die
Finanzbehörden nach ständiger Rechtsprechung nicht an die verkehrsrechtliche
Einstufung des Fahrzeuges durch die Verkehrsbehörde gebunden seien (BFH-Urteil vom
26.11.1991 VII R 88/90, BFH/NV 1992, 419). Ausschlaggebend sei vielmehr die Bauart
und Einrichtung des Fahrzeugs, wobei die objektive Beschaffenheit unter
Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit zu würdigen sei. Besonderes
Gewicht sei insoweit der Größe der Ladefläche des Fahrzeuges beizumessen. Bei der
Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs an Amtsstelle sei ersichtlich geworden, dass die zur
Lastenbeförderung dienende Bodenfläche des Fahrzeugs nicht die Bodenfläche zur
Personenbeförderung überwiege. Auch der Umbau des Fahrzeugs in Form der
Reduzierung von neun auf sieben Sitzplätze habe zu keiner klaren Änderung der
äußeren Merkmale des Pkw geführt. Das Fahrzeug besitze mit 895 kg Nutzlast eine
hohe, aber angesichts des Eigengewichts von 2.055 kg keine außergewöhnlich hohe
Zuladung, die eine eindeutig überwiegende Verwendung für den Gütertransport
indizieren könne. Eine Einordnung als Lkw sei auch nicht durch das zulässige
Gesamtgewicht des Fahrzeugs von mehr als 2.800 kg angezeigt, da § 23 Abs. 6
Buchstabe a StVZO mit Wirkung zum 01.05.2005 aufgehoben worden sei. Dies habe u.a.
zur Folge, dass Mehrzweckfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als
2,8 t, die bisher der Gewichtsbesteuerung unterlägen hätten, nunmehr wie
entsprechende Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2,8 t als Pkw zu
besteuern seien. Dem Antragsteller sei zwar zuzugeben, dass sein Fahrzeug die Formel
der EU-Richtlinie 2001/116/EG vom 20.12.2001 erfülle, wegen einer anderslautenden
Verwaltungsanweisung sei der Antragsgegner jedoch daran gehindert, die EU-Richtlinie
zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs.
2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- kann das Gericht die Vollziehung ganz oder
teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen
Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel bestehen, wenn bei der überschlägigen
Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben den für die Rechtmäßigkeit
sprechenden Umständen gewichtige gegen die Recht-mäßigkeit sprechende Gründe
zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von
Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen be-wirken (so schon:
BFH, Beschluss vom 10.02.1967 III B 9/66, BStBl. III 1967, 182). An der Rechtmäßigkeit
des angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheides bestehen keine der-artigen
ernstlichen Zweifel, die eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen könnten.
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Das Halten des Land Rover "Defender" des Antragstellers unterliegt der
Kraftfahrzeugbesteuerung nach dem Hubraum, weil das Fahrzeug als Pkw im Sinne der
§§ 8 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG anzusehen ist, weil es nach seiner Bauart und seinem
Erscheinungsbild neben einer untergeordneten Güterbeförderung überwiegend zur
Beförderung von Personen geeignet und bestimmt ist.
Da eine eigenständige Bestimmung des Begriffs "Personenkraftwagen", wie sie früher §
10 Abs. 2 KraftStG 1972 enthielt, im geltenden Kraftfahrzeugsteuerrecht fehlt und es
sich bei diesem Begriff um einen solchen aus dem Bereich des Verkehrsrechts handelt,
sind insoweit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG die verkehrsrechtlichen Vorschriften
maßgebend. Aus der geltenden verkehrsrechtlichen Vorschrift des § 4 Abs. 4 Nr. 1
Personenbeförderungsgesetz -PBefG- lässt sich entnehmen, dass Pkw nach Bauart und
Einrichtung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich
Fahrzeugführer) bestimmte Kraftfahrzeuge sind. Ferner ergab sich bis zum 30.04.2005
aus § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO, dass ein Kraftfahrzeug auch dann als Pkw
einzustufen war, sofern sein zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 2,8 Tonnen betrug
und es außer dem Führersitz Plätze für nicht mehr als acht Personen aufwies, wenn es
nach Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt war, wahlweise vorwiegend der
Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern zu dienen. Es
handelte sich dabei um sogenannte Kombinationskraftwagen. Ein Lkw liegt hingegen vor,
wenn es sich um ein Kraftfahrzeug handelt, das nach Bauart und Einrichtung zur
Beförderung von Gütern bestimmt ist. Dies folgt aus § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG. Zwar
ist dem Begriff "Lastkraftwagen" unmittelbar keine kraftfahrzeugsteuerliche Bedeutung
beizumessen, da das KraftStG nur an die Begriffe "Personenkraftwagen" und "andere
Fahrzeuge" anknüpft; es ist jedoch notwendig und entspricht ständiger Rechtsprechung
des BFH und der Finanzgerichte (siehe hierzu: Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer,
Kommentar, Lfg. 43, Dezember 2005, § 8 Rz. 17a, mit zahlreichen Hinweisen auf die
Rechtsprechung), zur Klärung von Abgrenzungsproblemen, die durch die Vielfalt der
verschiedenen Fahrzeugarten und -typen auftreten, für die Auslegung des Begriffs
"Personenkraftwagen" in § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG auch die Begriffsbestimmung des
"Lastkraftwagen" in § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG heranzuziehen. Unter Berücksichtigung des
bis zum 30.04.2005 geltenden § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO, der sog.
