Urteil des BFH vom 30.03.2010
Umsatzsteuertarif - Einreihung trinkbarer Nahrungsergänzungsmittel als Getränke in die Position 2202 KN - Keine Bindung an Festlegung in Nahrungsmittelergänzungsverordnung
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 30.3.2010, VII R 35/09
Umsatzsteuertarif - Einreihung trinkbarer Nahrungsergänzungsmittel als Getränke in die Position 2202 KN - Keine Bindung
an Festlegung in Nahrungsmittelergänzungsverordnung
Leitsätze
1. Die Einreihung eines Erzeugnisses in die Position 2202 KN ("andere nichtalkoholhaltige Getränke") setzt voraus, dass es
sich um eine Flüssigkeit handelt, die zum unmittelbaren menschlichen Genuss geeignet und auch bestimmt ist.
2. Lebensmittelzubereitungen, die als Nahrungsergänzungsmittel gekennzeichnet sind, in flüssiger Form in Trinkfläschchen
vertrieben werden und sich unmittelbar zum Trinken eignen, sind in die Position 2202 KN einzureihen, auch wenn sie nach
den Empfehlungen des Herstellers nur in kleinen Mengen oder mit einer bestimmten Menge Wasser verdünnt einzunehmen
sind.
3. In Bezug auf solche Lebensmittelzubereitungen ist die Position 2202 KN im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3a genauer
als die Position 2106 KN.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) handelt u.a. mit biologischen Kur- und Heilmitteln sowie
Nahrungsergänzungsmitteln. In den Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2001, 2002 und 2003 meldete die Klägerin
die von ihr hergestellten und vertriebenen Nahrungsergänzungsmittel mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz an.
Während einer Außenprüfung holte die Klägerin für verschiedene Produkte bei den Zolltechnischen Prüfungs- und
Lehranstalten verschiedener Oberfinanzdirektionen verbindliche Zolltarifauskünfte ein, die aus formalen Gründen
später widerrufen wurden. Aus diesen ergab sich eine Einreihung der in flüssiger Form vertriebenen
Nahrungsergänzungsmittel in die Pos. 2202 der Kombinierten Nomenklatur (KN) und damit die Anwendung des
Regelsteuersatzes. Soweit die Klägerin Kombinationspackungen veräußerte, die Nahrungsergänzungsmittel sowohl in
fester als auch in flüssiger Form enthielten, teilte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Umsätze
entsprechend den Anteilen in begünstigte und nicht begünstigte Umsätze auf. Mit Änderungsbescheid vom 24. Oktober
2005 setzte das FA die Umsatzsteuer entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung fest. Der Einspruch führte
zur Herabsetzung der Umsatzsteuer in Bezug auf die Besteuerung von X-Kapseln.
2 Der daraufhin erhobenen Klage, mit der die Klägerin die Einreihung sämtlicher in flüssiger Form vertriebener Produkte
als Nahrungsergänzungsmittel in die Pos. 2106 KN begehrte, gab das Finanzgericht (FG) in vollem Umfang statt. Es
urteilte, dass es sich bei den streitgegenständlichen Produkten nicht um solche der Pos. 2202 KN (andere
nichtalkoholhaltige Getränke), sondern um Lebensmittelzubereitungen der Pos. 2106 KN handele, die dem ermäßigten
Umsatzsteuersatz unterlägen. Für den Streitfall mitentscheidend sei, dass die in der mündlichen Verhandlung
vorgelegten Erzeugnisse, die mit den streitbefangenen Produkten der Streitjahre identisch oder baugleich seien,
ausdrücklich als Nahrungsergänzungsmittel gekennzeichnet seien. Es handele sich um Trinkfläschchen mit jeweils 15
ml bzw. 20 ml Inhalt, der sich bei einigen Produkten aus Wasser, fermentierten Blütenpollen, Weizenkeimextrakt und
Säuerungsmittel, Ascorbinsäure, Selen-Hefe und Niacin zusammensetze. Nach den Anweisungen auf der Verpackung
sei der Inhalt der Fläschchen nur verdünnt in 200 ml Wasser zu trinken. Auch das von der Klägerin zusätzlich als Y-
Drink bzw. Y-Saft bezeichnete Produkt gehöre zur Pos. 2106 KN. Nach Inaugenscheinnahme des Produkts ergebe
sich, dass auch dieses Erzeugnis als Nahrungsergänzungsmittel gekennzeichnet sei und sich aus Wasser, Fructose,
Fruchtpulver und einem Aloe-Vera-Konzentrat zusammensetze. Die Verzehrempfehlung von täglich 25 ml lasse
erkennen, dass das Produkt nicht als Getränk in die Pos. 2202 KN einzureihen sei. Die Einreihung von
Nahrungsergänzungsmitteln in die Pos. 2106 KN ergebe sich auch aus der Verordnung (EG) Nr. 1777/2001 (VO Nr.
