Urteil des BFH vom 01.01.1964

Sog. Öffnungsklausel nicht für Beamten-Versorgungsanwartschaften - Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften zur Besteuerung der Alterseinkünfte durch das Alterseinkünftegesetz

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 18.5.2010, X R 29/09
Sog. Öffnungsklausel nicht für Beamten-Versorgungsanwartschaften - Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften zur
Besteuerung der Alterseinkünfte durch das Alterseinkünftegesetz
Leitsätze
Im Rahmen der sog. Öffnungsklausel können in die Prüfung, welche Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen
Rentenversicherung gezahlt wurden, nur die tatsächlich geleisteten Beiträge einbezogen werden.
Versorgungsanwartschaften eines Beamten bleiben unberücksichtigt .
Tatbestand
1
I. Der am ... 1938 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 1975 als beamteter Chefarzt tätig. Aufgrund
seiner rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit in den Jahren von 1964 bis 1974 war er auch als Beamter berechtigt,
freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Nordrheinischen Ärzteversorgung, Einrichtung der
Ärztekammer Nordrhein (Ärzteversorgung) zu leisten. In der Zeit vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1974
wurden für den Kläger Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 32.506,64 DM entrichtet,
wobei der Arbeitnehmeranteil 50 % betrug. In der Zeit vom 1. Januar 1975 bis zum 31. Januar 2000 leistete er für
einen Zeitraum von 301 Monaten freiwillige Beiträge in Höhe von insgesamt 104.433,50 DM.
2
Im Februar 2000 gewährte die Ärzteversorgung dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente. Ausweislich der
Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2004 wurden die erhaltenen Zahlungen unter Berücksichtigung eines
Ertragsanteils von 4 % als steuerpflichtige Einnahmen bei den sonstigen Einkünften des Klägers berücksichtigt. Im
November 2003 wurde die Berufsunfähigkeitsrente wegen Erreichens des 65. Lebensjahres in eine Altersruherente
mit der steuerrechtlichen Folge umgewandelt, dass bis 2004 die Rente mit einem Ertragsanteil von 27 %
berücksichtigt wurde.
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Im Jahr 2003 wurde der Kläger als Beamter in den Ruhestand versetzt und erhielt seitdem ein Ruhegehalt. Bei der
Bemessung des auszuzahlenden Ruhegehalts wurde der Teil der Rentenbezüge nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 des
Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) angerechnet, der auf die Beiträge entfiel, zu denen der Arbeitgeber die
Hälfte geleistet hatte, also auf den Teil, für den die Beiträge in der Zeit vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember
1974 entrichtet wurden. Die Rentenbezüge, die auf den freiwillig gezahlten Beiträgen des Klägers basierten, wurden
nach § 55 Abs. 4 Nr. 1 BeamtVG nicht berücksichtigt.
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Im Streitjahr 2005 bezog der Kläger als pensionierter Beamter neben den Versorgungsbezügen in Höhe von 28.433
EUR auch Renteneinnahmen aus seiner Leibrente bei der Ärzteversorgung in Höhe von 19.385 EUR. Bei der
Einkommensteuerveranlagung wurde die Altersrente gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des
Einkommensteuergesetzes (EStG) bei seinen sonstigen Einkünften in Höhe von 9.693 EUR als steuerpflichtige
Einnahme erfasst.
