Urteil des BFH vom 02.05.2000

BFH (stille gesellschaft, gesellschaft, stillen, gesellschafter, ausscheiden, personengesellschaft, gewerbesteuer, beteiligung, subjektive steuerpflicht, verlustabzug)

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 22.1.2009, IV R 90/05
Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Wechsel von unmittelbarer zu mittelbarer Beteiligung an einer atypisch stillen
Gesellschaft - Wegfall der Unternehmeridentität - Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen anteilige Kürzung des
Verlustvortrags - Verlustabzug bei Ausscheiden während des Erhebungszeitraums
Leitsätze
1. Mit dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters aus einer atypisch stillen Gesellschaft geht der Verlustvortrag verloren,
soweit der Fehlbetrag auf den ausscheidenden Gesellschafter entfällt. Dies gilt auch dann, wenn der ausscheidende stille
Gesellschafter über eine andere Personengesellschaft (Obergesellschaft) mittelbar weiterhin an der atypisch stillen
Gesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt ist (Anschluss an Senatsurteil vom 6. September 2000 IV R 69/99, BFHE 193, 151,
BStBl II 2001, 731) .
2. Scheidet der stille Gesellschafter während des Erhebungszeitraums aus der atypisch stillen Gesellschaft aus, können bis
zu diesem Zeitpunkt angefallene positive Gewerbeerträge der Gesellschaft noch um Verluste früherer Jahre gekürzt werden,
soweit sie nicht zuvor mit etwaigen Verlusten, die nach dem Ausscheiden des Gesellschafters im Erhebungszeitraum
entstanden sind, zu verrechnen sind .
Tatbestand
1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine 1990 gegründete GmbH. Gegenstand ihrer Tätigkeit ist die
Produktion, die Beschaffung, der Vertrieb und die Ausstrahlung von Rundfunksendungen und Werbespots für
elektronische Medien in ... . Die Klägerin gehört zum Konzern der A-S.A. (A). Mit Wirkung ab dem 1. Juli 1991
beteiligte sich die A mit einer Gründungseinlage von 13,7 Mio. DM als atypisch stille Gesellschafterin an der Klägerin.
Gleichzeitig war sie zu diesem Zeitpunkt deren alleinige Anteilsinhaberin. Hinsichtlich der Ergebnisverteilung war
vereinbart, dass die A die Anlaufverluste in der Aufbauzeit des Radiosenders vollständig übernimmt.
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Zum 31. August 1993 brachte die A ihre Geschäftsanteile sowie ihre stille Beteiligung an der Klägerin in die C GmbH
und Co. KG (C-KG) ein. Da die A als Kommanditistin zu 100 % an der C-KG beteiligt war, wandelte sich die
unmittelbare Beteiligung als atypisch stille Gesellschafterin in eine mittelbare Beteiligung an der Klägerin (vermittelt
durch die C-KG) um.
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Bei der atypisch stillen Gesellschaft waren bis 1992 Gewerbeverluste in Höhe von 12 916 729 DM entstanden, welche
mit Bescheid vom 21. März 1994 als vortragsfähige Gewerbeverluste nach § 10a des Gewerbesteuergesetzes
(GewStG) auf den 31. Dezember 1992 entsprechend festgestellt worden sind. Im Streitjahr (1993) erklärte die Klägerin
einen Gewerbeertrag in Höhe von 396 688 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte
dem zunächst und verrechnete diesen Gewerbeertrag vollständig mit den vortragsfähigen Verlusten. Entsprechend
stellte das FA mit Bescheid vom 8. September 1995 den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. Dezember 1993 in
Höhe von 12 520 041 DM fest. Ausschließlich unter Berücksichtigung des Gewerbekapitals setzte das FA mit
Bescheid vom selben Tag den Gewerbesteuermessbetrag für 1993 auf 8 922 DM und die Gewerbesteuer auf 26 766
DM fest. Sämtliche Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
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Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das FA die Ansicht, dass auf Grund der Umwandlung der unmittelbaren
Beteiligung in eine mittelbare Beteiligung ein Gesellschafterwechsel stattgefunden habe, der zum Wegfall der
Unternehmeridentität führe. Dementsprechend stellte es mit Bescheid vom 2. Mai 2000 den vortragsfähigen
Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 1993 mit 0 DM fest. Mit weiterem Bescheid vom 2. Mai 2000 setzte es den
einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1993 auf 29 730 DM und die Gewerbesteuer auf 89 190 DM fest. Eine
Verrechnung mit den Verlusten der Vorjahre nahm das FA nicht mehr vor.