1777/2001) der Kommission vom 7. September 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87
des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften Nr. L 240/4). Die Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Kap. 22 KN wiesen auf
eine Einteilung der erfassten Waren in vier Hauptgruppen hin, die sich von den Lebensmittelzubereitungen des
vorhergehenden Kapitels deutlich unterschieden. Zudem könne der Aggregatzustand nicht entscheidend für die
Einordnung eines Erzeugnisses in die Kap. 21 oder 22 KN sein.
3 Mit seiner Revision macht das FA geltend, dass das FG die streitgegenständlichen Produkte zu Unrecht der Pos. 2106
KN zugewiesen und dabei die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) außer Acht gelassen habe. Der Begriff des Getränks sei vom EuGH (Urteil vom 26. März
1981 114/80, --Ritter--, Slg. 1981, 895) dahingehend geklärt, dass er ein Gattungsbegriff sei, mit dem alle zum
menschlichen Genuss bestimmten Flüssigkeiten gemeint seien, soweit sie nicht von einer anderen spezifischen
Einteilung erfasst würden. Es komme weder auf die eingenommene Menge noch auf die besonderen Zwecke an,
denen die verschiedenen Arten genießbarer Flüssigkeiten dienen können. In dieser Entscheidung habe der EuGH
selbst ein esslöffelweise einzunehmendes Nahrungsergänzungsmittel als Getränk in die Tarifnr. 22.02 des
Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) --jetzt Pos. 2202 KN-- eingereiht. Entscheidend habe der EuGH auf den
Aggregatzustand und auf die Bestimmung zum menschlichen Genuss abgestellt. Die vom EuGH entwickelten
Grundsätze habe der BFH auf die KN übertragen (Senatsurteil vom 11. März 2004 VII R 20/01, BFH/NV 2004, 1305).
Entgegen der Ansicht des FG lasse sich der VO Nr. 1777/2001 nicht entnehmen, dass Nahrungsergänzungsmittel als
Lebensmittelzubereitungen in die Pos. 2106 einzureihen seien.
4 Die Klägerin schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an und verweist darauf, dass der Gesetzgeber in
der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel --Nahrungsmittelergänzungsverordnung-- (NemV) nicht zwischen
flüssigen und festen Zubereitungen unterschieden habe. Folglich sei der Aggregatzustand einer als
Nahrungsergänzungsmittel zu qualifizierenden Ware für deren tarifliche Einreihung unerheblich. Die steuerliche
Begünstigung sämtlicher Nahrungsergänzungsmittel entspreche der gesetzgeberischen Zielsetzung, Ausgaben für den
lebensnotwendigen Bedarf für alle Einkommensschichten im erträglichen Rahmen zu halten.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist begründet, sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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Zu Unrecht hat das FG die von der Klägerin in flüssiger Form vertriebenen Nahrungsergänzungsmittel in die Pos.
2106 KN eingereiht und damit gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der in den Streitjahren
geltenden Fassung in Verbindung mit Nr. 33 der Anlage zu dieser Vorschrift dem ermäßigten Umsatzsteuersatz
unterworfen. Vielmehr sind die streitgegenständlichen Erzeugnisse in die Pos. 2202 KN einzureihen, so dass auf sie
nach § 12 Abs. 1 UStG der Regelsteuersatz anzuwenden ist.
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1. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, der sich der Senat angeschlossen hat, ist das entscheidende Kriterium
für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen,
wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen der KN und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder
Kapiteln festgelegt sind (vgl. Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der KN --AV-- 1 und 6). Dazu gibt es nach dem
Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise (Tarifavise), die ebenso wie die
Erläuterungen zur KN ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen
Tarifpositionen darstellen (vgl. zuletzt: EuGH-Urteil vom 27. November 2008 C-403/07 --Metherma--, Zeitschrift für
Zölle und Verbrauchsteuern 2009, 15, und Senatsurteil vom 17. November 1998 VII R 50/97, BFH/NV 1999, 688). Auf
den sich aus den objektiven Merkmalen und Eigenschaften ergebenden Verwendungszweck einer Ware darf nur
dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses
Kriterium Bezug genommen wird (vgl. EuGH-Urteil vom 18. April 1991 C-219/89 --WeserGold--, Slg. 1991, I-1895 Rz
9, und Senatsurteil vom 5. Oktober 1999 VII R 42/98, BFHE 190, 501, m.w.N.).
