Urteil des BFH vom 26.06.2018

Umsatzsteuer: Kein ermäßigter Steuersatz für die Lieferung von Holzhackschnitzeln

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 26.6.2018, VII R 47/17
ECLI:DE:BFH:2018:U.260618.VIIR47.17.0
Umsatzsteuer: Kein ermäßigter Steuersatz für die Lieferung von
Holzhackschnitzeln
Leitsätze
1. Aus Rohholz gewonnene Holzhackschnitzel sind zolltariflich --je nach
Holzart-- entweder in die Unterpos. 4401 21 KN (Nadelholz in Form von
Schnitzeln) oder in die Unterpos. 4401 22 KN (anderes Holz in Form von
Schnitzeln) und somit nicht als Brennholz in "ähnlicher Form" (ähnlich wie
in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen oder Reisigbündeln) in die
Unterpos. 4401 10 KN einzureihen, selbst wenn die Holzhackschnitzel als
Brennstoff verwendet werden. Ihre Lieferung unterliegt deshalb nicht dem
ermäßigten Steuersatz gemäß Nr. 48 Buchst. a der Anlage 2 zu § 12 Abs.
2 Nr. 1 UStG.
2. Der ermäßigte Steuersatz für die Lieferung von Spänen, Holzabfällen
und Holzausschuss gemäß Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2
Nr. 1 UStG findet keine Grundlage in der MwStSystRL.
3. Da auf die Lieferung von Holzhackschnitzeln --gleich aus welchem Holz
gewonnen-- der ermäßigte Steuersatz unionsrechtlich nicht anzuwenden
ist, kann seine Anwendung auf aus Rohholz gewonnene
Holzhackschnitzel auch nicht auf den Grundsatz der steuerlichen
Neutralität der Umsatzsteuer gestützt werden.
Tenor
Auf die Revision des Finanzamts wird das Urteil des Niedersächsischen
Finanzgerichts vom 16. November 2017 11 K 113/17 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
1
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) stellte
Holzhackschnitzel her, die sie aus bei Waldarbeiten angefallenem
Holz gewann. Die auf ihre Lieferungen getrockneter sowie
getrockneter und gesiebter Holzhackschnitzel (als Brennstoff für
Heizungen) für 2013 angemeldete Umsatzsteuer berechnete sie
nach dem ermäßigten Steuersatz. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erließ hingegen unter dem
28. November 2016 einen gemäß dem seiner Ansicht
anzuwendenden Regelsteuersatz geänderten
Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr.
2
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob aus den in Entscheidungen der
Finanzgerichte (EFG) 2018, 417 veröffentlichten Gründen den
angefochtenen Umsatzsteuerbescheid auf.
3
Mit seiner Revision macht das FA geltend, der Gesetzgeber sei
berechtigt, die Steuerbegünstigung für die Lieferung bestimmter
Gegenstände anhand der Warenbeschreibung der Kombinierten
Nomenklatur (KN) abzugrenzen sowie die Nutzung einer durch die
der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) des Rates vom
28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 347/1)
eingeräumten Möglichkeit der Steuerermäßigung auf bestimmte
Gegenstände der dort genannten Art zu beschränken. Der
Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer sei im
Streitfall nicht verletzt, weil es sich bei Holzhackschnitzeln, die aus
bei Waldarbeiten angefallenem Rohholz, und solchen, die aus
Holzabfällen gewonnen würden, um in ihrer Beschaffenheit
verschiedene und nach der KN auch in unterschiedliche
Unterpositionen einzureihende Produkte handele.
4
Die Klägerin schließt sich der Rechtsauffassung des FG an. Soweit
die streitgegenständlichen Holzhackschnitzel nach der Anlage 2 zu
§ 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht dem
ermäßigten Steuersatz unterlägen, verstoße die gesetzliche
Regelung gegen Art. 122 MwStSystRL sowie gegen den
Gleichheitssatz des Grundgesetzes.
Entscheidungsgründe
II.
5 Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der
Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
6 Das angefochtene Urteil kann schon keinen Bestand haben,
soweit es mit der Aufhebung des Umsatzsteuerbescheids vom
28. November 2016 über das erkennbare Klagebegehren
hinausgeht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Die Klägerin hat zwar in der
mündlichen Verhandlung vor dem FG die Aufhebung des
Umsatzsteuerbescheids ohne Einschränkung beantragt. Das FG
war jedoch gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht an die Fassung
dieses Antrags gebunden, sondern hatte über das erkennbare
Klagebegehren zu entscheiden, das von Anfang an (auch bereits
im Einspruchsverfahren) nur insoweit auf die Aufhebung des
Umsatzsteuerbescheids gerichtet war, als mit diesem die
Lieferung von Holzhackschnitzeln nicht nach dem ermäßigten
Steuersatz, sondern nach dem Regelsteuersatz besteuert worden
ist.
