Urteil des BFH vom 22.10.1992

BFH (gerichtshof der europäischen gemeinschaften, abwasserbeseitigung, entgelt, leistung, ddr, bundesrepublik deutschland, bundesrecht, umsatzsteuer, aufgabe, zahlung)

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 8.11.2007, V R 20/05
Umsatzsteuerpflicht kommunaler Zuschüsse für Investitionen im Abwasserbereich - Geltung des DDR-Abwassergesetzes
nach Beitritt als Bundesrecht
Leitsätze
1. Übernimmt ein anderer Unternehmer die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und
erhält er im Zusammenhang damit Geldzahlungen, so bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden
mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung
einer Gegenleistung richtet .
2. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichteten, liegt
grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor .
3. Das Recht der ehemaligen DDR gilt als Bundesrecht i.S. des § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO nur, soweit es als (partielles)
Bundesrecht befristet fort gilt .
4. Das trifft für die Regelungen des Rechts der ehemaligen DDR über die Zuständigkeiten für die Abwasserbeseitigung nicht
zu .
Tatbestand
1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist aus dem ehemaligen VEB Wasserversorgung und
Abwasserbehandlung (WAB) A hervorgegangen und betrieb im Streitjahr (1992) in der Rechtsform einer
Aktiengesellschaft ein Unternehmen, das unter anderem die Entsorgung von Abwasser auf dem Gebiet des
ehemaligen Bezirkes A zum Gegenstand hatte.
2
Alleinige Gesellschafterin der Klägerin war bis zum 21. Oktober 1992 die T. Mit notariellem Vertrag vom 22. Oktober
1992 trat die T sämtliche Geschäftsanteile an den V e.V. (Verein) unentgeltlich ab. Dieser Verein wurde 1991
gegründet und hatte zum Ziel, die Klägerin zu entflechten. Mitglieder des Vereins waren die Kommunen auf dem
Gebiet des ehemaligen Bezirkes A, auf die das Vermögen der Klägerin nach den Feststellungen des Finanzgerichts
(FG) in Form von "notariellen Teilbetriebsübertragungsvorgängen" übertragen werden sollte. Die Klägerin wurde
gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom 3. Dezember 1992 mit Wirkung zum 1. Januar 1993 aufgelöst und
befindet sich seitdem in Liquidation.
3
In den Jahren 1990 bis 1993 erhielten die Kommunen für Investitionen im Abwasserbereich unter anderem vom
Umweltministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern Fördermittel aufgrund von Zuwendungsbescheiden.
4
Unter Hinweis auf die Zuwendungsbescheide schlossen die Kommunen mit der Klägerin sog.
Projektträgervereinbarungen ab, in denen die Klägerin als Projektträgerin für die in Aussicht genommenen
Investitionen eingesetzt wurde. Ausweislich der Projektträgervereinbarungen mit der Klägerin wollten die --nicht zum
Vorsteuerabzug berechtigten-- Kommunen durch die Beauftragung der Klägerin eine "kostengünstigere Abwicklung"
der abwasserwirtschaftlichen Investitionen erreichen. Dies sollte dadurch geschehen, dass die als Projektträgerin
eingesetzte Klägerin "berechtigt (war), die Mehrwertsteuer gegenüber dem Finanzamt als Vorsteuer geltend zu
machen". Damit sollten sich "die zuwendungsfähigen Kosten und der Eigenanteil der Stadtverwaltung in Höhe der
Mehrwertsteuer... verringern". Die Klägerin hatte die Baumaßnahme zwar im Einvernehmen mit den Kommunen, aber
ansonsten selbstständig im eigenen Namen durchzuführen. Hierfür erhielt sie von den Kommunen die in den
Zuwendungsbescheiden bewilligten Fördermittel; die restlichen Kosten (circa 50 bis 70 % der Gesamtkosten) hatte die
Klägerin selbst zu tragen.