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Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurück. Das
Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 755 abgedruckt.
6
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.
7
Die vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelten Grundsätze zum Wegfall des Verlustabzugs auch bei nur partiellem
Unternehmerwechsel (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II
1993, 616) stünden im Widerspruch zu den Vorschriften des GewStG. Nach § 2 Abs. 5 GewStG, auf den § 10a
GewStG verweise, sei der Verlustabzug nur in den Fällen zu bejahen, in denen der Gewerbebetrieb im Ganzen auf
einen anderen Unternehmer übergehe. Diese Rechtsfolge werde auch durch die Regelungen in § 5 Abs. 1 Satz 3 und
Abs. 2 GewStG bestätigt. Danach bleibe die Steuerschuldnerschaft einer Personengesellschaft grundsätzlich auch
dann bestehen, wenn ein partieller Gesellschafterwechsel vorliege.
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Im Streitfall sei zudem zu berücksichtigen, dass die unmittelbare Beteiligung der A nach dem 31. August 1993 in eine
über die C-KG vermittelte mittelbare Beteiligung umgewandelt worden sei. Die Auffassung des BFH, wonach der
Untergang des Verlustvortrags, soweit nicht das Sonderbetriebsvermögen betroffen sei, auch in diesem Fall zu
bejahen sei (BFH-Urteil vom 6. September 2000 IV R 69/99, BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731, und BFH-Beschluss
vom 31. August 1999 VIII B 74/99, BFHE 189, 525, BStBl II 1999, 794), widerspreche dem ausdrücklichen Wortlaut des
§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Denn danach sei der mittelbar beteiligte
Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen. Der BFH negiere daher zu Unrecht den Verweis in § 2 Abs. 1 Satz 2
GewStG auf das EStG. In der Entscheidung vom 20. November 2003 IV R 5/02 (BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464)
habe der BFH zudem selber ausgeführt, dass die einkommensteuerliche Fiktion des Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 3
Nr. 2 EStG in vollem Umfang für die Gewerbesteuer gelte. Diese Aussage beschränke sich zwar nur auf gewerblich
geprägte Personengesellschaften, sie müsse aber gleichermaßen für den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Nr. 2
Satz 2 EStG gelten.
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Auch lasse die Auslegung des BFH außer Acht, dass er das Erfordernis der Unternehmeridentität gerade aus der
wirtschaftlichen Funktion des Mitunternehmers hergeleitet habe. Deshalb sei es nicht zutreffend, die zivilrechtliche
Stellung der zwischengeschalteten Personengesellschaft in den Vordergrund zu rücken und die wirtschaftliche
Bedeutung der dahinter stehenden Mitunternehmer nicht zu berücksichtigen. Auch sei dem Umstand Rechnung zu
tragen, dass die Personengesellschaft transparent sei und die Verluste bis zu dem obersten Gesellschafter
durchgereicht würden. Die Anerkennung des Verlustvortrags im Bereich des Sonderbetriebsvermögens führe
entgegen allen Auslegungsregeln zu einer künstlichen Aufspaltung der Normaussage.
10 Im Streitfall sei des Weiteren zu beachten, dass nicht über den Verlustabzug einer Personengesellschaft, sondern
einer atypisch stillen Gesellschaft zu entscheiden sei. Im Gegensatz zur Personengesellschaft sei nicht die atypisch
stille Gesellschaft, sondern der Inhaber des Handelsgeschäfts Steuerschuldner der Gewerbesteuer. Der atypisch stille
Gesellschafter sei weder Vollstreckungsschuldner noch Adressat des Gewerbesteuerbescheids. Daraus folge
zugleich, dass er nicht Unternehmer i.S. des § 5 Abs. 1 GewStG sein und das Ausscheiden des atypisch stillen
Gesellschafters auch keinen partiellen Unternehmerwechsel darstellen könne. Solange in der Person des Inhabers
des Handelsgeschäfts kein Wechsel eintrete, sei ein entstandener Gewerbeverlust abziehbar.
