Urteil des BFH vom 07.02.2006

BFH (anspruch auf rechtliches gehör, rechtliches gehör, kläger, abweichung, gehalt, bezug, sicherung, rechtssatz, vermieter, aufklärung)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 22.10.2008, IX B 127/08
Überraschungsentscheidung
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. 1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht zu Unrecht als
Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend, das Finanzgericht (FG) habe
eine Überraschungsentscheidung erlassen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des
Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Eine solche Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil
auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine
Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der
Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. März 2008 IX B 258/07, BFH/NV 2008,
1180, m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht
nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern und ihnen die
einzelnen für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten, z.B. das Ergebnis einer
Gesamtwürdigung einzelner Umstände offen zu legen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1180, m.w.N.).
2 2. Bei der als Verfahrensfehlermangel gerügten unzureichenden Sachverhaltsaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) und der
Verletzung der Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) fehlt es an hinreichenden Ausführungen, dass nach der insoweit
maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des FG eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes (z.B. BFH-Beschluss
vom 7. Februar 2006 IX B 153/05, BFH/NV 2006, 1114) oder ein Hinweis geboten gewesen wäre (z.B. BFH-Beschluss
vom 18. Mai 2005 VIII B 56/04, BFH/NV 2005, 1811). Den vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkt des Nachweises
der Mietzahlungen hat das FG im Rahmen seiner an der Rechtsprechung des Senats ausgerichteten
Gesamtwürdigung (vgl. S. 9 FG-Urteil) berücksichtigt; es ist nicht ersichtlich, dass er für das FG allein
entscheidungserheblich war.
3 3. Der Kläger macht auch ohne Erfolg geltend, eine Entscheidung des BFH sei zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO wegen Divergenz (vgl. zu diesem Zulassungsgrund z.B.
Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 40 f., m.w.N.) erforderlich.
4 a) Nach dem tatsächlichen Gehalt seines Vorbringens rügt der Kläger lediglich, das FG habe zu Unrecht im Streitfall die
Grundsätze des BFH-Urteils vom 28. Juni 2002 IX R 68/99 (BFHE 199, 380, BStBl II 2002, 699) nicht berücksichtigt;
hierdurch wird keine Abweichung dargelegt (s. dazu Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 194, mit
Rechtsprechungsnachweisen).
5 b) In Bezug auf die Frage der Fremdüblichkeit der Regelung über Schönheitsreparaturen hat der Kläger nicht kenntlich
gemacht, dass das FG seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von der in der
Beschwerdebegründung genannten Rechtsprechung abweicht. Das FG hat es als unter fremden Dritten unüblich
angesehen, dass der Vermieter die Kosten für Schönheitsreparaturen übernimmt, ohne dass dies erkennbar in der
Miete berücksichtigt wird (S. 11/12 FG-Urteil). An diese mögliche Würdigung ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO
gebunden.