5
Im Streitjahr 1992 erhielt die Klägerin von den Kommunen ihres Versorgungsgebietes Zuschüsse für den Ausbau der
Abwasserkanalisation und den Bau von Kläranlagen. Soweit die Fördermittel 1992 bewilligt und den Anlagen im Bau
1992 gutgeschrieben worden waren, behandelte die Klägerin die weitergeleiteten Zuschüsse als Entgelte für
umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Soweit es sich jedoch um Zuschüsse handelte, die bereits
1991 bewilligt und den Anlagen im Bau erst 1992 gutgeschrieben worden waren, unterblieb eine
Umsatzversteuerung.
6
Der Umsatzsteuererklärung für 1992, die einen Überschuss in Höhe von ... DM ergab, stimmte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Schreiben vom 12. Februar 1996 zu.
7
Das FA führte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, in deren Verlauf es unter anderem zu der Auffassung
gelangte, dass auch die im Jahre 1991 bewilligten und im Jahr 1992 an die Klägerin weitergeleiteten Zuschüsse als
Entgelt der Kommunen für die Durchführung der Abwasserbeseitigung zu qualifizieren und der Umsatzsteuer zu
unterwerfen seien.
8
Mit geändertem Bescheid für 1992 über Umsatzsteuer vom 28. Juli 1998 folgte das FA der Auffassung der
Außenprüfung.
9
Dem Einspruch der Klägerin entsprach das FA in der Einspruchsentscheidung vom 12. Juni 2002 teilweise und setzte
die Umsatzsteuer auf ./. ... EUR (./. ... DM) fest.
10 Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG begründete sein in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 908
veröffentlichtes Urteil im Wesentlichen wie folgt:
11 Das FA habe zu Recht auch diejenigen gemeindlichen Zuschüsse als Entgelt behandelt, die die Klägerin für
Investitionen im Abwasserbereich vor dem 1. Dezember 1992 erhalten habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin
seien die Investitionskostenzuschüsse der Gemeinden aufgrund eines Leistungsaustausches zwischen der Klägerin
und den Gemeinden --also als Entgelt-- gezahlt worden. Ein derartiger Zusammenhang zwischen Zahlung und
Leistung (Bau von Kläranlagen u.a.) i.S. § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1991)
ergebe sich vorliegend aus den Projektträgervereinbarungen zwischen den Gemeinden und der Klägerin in
Verbindung mit den Zuwendungsbescheiden.
12 Den --inhaltlich im Wesentlichen identischen-- Projektträgervereinbarungen mit den Gemeindeverwaltungen sei zu
entnehmen, dass die Fördermittel, die der Gemeinde vom Land oder vom Bund für ganz konkret beschriebene
abwasserwirtschaftliche Baumaßnahmen gewährt worden seien, von der Gemeinde an sie, die Klägerin, nur zu dem
Zwecke weitergeleitet worden seien, um diese abwasserwirtschaftlichen Baumaßnahmen zu finanzieren.
Dementsprechend habe sie einen genauen Verwendungsnachweis der Fördermittel zu führen und diesen mit der
Schlussrechnung der Stadtverwaltung zuzuleiten gehabt.
13 Der Zusammenhang zwischen Mittelvergabe und Baumaßnahme werde auch daraus ersichtlich, dass die Klägerin bei
verständiger Vertragsauslegung die Fördermittel der Gemeinde hätte zurückzahlen müssen, wenn sie nicht die in den
Projektträgervereinbarungen vereinbarten Baumaßnahmen durchgeführt hätte.
14 Im Übrigen sei die Abwasserbeseitigung auch schon vor dem Inkrafttreten des Wassergesetzes des Landes
Mecklenburg-Vorpommern vom 30. November 1992 (LWaG) am 1. Dezember 1992 eine den Gebietskörperschaften
zugewiesene Hoheitsaufgabe gewesen. Die gegenteilige Auffassung des Sächsischen FG (Urteil vom 23. Juni
1993 2 K 74/92, EFG 1993, 813) sei unzutreffend.
15 Mit der --vom FG zugelassenen-- Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend (§ 1 Abs. 1 Nr. 1
Satz 1, § 10 Abs. 1 UStG 1991, § 18a Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes --WHG--). Sie trägt vor, die 1991
bewilligten und von den Kommunen an sie, die Klägerin, 1992 weitergeleiteten Zuschüsse seien nicht für die
Umsatzsteuer zu erfassen. Es habe kein Leistungsaustausch mit den Kommunen bestanden.