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Die Kläger waren der Auffassung, der Kläger sei durch das Zusammenwirken des § 55 Abs. 1 Nr. 4 BeamtVG mit § 22
Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG doppelt benachteiligt worden: Zum einen seien seine Pensionsbezüge
wegen der Anrechnung seiner Altersrente um 1.024,69 EUR gekürzt worden und zum anderen habe er die freiwillig
gezahlten Beiträge aus versteuertem Einkommen entrichtet. Ein Steuerabzug durch die Berücksichtigung von 50 %
der erhaltenen Rentenzahlungen betreffe vor allem die Rentenanteile, die er wirtschaftlich gar nicht mehr erhalte, weil
sie ihm aufgrund der Anrechnung bereits entzogen worden seien. Der Gesetzgeber habe diese Sonderkonstellation
bei der Formulierung der sog. Öffnungsklausel in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG
offensichtlich nicht gesehen, sodass die sog. Öffnungsklausel auch in seinem Fall anwendbar sein müsse. § 22 Nr. 1
Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG müsse hinsichtlich der Beamten, die neben ihren
Pensionsanwartschaften durch Zahlung freiwilliger Beiträge auch Rentenversicherungsanwartschaften begründeten,
erweiternd ausgelegt werden, um eine willkürliche Ungleichbehandlung mit entsprechenden Angestellten zu
vermeiden.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit dem in Deutsches
Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2010, 150 veröffentlichen Urteil als unbegründet abgewiesen. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) habe die von der Ärzteversorgung bezogenen Renten zu Recht in Höhe
von 50 % als steuerpflichtige Einnahmen bei den sonstigen Einkünften angesetzt. Die Regelung der Öffnungsklausel
des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG sei verfassungsgemäß. Eine verfassungskonforme
erweiternde Auslegung der Öffnungsklausel scheide im Streitfall aus.
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Ihre Revision begründen die Kläger mit der Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 des Grundgesetzes (GG).
Diese liege in der unterschiedlichen Besteuerung der Alterseinkünfte von Beamten und von
rentenversicherungspflichtigen Angestellten aufgrund der sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG. Leiste ein rentenversicherungspflichtiger Angestellter neben seinen Pflichtbeiträgen
an die gesetzliche Rentenversicherung freiwillige Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk, würden die
sich daraus ergebenden Einnahmen durch die sog. Öffnungsklausel zu Recht steuerlich begünstigt. Leiste dagegen
der Beamte ebenfalls aus seinem versteuerten Einkommen die gleichen freiwilligen Zahlungen an das
Versorgungswerk, werde ihm diese Vergünstigung gleichheitswidrig verwehrt. Die Argumentation des FA und des FG,
§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG unterscheide nicht zwischen Beamten und
rentenversicherungspflichtigen Angestellten und sei auf beide Personenkreise gleichermaßen anwendbar, greife zu
kurz. Die in der Norm enthaltene Voraussetzung, die geleisteten Beiträge müssten für einen Zeitraum von zehn Jahren
oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung liegen, könnten Beamte nicht erfüllen, da --im
Gegensatz zur Situation des Arbeitnehmers-- die für sie vorgesehene Altersvorsorge unabhängig von deren Höhe
gänzlich unberücksichtigt bleibe, sodass die sog. Öffnungsklausel nicht ohne weiteres anwendbar sei.
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Zu Unrecht gehe das FG von der Unzulässigkeit einer verfassungskonformen erweiternden Auslegung der sog.
Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG aus, die dazu führen würde, dass die
von einem Beamten erdienten Pensionsanwartschaften fiktiv in Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
umgerechnet und bei der Überprüfung der Höchstgrenze zu den vom Steuerpflichtigen gezahlten freiwilligen
Beiträgen addiert werden könnten. Es sei der erkennbare Wille des Gesetzgebers gewesen, durch die
Öffnungsklausel eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, die dadurch entstehe, dass ein Steuerpflichtiger eine
Altersrente versteuern müsse, obwohl er die allein von ihm getragenen Beiträge, aufgrund derer er die Rente erhalte,
wegen deren Höhe nicht oder nur eingeschränkt als Sonderausgaben abziehen durfte. Dieser Fall liege beim Kläger
vor: Er müsse die von der Ärzteversorgung bezogene Leibrente bei den sonstigen Einkünften versteuern, obwohl es
ihm nicht möglich gewesen sei, die ausschließlich von ihm geleisteten Beiträge als Sonderausgaben abzuziehen.
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Im Gegensatz zur Auffassung des FA könnten die Beitragsleistungen des Klägers mit den Beitragsleistungen eines
Steuerpflichtigen, die oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden,
gleichgestellt werden. In seinem Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618) habe das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) festgestellt, die Versorgungsbezüge seien --ebenso wie beitragsfinanzierte
Versicherungsrenten-- Gegenwert für die zur Zeit der aktiven Beschäftigung erbrachten Dienstleistungen. Das BVerfG
und auch der Bundesfinanzhof (BFH) gingen wie selbstverständlich davon aus, dass ein Beamter Beitragsleistungen
erbringe, die denen der gesetzlichen Rentenversicherung gleichzusetzen seien.