7 Das FG-Urteil beruht allerdings auch insoweit auf der Verletzung
von Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO), als das FG
angenommen hat, vorgenannte Lieferungen der Klägerin
unterlägen dem ermäßigten Steuersatz. Der angefochtene
Umsatzsteuerbescheid, der für diese Lieferungen den
Regelsteuersatz zugrunde legt, ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1
Satz 1 FGO).
8 1. Die Zuständigkeit des erkennenden Senats für das vorliegende
Revisionsverfahren folgt aus Teil A, VII. Senat, Nr. 6 des
Geschäftsverteilungsplans (GVPl) des Bundesfinanzhofs (BFH).
Danach ist der VII. Senat für Umsatzsteuer zuständig, "wenn
lediglich streitig ist, welcher Nummer des Zolltarifs ein Gegenstand
zuzuordnen ist". Für die Holzhackschnitzel des Streitfalls eröffnet
sich eine Besteuerung nach dem ermäßigten Steuersatz gemäß
Nr. 48 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, mit welcher auf
Unterpositionen des Zolltarifs verwiesen wird, für deren Auslegung
und Anwendung der erkennende Senat zuständig und über deren
Voraussetzungen zunächst zu entscheiden ist. Erst wenn eine
zolltarifliche Einreihung in die in Nr. 48 der Anlage 2 zu § 12
Abs. 2 Nr. 1 UStG genannten Unterpositionen nicht möglich sein
sollte (was die Klägerin nach wie vor in Abrede stellt), käme man
zu der (vom FG bejahten) Frage, ob der Grundsatz der
steuerlichen Neutralität die Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes gebietet. Allerdings führt auch diese Frage wieder
zum Zolltarif, nämlich entweder zu der seitens der Klägerin für
richtig gehaltenen Auslegung der Unterpos. 4401 10 00 KN im
Sinne einer Einbeziehung der aus Rohholz gewonnenen
Holzhackschnitzel in diese Unterposition oder zu der nach der
Rechtsprechung des BFH maßgebenden Bedeutung der KN für
die Gleichartigkeit von Waren (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar
2006 V R 49/04, BFHE 213, 88, BStBl II 2006, 694). Der
erkennende Senat legt wegen dieser in jeder Hinsicht engen
Verknüpfung der in Betracht kommenden Rechtsfragen mit dem
Zolltarif den GVPl des BFH im Sinne einer Zuständigkeit des
VII. Senats für das vorliegende Revisionsverfahren aus. Eine
Entscheidung des Präsidiums über Zuständigkeitsfragen ist nach
Teil A, Ergänzende Regelungen, Nr. V. GVPl nur bei einer
Meinungsverschiedenheit zwischen Senaten über Fragen der
Geschäftsverteilung vorgesehen, die im Streitfall allerdings nicht
vorliegt, weil der V. Senat des BFH das zunächst bei ihm
anhängige Revisionsverfahren dem VII. Senat abgegeben hat, da
er ebenso wie der VII. Senat dessen Zuständigkeit für gegeben
hält.
9 2. Die Lieferung der streitgegenständlichen Holzhackschnitzel
unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß Nr. 48 der
Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG.
10
Soweit diese Anlage auf Positionen oder Unterpositionen der KN
verweist, ist die Frage der Einreihung von Gegenständen in diese
Positionen oder Unterpositionen ausschließlich nach zolltariflichen
Vorschriften und Begriffen zu beantworten. Auf die zutreffenden
Ausführungen des FG wird insoweit verwiesen. Maßgebend für
den Streitfall ist die KN in der im Jahr 2013 geltenden Fassung
(Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission
vom 9. Oktober 2012, ABlEU Nr. L 304/1).
11
a) § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG schreibt i.V.m. Nr. 48 Buchst. a der
vorgenannten Anlage für die Lieferung von "Brennholz in Form
von Rundlingen, Scheiten, Zweigen, Reisigbündeln oder
ähnlichen Formen" der Unterpos. 4401 10 00 KN den ermäßigten
Steuersatz vor. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser
Vorschrift werden Holzhackschnitzel hiervon nicht erfasst. Da
"Holz in Form von Schnitzeln" in die Unterpos. 4401 21 oder
4401 22 KN einzureihen ist, verbietet sich die Annahme,
Holzhackschnitzel könnten als Brennholz "in ähnlicher Form" wie
Rundlinge, Scheite etc. der Unterpos. 4401 10 00 KN angesehen
werden. Einer Auslegung dieser Tarifvorschrift unter
Heranziehung der Erläuterungen zur KN, die --anders als das FG
meint-- nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) sowie des erkennenden Senats
nicht verbindlich, sondern lediglich wichtige Hilfsmittel für die
Auslegung der KN sind, bedarf es daher nicht. Ebenso wenig
kommt es in Betracht --wie das FG München meint (Urteil vom
19. Dezember 2017 2 K 668/16, EFG 2018, 509)--, die
Unterpos. 4401 10 00 KN mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal
"ähnliche Formen" im (vermeintlichen) Sinn der MwStSystRL
auszulegen, denn die Frage der Einreihung von Gegenständen in
Positionen oder Unterpositionen ist --wie ausgeführt--
ausschließlich nach zolltariflichen Vorschriften und Begriffen zu
beantworten.