16 Zwar könne ein Leistungsaustausch zwischen der öffentlichen Hand und dem Zuschussempfänger vorliegen, wenn
der Zuschussempfänger im Auftrag der öffentlichen Hand eine Aufgabe aus deren Kompetenzbereich übernommen
habe und die Zahlung des Zuschusses damit zusammenhänge.
17 Sie, die Klägerin, sei aber vor dem Inkrafttreten des LWaG am 1. Dezember 1992 entgegen der Auffassung des FA
nicht im Aufgabenbereich der Kommunen tätig geworden. Denn bis zu diesem Zeitpunkt sei die Abwasserbeseitigung
in Mecklenburg-Vorpommern nicht Aufgabe der Kommune, sondern ihre, der Klägerin, eigene Aufgabe in ihrer
Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin des früheren WAB A gewesen.
18 Der "Einschalterlass" vom 27. Dezember 1990 (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 27.
Dezember 1990 IV A 2 -S 7300- 66/90, BStBl I 1991, 81), der eine Leistungsbeziehung zwischen dem
Abwasserunternehmen und den Kommunen fingierte, komme hier --anders als in den alten Bundesländern-- nicht
zum Tragen, da die Abwasserbeseitigung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bereits seit der Abschaffung der Reste
kommunaler Selbstverwaltung im Jahr 1952 nicht mehr von den Kommunen, sondern von den --von den Kommunen
unabhängigen-- volkseigenen Betrieben Wasserversorgung und Abwasserbehandlung, den sog. WAB,
wahrgenommen worden sei.
19 Leistungsbeziehungen hätten nur zwischen den WAB und deren Rechtsnachfolgerinnen einerseits und den
Anschlussunternehmern (Abwassereinleitern) andererseits bestanden. Die WAB und ihre Rechtsnachfolger hätten die
Abwasserentgelte deshalb auch im eigenen Namen, nicht etwa im Namen der Kommunen, unmittelbar den
Anschlussnehmern in Rechnung gestellt.
20 Das Urteil des FG stehe im Widerspruch zum Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Januar 1988 X R 44/81
(BFH/NV 1988, 528). Zu Unrecht stütze das FG die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen
Leistung und Gegenleistung auf die Projektträgervereinbarungen. Auf der Grundlage der Projektträgervereinbarungen
sei den Kommunen nichts zugewendet worden, was Gegenstand einer Leistung sein könne. Der Grund für die
Weiterleitung der Zuschüsse sei in der umsatzsteuerrechtlich bedeutungslosen gesellschaftsrechtlichen Verbindung
zwischen den Kommunen und ihr, der Klägerin, zu sehen. Sie sei auch keine Verpflichtung zum Bau bestimmter
Anlagen eingegangen. Mit den Projektträgervereinbarungen sei lediglich festgehalten worden, für welche
Maßnahmen welche Mittel gewährt würden. Vorgaben, wie die Projekte abzuwickeln gewesen seien, hätten die
Vereinbarungen nicht enthalten. Dass in den Projektträgervereinbarungen die geförderte Maßnahme bezeichnet
werde, sei selbstverständlich. Aus der sich im Übrigen bereits aus den Zuwendungsbescheiden ergebenden
Rückzahlungsverpflichtung lasse sich kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Anlagenbau und
Fördermittelüberlassung herleiten.
21 Das FG sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Abwasserbeseitigung bereits vor Inkrafttreten des LWaG
am 1. Dezember 1992 eine Aufgabe der Kommunen gewesen sei. Dies verstoße gegen § 18a Abs. 2 Satz 1 WHG. Bis
zum Inkrafttreten des LWaG habe gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages das Wassergesetz der
Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gegolten. Verpflichtet gewesen seien danach die WAB, in deren
Rechtsstellung sie, die Klägerin, als Rechtsnachfolgerin eingetreten sei. Mit der Errichtung der
Abwasserbeseitigungsanlagen habe sie (jedenfalls bis zum 1. Dezember 1992) eigene Aufgaben wahrgenommen.
Die Kommunen hätten insoweit keinen Vorteil erlangt.
