Urteil des BFH vom 03.07.2018

Schätzung des beruflich veranlassten Anteils von Übernachtungskosten bei einer Auswärtstätigkeit - Begleitung durch Familienangehörige

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 3.7.2018, VI R 55/16
ECLI:DE:BFH:2018:B.030718.VIR55.16.0
Schätzung des beruflich veranlassten Anteils von Übernachtungskosten
bei einer Auswärtstätigkeit - Begleitung durch Familienangehörige
Leitsätze
1. NV: Wird der Arbeitnehmer bei seiner Auswärtstätigkeit von
Familienangehörigen begleitet, sind Aufwendungen für Übernachtungen
nur anteilig als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu
berücksichtigen (Anschluss an Senatsurteil vom 10. April 2014 VI R 11/13,
BFHE 245, 218, BStBl II 2014, 804).
2. NV: Das FG hat die geltend gemachten Übernachtungskosten deshalb
nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH
vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672)
aufzuteilen.
3. NV: Eine dahingehende Schätzung ist im Revisionsverfahren nur
hinsichtlich der Zulässigkeit, der Einhaltung der verfahrensrechtlichen
Voraussetzungen sowie der Schlüssigkeit und Plausibilität des
Schätzungsergebnisses überprüfbar.
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen
Finanzgerichts vom 30. Oktober 2015 9 K 105/12 sowie die
Anschlussrevision der Kläger werden als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen; die
Kosten der Anschlussrevision tragen die Kläger.
Tatbestand
1 I. Streitig ist, in welcher (geschätzten) Höhe Mietaufwendungen
anlässlich einer Auswärtstätigkeit, bei der der Arbeitnehmer von
Familienangehörigen begleitet wird, im Streitjahr (2008) --und
damit vor der Neuordnung des steuerlichen Reisekostenrechts
durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der
Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen
Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 285) zum
1. Januar 2014-- als Werbungskosten bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.
2 Die Kläger, Revisionsbeklagten und Anschlussrevisionskläger
(Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr zur
Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger war
Angestellter der A-AG in Z. Die Klägerin bezog im Streitjahr keine
Einkünfte.
3 Für die Zeit vom ... 2008 bis zum ... 2011 wurde der Kläger von
seinem inländischen Arbeitgeber von der Bundesrepublik
Deutschland (Deutschland) in die Slowakische Republik entsandt.
Hierzu schloss er am ... 2008 mit seinem Arbeitgeber einen sog.
Global Assignment Vertrag, der bei einer Entsendung von
Mitarbeitern im A-Konzern ins Ausland zum Einsatz kommt. Darin
war u.a. die Vergütung für den Auslandseinsatz geregelt. Weiter
war bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis des Entsandten mit der
Heimatgesellschaft mit Beginn des Auslandseinsatzes ruhte und
nach Beendigung des Auslandseinsatzes wieder in Kraft trat.
4 Zeitgleich schloss der Kläger mit der aufnehmenden A Slovakia,
a.s. einen Arbeitsvertrag. Darin wurden ihm ein zusätzliches
monatliches Gehalt sowie verschiedene weitere Leistungen --u.a.
die Übernahme der im Ausland anfallenden Mietkosten--
zugesagt.
5 Der Kläger nahm zum ... 2008 seine Tätigkeit in C auf. Die
Klägerin und die gemeinsame sechsjährige Tochter begleiteten
ihn. In der Slowakischen Republik begründete der Kläger einen
Zweitwohnsitz. Hierzu schloss er einen Mietvertrag über ein
234 qm großes Haus zu einem monatlichen Mietzins von
2.500 EUR zzgl. 150 EUR Nebenkosten. Der Wohnsitz in Z wurde
während der Entsendung beibehalten. Die Mietkosten (9 Monate
× 2.650 EUR + 147 EUR Hausratversicherung Ausland =
23.997 EUR) wurden ihm in vollem Umfang von der A Slovakia,
a.s. erstattet.
6 Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr
beantragten die Kläger, diese Kosten als steuerfreien
Reisekostenersatz nach § 3 Nr. 16 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung
(EStG) zu behandeln und deshalb nicht in die Ermittlung des
besonderen Steuersatzes gemäß § 32b Abs. 2 EStG
einzubeziehen.
7 Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte
(das Finanzamt --FA--) folgte dem bei der Festsetzung der
Einkommensteuer des Streitjahres nicht.