12
b) Die von der Klägerin gelieferten Holzhackschnitzel gehören
auch nicht zu den in Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2
Nr. 1 UStG beschriebenen Gegenständen. Zu diesen gehören
"Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, auch zu Pellets,
Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst"
der Unterpos. 4401 30 KN, die in der im Streitjahr geltenden
Fassung der KN hinsichtlich der Warenbeschreibung --allerdings
unter Verlust ihrer bisherigen Positionsnummer-- inhaltlich
unverändert geblieben ist, wie das FG zutreffend erkannt hat, so
dass sie für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes
weiterhin herangezogen werden kann. Die Holzhackschnitzel des
Streitfalls wurden nach den Feststellungen des FG jedoch nicht
aus Sägespänen, Holzabfällen oder Holzausschuss hergestellt,
sondern aus bei Waldarbeiten angefallenem Schnitt- und
Kronenholz, bei dem es sich nicht um Abfälle oder Ausschuss,
sondern um Rohholz der Pos. 4403 KN handelt (vgl.
Erläuterungen zum Harmonisierten System --ErlHS-- zu Pos. 4403
Rz 01.0).
13
Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob aus Holzabfällen oder
Holzausschuss gewonnene Holzhackschnitzel zolltariflich
überhaupt in die Unterpos. 4401 30 KN (jetzt 4401 31 KN)
einzureihen sind oder ob nicht auch insoweit den
Unterpos. 4401 21 oder 4401 22 KN (jedenfalls gemäß Nr. 3
Buchst. a Satz 1 i.V.m. Nr. 6 der Allgemeinen Vorschriften für die
Auslegung der Kombinierten Nomenklatur --AV--) der Vorrang
zukommt.
14
c) Hinzu kommt, dass die Steuerermäßigung für die Lieferung in
Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG
genannter Waren der Unterpos. 4401 30 KN (im Streitjahr 2013
Unterpos. 4401 31 00 bis 4401 39 80 KN) nicht mit dem
Unionsrecht in Einklang steht.
15
aa) Nach Nr. 1 AV sind für die Einreihung von Waren der Wortlaut
der KN-Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten
oder Kapiteln maßgebend. Ebenso sind nach Nr. 6 AV für die
Einreihung in die Unterpositionen einer Position der Wortlaut der
Unterposition, die Anmerkungen zur Unterposition und sinngemäß
die übrigen AV maßgebend.
16
Der Wortlaut der Pos. 4401 KN unterscheidet drei
Warenkategorien:
-
Brennholz in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen,
Reisigbündeln oder ähnlichen Formen;
-
Holz in Form von Plättchen oder Schnitzeln;
-
Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, auch zu Pellets,
Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst.
17
Die Unterpositionen der Pos. 4401 KN behalten diese Dreiteilung
bei. Dem Wortlaut der Pos. 4401 KN sowie seiner Unterpositionen
ist somit zu entnehmen, dass weder Holz in Form von Plättchen
oder Schnitzeln noch Sägespäne, Holzabfälle oder
Holzausschuss als Brennholz im Sinne der KN anzusehen sind.
Für diese gemäß dem Wortlaut der Tarifvorschriften zu treffende
Unterscheidung sprechen auch die ErlHS zur Pos. 4401.
18
bb) Ermäßigte Steuersätze sind nach Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL
nur auf die Lieferung von Gegenständen der in Anhang III der
MwStSystRL genannten Kategorien anwendbar; hierzu gehört
Holz (in jeglicher Form) nicht.