22 Die Fördermittel seien schließlich auch kein Entgelt von dritter Seite.
23 Die Klägerin beantragt,
24 die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1992 auf ./. ... EUR (./. ... DM) festzusetzen.
25 Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
26 II. Die Revision ist unbegründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
27 Das FG ist zu Recht von einem steuerbaren Leistungsaustausch ausgegangen und hat die Fördermittel, die der
Klägerin im Jahr 1992 im Zusammenhang mit der Errichtung von Abwasseranlagen zugeflossen sind, zutreffend als
Entgelt für von ihr ausgeführte steuerpflichtige Leistungen beurteilt.
28 1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1991 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein
Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Im Streitfall hat die Klägerin
Leistungen erbracht und diese auch gegen Entgelt ausgeführt.
29 Die Annahme einer Leistung gegen Entgelt setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der
erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er
muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl.
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften --EuGH--, Urteile vom 16. Oktober 1997 Rs. C-258/95, Fillibeck, Slg.
1997, I-5577, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 1997, 430; vom 29. Februar 1996 Rs. C-215/94, Mohr,
Slg. 1996, I-959; vom 18. Dezember 1997 Rs. C-384/95, Landboden, Slg. 1997, I-7387; BFH-Urteile vom 22. Juli 1999
V R 74/98, BFH/NV 2000, 240, Zuschuss für Verkehrsverein; vom 9. November 2006 V R 9/04, BFHE 215, 372, BStBl II
2007, 285; vom 20. Dezember 2001 V R 81/99, BFHE 197, 352, BStBl II 2003, 213).
30 a) In Fällen, in denen ein anderer Unternehmer die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen
Rechts übernimmt und im Zusammenhang damit Geldzahlungen erhält, bestimmt sich in erster Linie nach den
Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung
("Zuschuss") verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet. Zahlungen der
öffentlichen Hand können Entgelt für eine steuerbare Leistung sein, wenn der Zahlungsempfänger im Auftrag des
Geldgebers eine Aufgabe aus dessen Kompetenzbereich übernimmt und die Zahlung damit zusammenhängt. Kein
Entgelt liegt vor, wenn ein sog. Zuschuss lediglich der Förderung des Zahlungsempfängers im allgemeinen Interesse
dienen soll und nicht der Gegenwert für eine steuerbare Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber sein
soll (BFH-Urteile in BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285; in BFHE 197, 352, BStBl II 2003, 213; in BFH/NV 2000, 240;
vgl. auch BFH-Urteile vom 26. Oktober 2000 V R 10/00, BFHE 193, 165, BFH/NV 2001, 400, Gebäude-
Restwertentschädigung; vom 13. November 1997 V R 11/97, BFHE 184, 137, BStBl II 1998, 169,
Tiefgaragenerrichtung für Stadtgemeinde; vom 25. Januar 1996 V R 61/94, BFH/NV 1996, 715, Forschung mit
öffentlichen Mitteln; vom 28. Juli 1994 V R 19/92, BFHE 176, 66, BStBl II 1995, 86, Forschungszuschuss; vom 25. März
1993 V R 84/89, BFH/NV 1994, 59, Pauschale für Übernahme der Luftaufsicht; vom 6. Oktober 1988 V R 101/85,
BFH/NV 1989, 327, Zahlungen eines Sozialhilfeträgers für Leistungen einer GmbH; vom 9. Dezember 1987 X R 39/81,
BFHE 152, 280, BStBl II 1988, 471, Forschungszuschuss; in BFHE 197, 352, BStBl II 2003, 213).
31 b) Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien --wie hier-- in einem gegenseitigen Vertrag
verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor (BFH-Urteile in BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285;
vom 18. Januar 2005 V R 17/02, BFH/NV 2005, 1394, mit Nachweisen).
32 c) Das FG hat festgestellt, dass die Klägerin nach den Projektträgervereinbarungen verpflichtet war, die
Baumaßnahmen im eigenen Namen durchzuführen und hierfür von den Kommunen die in den
Zuwendungsbescheiden bewilligten Fördermittel erhielt. Diese Auslegung der Projektträgervereinbarungen gehört als
Vertragsauslegung grundsätzlich zu den tatsächlichen Feststellungen der Tatsacheninstanz, an die der BFH gemäß §
118 Abs. 2 FGO gebunden ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 4. April 2007 I R 76/05, BFHE 217, 1,
BStBl II 2007, 631).
