Urteil des BFH vom 28.05.2003

BFH: Besetzungsrüge, rechtskräftiges urteil, zusammensetzung, bestandteil, fehlerhaftigkeit, koch, zivilprozessordnung, notlage, verjährung, pauschal

BUNDESFINANZHOF Beschluß vom 15.11.2007, III B 149/07
Besetzungsrüge
Tatbestand
1 I. Nachdem seine Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1994 bis 1996 durch rechtskräftiges Urteil vom 28.
Mai 2003 abgewiesen worden war, beantragte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) im Jahr 2005 die Änderung
dieser Bescheide, was der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) wegen Ablaufs der
Festsetzungsfrist ablehnte. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage unter Hinweis auf die Begründung der
Einspruchsentscheidung ab und führte aus, das pauschal gegen alle Berufsrichter des Senats gerichtete
Ablehnungsgesuch sei unzulässig.
2 Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Kläger vor, das Urteil dürfte rechts- und verfassungsbrechend sein. Die
befangene Sitzgruppe habe seine Beweismittel mutwillig verdunkelt, indem sie seine Zeugen nicht geladen habe. Die
Richter hätten subjektives Wunschdenken zu Papier gebracht, um die Amtspflichtverletzung abzuwenden. Es werde
eine Protokollberichtigung erwartet, denn es sei unwahr, dass der Berichterstatter des FA im Termin einen wesentlichen
Vortrag zum Inhalt der Akten gemacht habe. Es werde festgestellt, dass die Sitzgruppe von unrichtigen Zahlenwerken
ausgegangen sei, u.a. der Höhe der Steuerschulden sowie der Mittelherkunft. Der Sitzgruppe sei bekannt, dass es sich
bei den Vorprozessen um glatten Prozessbetrug gehandelt habe. Fragen nach der Zusammensetzung der Sitzgruppe
seien abgewürgt worden. Die unsubstantiierte Urteilsfindung stelle leeres Gerede dar, die Richter setzten sich mit ihren
Formulierungen zu den eingelegten Rechtsmitteln und zur Verjährung ständig selbst in Widerspruch. Sachliche
Unbilligkeit sei gegeben, weil ihm der Ruin drohe. Das FA habe erst Fremdmittel bestritten, dann diese aber
widerrechtlich gepfändet und dadurch seine Notlage ausgelöst. Deshalb seien bei mehreren Landgerichten Klagen
anhängig.
3 Darüber hinaus weist der Kläger auf zahlreiche von ihm für einschlägig gehaltene Entscheidungen insbesondere des
Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs, des Bundesarbeitsgerichts und zahlreicher Oberlandesgerichte
hin.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der
Kläger hat keinen Zulassungsgrund entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3
FGO).
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1. Soweit sich der Kläger darauf beruft, das FG sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 119 Nr. 1 FGO), genügt
seine Beschwerde nicht den Anforderungen, die an die Darlegung der Voraussetzungen eines Verfahrensmangels (§
115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zu stellen sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 48, m.w.N. aus der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--).
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a) Der Senat des FG hat ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung sowie des Rubrums seines
angefochtenen Urteils in der durch § 5 Abs. 3 Satz 1 FGO vorgeschriebenen Besetzung durch drei Berufsrichter und
zwei ehrenamtliche Richter entschieden. Bei dem vom Kläger mehrfach genannten sechsten "Richter …" handelt es
sich um den Bestandteil eines akademischen Titels des an zweiter Stelle aufgeführten Berufsrichters.
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b) Eine Besetzungsrüge hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt,
dass die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit
willkürlich ist (BFH-Beschlüsse vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640; vom 28. Mai 2003 III B 87/02,
BFH/NV 2003, 1218; vom 14. März 2007 VIII B 103/06, BFH/NV 2007, 1330; Gräber/Ruban, a.a.O., § 128 Rz 9). Dem
Beschwerdevorbringen lässt sich jedoch nicht einmal die bloße (einfache) Fehlerhaftigkeit der Entscheidung schlüssig
entnehmen.
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c) Mit der Behauptung, das FG habe Fragen nach der Zusammensetzung der Sitzgruppe abgewürgt, wird kein Verstoß
gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichtes i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO i.V.m. § 119 Nr. 1 FGO
dargelegt.
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2. Auch mit der angeblich unterlassenen Ladung der von ihm benannten Zeugen bezeichnet der Kläger keinen
Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Seinen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, welche Zeugen das
FG hätte hören sollen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich im Einzelnen durch die Vernehmung der
Zeugen voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern diese Tatsachen zu einer anderen Entscheidung des FG hätten
führen können.
10 3. Der Kläger hat weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch
Gründe genannt, die eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erfordern. Seine umfangreichen Ausführungen zu Zahlenwerken und der Höhe der Steuerschulden
sowie seiner gegenwärtigen Vermögenslage sind für die entscheidungserhebliche Frage der Änderbarkeit der
Gewinnfeststellungsbescheide ohne Bedeutung.
11 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
12 4. Über einen Antrag auf Protokollberichtigung (§ 94 FGO i.V.m. § 164 der Zivilprozessordnung) hat nicht der BFH zu
entscheiden, sondern der Vorsitzende und die Protokollführerin, welche die Niederschrift unterzeichnet haben
(Gräber/ Koch, a.a.O., § 94 Rz 20).
13 Der Senat weist gleichwohl darauf hin, dass sich der im Protokoll erwähnte Aktenvortrag des Berichterstatters
entgegen der Annahme des Klägers nicht auf Äußerungen des Sitzungsvertreters des FA bezieht, sondern auf den
durch § 92 Abs. 2 FGO vorgeschriebenen Sachvortrag des für die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung
zuständigen Richters (vgl. § 79 FGO).