Kombinationskraftwagen erfasste, die geeignet und bestimmt waren, wahlweise
vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern
zu dienen, wurde daher für die Zuordnung eines Fahrzeugs zum Typ des Lkw als anderes
Fahrzeug im Sinne des Kraftfahrzeugsteuerrechts darauf abgestellt, ob es von seiner
objektiven Beschaffenheit geeignet und bestimmt ist, mindestens überwiegend der
Güterbeförderung zu dienen (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.1997 VII R 12/97, BFH/NV 1997,
810). Durch Art. 1 Nr. 1 der Siebenundzwanzigsten Verordnung zur Änderung der
Straßenverkehrszulassungsordnung vom 02.11.2004 (BGBl I 2004, S. 2712) wurde § 23
Abs. 6 Buchstabe a StVZO mit Wirkung zum 01.05.2005 aufgehoben. Damit ist die
bisher in dieser Vorschrift normierte Begriffsbestimmung "Kombinationskraftwagen"
unter Berücksichtigung der relevanten Gewichtsgrenze von 2,8 t weggefallen. Nach
Auffassung des Senats ist durch die Aufhebung des § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO
aber weder die Abgrenzungsproblematik zwischen Pkw i.S.d. § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG und
Lkw i.S.d. § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG entfallen noch ist ein Grund erkennbar, warum die für
kraftfahrzeugsteuerliche Zwecke erforderliche Abgrenzung zwischen Pkw und "anderen
Fahrzeugen" i.S.d. § 8 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 KraftStG nicht weiterhin davon abhängig
gemacht werden dürfte und sollte, ob der Schwerpunkt des Fahrzeugs auf der Personen-
oder der Lastenbeförderung liegt. Bei dem Land Rover des Antragstellers handelt es sich
um einen Fahrzeugtyp, der aufgrund seiner Bauart und Einrichtung offensichtlich
überwiegend auf die Personenbeförderung ausgerichtet ist und nur in einem
untergeordneten Umfang auch dem Transport von Lasten dient. Da § 4 Abs. 4 Nr. 1
PBefG den Begriff des Pkw nicht dahingehend definiert, dass es sich um Kraftfahrzeuge
handeln müsste, die nach ihrer Bauart und Ausstattung ausschließlich zur Beförderung
von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind,
hält es der Senat auch nach Aufhebung des § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO für
erforderlich und geboten, bei Abgrenzungsproblemen für die kraftfahrzeugsteuerliche
Einordnung eines Fahrzeugs als Lkw und damit als "anderes Fahrzeug" i.S.d. § 8 Satz 1
Nr. 2 KraftStG weiterhin darauf abzustellen, ob das Fahrzeug überwiegend zur
Beförderung von Gütern geeignet und bestimmt ist.
Unter Berücksichtigung aller Merkmale des Fahrzeugs des Antragstellers in ihrer
Gesamtheit lässt sich die erforderliche objektive Beschaffenheit zur überwiegenden
Güterbeförderung jedoch nicht feststellen. Vielmehr ist das Fahrzeug des Antragstellers
nach seiner Bauart und seinem Erscheinungsbild neben einer untergeordneten
Güterbeförderung überwiegend zur Beförderung von Personen geeignet und bestimmt.