33 d) Dem steht der Vortrag der Klägerin, im Streitzeitraum habe es sich bei der Abwasserbeseitigung nicht um eine
Aufgabe der Kommunen, sondern um ihre eigene Aufgabe gehandelt, nicht entgegen. Das FG hat festgestellt, dass
die Klägerin mit den abwasserwirtschaftlichen Investitionen Aufgaben der Kommune übernommen hat, weil auch vor
dem Inkrafttreten des LWaG am 1. Dezember 1992 in Mecklenburg-Vorpommern das Abwasserbeseitigungsmonopol
den Gebietskörperschaften zugestanden hat. An diese Feststellung ist der Senat gebunden, weil es sich um eine
Entscheidung des FG über das Bestehen und den Inhalt nicht revisiblen Landesrechts handelt (vgl. z.B. BFH-Urteile
vom 10. Juli 2002 X R 89/98, BFHE 199, 441, BStBl II 2003, 72; vom 22. Oktober 1980 II R 169/78, BFHE 131, 459,
BStBl II 1981, 104; Gräber/Ruban, FGO, § 118 Rz 60; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 118 Rz 65). Außer
in den in § 118 Abs. 1 Satz 2 FGO bezeichneten --hier nicht vorliegenden-- Fällen, kann die Revision nicht auf die
Verletzung von Landesrecht, sondern nur auf die Verletzung von Bundesrecht gestützt werden (§ 118 Abs. 1 Satz 1
FGO).
34 Das Recht der ehemaligen DDR gilt als Bundesrecht i.S. des § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO nur, soweit es als (partielles)
Bundesrecht befristet fort gilt (Art. 9 Abs. 1 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen
Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 --EinigVtr--, BGBl II
1990, 889). Das trifft für die Regelungen des Rechts der ehemaligen DDR über die Zuständigkeiten für die
Abwasserbeseitigung nicht zu (BFH-Urteil vom 8. Januar 1998 V R 32/97 BFHE 185, 283, BStBl II 1998, 410).
35 Gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 EinigVtr gilt das Recht der Deutschen Demokratischen Republik, das nach der
Kompetenzordnung des Grundgesetzes (GG) Bundesrecht ist und das nicht bundeseinheitlich geregelte Gegenstände
betrifft, unter den Voraussetzungen des Satzes 1 der Bestimmung bis zu einer Regelung durch den
Bundesgesetzgeber als Landesrecht fort. Der Wasserhaushalt hat bis zur Aufhebung des Art. 75 GG durch das Gesetz
zur Änderung des GG vom 28. August 2006 (BGBl I 2006, 2034) gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG zur
Rahmenkompetenz des Bundes gehört (seitdem gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG: konkurrierende Gesetzgebung). Der
Bund hat von seiner Rahmenkompetenz zwar im WHG Gebrauch gemacht, in § 18a Abs. 2 WHG aber die Regelung
über die Abwasserbeseitigungsverpflichteten ausdrücklich den Ländern übertragen. Die Regelung lautet:
36 "Die Länder regeln, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sind und die
Voraussetzungen, unter denen anderen die Abwasserbeseitigung obliegt. Weist ein für verbindlich erklärter Plan nach
Absatz 3 andere Träger aus, so sind diese zur Abwasserbeseitigung verpflichtet. Die zur Abwasserbeseitigung
Verpflichteten können sich zur Erfüllung ihrer Pflichten Dritter bedienen." Die Abwasserbeseitigung gehört folglich i.S.
des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 EinigVtr zwar nach der Kompetenzordnung des GG zum Bundesrecht, betrifft aber nicht
bundeseinheitlich geregelte Gegenstände.
37 Die Regelungen in § 21 des Wassergesetzes der DDR vom 17. April 1963 (Gesetzblatt der DDR 1963 Teil I, S. 77, 81)
haben deshalb nicht als (partielles) Bundesrecht, sondern gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 EinigVtr als Landesrecht
fortgegolten.