19
Zusätzlich gestattet Art. 122 MwStSystRL den Mitgliedstaaten, auf
Lieferungen von (u.a.) Brennholz einen ermäßigten Steuersatz
anzuwenden. In Anbetracht des Art. 98 Abs. 3 MwStSystRL, der
für die Anwendung ermäßigter Steuersätze die Abgrenzung der
Kategorien von Gegenständen gemäß den Warenbezeichnungen
der KN vorsieht, sowie in Anbetracht der übrigen in Art. 122
MwStSystRL genannten Kategorien, die nach
Warenbezeichnungen der KN beschrieben werden (lebende
Pflanzen der Pos. 0602 KN; Knollen, Wurzeln der
Unterpos. 0601 10 KN; Schnittblumen und Pflanzenteile zu Binde-
und Zierzwecken der Pos. 0603 und 0604 KN), ist davon
auszugehen, dass der Richtliniengeber mit dem
Tatbestandsmerkmal "Brennholz" ebenfalls auf die zolltarifliche
Warenbezeichnung der Pos. 4401 KN verweist und nicht etwa
jegliches zum Verbrennen genutzte Holz des Kap. 44 KN als
Brennholz ansieht. Die Beschränkung des ermäßigten
Mehrwertsteuersatzes auf ganz bestimmte Waren und
Warenbezeichnungen der KN trägt dem Umstand Rechnung,
dass Befreiungen oder Ausnahmevorschriften eng auszulegen
sind (EuGH-Urteil vom 9. November 2017 C-499/16,
EU:C:2017:846, Rz 24, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung
2018, 87).
20
Mit der Aufnahme von Waren der Unterpos. 4401 30 KN in die
Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden
Gegenstände der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist somit der
nationale Gesetzgeber über die nach der MwStSystRL insoweit
gewährten Möglichkeiten hinausgegangen.
21
3. Anders als das FG meint, lässt sich die Anwendung des
ermäßigten Steuersatzes auf die Lieferungen der Klägerin auch
nicht auf Art. 122 MwStSystRL i.V.m. dem Grundsatz der
steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer stützen (ebenso wie
das FG im Streitfall: Urteil des FG München in EFG 2018, 509;
Weymüller, Mehrwertsteuerrecht 2018, 276; Lippross,
Unterschiedliche Besteuerung der Lieferung von
Waldhackschnitzeln und von Hackschnitzeln aus der
Holzverwertung ("Holzhackschnitzeln"), Umsatzsteuer-
Rundschau 2013, 212). Nach ständiger Rechtsprechung des
EuGH lässt es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht zu,
gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende
Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer
unterschiedlich zu behandeln (vgl. statt vieler: EuGH-Urteil Pro
Med Logistik und Pongratz vom 27. Februar 2014 C-454/12 und
C-455/12, EU:C:2014:111, Rz 52 ff., BStBl II 2015, 437, m.w.N.).
Im Streitfall liegt in der Versagung des ermäßigten Steuersatzes
für die Lieferungen von Holzhackschnitzeln der Klägerin jedoch
keine unzulässige Ungleichbehandlung im vorgenannten Sinn.
22
a) Nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH, der sich der
erkennende Senat anschließt, sind Waren, die gemäß Art. 98
Abs. 3 MwStSystRL nach den Bezeichnungen der KN
voneinander abgegrenzt werden dürfen, nicht gleichartig und
müssen deshalb umsatzsteuerrechtlich nicht gleich behandelt
werden, wenn sie in unterschiedliche Unterpositionen der KN
einzureihen sind (BFH-Urteil in BFHE 213, 88, BStBl II 2006, 694).
Es wäre in der Tat nicht plausibel, wenn der Unionsgesetzgeber
für unterschiedliche Formen von Holz zwar einerseits die
verschiedenen vorgenannten Unterpositionen der KN sowie
hinsichtlich des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes die
Abgrenzung von Warenkategorien anhand der KN vorsieht,
andererseits jedoch die Waren dieser Unterpositionen als
gleichartig angesehen werden müssten. Im Streitfall lässt sich
danach von einer Gleichartigkeit der in Betracht kommenden
Waren nicht sprechen, weil die seitens der Klägerin gelieferten
Holzhackschnitzel --wie ausgeführt-- zolltariflich weder in die
Unterpos. 4401 10 KN noch in die Unterpos. 4401 30 KN
einzureihen sind, sondern in die Unterpos. 4401 21 oder 4401 22
KN.
23
Aus diesem Grund liegt in der Differenzierung gemäß Nr. 48
Buchst. a und b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG entgegen
der Ansicht der Klägerin auch kein Verstoß gegen den
Gleichheitssatz. Die unterschiedliche zolltarifliche Einreihung
bietet ein hinreichendes Differenzierungskriterium (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 213, 88, BStBl II 2006, 694, unter Hinweis auf die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
24
b) Im Übrigen kann die Klägerin auch keine Gleichbehandlung der
von ihr gelieferten Holzhackschnitzel mit sog.
"Industrieholzhackschnitzeln" der (vermeintlichen)
Unterpos. 4401 30 KN mit Erfolg reklamieren, da --wie ausgeführt-
- der nationale Gesetzgeber mit der Regelung in Nr. 48 Buchst. b
der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG über die durch die
MwStSystRL gewährten Möglichkeiten hinausgegangen ist und
die Klägerin damit unter Berufung auf den Grundsatz der
steuerlichen Neutralität eine Steuerermäßigung beansprucht,
welche das Unionsrecht nicht vorsieht.
25
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.