8 Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das
Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte
(EFG) 2016, 557 veröffentlichten Gründen teilweise statt. Nach
der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. April
2014 VI R 11/13 (BFHE 245, 218, BStBl II 2014, 804) sei
zwischen den Beteiligten zu Recht nicht mehr in Streit, dass der
Kläger in C eine Auswärtstätigkeit ausgeübt habe. Allerdings
seien die vom Arbeitgeber getragenen Kosten für die Miete des
Hauses am auswärtigen Beschäftigungsort nur insoweit als
steuerfreier Reisekostenersatz bei der Berechnung des
besonderen Steuersatzes gemäß § 32b Abs. 2 EStG
auszuscheiden, als sie beruflich und nicht durch die Mitnahme der
Familie privat veranlasst seien. Dieser privat veranlasste
Mehraufwand sei vorliegend zu schätzen. Weder die vom FA
vorgeschlagene Schätzungsmethode (anteilige Kosten für 60 qm)
noch der von den Klägern vorgeschlagene Ansatz des einem
Single in den Entsenderichtlinien des Arbeitgebers eingeräumten
Mietbudgets führten jedoch zu einem sachgerechten
Aufteilungsergebnis. Vielmehr sei der beruflich veranlasste Anteil
der Unterkunftskosten im Wege einer modifizierten Aufteilung
nach Köpfen zu ermitteln. Hierzu sei zunächst der
Gesamtaufwand von 23.997 EUR nach Köpfen zu verteilen. Damit
betrage der familienbedingte Mehraufwand 15.998 EUR. Dieser
sei allerdings um einen Sockelbetrag für einen
Einpersonenhaushalt, der mit 20 % des Gesamtaufwands zu
bemessen sei, zugunsten des Erwerbsaufwands zu korrigieren.
9 Mit der Revision rügen sowohl das FA als auch die Kläger mit ihrer
Anschlussrevision die Verletzung materiellen Rechts. Der vom FG
gefundene Aufteilungsmaßstab führe, weil personenbezogen, zu
unzutreffenden Ergebnissen.
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Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 30. Oktober
2015 9 K 105/12 insoweit aufzuheben, als die beruflich
veranlassten Mietaufwendungen nicht anteilig auf einen 60 qm
großen Wohnraum begrenzt und entsprechend mit 6.153 EUR
berücksichtigt werden, und die Anschlussrevision der Kläger
zurückzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen und im Wege der
Anschlussrevision das Urteil des Niedersächsischen FG vom
30. Oktober 2015 9 K 105/12 aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid für 2008 vom ... 2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom ... 2012 dergestalt zu ändern, dass
ein Betrag von 17.247 EUR, mithin weitere 4.448,60 EUR über
den vom FG bereits zugesprochenen Betrag hinaus, als
steuerfreie Reisekosten im Rahmen des Progressionsvorbehaltes
berücksichtigt und die Einkommensteuer 2008 entsprechend
herabgesetzt wird.
Entscheidungsgründe
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II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der
Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält Revision und
Anschlussrevision einstimmig für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind
davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur
Stellungnahme.
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Die Revision des FA und die Anschlussrevision der Kläger sind
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die
Schätzung des beruflichen Anteils der dem Kläger im Rahmen
seiner Auswärtstätigkeit entstandenen Mietkosten ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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1. Das FG hat zutreffend darauf erkannt, dass die Einnahmen des
Klägers aus seiner Tätigkeit als Angestellter in C von der
deutschen Besteuerung freizustellen sind, da Gehälter aus
nichtselbständiger Arbeit gemäß Art. 15 Abs. 1 des Abkommens
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen vom 19. Dezember 1980 (zur
Weitergeltung in der Slowakei s. Bekanntmachung vom 24. März
1993, BGBl II 1993, 762) --DBA-Slowakei-- in der Slowakischen
Republik besteuert werden können. Sie unterliegen jedoch dem
Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG i.V.m.
Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 DBA-Slowakei). Dies steht
zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Der Senat sieht deshalb
insoweit von weiteren Ausführungen ab.
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2. Hat ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Einkünfte bezogen, die
nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
steuerfrei sind, so ist auf das nach § 32a Abs. 1 EStG zu
versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz
anzuwenden (§ 32b Abs. 1 Satz 1 EStG). Der besondere
Steuersatz für die im Wohnsitzstaat zu besteuernden Einkünfte
ermittelt sich gemäß § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nach dem zu
versteuernden Einkommen, das sich ergäbe, wenn die
ausländischen Einkünfte der deutschen Besteuerung unterlägen.