Für die Abgrenzung zwischen Pkw und Lkw ist bei Serienfahrzeugen in der Regel die
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Für die Abgrenzung zwischen Pkw und Lkw ist bei Serienfahrzeugen in der Regel die
Konzeption des Herstellers für Bauart und Einrichtung bestimmend und prägt damit
auch die objektive Beschaffenheit eines Fahrzeugs entscheidend (BFH-Urteile vom
26.11.1991 VII R 88/90, BFH/NV 1992, 414; vom 16.07.1993 III R 59/92, BStBl II 1994,
304). Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der streitbefangene Fahrzeugtyp vom
Hersteller als Lkw konzipiert wurde. Der streitbefangene Fahrzeugtyp ist seitens des
Herstellers als geländegängiger Pkw in der Aufbauart "Station Wagon" konzipiert worden
und hat dementsprechend auf Wunsch des Herstellers eine allgemeine Betriebserlaubnis
als Pkw nach § 20 StVZO erhalten. Ausweislich des Internetauftritts des Herstellers
(www.landrover.de) wird der Station Wagon auch ausschließlich als Pkw, der bis zu neun
Personen bequem Platz bietet, angeboten, während für den Transport von Ausrüstung
und Personen die Aufbauart "Crew Cab" angeboten wird. Auch die technischen Daten
sprechen gegen eine Einstufung des Fahrzeugs als Lkw. Zu den Merkmalen, denen bei
der Zuordnung eines Fahrzeugs zum Typ des Pkw oder des Lkw besonderes Gewicht
beizumessen ist, gehören insbesondere die Größe der Ladefläche des Fahrzeugs und die
verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, weil diese Merkmale von besonderer Bedeutung
dafür sind, ob die Möglichkeit einer Benutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung
gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat. Im Interesse
praktikabler Zuordnungsmaßstäbe und der um der Rechtssicherheit willen geforderten
Vorhersehbarkeit kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Zuordnungen hält es der BFH für
gerechtfertigt, typisierend davon auszugehen, dass Fahrzeuge nicht vorwiegend der
Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche oder ihr
Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht (BFH-
Urteil vom 01.08.2000 VII R 26/99, BStBl II 2001, 72). Bereits diese Anforderung erfüllt
das streitbefangene Fahrzeug nicht, da durch den Ausbau von zwei Sitzen offensichtlich
in dem Fahrzeug keine Ladefläche entstanden sein kann, die mehr als 50 v.H. der
gesamten Nutzfläche ausmacht. Der Senat verkennt im Übrigen nicht, dass es sich bei
dem Anteil der Ladefläche an der Nutzfläche nur um eines - wenn auch gewichtiges - von
mehreren Zuordnungskriterien handelt und bei Würdigung aller Merkmale unter
Umständen andere gewichtige Merkmale gegeben sein können, die auch bei einem
Fahrzeug mit einer weniger als die Hälfte der nutzbaren Bodenfläche ausmachenden
Ladefläche ausnahmsweise eine Einordnung als Lkw rechtfertigen könnten, wenn sie
eindeutig für eine überwiegende Bestimmung und Eignung des betreffenden Fahrzeugs
zum Gütertransport sprechen. Aber auch die übrigen technischen Daten des Land Rover
Defender sprechen gegen eine Einstufung als Lkw. Insbesondere die zulässige Nutzlast,
die bei durchschnittlich 900 kg liegt und damit nur knapp 30,5 v.H. des zulässigen
Gesamtgewichts ausmacht, ist wegen ihrer Geringfügigkeit nicht geeignet, den
Schwerpunkt des Fahrzeugs in dem Transport von Gütern zu sehen. Schließlich lassen
auch weder die Motorisierung noch die Ausstattung des streitbefangenen Fahrzeugs
erkennen, dass das Fahrzeug vorwiegend zum Transport von Gütern geeignet und
bestimmt ist. Auch das äußere Erscheinungsbild des Fahrzeugs lässt nicht auf ein
überwiegend der Güterbeförderung dienendes Fahrzeug schließen, sondern macht
vielmehr ebenfalls den vorrangigen Zweck zur Personenbeförderung erkennbar. Diese
Einschätzung deckt sich auch mit der verkehrsrechtlichen Zulassung des Fahrzeugs als
Pkw. Die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte sind zwar an die verkehrsrechtliche
Einstufung nicht gebunden (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Urteil vom
30.09.1981 II R 56/78, BStBl II 1982, 82), wie sich im Umkehrschluss aus § 2 Abs. 2 Satz
2 KraftStG entnehmen lässt. Es besteht aber auch kein Grund, ohne hinreichende
Anhaltspunkte von einer verkehrsrechtlichen Einstufung abzuweichen, soweit diese sich
mit dem kraftfahrzeugsteuerlichen Begriff des Pkw deckt.