10 Ein Grund für die unterschiedliche Besteuerung der Altersrente eines Arbeitnehmers, die auf oberhalb der
Beitragsbemessungsgrenze erbrachten Beiträgen beruhe, und der klägerischen Altersrente, die aus den freiwilligen
Beiträgen stamme, liege nicht vor. Es handele sich hier um die Besteuerung einer über das Maß der gesetzlichen
Altersversorgung hinausgehenden privaten Altersversorgung, deren Beiträge freiwillig und aus versteuertem
Einkommen geleistet worden seien; auf die steuerliche Behandlung der weiteren Pensionsanwartschaften nach § 19
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG komme es dagegen nicht an. Daher beruhe das Argument des FG, die während der aktiven
Beamtendienstzeit des Klägers erdienten Pensionsanwartschaften hätten bei ihm nicht zum Ansatz steuerbarer
Einnahmen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG geführt, sodass eine doppelte Besteuerung von vornherein
ausscheide, auf unzutreffenden Prämissen. Es werde dabei übersehen, dass die Besteuerung des
beamtenrechtlichen Ruhegehalts des Klägers nicht Verfahrensgegenstand und daher für die Frage der
Verfassungsmäßigkeit des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG ohne Relevanz sei.
11 Auf die Frage der Doppelbesteuerung komme es nicht an. Selbst wenn man --zu Unrecht-- annähme, eine
Doppelbesteuerung sei nicht gegeben, verbliebe die ungerechtfertigte Privilegierung des
rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmers, dessen Steuerbelastung wesentlich geringer sei als die des Klägers.
Ein Arbeitnehmer könne seine Leibrente bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG insoweit mit dem Ertragsanteil besteuern, ohne dass eine Vergleichsrechnung zur
Feststellung des Vorliegens einer Doppelbesteuerung notwendig sei. Demgegenüber müsse bei einem Beamten die
Prüfung einer etwaigen Doppelbesteuerung anhand der vom FG aufgestellten Vergleichsrechnung vorgenommen
werden.
12 Rein vorsorglich werde aber darauf verwiesen, dass auch ein Fall der Doppelbesteuerung gegeben sei. Zwar sei
hinsichtlich des beamtenrechtlichen Ruhegehaltes eine doppelte Besteuerung ausgeschlossen, nicht aber
hinsichtlich der streitgegenständlichen Altersrente. Im Gegensatz zur Prüfung des FG komme es nicht auf eine etwaige
Kompensation der Beiträge durch später erhaltene Rentenzahlungen an. Es sei vielmehr zu beachten, dass die
Renteneinkünfte des Klägers in der gesetzlich vorgesehenen Höhe besteuert würden, ohne dass er die
Aufwendungen für die Erzielung dieser Einkünfte habe steuermindernd geltend machen können. Die Höhe der später
erzielten Einkünfte sei insofern unerheblich und lediglich eine Frage der Rendite. Es komme allein darauf an, dass
heute 50 % der Einkünfte versteuert werden müssten, obwohl sämtliche Beiträge an die Ärzteversorgung aus bereits
versteuertem Einkommen gezahlt worden seien. Soweit eine Rente während der Erwerbsphase aus versteuertem
Einkommen finanziert worden sei, stelle nach der Rechtsprechung des BVerfG die Ertragsanteilsbesteuerung die
systemkonforme Erfassung von Einkünften dar. Der Gesetzgeber, das BVerfG und der BFH seien der Auffassung, dass
das, was bereits der Einkommensteuer unterlegen habe, nicht ein zweites Mal besteuert werden dürfe.