Diese Einkünfte sind daher nach den einschlägigen Vorschriften
des deutschen Steuerrechts zu bestimmen (ständige
Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 20. September 2006
I R 59/05, BFHE 215, 130, BStBl II 2007, 756; vom 11. Februar
2009 I R 25/08, BFHE 224, 498, BStBl II 2010, 536; vom 25. Juni
2014 I R 24/13, BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141; vom 18. April
2012 X R 62/09, BFHE 237, 434, BStBl II 2012, 721, und vom
16. September 2015 I R 61/13, BFH/NV 2016, 401, Rz 12). Dies
gilt sowohl für die Ermittlung der Einnahmen aus
nichtselbständiger Arbeit als auch für die damit
zusammenhängenden Werbungskosten (BFH-Urteile in BFHE
224, 498, BStBl II 2010, 536, m.w.N., und vom 25. September
2014 III R 61/12, BFHE 247, 146, BStBl II 2015, 182). Deshalb ist
der vom Arbeitgeber neben der laufenden Vergütung gezahlte
Aufwendungsersatz nicht in die Ermittlung der dem
Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte einzubeziehen,
wenn er nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei ist.
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a) Nach § 3 Nr. 16 EStG sind die Vergütungen, die Arbeitnehmer
außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur
Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder
Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten,
grundsätzlich steuerfrei. Die Steuerfreiheit tritt jedoch nur ein,
wenn damit ein Aufwand abgegolten wird, der, hätte ihn der
Arbeitnehmer selbst getragen, als Werbungskosten abziehbar
wäre (z.B. Senatsurteil vom 21. Oktober 1996 VI R 71/93, BFH/NV
1997, 286; vgl. auch Senatsurteile vom 30. Juni 1995 VI R 26/95,
BFHE 178, 171, BStBl II 1995, 744; vom 27. April 2001 VI R 2/98,
BFHE 195, 298, BStBl II 2001, 601, und vom 12. April 2007
VI R 53/04, BFHE 217, 551, BStBl II 2007, 536). Dieses
Normverständnis hat durch das Gesetz zur Änderung und
Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des
steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I
2013, 285) Eingang in den Gesetzeswortlaut des § 3 Nr. 16 EStG
gefunden.
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b) Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung,
Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1
EStG). Hierzu zählen auch Aufwendungen für Übernachtungen
anlässlich einer Auswärtstätigkeit (Senatsurteile in BFHE 245,
218, BStBl II 2014, 804, und vom 28. März 2012 VI R 48/11,
BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926, m.w.N.).
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aa) Eine Auswärtstätigkeit liegt u.a. vor, wenn der Arbeitnehmer
vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und seiner
regelmäßigen Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG)
beruflich tätig wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats
u.a. der Fall, wenn ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber für
drei Jahre befristet (Senatsurteil vom 8. August 2013 VI R 72/12,
BFHE 242, 358, BStBl II 2014, 68) oder wiederholt im Wege der
"Kettenabordnung" (Senatsurteil vom 24. September 2013
VI R 51/12, BFHE 243, 215, BStBl II 2014, 342) an einem anderen
Betriebsteil des Arbeitgebers als seinem bisherigen Tätigkeitsort
eingesetzt wird. Eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1
Satz 3 Nr. 4 EStG begründet er dort dann nicht.
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bb) Der Bezug einer Unterkunft am Ort der Auswärtstätigkeit
begründet keine doppelte Haushaltsführung (Senatsurteile in
BFHE 245, 218, BStBl II 2014, 804, und vom 13. Juni 2012
VI R 47/11, BFHE 238, 53, BStBl II 2013, 169; jeweils m.w.N.). Die
Kosten hierfür sind deshalb in der im Streitjahr geltenden Fassung
des Einkommensteuergesetzes als Übernachtungskosten in
tatsächlicher Höhe abzugsfähig, wenn sie beruflich veranlasst
sind; bei einer privaten Mitveranlassung sind sie nach den
Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom
21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) --
notfalls durch Schätzung-- aufzuteilen (Senatsurteil in BFHE 245,
218, BStBl II 2014, 804). § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 2, Abs. 4
EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 4 Buchst. a Doppelbuchst. aa, Buchst. b
und Buchst. d des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der
Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen
Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 285) tritt
nach dessen Art. 6 Satz 1 erst am 1. Januar 2014 in Kraft und ist
daher im Streitjahr noch nicht anwendbar.
