Urteil des BFH vom 10.06.2010
Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht - rechtliches Gehör
BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 10.6.2010, IX B 233/09
Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht - rechtliches Gehör
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
2 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO),
auch bedarf es keiner Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts i.S. von § 115 Abs. 2 Nr.
2 1. Alternative FGO. Die aufgeworfene Rechtsfrage nach dem (vermeintlichen) Vorrang der (bei dauerhafter
Vermietung) zu unterstellenden Einkünfteerzielungsabsicht vor der Prüfung des zugrundeliegenden Mietverhältnisses
unter nahen Angehörigen ist entgegen der Ansicht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit dem Finanzgericht
(FG) zu beantworten. Denn nach der Systematik des Gesetzes und ständiger Rechtsprechung stellt sich die Frage der
Einkünfteerzielungsabsicht als subjektives Tatbestandsmerkmal erst, nachdem eine auf Einkünfteerzielung gerichtete
Tätigkeit (als objektiver Tatbestand) festgestellt wurde. Daran mangelt es aber im Streitfall, wenn das zugrundeliegende
Mietverhältnis zwischen den Klägern und ihrem Sohn steuerrechtlich wegen nicht nachgewiesener tatsächlicher
Durchführung vom FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht anerkannt wurde (vgl. z.B. BFH-Urteile
vom 27. Juli 2004 IX R 73/01, BFH/NV 2005, 192, unter II.4.; vom 31. Juli 2007 IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350; jeweils
zum Fremdvergleich bei Mietverhältnissen unter nahen Angehörigen). Auf die Zweifel des FG am Abschluss eines
mündlichen Mietvertrages wie auf die Frage einer verbilligten Vermietung i.S. von § 21 Abs. 2 EStG kommt es daher
nicht an.
3 Darüber hinaus führt nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung allein eine bestimmte Beurteilung in einem
Veranlagungszeitraum nicht zu einer Bindung der Finanzbehörde für künftige oder zurückliegende Steuerabschnitte
(vgl. BFH-Urteile vom 19. November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520; vom 6. Dezember 1994 IX R
64/92, BFH/NV 1995, 869; vom 14. Oktober 2009 X R 37/07, BFH/NV 2010, 406, unter II.4. b, m.w.N.).
4 2. Es bleibt dahingestellt, ob der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) der Verletzung des Anspruchs der
Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) hinreichend i.S. von § 116 Abs. 3
Satz 3 FGO dargelegt wurde (zu den Anforderungen s. z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. September 2006 IX B 199/05,
BFH/NV 2007, 75, unter 3.; vom 30. Mai 2007 VI B 119/06, BFH/NV 2007, 1697; jeweils m.w.N.); jedenfalls liegt der
Verstoß nicht vor. Denn die Kläger gehen bei ihren Ausführungen von einem anderen als dem vom FG festgestellten
Sachverhalt (fehlende Durchführung des Mietverhältnisses) aus, worauf sich die Kläger angesichts der versuchten
Aufklärungsmaßnahmen des FG hinsichtlich der Durchführung des Mietverhältnisses hätten einstellen können. Die
Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt vom Gericht aber nicht, der von einem Beteiligten vertretenen Ansicht zu folgen
(vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 2008 2 BvR 2062/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2008,
1056). Ausweislich des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung "erhielten die Beteiligten das Wort"; eine
zulässige Sachaufklärungsrüge ist nicht erhoben worden.
5 3. Die Kläger setzen einen anderen (vermeintlich unstreitigen) Sachverhalt ("verbilligte Vermietung") anstelle dem des
FG und rügen eine (am Einzelfall orientierte) unzutreffende Tatsachenwürdigung und fehlerhafte Rechtsanwendung
durch das FG, also materiell-rechtliche Fehler; damit kann indes die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl.
z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. August 2007 IX B 104/07, BFH/NV 2007, 2144; vom 24. September 2008 IX B 110/08,
BFH/NV 2009, 39).