13 Eine Besteuerung über den Ertragsanteil hinaus sei nach der Rechtsprechung des BVerfG auch für die vor dem Jahr
1975 geleisteten Beiträge unzulässig, die zum Teil vom Arbeitgeber geleistet wurden und nur im Übrigen aus dem
bereits versteuerten Einkommen des Klägers stammten. Das BVerfG habe erkannt, dass die
Ertragsanteilsbesteuerung aus einer Zusatzversorgung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne, da die
ihnen zugrunde liegenden Arbeitgeberbeiträge als Arbeitslohn zumindest pauschal lohnbesteuert worden seien
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73). Im Streitfall komme hinzu, dass die Altersrente des Klägers wegen der
Höchstgrenzen des § 55 BeamtVG zu einer Kürzung seiner Pension geführt habe. Hierdurch seien die für den Kläger
geleisteten Arbeitgeberbeiträge zur Ärzteversorgung in den Jahren 1964 bis 1974 gleichsam kompensiert worden.
Die wirtschaftliche Folge dieser Kürzung sei, dass der Kläger die Beiträge zur Ärzteversorgung insgesamt aus
versteuertem Einkommen geleistet habe, da die zu berücksichtigenden Arbeitgeberbeiträge ihm zumindest
wirtschaftlich nicht mehr zustünden.
14 Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG vom 5. Mai 2009 sowie den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 21. Dezember 2006 in der
Fassung des Änderungsbescheids vom 18. August 2008 und des Einspruchsbescheids vom 1. Oktober 2008
aufzuheben und die festgesetzte Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Ertragsanteils von 18 % bei den
Einnahmen des Klägers aus der Altersrente der Nordrheinischen Ärzteversorgung zu mindern
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG vorzulegen.
15 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
16 Die Regelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG verstoße nicht gegen den
Gleichheitssatz. Dass es einem Beamten in der Regel verwehrt bleiben werde, in den Anwendungsbereich der sog.
Öffnungsklausel zu gelangen, sei nur dann eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, wenn der Beamte zwar
keine Beiträge zahle, die oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung lägen, dafür aber
Beitragsleistungen erbringe, die diesen gleichzusetzen seien. Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor; die durch
einen Beamten erdiente Anwartschaft auf die spätere Zahlung der Versorgungsbezüge und die Beiträge zur
Rentenversicherung seien nicht wesensgleich.
Entscheidungsgründe
17 II. Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --
FGO--). Das FG hat zu Recht die Renteneinkünfte des Klägers gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa
EStG der Besteuerung unterworfen und die Anwendung der sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG bei der Besteuerung seiner Renteneinkünfte abgelehnt. Die Vorschrift des § 22 Nr. 1
Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG ist verfassungsgemäß und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz
des Art. 3 GG.
18 1. Die Vorschriften zur Besteuerung der Alterseinkünfte durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) sind sowohl im
Hinblick auf ihre endgültige Ausgestaltung als auch in Bezug auf die getroffene Übergangsregelung
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bereits mit Urteil vom 26. November 2008 X R 15/07 (BFHE 223, 445,
BStBl II 2009, 710) hat der erkennende Senat entschieden, dass der Gesetzgeber durch die endgültige Ausgestaltung
der Besteuerung des gesamten Komplexes der Alterseinkünfte nach dem Konzept der nachgelagerten Besteuerung
eine folgerichtige und den Gleichheitssatz nicht verletzende Regelung geschaffen hat.
19 Auch die den Kläger treffende Ausgestaltung der Übergangsregelung in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa
Satz 3 und 4 EStG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Rechtsprechung wurde jüngst vom
angerufenen Senat in seinen Urteilen vom 19. Januar 2010 X R 53/08 und vom 4. Februar 2010 X R 52/08 und X R
58/08 (jeweils unter www.bundesfinanzhof.de veröffentlicht) bestätigt, in denen ausführlich dargelegt wurde, dass
insbesondere auch die Übergangsregelung weder den Gleichheitssatz --auch in Bezug auf die Besteuerung von
privaten Renten-- verletzt noch gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt. Sie führt nicht zur
Übermaßbesteuerung und ist verfassungsmäßig, solange das Verbot der Doppelbesteuerung beachtet wird. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Senatsurteil vom 19. Januar 2010 unter B.II. verwiesen.
20 2. Das FG hat zu Recht bei der Besteuerung der Renteneinkünfte des Klägers die sog. Öffnungsklausel gemäß § 22
Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG nicht angewandt und die teilweise Anwendung der
Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Sätze 3 und 4 EStG abgelehnt.