11 Die Versagung des Verlustabzugs in der vorliegenden Konstellation stelle einen Eingriff in die Eigentumsfreiheit (Art.
14 des Grundgesetzes --GG--) und die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) dar, da sie zu einer grundlegenden Beeinträchtigung
der Vermögensverhältnisse und der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit der Untergesellschaft führe. Die anteilige
Versagung des Verlustabzugs verstoße gegen das Übermaßverbot.
12 Jedenfalls sei der Gewerbeertrag, der auf die Zeit vom 1. Januar 1993 bis 31. August 1993 entfalle, mit dem
Verlustvortrag zum 31. Dezember 1992 zu verrechnen. Soweit nämlich ein Unternehmerwechsel auch beim
Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer atypisch stillen Gesellschaft bejaht werde, müsse dies
konsequenterweise als Einstellung des Betriebs i.S. des § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG angesehen werden. Deshalb seien
gesonderte Messbescheide für den eingestellten und den neu eröffneten Betrieb zu erlassen, in denen der im
Erhebungszeitraum anteilig erwirtschaftete Gewerbeertrag/ -verlust festgestellt werde. Beim unterjährigen
Ausscheiden eines Gesellschafters führe dies daher zu einem abgekürzten Erhebungszeitraum i.S. des § 14 Satz 3
GewStG. Dementsprechend könne die A, da sie erst am 31. August 1993 als unmittelbare Gesellschafterin
ausgeschieden sei, 8/12 des in 1993 erzielten Gewerbeertrags mit den auf den 31. Dezember 1992 festgestellten
vortragsfähigen Verlusten verrechnen.
13 Die Klägerin beantragt,
14 die Vorentscheidung und den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1993 und über die
Gewerbesteuer 1993 jeweils vom 2. Mai 2000, beide in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar
2002 dahin abzuändern, dass der Gewerbeertrag auf 0 DM festgesetzt wird. Sie beantragt ferner, den Bescheid über
die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1993 vom 2. Mai 2000 in
der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2002 dahin abzuändern, dass der auf den 31. Dezember
1992 festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust in Höhe von 12 917 173 DM weiterhin berücksichtigt wird.
15 Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
16 II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet, soweit die Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung
des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1993 begehrt wird. Die Revision ist insoweit
zurückzuweisen; § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- (dazu unter 1.).
17 Die Revision ist begründet, soweit die Änderung des Bescheids über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag
1993 und über die Gewerbesteuer 1993 begehrt wird. Die Revision führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung; § 126 Abs.
3 Satz 1 Nr. 2 FGO (dazu unter 2.).
18 1. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die auf die A entfallenden Gewerbeverluste bei der gesonderten
Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1993 steuerlich nicht zu berücksichtigen
sind.
19 a) Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des
maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die
Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für vorangegangene Erhebungszeiträume berücksichtigt
worden sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des BFH (vgl. Beschluss des Großen
Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.II.1. der Gründe, m.w.N.) ist Voraussetzung für den
Verlustabzug sowohl die sog. Unternehmensidentität als auch die sog. Unternehmeridentität. Dabei bedeutet
Unternehmeridentität, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor
in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als
auch im Jahre der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein (vgl. Beschluss
des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.II.1. der Gründe, m.w.N.).
20 b) Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter, soweit sie Mitunternehmerrisiko tragen und
Mitunternehmerinitiative ausüben, die (Mit-)Unternehmer des Betriebs (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in
BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.6.a der Gründe). Dies gilt nicht nur für die einkommensteuerrechtliche,
sondern nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH auch für die gewerbesteuerrechtliche Sicht (vgl.
Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.6.b der Gründe).