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a) Nach der Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei dem Ausdruck "andere Getränke" der Tarifnr. 22.02 GZT
um einen Gattungsbegriff, mit dem alle zum menschlichen Genuss geeigneten und bestimmten Flüssigkeiten gemeint
sind, soweit sie nicht von einer anderen spezifischen Einteilung erfasst werden. Der Inhalt dieses Begriffes ist nach
objektiven Kriterien zu bestimmen, ohne dass es auf die Art und Weise der Einnahme, die eingenommene Menge
oder die besonderen Zwecke ankommt, denen die verschiedenen Arten genießbarer Flüssigkeiten dienen können
(EuGH-Urteil in Slg. 1981, 895, 903). Die flüssige Beschaffenheit der Ware und ihre Bestimmung zum menschlichen
Genuss müssen als die objektive Beschaffenheit der Ware bestimmende Eigenschaften im Zeitpunkt der Überführung
der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr vorhanden und feststellbar sein (Senatsurteile vom 23. Juli 1998 VII R
91/97, BFH/NV 1999, 234, und vom 11. März 2004 VII R 20/01, BFH/NV 2004, 1305). In Bezug auf eine aus Hefe,
Zucker und Fruchtsaftkonzentraten ohne Zusatz von Alkohol hergestellte Hefesuspension, die nach den
Anwendungshinweisen mit Milch, Saft oder Wasser löffelweise einzunehmen ist, hat der Senat geurteilt (Urteil vom 22.
Januar 1985 VII K 12/84, BFHE 143, 183), dass der Annahme der Trinkbarkeit und der Einreihung in die Tarifnr. 22.02
GZT der Umstand nicht entgegenstehe, dass aufgrund des Hefegeschmacks der Flüssigkeit eine Verdünnung vor dem
Verbrauch empfehlenswert sei. Ein Erzeugnis könne nur dann als nicht trinkbar angesehen werden, wenn es jedem
Durchschnittsverbraucher unmöglich wäre --aus gesundheitlichen oder geschmacklichen Gründen-- das Erzeugnis
unmittelbar, ohne Verdünnung oder sonstige Beigabe zu trinken.
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b) Überträgt man diese Grundsätze auf den Streitfall, rechtfertigen die Feststellungen des FG nicht die von ihm
vorgenommene Einreihung in die Pos. 2106 KN. Aufgrund der getroffenen Feststellungen hinsichtlich der objektiven
Beschaffenheit der von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Erzeugnisse ist davon auszugehen, dass es sich
um in Trinkfläschchen oder Ampullen abgefüllte Flüssigkeiten handelt, die aufgrund ihrer Zusammensetzung --evtl.
nach einer Verdünnung mit Wasser-- zum menschlichen Verzehr geeignet und bestimmt sind. Auf den Verpackungen
werden die Erzeugnisse als Nahrungsergänzungsmittel, d.h. als der menschlichen Ernährung dienende Stoffe,
bezeichnet. Diese Verwendungsbestimmung kann als weiteres Indiz für die objektive Beschaffenheit der
streitgegenständlichen Erzeugnisse gewertet werden.
10 Entgegen der Rechtsansicht des FG lässt sich jedoch auf die von der Klägerin vorgenommene Kennzeichnung der
Flüssigkeiten als Nahrungsergänzungsmittel und den damit belegten Ausschluss eines Arzneimittels eine Einreihung
in die Pos. 2106 KN nicht stützen. In seiner Entscheidung in Slg. 1981, 895 hat der EuGH bei der Einreihung eines
Erzeugnisses, das aus Wasser, Bierhefe und 3,9 % natürlichem Zitronensaft bestand und das nach der
Herstellerempfehlung dreimal täglich in einer Menge von ein bis zwei Esslöffeln eingenommen werden sollte, in die
Tarifnr. 22.02 GZT dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, dass das Erzeugnis nach der Packungsaufschrift der
Nahrungsergänzung diene. Sofern es sich um eine trink- und genießbare Flüssigkeit handelt, ist es für die
zollrechtliche Tarifierung unbeachtlich, ob die Einnahme dieser Flüssigkeit einer ausgewogenen Ernährung und damit
der Erhaltung und Förderung der Gesundheit dienen soll.
11 Soweit der EuGH in seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2009 C-410/08 (Höchstrichterliche
Finanzrechtsprechung 2010, 312 Rz 37) zur Einreihung ölhaltiger Gelatinekapseln auf die AV 3a zurückgegriffen und
ausgeführt hat, dass die Pos. 2106 KN genauer als die Pos. 1515 und 1517 KN sei, lässt sich diese Entscheidung
nicht auf Lebensmittelzubereitungen übertragen, die trinkbar und zum unmittelbaren menschlichen Genuss bestimmt
sind, denn für solche Lebensmittelzubereitungen ist die Pos. 2202 KN genauer als die Pos. 2106 KN, weil sie nur eine
bestimmte Form von Lebensmittelzubereitungen, nämlich trinkbare, erfasst. Im Übrigen müsste, selbst wenn eine
Einreihung der streitgegenständlichen Erzeugnisse nach der AV 3a nicht möglich wäre, auf die AV 3c zurückgegriffen
werden. Danach wären die Erzeugnisse der in der KN zuletzt genannten Position und damit ebenfalls der Pos. 2202
KN zuzuweisen.
