Urteil des BFH vom 24.02.2010

BFH: Erbfallkostenpauschbetrag einmal pro Erbfall, unbestimmte dauer, reform, neuerung, bestattungskosten, zahl, grammatik, steuerrecht, kapitalwert, erbschaft

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 24.2.2010, II R 31/08
Erbfallkostenpauschbetrag einmal pro Erbfall
Leitsätze
Unabhängig von der Anzahl der Erwerber von Todes wegen können für die Summe der in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG
genannten Kosten eines Erbfalls pauschal nicht mehr als 10.300 EUR abgezogen werden.
Gründe
1 A. Die Revision ist unbegründet. Der Erbfallkostenpauschbetrag ist für jeden Erbfall nur einmal zu gewähren. Miterben
können ihn nur anteilig beanspruchen.
2 1. Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sind als
Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes
Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die
Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des
Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Für diese Kosten wird nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2
ErbStG insgesamt ein Betrag von 10.300 EUR ohne Nachweis abgezogen. Diese Regelung wird in der Literatur (vgl.
Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl. 2009, § 10 Rz 42; Jüptner in
Fischer/Jüptner/Pahlke, ErbStG, Kommentar, 2009, § 10 Rz 228; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Kommentar,
Stand März 2009, § 10 Rz 235; Weinmann in Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Stand Juli 2009, §
10 Rz 89; Kapp/Ebeling, ErbStG, Kommentar, Stand April 2009, § 10 Rz 154) sowie in der Rechtsprechung (Urteile des
Finanzgerichts --FG-- Nürnberg vom 14. Mai 1998 IV 128/97, Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 1419, und vom
11. Dezember 2003 IV 300/2002, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2004, 281, sowie des FG Köln vom 5.
Januar 2000 9 K 8042/98, nicht amtlich veröffentlicht) zu Recht dahin verstanden, dass der Betrag von 10.300 EUR für
jeden Erbfall nur einmal zu gewähren ist.
3 2. Entgegen der Ansicht des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) ist dieses Gesetzesverständnis mit dem Wortlaut
und den Regeln der Grammatik durchaus vereinbar. Die Verwendung des Demonstrativartikels "diese" in Verbindung
mit dem Wort "insgesamt" bezieht sich zwar --insoweit ist dem Kläger zu folgen-- auf die in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1
ErbStG genannten Kosten in ihrer Gesamtheit; dies schließt jedoch nicht aus, den Betrag von 10.300 EUR auf den
Erbfall und nicht auf den einzelnen Erben zu beziehen. Denn dafür ist es nicht erforderlich, dem Wort "insgesamt"
neben dem sachlichen Bezug auf die Kosten zusätzlich einen personalen Bezug des Inhalts beizumessen, dass mit
"insgesamt" alle Erben gemeint sein sollen. Vielmehr lässt bereits allein der sachliche Bezug auf die Kosten die
Auslegung zu, dass für sämtliche der in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG genannten Kosten eines Erbfalls zusammen
nur ein Betrag von 10.300 EUR abziehbar ist, und zwar unabhängig davon, wie vielen Personen dem Grunde nach
Erbfallkosten entstanden sind (vgl. zur Notwendigkeit einer Kostenschuldnerschaft dem Grunde nach: Beschlüsse des
Bundesfinanzhofs vom 28. November 1990 II S 10/90, BFH/NV 1991, 243, sowie vom 21. Januar 2005 II B 6/04,
BFH/NV 2005, 1092).
4 3. Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Bereits in der Begründung der Bundesregierung
zum Entwurf eines zweiten Steuerreformgesetzes (BTDrucks VI/3418, S. 66; BRDrucks 140/72) heißt es zu § 10 Abs. 5
ErbStG: Er enthalte in Nr. 3 insoweit eine Neuerung, als für die darin aufgeführten Kosten in einem Erbfall --und nicht
etwa "Erbanfall"-- 5.000 DM ohne Nachweis abgezogen werden dürfen. Die Vorschrift ist so, wie von der
Bundesregierung vorgeschlagen, durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom
17. April 1974 (BGBl I 1974, 933, BStBl I 1974, 216) Gesetz geworden.
5 Für diese Auslegung spricht auch der Umstand, dass der Betrag jedenfalls ursprünglich an den Bestattungskosten
ausgerichtet war (vgl. Gesetzentwurf vom 21. Februar 1980, BTDrucks 8/3688, S. 23, zur Erhöhung des Pauschbetrags;
Moench in Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1988, 164, unter 1.), und diese sich nicht mit der Zahl der Erben
vervielfachen. Von daher ist die Auslegung auch nicht etwa sinnwidrig, sondern entspricht dem Sinn und Zweck der
Regelung. Dass sie unter besonderen Umständen die Rechtsanwendung erschweren kann, wiegt die
Vereinfachungseffekte in der Mehrzahl der Fälle nicht auf.
6 B. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision
für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden
und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.