21 c) Dementsprechend geht beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft der Verlustabzug
gemäß § 10a GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt
(Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616). Das gilt nach der ständigen
Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn der aus einer KG ausscheidende Gesellschafter über eine andere KG
(Obergesellschaft) weiterhin mittelbar an der Untergesellschaft beteiligt bleibt (BFH-Entscheidungen vom 24. Juni
1981 I S 3/81, BFHE 133, 564, BStBl II 1981, 748; vom 26. Juni 1996 VIII R 41/95, BFHE 180, 455, BStBl II 1997, 179,
unter 3. der Gründe, und in BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731). Auf der anderen Seite hat der BFH entschieden, dass
die Unternehmeridentität bestehen bleibt, wenn bei der Obergesellschaft ein Gesellschafterwechsel eintritt (BFH-Urteil
vom 13. November 1984 VIII R 312/82, BFHE 143, 135, BStBl II 1985, 334). Diese Rechtsprechung wurde bestätigt
durch den Beschluss des Großen Senats des BFH zur sog. doppelstöckigen Personengesellschaft. Diesem Beschluss
zufolge ist dann, wenn eine Personengesellschaft Gesellschafterin einer anderen Personengesellschaft ist, sowohl
nach Einkommensteuerrecht (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1,
BStBl II 1991, 691) als auch nach Gewerbesteuerrecht (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246,
BStBl II 1993, 616, unter C.III.6.a cc der Gründe) allein die Gesellschaft (Obergesellschaft) Mitunternehmer mit der
Folge, dass die Gesellschafter der Obergesellschaft nicht auch Mitunternehmer der Untergesellschaft sind.
22 An dieser Rechtsprechung hat der Senat auch nach der Einfügung des Satzes 2 in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG festgehalten
(Senatsurteil in BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731). Von dieser Entscheidung ist der Senat, anders als die Klägerin
meint, auch nicht mit der Entscheidung in BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464 wieder abgerückt. In der Entscheidung in
BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464 ging es ausschließlich um die Frage, ob die vermögensverwaltende Tätigkeit einer
gewerblich geprägten Personengesellschaft als Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG zu beurteilen ist.
Dies hat der Senat im Hinblick auf die Verweisung des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auf die Regelungen im EStG bejaht,
da diese auch auf die Fiktion eines Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Bezug nimmt. Diese Auslegung
widerstreitet jedoch nicht der Entscheidung in BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731. Auch dort ist für die Frage des
Vorliegens der Mitunternehmerschaft auf die Regelung in § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG zurückgegriffen worden. Der
Senat hat lediglich auf Grund einer teleologischen Reduktion des Wortlauts den mittelbar beteiligten Gesellschafter
nur wegen der Tätigkeits- und Nutzungsvergütungen und des Sonderbetriebsvermögens dem unmittelbar beteiligten
Gesellschafter gleichgestellt. Diese Rechtsprechung beruhte maßgeblich auf der Erwägung, dass nach der
gesetzlichen Regelung auch die Obergesellschaft als Mitunternehmerin der Untergesellschaft anzusehen ist und eine
doppelte Verlustzurechnung, soweit nicht der vorgenannte Sonderbereich betroffen ist, vermieden werden sollte.
23 d) Diese Rechtsprechung findet gleichermaßen Anwendung beim Ausscheiden des stillen Gesellschafters aus einer
atypisch stillen Gesellschaft, soweit der stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist.
24 Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile der Gesellschafter
einer OHG, einer KG und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer)
anzusehen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist eine andere Gesellschaft im Sinne dieser Vorschrift
auch die atypisch stille Gesellschaft, d.h. eine stille Gesellschaft, bei der der stille Gesellschafter als Mitunternehmer
anzusehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 15. Dezember 1998 VIII R 62/97, BFH/NV 1999, 773, und vom 6. Dezember 1995
I R 109/94, BFHE 179, 427, BStBl II 1998, 685, jeweils m.w.N.). Die Einordnung der stillen Gesellschaft als "andere
Gesellschaft" und der stillen Gesellschafter als Mitunternehmer setzt voraus, dass dem stillen Gesellschafter
schuldrechtlich die Vermögensrechte eingeräumt sein müssen, die ein Kommanditist erlangen muss, um als
Mitunternehmer anerkannt zu werden (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 773). Nicht zuletzt die Annäherung des atypisch
stillen Gesellschafters an den Kommanditisten legt es nahe, auch den atypisch stillen Gesellschafter vergleichbar den
Gesellschaftern der Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) als den (Mit-)Unternehmer des Gewerbebetriebs
anzusehen, auf den sich die sachliche Gewerbesteuerpflicht erstreckt. Dass die unternehmerische Tätigkeit des
atypisch stillen Gesellschafters nicht nach außen wirkt, ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH für die Annahme
einer Mitunternehmerschaft irrelevant (BFH-Urteile vom 10. August 1994 I R 133/93, BFHE 175, 357, BStBl II 1995,
171, und vom 26. Mai 1993 X R 108/91, BFHE 171, 500, BStBl II 1994, 96, m.w.N.).