12 Liegt aufgrund der objektiven Beschaffenheit der Ware ein Getränk vor, verbleibt die Ware zolltariflich somit jedenfalls
in Pos. 2202 KN, selbst wenn man eine Konkurrenzlage zu Pos. 2106 KN grundsätzlich für möglich hielte. Im Streitfall
handelt es sich um Getränke. Den Feststellungen des FG ist nicht zu entnehmen, dass trotz der Verwendungshinweise
der Klägerin ein unmittelbarer, unverdünnter Verzehr ausgeschlossen ist. Entgegen der Auffassung des FG wird die
objektive Beschaffenheit --insbesondere die unmittelbare Trinkbarkeit-- nicht durch die Verzehrempfehlungen
aufgehoben. Dies gilt insbesondere für die Empfehlung in Bezug auf das als Y-Drink bzw. Y-Saft bezeichnete
Erzeugnis, täglich 25 ml zu sich zu nehmen. Die Eigenschaft als Getränk bleibt auch bei der empfohlenen Aufnahme
einer geringen Menge unberührt.
13 Auch die Anweisung hinsichtlich des aus Wasser, fermentierten Blütenpollen, Weizenkeimextrakt, Säuerungsmittel,
Ascorbinsäure, Selen-Hefe und Niacin zusammengesetzten Erzeugnisses, dieses nur verdünnt in 200 ml Wasser zu
trinken, vermag die Eigenschaft als Getränk nicht aufzuheben. Ein Erzeugnis wäre nur dann als nicht trinkbar
einzustufen, wenn es jedem Durchschnittsverbraucher aus gesundheitlichen oder geschmacklichen Gründen
unmöglich wäre, das Erzeugnis unmittelbar ohne Verdünnung oder sonstige Beigabe zu trinken (vgl.
Senatsentscheidung in BFHE 143, 183). Dies behauptet die Klägerin jedoch nicht. Vielmehr beruft sie sich allein auf
die Bestimmung des von ihr hergestellten Produkts als Nahrungsergänzungsmittel i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 3 NemV. Die
in einer nationalen Verordnung festgelegten Begriffsbestimmungen und Verkehrsbeschränkungen des
Lebensmittelrechts können jedoch zur Auslegung der Pos. 2202 und 2106 KN nicht herangezogen werden. Auch den
Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, dass die Erzeugnisse in unverdünntem Zustand ungenießbar
wären. Im Übrigen hat der EuGH darauf hingewiesen, dass es für die Einreihung in die Pos. 2202 KN auf die Art und
Weise, wie ein Erzeugnis eingenommen wird --z.B. verdünnt oder unverdünnt-- nicht ankommt. Anders als in
Gelatinekapseln abgefüllte Lebensmittelzubereitungen, bei denen nach Auffassung des EuGH die Kapselhülle keine
Verpackung im Sinne der AV 5 ist, so dass sie die objektiven Merkmale und Eigenschaften des Erzeugnisses
mitbestimmt, weisen die streitgegenständlichen Erzeugnisse ein solches Merkmal nicht auf.
14 2. Schließlich lässt sich der VO Nr. 1777/2001 nichts für die Einreihung der streitgegenständlichen Produkte in Kap. 21
oder 22 KN entnehmen. Die mit diesem Rechtsakt eingefügte Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 30 KN dient der
Abgrenzung von Arzneimitteln von Zubereitungen für besondere diätische Zwecke, einschließlich Zubereitungen für
besondere Ernährungszwecke und Nahrungsergänzungsmittel. Den Erwägungsgründen lässt sich entnehmen, dass
Anlass für das Tätigwerden des Gemeinschaftsgesetzgebers Schwierigkeiten bei der tariflichen Einreihung
bestimmter Arten von Lebensmitteln und Arzneizubereitungen waren. Durch die Erstellung einer Liste verbindlicher
Kriterien, bei deren Erfüllung ein Erzeugnis als Arzneimittel in die Pos. 3004 KN einzureihen ist, sollten die in der
Abfertigungspraxis aufgetretenen Probleme einer abschließenden Lösung zugeführt werden. Über die Einreihung
eines Nahrungsergänzungsmittels in die Pos. 2106 oder 2202 KN trifft die Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 30 KN
indes keine Aussagen, weshalb ihr im Streitfall keine Bedeutung zukommen kann.
15 Der Senat hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts aufgrund der
Rechtsprechung des EuGH für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht
demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 --C.I.L.F.I.T.--, Slg. 1982, 3415 Rz 16).