Urteil des BFH vom 30.08.2007

BFH (stille reserven, kläger, betrieb, beschwerde, reserven, rüge, gewinnerzielungsabsicht, rechtsfrage, verfahrensmangel, verhandlung)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 4.6.2009, IV B 69/08
Liebhaberei bei einem landwirtschaftlichen Betrieb
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Diplomagraringenieur und im Bundesland X als
Unternehmensberater selbstständig tätig. Im Bundesland Y (Landkreis Z) unterhält er seit dem Wirtschaftsjahr 1980/81
einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf zugekauften und gepachteten Flächen.
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In den Wirtschaftsjahren 1980/81 bis 1989/90 ermittelte er den Gewinn nach Durchschnittssätzen (§ 13a des
Einkommensteuergesetzes). Er bewirtschaftete damals 47 ha und erzielte insgesamt einen Verlust von 30 457 DM.
Seit dem Wirtschaftsjahr 1990/91 ermittelt er den Gewinn durch Bestandsvergleich. Der Betrieb entwickelte sich
folgendermaßen:
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Wirtschaftsjahr Fläche (ha) Gewinn/Verlust
1990/91
50
- 29 160 DM
1991/92
84
- 78 134 DM
1992/93
87
- 51 394 DM
1993/94
98
- 16 782 DM
1994/95
100
- 35 768 DM
1995/96
122
- 8 376 DM
1996/97
127
- 47 304 DM
1997/98
154 - 218 076 DM
1998/99
163 - 147 707 DM
1999/2000
168 - 121 703 DM
2000/01
177 - 134 461 DM
2001/02
180 - 147 800 DM
2002/03
- 50 401 EUR
2003/04
- 67 097 EUR
2004/05
+ 17 400 EUR
2005/06
+ 6 050 EUR
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Nach zwei Betriebsprüfungen erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Verluste aus
Land- und Forstwirtschaft nicht mehr an und erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die
Streitjahre (1991 bis 1994 --insoweit war die Einkommensteuer nach der ersten Betriebsprüfung vorläufig festgesetzt
worden-- und 1997 bis 2000). Die Tätigkeit des Klägers sei von Beginn an von mangelnder Gewinnerzielungsabsicht
geprägt gewesen.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, ein Totalüberschuss sei nicht zu
erwarten. Der Betrieb habe von Beginn an Verluste erwirtschaftet; diese beliefen sich auf rd. 1,1 Mio. DM. Der Kläger
sei aufgrund der Gegebenheiten und der Art der Bewirtschaftung nicht in der Lage, die aufgelaufenen Verluste
auszugleichen und ins Positive zu kehren. Er habe während des gesamten Verlustzeitraums keine
betriebswirtschaftliche Kalkulation erstellt bzw. erstellen lassen, die zu der Annahme berechtige, der Betrieb werde
innerhalb eines überschaubaren Zeitraums die Gewinnzone erreichen. Weder in den Streitjahren noch danach seien
betriebswirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zu erkennen. Die Gewinne der Wirtschaftsjahre 2004/05 und 2005/06
seien das Ergebnis der Veräußerung von Anlagevermögen. Der Betrieb habe bisher zu keinem Zeitpunkt rentabel
gewirtschaftet. Die Liquidität hätte nur durch erhebliche Einlagen aus dem Privatvermögen des Klägers gesichert
werden können. Der Kläger führe den Betrieb aus im persönlichen Bereich liegenden Gründen. Die Fortführung des
Betriebs trotz der Verluste bringe eine vom wirtschaftlichen Erfolg unabhängige persönliche Leidenschaft einer
gehobenen Lebenshaltung zum Ausdruck. Dies werde durch den Werdegang des Klägers bestätigt, der --aus
welchen Gründen auch immer-- den elterlichen Hof nicht habe übernehmen können. Die Vermutung liege nahe, dass
er aufgrund seiner Erziehung, Ausbildung und Neigung selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb habe bewirtschaften
wollen, um seine persönlichen Vorlieben zu befriedigen. Hinzu komme, dass die jährlichen Verluste zu nicht
unerheblichen Steuererstattungen geführt hätten. Die Absicht, Steuern zu sparen, gehöre auch zu den privaten
Gründen.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die vorliegende Beschwerde.
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1. Der Kläger macht geltend, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115
Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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a) Das FG habe die Gewinne der Wirtschaftsjahre 2004/05 und 2005/06 im Rahmen der Totalgewinnprognose nicht
berücksichtigt, weil sie aus der Veräußerung von Anlagevermögen resultierten. Es unterstelle damit, dass die
Veräußerung von Anlagevermögen bei der Totalgewinnprognose nicht zu berücksichtigen sei. Der Bundesfinanzhof
(BFH) habe demgegenüber entschieden, dass sich der Totalgewinn aus den in der Vergangenheit erzielten und
künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich
ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn zusammensetze (BFH-Urteil vom 30. August 2007 IV R 12/05,
BFH/NV 2008, 759) und dass im Rahmen der Totalgewinnprognose auch die stillen Reserven zu berücksichtigen
seien (BFH-Urteil vom 21. Juli 2004 X R 33/03, BFHE 207, 183, BStBl II 2004, 1063, unter II.2. der Gründe).