Die genannten nationalen verkehrsrechtlichen Definitionen der Begriffe Pkw und Lkw (§ 4
Abs. 4 Nr. 1 und 3 PBefG) stehen auch im Einklang mit der EU-Richtlinie 70/156/EWG
vom 06.02.1970 (ABl. L 42 vom 23.02.1970, S. 1) in der Fassung der Richtlinie
2001/116/EG vom 20.12.2001 (ABl. L 18/1 vom 21.01.2002, S. 39), die die Angleichung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge
regelt. In deren Anhang II werden die Begriffsbestimmungen für Fahrzeugklassen und
Fahrzeugtypen in den Gliederungspunkten A - C vorgenommen. Danach werden Pkw der
Klasse M1 zugeordnet, wenn sie für die Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sind
und höchstens acht Sitze außer dem Fahrersitz haben. Lkw werden der Klasse N1
zugeordnet, wenn sie bei einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t für die
Güterbeförderung ausgelegt und gebaut sind. Entgegen der Auffassung des
Antragstellers und des 6. Senats des Finanzgerichts Köln (Beschluss vom 28.11.2005, 6
V 3715/05, StE 2005, 806; Beschwerde eingelegt, Az. des BFH VII B 333/05) besteht aber
keinerlei kraftfahrzeugsteuerliche Bindung an die genannte EU-Richtlinie. Aus ihr lässt
sich allenfalls entnehmen, dass Fahrzeuge, für die eine entsprechende
Typengenehmigung als Fahrzeugklasse M1 erteilt wird, kraftfahrzeugsteuerlich als Pkw
anzusehen sein dürften. Die Auffassung des Senats stützt sich darauf, dass in der EU-
Richtlinie gerade nicht der für die Kraftfahrzeugsteuer bedeutende Begriff Pkw definiert
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Richtlinie gerade nicht der für die Kraftfahrzeugsteuer bedeutende Begriff Pkw definiert
wird, sondern für die Einordnung in die Fahrzeugklasse M1 lediglich festgeschrieben wird,
dass es sich um ein Fahrzeug handeln muss, das für die Personenbeförderung ausgelegt
und gebaut ist und höchstens acht Sitzplätze außer dem Fahrersitz hat. Zur
Bestimmung der Fahrzeugklasse M1 hat der Richtliniengeber damit eine Definition
gewählt, die mit der nationalen Definition des Begriffs Pkw in § 4 Abs. 4 PBefG inhaltlich
identisch ist. Das KraftStG knüpft aber nicht an die in der EU-Richtlinie genannte
Fahrzeugklasse M1 und deren Aufbauarten wie "AA Limousine, AB Schräghecklimousine,
AC Kombilimousine" usw. an, sondern verwendet als verkehrsrechtlichen Begriff in § 8
Satz 1 Nr. 1 KraftStG ausschließlich den Begriff des Pkw. Dieser Begriff wird aber in der
EU-Richtlinie nicht definiert. Der Antragsteller geht daher fehl in der Annahme, dass sein
Fahrzeug nicht als Pkw im kraftfahrzeugsteuerlichen Sinne angesehen werden könne,
soweit es die in der Richtlinie im Anhang II, Gliederungspunkt C.1. für die Aufbauart "AF
Mehrzweckfahrzeug" genannte Bedingung, unter der derartige Fahrzeuge nicht als
Fahrzeuge der Klasse M1 angesehen werden, erfüllt. Aus der Formulierung lässt sich
zwar entnehmen, dass einem solchen Fahrzeug keine entsprechende
Typengenehmigung als Fahrzeugklasse M1 erteilt werden kann; der Senat vermag
hieraus aber nicht den Schluss zu ziehen, dass ein solches Fahrzeug kein Pkw im
kraftfahrzeugsteuerlichen Sinne mehr sei.
Solange der nationale Gesetzgeber die Definition des Begriffs Pkw in § 4 Abs. 4 Nr. 1
PBefG nicht aufhebt und statt dessen z.B. in der StVZO eine Definition des Begriffs Pkw
dahingehend normiert, dass als Personenkraftwagen nur solche Fahrzeuge gelten, die
die Voraussetzungen der Fahrzeugklasse M1 der EU-Richtlinie 70/156/EWG vom
06.02.1970 in der Fassung der Richtlinie 2001/116/EG vom 20.12.2001 erfüllen, besteht
keine Veranlassung, von den unter Geltung des § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO
entwickelten Rechtsgrundsätzen abzuweichen. Denn nach Auffassung des Senats hat
die Aufhebung des § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO lediglich zur Folge, dass die von der
Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien nunmehr auch auf Fahrzeuge
Anwendung finden, deren zulässiges Gesamtgewicht mehr als 2,8 t beträgt.