20
3. Die Vorentscheidung entspricht diesen Rechtsgrundsätzen.
21
a) Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger an seinem
neuen Beschäftigungsort in C keine regelmäßige Arbeitsstätte
begründet hat, sondern von Anbeginn im Rahmen einer
Auswärtstätigkeit tätig wurde. Die Entsendung des Klägers war im
Streitfall von vornherein zeitlich begrenzt. Der vorübergehende
Charakter der Entsendung zeigt sich auch daran, dass der
Arbeitsvertrag mit der A-AG während der Auslandstätigkeit nur
ruhte und diese berechtigt war, den Kläger jederzeit von der
ausländischen Arbeitsstelle abzuberufen. Hiervon gehen
inzwischen auch die Beteiligten aus, so dass der Senat insoweit
von weiteren Ausführungen absieht.
22
b) Ebenfalls zutreffend hat das FG die Mietkosten des
Einfamilienhauses in C insoweit nicht als Werbungskosten
beurteilt, als sie auf die Mitnahme der Familie des Klägers
entfallen, und im Wege der Schätzung nach ihrem Erwerbsbezug
aufgeteilt.
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aa) Nimmt das FG --wie im Streitfall-- gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1
Halbsatz 2 FGO, § 162 der Abgabenordnung (AO) eine eigene
Schätzung von Besteuerungsgrundlagen (hier: des beruflich
veranlassten Anteils an Aufwendungen für Übernachtungen im
Rahmen der Auswärtstätigkeit) vor, ist nur diese Schätzung
Gegenstand des Revisionsverfahrens und gehört zu den
tatsächlichen Feststellungen, an die der BFH als Revisionsinstanz
nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. Eine Bindung entfällt nur,
wenn bei der Schätzung gegen anerkannte
Schätzungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder die
Denkgesetze verstoßen wurde (ständige Rechtsprechung, z.B.
BFH-Urteile vom 20. März 2017 X R 11/16, BFHE 258, 272, BStBl
II 2017, 992, Rz 51; vom 12. Dezember 2017 VIII R 6/14, BFH/NV
2018, 606, Rz 60). Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei einer
Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das FG alle
Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von
Bedeutung sind. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss
schlüssig, wirtschaftlich möglich, vernünftig und plausibel sein
(z.B. BFH-Urteile vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BFHE 197,
68, BStBl II 2004, 171; vom 24. Juni 2014 VIII R 54/10, BFH/NV
2014, 1501, Rz 23; vom 23. April 2015 V R 32/14, BFH/NV 2015,
1106, Rz 13; vom 25. April 2017 VIII R 52/13, BFHE 258, 53,
BStBl II 2017, 949; in BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992).
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bb) Danach hält das vom FG gefundene Schätzungsergebnis
vorliegend revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Vorinstanz
hat bei der Schätzung des beruflich veranlassten Anteils der vom
Kläger getragenen Übernachtungskosten alle Umstände,
insbesondere die Anzahl der Bewohner und das Fehlen
repräsentativer Aufgaben des Klägers, berücksichtigt, die für die
vorliegende Schätzung von Bedeutung sind. Überdies hat das FG
bei der Schätzung beachtet, dass der Wohnbedarf des
Steuerpflichtigen steigt, wenn er von seiner Familie an den Ort der
Auswärtstätigkeit begleitet wird und in einem solchen Fall
Wohnfläche und Familiengröße einander bedingen. Ferner hat es
einen Mindestaufwand für die Bewirtschaftung eines
Einpersonenhaushalts angesetzt, der durch die Mitnahme der
Familie nicht berührt wird. Damit hat es dem Umstand Rechnung
getragen, dass die Kosten der Unterkunft nicht proportional zur
Personenzahl im Haushalt steigen. Angesichts dessen kann
keine Rede davon sein, dass das FG mit seiner "modifizierten
Aufteilung nach Köpfen" im Streitfall gegen anerkannte
Schätzungsgrundsätze, gegen Denkgesetze oder allgemeine
Erfahrungssätze verstoßen hat.
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Zudem ist das gewonnene Schätzungsergebnis (53,3 %
berufliche Veranlassung) vorliegend schlüssig, wirtschaftlich
möglich und plausibel. So entspricht dieser Anteil in etwa dem
statistisch belastbaren Verhältnis der privaten
Konsumaufwendungen eines Alleinstehenden für Wohnen,
Energie, Wohnungsinstandhaltung und den Kosten eines Paares
mit Kind(ern) im Streitjahr (vgl. z.B. Statistisches Bundesamt,
Statistisches Jahrbuch 2010, S. 552).
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Damit ist die Schätzung des FG für den Senat im Streitfall gemäß
§ 118 Abs. 2 FGO bindend und die Ermittlung der steuerfreien
Einkünfte des Klägers, die gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG
i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 DBA-Slowakei dem
Progressionsvorbehalt unterliegen, zutreffend.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.