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b) Soweit das FG die Gewinnerzielungsabsicht verneint habe, weil der Kläger nicht in der Lage sei, die bisher
entstandenen Verluste auszugleichen, habe es den Zeitraum für die Totalgewinnprognose begrenzt. Damit weiche es
von der Rechtsprechung des BFH ab. Danach verstoße es gegen die Denkgesetze, wenn im Rahmen der
Totalgewinnprognose lediglich der Zeitraum bis zur Pensionierung des Steuerpflichtigen berücksichtigt werde; diese
eröffne gerade die Möglichkeit, sich in verstärktem Maße um den Betrieb zu kümmern (BFH-Urteil in BFH/NV 2008,
759).
10 c) Außerdem stütze das FG seine Entscheidung auf den Rechtssatz, dass ein Steuerpflichtiger, der über andere
Geldmittel verfüge, durch die Fortführung des verlustbringenden landwirtschaftlichen Betriebs eine vom
wirtschaftlichen Erfolg unabhängige persönliche Leidenschaft einer gehobenen Lebenshaltung zum Ausdruck bringe.
Der BFH habe demgegenüber entschieden, dass die Möglichkeit, entstehende Verluste mit steuersparender Wirkung
mit anderen Einkünften verrechnen zu können, grundsätzlich nicht als persönliches Motiv herangezogen werden
könne (BFH-Urteile vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, und in BFHE 207, 183, BStBl II
2004, 1063). Auch habe der BFH entschieden, dass die objektive Feststellung, dass ein Betrieb nicht mit Gewinn
betrieben werden könne, allein keinen Rückschluss darauf zulasse, dass ein Steuerpflichtiger subjektiv keinen
Totalgewinn erzielen wolle (BFH-Urteil vom 11. Oktober 2007 IV R 15/05, BFHE 219, 508, BStBl II 2008, 465).
11 d) Der Kläger habe während der ersten Betriebsprüfung eine schriftliche Zusammenfassung über die Entwicklung des
landwirtschaftlichen Betriebes und die Zukunftsaussichten eingereicht. Aus dem Betriebsprüfungsbericht ergebe sich,
dass die damals durchgeführten und geplanten Maßnahmen nach Auffassung der Betriebsprüfung auf die
Gewinnerzielungsabsicht schließen ließen. Daraus habe sich ein in so hohem Maße schutzwürdiges Vertrauen des
Klägers ergeben, dass es dem FG --das auf den Betriebsprüfungsbericht ausdrücklich Bezug genommen habe-- aus
rechtsstaatlichen Gründen verwehrt sei, hiervon abzuweichen.
12 2. Die Revision sei auch aufgrund von Verfahrensmängeln zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
13 Ein Verfahrensmangel liege vor, weil das FG ohne Beweisaufnahme davon ausgegangen sei, dass kein
Totalüberschuss erwirtschaftet werden könne, obwohl dazu ausdrücklich Sachverständigen- und Zeugenbeweis
beantragt worden sei. Das Gericht ziehe bei seiner Beurteilung Vermutungen heran, die, wäre es den Beweisanträgen
gefolgt, widerlegt worden wären. Durch die Nichtberücksichtigung der Beweisanträge habe das FG gegen die Pflicht
zur Überzeugungsbildung gemäß § 96 FGO, gegen den Amtsermittlungsgrundsatz und gegen die
Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 FGO verstoßen. Die Nichterhebung der beantragten Beweise sei auch gerügt
worden. Laut Sitzungsprotokoll sei die Streitsache erörtert worden. Durch die streitige Erörterung sei der Wille zum
Ausdruck gebracht worden, dass an dem bisherigen Vortrag, insbesondere an den Beweisanträgen, festgehalten
werde. Darin liege eine zumindest konkludente Rüge.
14 Zudem habe das FG angekündigt, eine Entscheidung bekannt zu geben. Darunter sei auch ein Beweisbeschluss zu
verstehen. Folglich habe der Kläger nicht davon ausgehen müssen, dass das FG den Rechtsstreit am Sitzungstag
durch Endurteil entscheide. Insofern sei von einem unzulässigen Überraschungsurteil auszugehen. Ohne
umfängliche Sachverhaltsermittlung hätte das FG nicht entscheiden dürfen. Mit einem Endurteil habe der Kläger nicht
rechnen müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Mai 2006 I B 97/05, BFH/NV 2006, 2083, m.w.N.).