25 Davon unberührt bleibt die subjektive Steuerpflicht gemäß § 5 Abs. 1 GewStG. Danach ist allein der Inhaber des
Handelsgeschäfts Schuldner der Gewerbesteuer. Aus dieser Regelung kann indes, anders als die Klägerin meint,
nicht gefolgert werden, dass der Wechsel eines stillen Gesellschafters keinen partiellen Unternehmerwechsel
darstellen und somit keinen Einfluss auf den Verlustabzug gemäß § 10a GewStG haben kann. Insoweit hat der BFH
auch bei den Personenhandelsgesellschaften zwischen der subjektiven und der sachlichen Gewerbesteuerpflicht
unterschieden und der Regelung über die Steuerschuldnerschaft keine Relevanz auf die (Mit-)Unternehmerstellung
der Gesellschafter eingeräumt (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter
C.III.7. der Gründe). Der Senat sieht schließlich auch keinen sachlichen Rechtfertigungsgrund dafür,
Mitunternehmerschaften, soweit sie als atypisch stille Gesellschaft ausgestaltet sind, nur wegen der formalen
bürgerlich-rechtlichen Unterschiede anders zu behandeln als Mitunternehmerschaften, die als
Personenhandelsgesellschaft nach außen in Erscheinung treten.
26 e) Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist im Streitfall der festgestellte vortragsfähige Verlust auf den 31.
Dezember 1992, soweit er auf die A entfallen ist, nicht mehr im Rahmen der streitigen Feststellung des
vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1993 zu berücksichtigen, da die A am 31. August 1993 als
stille Gesellschafterin aus der atypisch stillen Gesellschaft ausgeschieden ist. Dass die A vermittelt über die C-KG
weiterhin mittelbar an der Klägerin beteiligt geblieben ist, reicht, wie dargelegt, für die erforderliche
Unternehmeridentität i.S. des § 10a GewStG nicht aus. Da die bisher festgestellten Verluste zu 100 % auf die A
entfallen sind, kommt eine Verrechnung der gesondert festgestellten Fehlbeträge mit Gewinnen der Klägerin, die erst
nach dem Ausscheiden der A angefallen sind, in vollem Umfang nicht mehr in Betracht.
27 Den verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Auch das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde u.a. gegen den BFH-Beschluss vom 11. April
2001 VIII B 99/00 (BFH/NV 2001, 1447) nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluss vom 14. November
2001 1 BvR 1224/01, nicht veröffentlicht). Gegenstand des BFH-Beschlusses in BFH/NV 2001, 1447 war ebenfalls die
Rechtsfrage, ob der gewerbesteuerliche Verlustvortrag einer Personengesellschaft bei Begründung einer nur
mittelbaren Beteiligung anteilig zu kürzen ist.
28 2. Zu Unrecht hat das FG indes bei der Ermittlung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages für 1993 eine
Verrechnung der zum 31. Dezember 1992 festgestellten vortragsfähigen Verluste der A gemäß § 10a GewStG mit dem
Gewerbeertrag verneint, der bis zum Ausscheiden der A aus der atypischen Gesellschaft (31. August 1993)
entstanden ist.