Aber selbst wenn man die Auffassung des Antragstellers und des 6. Senats des
Finanzgerichts Köln (Beschluss vom 28.11.2005, a.a.O.) teilen wollte, dass Fahrzeuge
der Aufbauart "AF Mehrzweckfahrzeuge", die die Bedingung erfüllen, unter der derartige
Fahrzeuge nicht als Fahrzeuge der Klasse M1 angesehen werden,
kraftfahrzeugsteuerlich als "andere Fahrzeuge" i.S.d. § 8 Satz 1 Nr. 2 KraftStG nach dem
zulässigen Gesamtgewicht zu besteuern seien, würde dies dem Antrag nicht zum Erfolg
verhelfen. Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass sein Fahrzeug bei einer
Ausstattung mit nur sieben Sitzplätzen die Bedingung P - (M + N x 68) > N x 68 erfüllt;
er hat aber übersehen, dass diese Bedingung nur für "AF Mehrzweckfahrzeuge" normiert
ist. Bei dem Fahrzeug des Antragstellers dürfte es sich aber wohl nicht um eine
derartige Aufbauart, sondern vielmehr um die Aufbauart "AC Kombilimousine" handeln,
da das Fahrzeug allenfalls darauf ausgelegt ist, durch das Umklappen der Rückenlehnen
bzw. der gesamten Sitze die vorhandene Ladefläche zu vergrößern. Nach Auffassung
des Senats könnte dem Hersteller des Land Rover Defender für den sog. Station Wagon
daher allenfalls eine EG-Typengenehmigung der Klasse M1 mit der Aufbauart "AC
Kombilimousine" erteilt werden. Auch soweit das Fahrzeug des Antragstellers die
Anforderungen an das im Anhang II unter Gliederungspunkt A.4. der EU-Richtlinie
angeführte Symbol G für Geländefahrzeuge erfüllen sollte, hat diese Einstufung keinerlei
Bedeutung für die kraftfahrzeugsteuerliche Einstufung des Fahrzeugs. Wie sich aus
Gliederungspunkt A.4.6. der EU-Richtlinie ergibt, wird das Symbol "G" mit dem Symbol
"M" oder "N" verbunden, woraus zu entnehmen ist, dass eine entsprechende
Typengenehmigung sowohl für Pkw als auch für Lkw vorgesehen ist. Pkw werden aber
auch in der Variante "Geländefahrzeug" kraftfahrzeugsteuerlich als Pkw i.S.d. § 8 Satz 1
Nr. 1 KraftStG nach Hubraum und Schadstoffausstoß besteuert.
Der Antragsteller hat auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die sofortige
Vollziehung des angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheides eine unbillige Härte zur
Folge hätte und dadurch die Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 2. Satz 2, 2.
Variante FGO angezeigt wäre. Soweit er vorträgt, bereits durch die Begleichung
verschiedener Versicherungsbeiträge sein finanzielles Budget überzogen zu haben, hat
er es versäumt, seine wirtschaftliche Situation durch präsente Beweismittel glaubhaft zu
machen. Zudem ist anhand des Vortrags auch nicht erkennbar, wieso durch die
Vollziehung derartig wirtschaftliche Nachteile für den Antragsteller entstehen würden, die
nicht oder nur schwer wieder gut zu machen wären bzw. wieso durch die Vollziehung
seine wirtschaftliche Existenz tatsächlich gefährdet werden könnte.
Da der Senat mit seiner Auffassung von der Rechtsprechung des 6. Senats des
Finanzgerichts Köln abweicht und die Frage der kraftfahrzeugsteuerlichen Wirkung der in
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Finanzgerichts Köln abweicht und die Frage der kraftfahrzeugsteuerlichen Wirkung der in
der EU-Richtlinie 70/156/EWG vom 06.02.1970 in der Fassung der Richtlinie 2001/116/EG
vom 20.12.2001 normierten Fahrzeugklasse M1 mit ihren unterschiedlichen Aufbauarten
von grundsätzlicher Bedeutung ist, wird die Beschwerde zugelassen (§§ 128 Abs. 3, 115
Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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