15 Der Kläger beantragt,
16 die Revision gegen das angefochtene Urteil vom 11. März 2008 zuzulassen.
17 Das FA beantragt,
18 die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
19 II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Weder ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
zuzulassen (dazu unter 1.), noch hat der Kläger einen Verfahrensmangel in ausreichender Weise dargelegt (dazu
unter 2.).
20 1. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO)
zuzulassen.
21 a) Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO setzt voraus,
22 - dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist,
23 - dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war,
24 - dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind,
25 - dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und
26 - dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (i.E. Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 48, m.w.N.).
27 Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen in der Begründung der Beschwerde dargelegt
werden. Dazu ist es erforderlich, in der Beschwerdeschrift abstrakte Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils
herauszustellen, die mit tragenden Rechtssätzen der Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (vgl.
u.a. Senatsbeschluss vom 8. September 2005 IV B 23/04, BFH/NV 2006, 51, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz
42).
28 b) Das angefochtene Urteil weicht nicht von der Rechtsprechung des BFH ab.
29 aa) Einen allgemeinen Rechtssatz, wonach stille Reserven im Rahmen der Totalgewinnprognose nicht zu
berücksichtigen seien, hat das FG --anders als der Kläger meint-- auch nicht konkludent aufgestellt. Es hat vielmehr
lediglich ausgeführt, dass die Gewinne der Wirtschaftsjahre 2004/05 und 2005/06 nicht auf
Umstrukturierungsmaßnahmen zurückzuführen seien, sondern auf die Veräußerung von Anlagevermögen; deshalb
sei es nicht zu der behaupteten "dramatischen Veränderung der Ertragssituation" gekommen. Die stillen Reserven im
Wohngebäude könnten wegen des Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung nicht berücksichtigt werden.
30 Daraus lässt sich entnehmen, dass im Betriebsvermögen gebildete stille Reserven auch nach Auffassung des FG zu
berücksichtigen wären. Eine Abweichung von der BFH-Rechtsprechung, nach der stille Reserven bei der Berechnung
des Totalgewinns zu berücksichtigen sind (u.a. Senatsurteil in BFH/NV 2008, 759, unter II.1.d der Gründe) liegt daher
nicht vor.
31 bb) Ein Rechtssatz, nach dem der Zeitraum für die Totalgewinnprognose abweichend von der BFH-Rechtsprechung
zu begrenzen sei, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Das FG ist vielmehr angesichts der Höhe der
aufgelaufenen Verluste und der Art der Betriebsführung --mit der es sich im Einzelnen auseinandergesetzt hat-- zu
dem Ergebnis gekommen, dass mit einem Ausgleich der Verluste nicht zu rechnen sei. Der Kläger hat demgegenüber
keine Prognose vorgelegt, der zufolge er mit der Erzielung eines Totalgewinns rechnen konnte, geschweige denn hat
er nachgewiesen, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet habe, dass zunächst angefallene
Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgeglichen würden und insgesamt ein
positives Gesamtergebnis erzielt werden könne (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 20. September 2007 IV R 20/05, BFH/NV
2008, 532, unter II.2.c der Gründe, m.w.N.).
32 cc) Das FG ist auch in der Beurteilung der Rechtsfrage, ob der Kläger die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich
seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausgeübt hat, nicht von der BFH-
Rechtsprechung abgewichen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung können die Reaktionen des Steuerpflichtigen
auf die Verluste im Falle einer längeren Verlustperiode die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen
(vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. Oktober 1989 X R 109/87, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, unter 2.b der Gründe; vom
17. November 2004 X R 62/01, BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336, unter II.1.b bb der Gründe). Darüber hinaus kann
der Beweis, dass ein über Jahre hin mit Verlusten arbeitender Betrieb nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung
geführt wird, der Steuerpflichtige vielmehr aus nicht wirtschaftlichen, persönlichen Gründen diese ständige finanzielle
Belastung trägt, in der Regel dann als erbracht gelten, wenn feststeht, dass der Betrieb nicht nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird und nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf
die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinnen arbeiten kann (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 532, unter II.2.c der
Gründe). Diesen Grundsätzen entspricht das angefochtene Urteil; zusätzlich hat das FG weitere Gründe für die
Fortführung des Verlustbetriebs aus den persönlichen Umständen des Klägers abgeleitet.
33 dd) Die Feststellung, ob ein Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht geführt wird, liegt im Wesentlichen auf dem Gebiet
der Tatsachenwürdigung (Senatsurteil vom 20. Januar 2005 IV R 6/03, BFH/NV 2005, 1511, unter II.2. der Gründe).