29 a) Zwar führt der (Mit-)Unternehmerwechsel während des Erhebungszeitraums (Kalenderjahr) nicht zu einem
abgekürzten Erhebungszeitraum gemäß § 14 Satz 3 GewStG, da das Ausscheiden des stillen Gesellschafters aus der
atypisch stillen Gesellschaft --ebenso wenig wie das Ausscheiden des Gesellschafters aus der
Personenhandelsgesellschaft-- zur Einstellung des Unternehmens gemäß § 2 Abs. 5 GewStG und mithin zur
Beendigung des Gewerbebetriebs führt. Vielmehr wird der Gewerbebetrieb unverändert fortgeführt (BFH-Urteil in
BFHE 180, 455, BStBl II 1997, 179). Insoweit unterscheidet sich der partielle (Mit-)Unternehmerwechsel von dem
Übergang des Gewerbebetriebs im Ganzen auf einen anderen Unternehmer. Allerdings beruht die Rechtsprechung
des BFH bezüglich des Wegfalls des Verlustabzugs gemäß § 10a GewStG beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus
einer Personengesellschaft auf der grundlegenden Annahme, dass der partielle Unternehmerwechsel im Grundsatz
dem Wechsel des Alleinunternehmers auch bei der Anwendung des § 10a GewStG gleichgeachtet werden muss
(Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.9. der Gründe). Diese
Gleichstellung muss dann aber konsequenterweise auch insoweit erfolgen, als der partielle Unternehmerwechsel
unterjährig stattfindet. Der Übergang des Gewerbebetriebs auf einen anderen Unternehmer wäre beim
Alleinunternehmer gemäß § 2 Abs. 5 GewStG als Betriebseinstellung und beim Übernehmer als Neugründung zu
beurteilen. Bis zur unterjährigen Betriebseinstellung erzielte positive Gewerbeerträge könnten daher mit früheren
Verlusten des übertragenden Unternehmers verrechnet werden. Die Gleichstellung erfordert es daher, dass der
positive Gewerbeertrag, der bis zum Ausscheiden des Mitunternehmers entstanden ist, ebenfalls um Verluste früherer
Jahre gekürzt werden kann. Da der Gewerbebetrieb bei partiellem (Mit-)Unternehmerwechsel jedoch nicht als
eingestellt gilt, sind diese positiven Gewerbeerträge zunächst mit etwaigen Verlusten, die nach dem Ausscheiden des
Mitunternehmers entstanden sind, zu verrechnen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 180, 455, BStBl II 1997, 179; mit Anm.
Kempermann, Finanz-Rundschau 1996, 641). Anders als die Klägerin meint, ist eine Verlustverrechnung indes nicht
mit einem Bruchteil des positiven Jahresgewerbeertrags, sondern grundsätzlich nur hinsichtlich des tatsächlich bis
zum Ausscheiden des Mitunternehmers erzielten positiven Gewerbeertrags möglich. Dies erfordert eine separate
Ermittlung des bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Gewerbeertrags.
30 Dieser Würdigung steht, anders als das FG meint, der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer nicht entgegen. Im
Gegenteil wäre nicht nachvollziehbar, warum im Rahmen der Auslegung des § 10a GewStG das personelle Element
der Unternehmeridentität einmal einbezogen und im selben Kontext dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer
zuwider laufen soll.
31 Ebenso wenig steht einer zeitanteiligen Verlustverrechnung entgegen, dass die Gewerbesteuer gemäß § 18 GewStG
erst mit dem Ablauf des Erhebungszeitraums entsteht. Die Verlustverrechnung gemäß § 10a GewStG erfolgt zwecks
Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags, der zusammen mit der Steuermesszahl der Berechnung des
Steuermessbetrags dient. Sowohl die Entstehung als auch die Festsetzung der Steuer hat aber auf die Ermittlung der
Besteuerungsgrundlagen im Erhebungszeitraum keinen Einfluss.
32 b) Das FG ist hinsichtlich der zeitanteiligen Verlustverrechnung bei der Ermittlung des einheitlichen
Gewerbesteuermessbetrages für 1993 von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung war
deshalb insoweit aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Das FG hat, aus seiner Sicht zutreffend, keine
Feststellungen dazu getroffen, ob und in welchem Umfang bis zum Ausscheiden der A, am 31. August 1993, ein
positiver Gewerbeertrag entstanden ist, der nicht mit Verlusten aus der Zeit bis zum 31. Dezember 1993 verrechnet
werden konnte und deshalb mit den zum 31. Dezember 1992 festgestellten Verlusten zu verrechnen ist.