Urteil des BFH vom 25.05.1999

BFH (verzicht auf eine forderung, forderung, verfahrensmangel, zeitpunkt, forderungsverzicht, einlage, vereinbarung, bezug, beschwerde, rüge)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 10.2.2009, I B 134/08
Keine Revisionszulassung wegen vermeintlichem Verfahrensmangel der unzureichenden Sachaufklärung bei fehlendem
Bezug zu entscheidungserheblichem Sachverhalt
Tatbestand
1 I. Streitig ist, ob ein Forderungsverzicht einkommenswirksam oder als verdeckte Einlage zu berücksichtigen ist.
2 Am 3. September 1999 --im Streitjahr-- kam es zu einer Übertragung sämtlicher Anteile an der Klägerin und
Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH mit einem Stammkapital von 50 000 DM, zu einem Preis von 5 000 DM.
Vor der Anteilsübertragung übernahm der damalige Alleingesellschafter X Bankschulden der Klägerin (… DM) --für
deren Begleichung er bereits bürgte bzw. anderweitig aus dem Privatvermögen Sicherheit geleistet hatte-- durch
Erklärung gegenüber der Bank (Vereinbarung vom 25. Mai 1999) und gegenüber der Klägerin (Vereinbarung vom 3.
September 1999 zwischen X und der Klägerin, vertreten durch die neue Gesellschafterin und Geschäftsführerin). In
dieser Vereinbarung erklärte X auch einen Verzicht auf eine Forderung gegenüber der Klägerin in Höhe von … DM.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte diese Geschäftsvorfälle
einkommenserhöhend und lehnte eine Qualifizierung als "verdeckte Einlage" ab.
3 Im Klageverfahren hat die Klägerin zunächst angeregt, durch Sachverständigengutachten zu ermitteln, dass die
Darlehensforderung des X im Zeitpunkt des Verzichts werthaltig gewesen sei, da den bei der Klägerin vorhandenen
Geschäftsbeziehungen ein Wert von über … DM beizumessen sein sollte; später hat die Klägerin ein entsprechendes
Wertgutachten (Unternehmensbewertung zu den Anteilen an der Klägerin) vorgelegt (Schriftsatz vom 10. März 2008).
Das Gericht hat die Klägerin unter Fristsetzung gemäß § 79b Abs. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
aufgefordert, diejenigen Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im
Verwaltungsverfahren die Klägerin belastet sei. Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin u.a. auf den Forderungsverzicht
des X vom 3. September 1999 und eine durch das Gutachten nachgewiesene Werthaltigkeit der Forderung verwiesen.
Das FA hat daraufhin die Gesellschafterstellung des X im Zeitpunkt des Verzichts bezweifelt, da für die Klägerin bereits
die neue Gesellschafterin (die Anteilskäuferin) als Geschäftsführerin unterzeichnet habe. Die Klägerin hat in der
mündlichen Verhandlung einen Sachantrag gestellt.
4 Die Klage war teilweise erfolgreich (Urteil des Finanzgerichts --FG-- Baden-Württemberg vom 2. Juni 2008 6 K 11/03).
Die Schuldübernahme sei als verdeckte Einlage zu berücksichtigen. Demgegenüber sei der Forderungsverzicht
einkommenserhöhend anzusetzen, da die Klägerin ihrer Verpflichtung, einen Nachweis zur Gesellschafterstellung des
X im Zeitpunkt des Verzichts zu führen, nicht nachgekommen sei. "Unabhängig davon" sei das FG "unter
Berücksichtigung aller Umstände" der Auffassung, dass die Forderung des X angesichts der wirtschaftlichen Situation
der GmbH nicht mehr werthaltig gewesen sei.
5 Die Klägerin macht einen Verfahrensmangel geltend und beantragt, die Revision zuzulassen.
6 Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
7 II. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat einen Verfahrensmangel --hier als Rüge der
Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO zur Frage
der Werthaltigkeit der Forderung des X-- nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
8 Für eine zulässige Rüge der Verletzung der dem FG obliegenden Sachaufklärungspflicht als Verfahrensfehler i.S. des §
115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wären Ausführungen dazu erforderlich gewesen, welche Tatsachen das FG hätte aufklären
müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben
hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts
des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und aus welchen Gründen sich dem FG unter
Berücksichtigung seines Rechtsstandpunkts die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte
aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 28. Juli 2004 IX B 136/03,
BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).
9 Im Streitfall ist der vermeintliche Verfahrensmangel jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn tragender Grund der
in Bezug auf den Forderungsverzicht klageabweisenden Entscheidung des FG ("keine verdeckte Einlage") war nicht
die Frage der Werthaltigkeit der Forderung des X, sondern der Umstand, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe,
dass X im Zeitpunkt des Forderungsverzichts noch eine Gesellschafterstellung innegehabt habe.