Der BFH ist deshalb an die tatrichterlichen Feststellungen gebunden, sofern dagegen nicht zulässige und begründete
Revisionsgründe vorgebracht sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Fehlt es an durchgreifenden Verfahrensrügen, darf der BFH
aufgrund der festgestellten Tatsachen lediglich die vom Tatsachengericht gezogenen Schlussfolgerungen auf der
Grundlage der Denkgesetze und von Erfahrungssätzen überprüfen (Senatsurteil in BFH/NV 2005, 1511, unter II.2. der
Gründe).
34 Vorliegend trägt der Kläger letztlich keine vom FG aufgestellten, von der BFH-Rechtsprechung abweichenden
Rechtssätze vor, sondern er beanstandet im Grunde die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung und die vom FG
vorgenommene Einzelfallwürdigung. Die Rüge, die Vorentscheidung sei rechtswidrig, eröffnet nach ständiger
Rechtsprechung des BFH aber nicht die Revision (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. April 2001 IV B 15/00, BFH/NV 2001,
1280, und vom 7. September 2005 IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234), wenn eine willkürliche oder greifbar gesetzwidrige
Beurteilung nicht ersichtlich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2006 IX B 79/05, BFH/NV 2006, 802, m.w.N.).
35 c) Der Kläger hat auch keine Gründe vorgetragen, aus denen sich eine greifbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung
des FG ergeben könnte. Solche materiellen Rechtsfehler können die Zulassung der Revision eröffnen, wenn sie von
erheblichem Gewicht und geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 2002 V B 152/01, BFH/NV 2002, 1600, und vom 20. Januar
2003 III B 63/02, BFH/NV 2003, 644). Davon ist auszugehen, wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich
erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar
ist (Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25).
36 Insbesondere ist ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers, das dem Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide
entgegenstehen könnte, nicht erkennbar. Ein solches Vertrauen kann sich aus dem Betriebsprüfungsbericht vom 18.
September 1996 schon deshalb nicht ergeben, weil der Prüfer darin ausdrücklich vorgeschlagen hat, die künftige
Entwicklung abzuwarten und weil dem entsprechend die daraufhin erlassenen Einkommensteuerbescheide wegen
der Ungewissheit der Einkünfteerzielungsabsicht vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung ergangen
sind.
37 2. Einen Verfahrensmangel hat der Kläger nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO
genügenden Weise schlüssig dargelegt.
38 a) Eine schlüssige Rüge erfordert u.a., dass die Tatsachen, die den Mangel ergeben, im Einzelnen angeführt werden
und dargelegt wird, weshalb die Entscheidung des FG auf dem Mangel beruhen kann (Senatsbeschluss vom 13.
September 1991 IV B 105/90, BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148). In der Beschwerde ist außerdem darzulegen, dass
nicht auf die Geltendmachung des Verfahrensmangels verzichtet worden ist (u.a. Senatsbeschlüsse vom 3. August
2004 IV B 172/02, juris; vom 21. August 2006 IV B 144/05, juris). Denn das Übergehen eines Beweisantrags stellt
einen verzichtbaren Verfahrensmangel dar (BFH-Beschluss vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl
II 1989, 372, m.w.N.). Wenn der Beschwerdeführer im Klageverfahren sachkundig vertreten war, sind mit der
Beschwerde deshalb Ausführungen dazu zu machen, dass entweder die Nichterhebung der angebotenen Beweise in
der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder aber warum die Rüge nicht rechtzeitig erhoben werden
konnte (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1994 I R 54/93, BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120
Rz 69, m.w.N.).
39 b) Vorliegend kann sich der Kläger auf die behaupteten Verfahrensmängel schon deshalb nicht berufen, weil es an
einer rechtzeitigen Rüge fehlt. Der Kläger war in der mündlichen Verhandlung vor dem FG durch einen Rechtsanwalt
vertreten. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat er eine unterlassene Beweiserhebung nicht gerügt. Soweit darin
vermerkt ist, dass die Streitsache erörtert wurde, ergibt sich daraus kein Hinweis darauf, dass der Kläger über die
Erörterung der unterschiedlichen tatsächlichen und/oder rechtlichen Ansichten hinaus das Unterlassen weiterer
Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung rügen wollte und gerügt hat. Es kann daher offenbleiben, ob es für die
Entscheidung des Streitfalls auf die Erhebung der beantragten Beweise überhaupt angekommen wäre.
40 c) Für eine Überraschungsentscheidung ist vorliegend nichts ersichtlich. Schon nach dem eigenen Vorbringen des
Klägers hat das FG in der mündlichen Verhandlung angekündigt, eine Entscheidung bekannt zu geben. So ist es mit
der Verkündung des Urteils auch verfahren. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Entscheidung nur um einen
Beweisbeschluss hätte handeln können oder gar müssen, sind nicht ersichtlich. Das gilt umso mehr, als der --
anwaltlich vertretene-- Kläger die Nichterhebung von Beweisen zuvor in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt
hat.