Urteil des BFH vom 17.12.2007
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Großer Senat beseitigt Vererblichkeit des Verlustvortrags
- Beschluss vom 17.12.07 GrS 2/04 -
Der Erbe kann einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrag nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) in
Zukunft nicht mehr zur Minderung seiner eigenen Einkommensteuer geltend machen. Das hat der Große Senat des
Bundesfinanzhofs in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04 entschieden. Er ist damit von einer rund 45 Jahre
währenden höchstrichterlichen Rechtsprechung und entsprechenden Praxis der Finanzverwaltung abgerückt. Aus Gründen
des Vertrauensschutzes ist die neue, für die Steuerbürger ungünstigere Rechtsprechung allerdings erst in solchen Erbfällen
anzuwenden, die nach Veröffentlichung dieses Beschlusses eintreten werden.
Hintergrund dieser Entscheidung ist ein Rechtsstreit, in dem ein Landwirt und Hoferbe im Rahmen seiner Veranlagung zur
Einkommensteuer den Abzug des von seinem verstorbenen Vater nicht ausgenutzten Verlustvortrags begehrt. Der mit der
Sache befasste XI. Senat des Bundesfinanzhofs hatte im Vorlagebeschluss vom 28. Juli 2004 XI R 54/99 die Auffassung
vertreten, dass der Verlustabzug nach § 10d EStG entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht vererblich sei.
Dem hat sich der Große Senat im Grundsatz angeschlossen. Der Übergang des vom Erblasser nicht ausgenutzten
Verlustvortrags auf den Erben könne weder auf zivilrechtliche noch auf steuerrechtliche Vorschriften und Prinzipien gestützt
werden. Die Einkommensteuer sei eine Personensteuer. Sie erfasse die im Einkommen zu Tage tretende Leistungsfähigkeit
der einzelnen natürlichen Personen und werde daher vom Grundsatz der Individualbesteuerung und vom Prinzip der
Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit beherrscht. Hiermit sei es unvereinbar, die beim Erblasser nicht
verbrauchten Verlustvorträge auf den Erben zu übertragen.
Allerdings hielt der Große Senat aufgrund des Rechtsstaatsprinzips eine vertrauenschützende Übergangsregelung für
notwendig. Die neue Rechtsprechung, mit der sich die jahrzehntelang bestehende Rechtslage - vergleichbar einer
Gesetzesänderung - faktisch ändere, sei daher erst mit Wirkung für die Zukunft anzuwenden.