Urteil des BFH vom 07.10.2005

BFH (anspruch auf rechtliches gehör, rechtliches gehör, sache, zeitpunkt, frist, verhandlung, beschwerde, anschrift)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 4.11.2009, V B 48/09
Rechtliches Gehör
Gründe
1 Die Beschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 30. März 2009 6 K 42/08 wird
aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 116
Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
2 Indem das FG trotz der gewährten --und von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) genutzten-- Möglichkeit,
eine ladungsfähige Anschrift der benannten Zeugen bis zum 3. April 2009 nachzureichen, sein Urteil bereits am 1. April
2009 der Geschäftsstelle übergeben hat, hat es den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103
Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt.
3 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen
hat (BFH-Beschluss vom 7. Oktober 2005 II B 94/04, BFH/NV 2006, 323) verletzt ein Gericht den Anspruch auf
rechtliches Gehör, wenn es eine Entscheidung trifft, ohne den Ablauf einer Frist abzuwarten, die es selbst gesetzt hat,
selbst wenn sich die Sache aus Sicht des Gerichts als entscheidungsreif darstellt. Dies gilt auch, wenn das FG die
Möglichkeit einräumt, eine ladungsfähige Zeugenanschrift nachzureichen. Denn die Beteiligten dürfen auch in diesem
Fall auf die Möglichkeit vertrauen, bis zu dem bestimmten Zeitpunkt gehört zu werden.
4 Das angefochtene Urteil kann auch auf dem Gehörsverstoß beruhen, da nicht auszuschließen ist, dass es anders
ausgefallen wäre, wenn das FG die nachgereichte Zeugenanschrift in seine Entscheidungsfindung einbezogen hätte.