Urteil des BFH vom 11.05.2010

Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Urteilsberichtigung - Rechtsschutzbedürfnis - Kostenfreiheit

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 11.5.2010, IX B 209/09
Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Urteilsberichtigung - Rechtsschutzbedürfnis - Kostenfreiheit
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2 1. Nach § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare
Unrichtigkeiten in einem finanzgerichtlichen Urteil jederzeit, auch noch nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils, zu
berichtigen. Ein die Berichtigung ablehnender Beschluss kann mit der Beschwerde gemäß § 128 Abs. 1 FGO
angefochten werden. Der Senat lässt offen, ob einer Beschwerde gegen die Ablehnung einer Urteilsberichtigung das
erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen könnte, wenn gegen das Urteil kein Rechtsmittel eingelegt worden ist (so
Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juli 1996 XI B 134/95, BFH/NV 1997, 48; offen gelassen in BFH-
Beschluss vom 3. Mai 2001 VI B 258/99, BFH/NV 2001, 1420; a.A. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 107 FGO Rz 9; Brandt, Der AO-Steuerberater, 2003, 352, 354). Denn ein solcher Sachverhalt
liegt im Streitfall nicht vor; das Urteil des Finanzgerichts (FG), dessen Berichtigung die Kläger und Beschwerdeführer
(Kläger) begehren, ist erst nach Erschöpfung des Rechtsweges unanfechtbar geworden.
3 2. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
4 Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 107 Abs. 1 FGO ist, dass das Urteil im Rubrum, im Tenor, im Tatbestand
oder in den Gründen einen Schreib- oder Rechenfehler oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit enthält. Die
Berichtigung darf nur der Verwirklichung des vom Gericht erkennbar Gewollten dienen, nicht aber die gewollte
Entscheidung inhaltlich korrigieren. Eine offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 107 Abs. 1 FGO ist nur dann gegeben, wenn
es sich um ein "mechanisches" Versehen handelt, aufgrund dessen --wie bei einem Schreib- oder Rechenfehler-- das
wirklich Gewollte nicht zum Ausdruck gelangt ist. Bereits die Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers oder
unvollständiger Sachverhaltsermittlung schließt die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit aus (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 1420, m.w.N.).
5 Diese Voraussetzungen haben die Kläger schon nicht schlüssig dargelegt. Vielmehr hat das FG den umstrittenen
erstinstanzlichen Antrag der Kläger, "die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1999 wegen Nichtigkeit aufzuheben",
offensichtlich zutreffend sowohl in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 28. Juli 2008 als auch im
Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegeben. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der
Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung mit seiner "Rechtsansicht,
dass aufgrund der Vielzahl der von ihm vorgetragenen Fehler hier von einer Nichtigkeit der Bescheide ausgegangen
werden müsse", zitiert wird.
6 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 1 FGO. Anders als für das zur jeweiligen Instanz
gehörende Berichtigungsverfahren selbst besteht für das Beschwerdeverfahren keine Kostenfreiheit (BFH-Beschluss
vom 19. November 2003 I B 47/03, BFH/NV 2004, 515).