Urteil des BFH vom 17.06.2008
Grundsätzliche Bedeutung: abkommensrechtliche Behandlung der Vergütung eines leitenden Angestellten
BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 29.4.2009, I B 156/08
Grundsätzliche Bedeutung: abkommensrechtliche Behandlung der Vergütung eines leitenden Angestellten
Tatbestand
1 I. Streitig ist, inwieweit von einem ausländischen Arbeitgeber gezahlte Vergütungen in Deutschland steuerpflichtig sind.
2 Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind als Eheleute unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Der Kläger ist als
Geschäftsführer der X-GmbH (X) in A bzw. B nichtselbständig tätig, außerdem als leitender Angestellter der X-Inc. in
den USA (X/USA). Nach dem mit den beiden Arbeitgebern vereinbarten "Vertrag" sollten bei einer vertraglichen
Arbeitsleistung von 200 Tagen 120 Tage auf die Tätigkeit für X/USA entfallen. Als laufende Vergütung erhielt der Kläger
im Streitjahr 2000 175 677 US-$ (umgerechnet: 381 135 DM) von X/USA und 364 167 DM von X (darüber hinaus
erhielt der Kläger von X einen Bonus in Höhe von 1 344 633 DM für die im vorangegangenen Jahr in Deutschland
geleistete Arbeit). In den USA wurde von den dortigen Bezügen nur ein Teilbetrag in Höhe von 39 527 US-$ besteuert.
Nach der Bescheinigung der X/USA vom 4. März 2003 war der Kläger im Streitjahr an 32 Tagen in den USA (davon
Arbeitstage: 27) und an 18 Tagen für X/USA in ihren auswärtigen Büros in Kanada, Frankreich und Hongkong (jeweils
4 Tage) sowie in der Schweiz, Großbritannien und Ungarn (jeweils 2 Tage) tätig. Die Vergütung für den Einsatz des
Klägers in diesen Ländern wurde ausschließlich von X/USA getragen, während das deutsche Gehalt ausschließlich auf
die Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer entfiel. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) unterwarf
die in den USA unversteuert gebliebenen Einkünfte von umgerechnet 286 175 DM der Besteuerung und
berücksichtigte 83 082 DM als steuerfreie Bezüge (unter Progressionsvorbehalt). Die Klage blieb erfolglos
(Finanzgericht --FG-- Köln, Urteil vom 17. Juni 2008 9 K 2974/03).
3 Die Kläger machen sinngemäß eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend und beantragen, die Revision gegen das angefochtene Urteil zuzulassen.
4 Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
5 II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der von den Klägern geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO
genügenden Weise dargelegt worden.
6 1. Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), muss in der
Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage
in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene
Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss dargelegt werden, in
welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist
(z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. September 2005 II B 122/04, BFH/NV 2006, 100; vom 20. März
2007 X B 185/06, BFH/NV 2007, 1181).
7 2. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob in Art. 23 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung
der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern
vom 29. August 1989 --DBA-USA 1989-- (BGBl II 1991, 355, BStBl I 1991, 95) eine sogenannte Rückfallklausel
enthalten ist, ist in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, da das angefochtene Urteil nicht auf der Anwendung
einer Rückfallklausel beruht. Tragender Rechtssatz des angefochtenen Urteils ist vielmehr, dass Art. 23 Abs. 2 Buchst.
a DBA-USA 1989 das Welteinkommensprinzip des § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes durch die
Herausnahme von Einkünften (Einkunftsquellen in den USA) aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer nur
insoweit einschränkt, als diese Einkünfte nach dem DBA-USA 1989 in den USA besteuert werden können.
8 Wenn auf dieser Grundlage das FG den Sachverhalt dahin würdigt, dass die Arbeit für den Arbeitgeber X/USA i.S. des
Art. 15 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz bzw. Satz 2 DBA-USA 1989 an 27 Tagen in den USA ausgeübt wurde und dass
auf jeden Arbeitstag ein bestimmtes Entgelt entfällt, wird mit dem Hinweis der Kläger auf die Möglichkeit einer
abweichenden Berechnung der Zahl der Arbeitstage --ungeachtet der Frage einer Bindung an tatrichterliche
Feststellungen in einem Revisionsverfahren (§ 118 Abs. 2 FGO)-- eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht
aufgeworfen. Das FG hat sich im Übrigen bei dieser Abgrenzung zwischen der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat und
im Tätigkeitsstaat --wie auch die Kläger einräumen-- der gängigen, in einem Besteuerungsverfahren als
"Massenverfahren" praktikablen und auch in den USA praktizierten (s. Eimermann in Debatin/Wassermeyer,
Doppelbesteuerung, USA Art. 15 Rz 29) Auslegung zum Begriff der Arbeitsausübung bedient ("physische
Anwesenheit"). Angesichts der ständigen Rechtsprechung des Senats, dieses Kriterium auch für leitende Angestellte
heranzuziehen (z.B. Senatsbeschluss vom 5. Juli 1990 I B 17/90, BFH/NV 1991, 146; Senatsurteil vom 5. Oktober 1994
I R 67/93, BFHE 175, 424, BStBl II 1995, 95; Senatsbeschluss vom 2. Mai 1997 I B 117/96, BFH/NV 1998, 18) und mit
einer abweichenden Linie nur einer Besonderheit im DBA-Schweiz Rechnung zu tragen (Senatsurteil vom 25. Oktober
2006 I R 81/04, BFHE 215, 237), hätte es weitergehender Ausführungen der Kläger bedurft, um diese Frage als noch
klärungsbedürftig darzustellen. Jedenfalls kann, wenn die abkommensrechtliche Regelung den Ort der
Arbeitsausübung als Abgrenzungsmerkmal benennt (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz DBA-USA 1989), der
Umstand der Vergütungszahlung durch einen in den USA ansässigen Arbeitgeber nicht entscheidend sein.