21 a) Nach der sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG unterliegen auf Antrag
auch Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG der Besteuerung mit dem Ertragsanteil,
soweit die Leibrenten auf bis zum 31. Dezember 2004 geleisteten Beiträgen beruhen, welche oberhalb des
Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass
der Höchstbeitrag mindestens zehn Jahre überschritten wurde (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2, 2.
Halbsatz EStG).
22 Der Kläger hat mit den von ihm tatsächlich geleisteten Beiträgen den jeweiligen Höchstbeitrag zur gesetzlichen
Rentenversicherung nicht mindestens zehn Jahre überschritten. Dies ist unstreitig.
23 b) Entgegen der Auffassung des Klägers kann die sog. Öffnungsklausel nicht in der Weise ausgelegt werden, dass bei
der Berechnung der einzubeziehenden Beiträge neben den tatsächlich geleisteten Beiträgen "fiktive" Beiträge zur
Beamtenversorgung zu berücksichtigen sind. Gegen eine solche Auslegung sprechen der Wortlaut, die
Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang und der Zweck der Norm. Bei einer solchen Sachlage kommt
eine verfassungskonforme Auslegung nicht in Betracht (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. Beschluss vom 14.
Oktober 2008 1 BvR 2310/06, BVerfGE 122, 39, 60 f., m.w.N.).
24 aa) Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG können die
Rentenzahlungen der Ertragsanteilsbesteuerung unterworfen werden, die darauf beruhen, dass
Rentenbeitragszahlungen oberhalb des jeweiligen Höchstbetrags "gezahlt" wurden. Daraus kann jedoch nicht
abgeleitet werden, dass auch Zahlungen zu berücksichtigen sind, die lediglich als "fiktiv geleistet" anzusehen sind.
25 Dem steht nicht der Hinweis der Kläger entgegen, sowohl das BVerfG als auch der BFH (Senatsentscheidungen in
BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, und vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420) seien
davon ausgegangen, ein Beamter erbringe Beitragsleistungen, die denen der gesetzlichen Rentenversicherung
gleichzusetzen seien.
26 Die Kläger berücksichtigen dabei nicht, dass der Gesetzgeber diesen Grundgedanken der gleichwertigen
Vorsorgemöglichkeiten lediglich im Rahmen der endgültigen Regelung normiert hat, in der die
Altersvorsorgeaufwendungen und die darauf beruhenden Alterseinkünfte sowohl der Beamten als auch der
Angestellten und der Selbständigen grundsätzlich gleich behandelt werden. Alle drei Berufsgruppen können
Altersvorsorgeaufwendungen bis zu 20.000 EUR/40.000 EUR steuerlich geltend machen (§ 10 Abs. 3 EStG). Zu
diesen Altersvorsorgeaufwendungen gehört bei den Arbeitnehmern neben den von ihnen selbst geleisteten Beiträgen
der steuerfreie Arbeitgeberanteil gemäß § 3 Nr. 62 EStG (siehe § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Bei einem Beamten
werden seine Versorgungsanwartschaften durch den Mechanismus des § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG, wonach der
entsprechende Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag bei der Berechnung des Höchstbetrags der abziehbaren
Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen ist, in das endgültige System der nachgelagerten Besteuerung bei
Steuerfreistellung der Altersvorsorgeaufwendungen integriert.
27 Bei den Klägern kommen im Streitjahr jedoch nicht die Grundsätze der endgültigen Regelung zur Anwendung.
Vielmehr sind die Übergangsvorschriften bei der Besteuerung der Altersrente des Klägers zugrunde zu legen. Der
Gesetzgeber hat dabei im Bereich der Altersvorsorgeaufwendungen in § 10 Abs. 3 Sätze 5 und 6 EStG eine Regelung
geschaffen, die ausdrücklich auch die Beamtenvorsorge umfasst. Im Bereich der Besteuerung der Alterseinkünfte fehlt
jedoch die Einbeziehung der fiktiven Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge eines Beamten in die
Höchstbetragsberechnung bei der sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2
EStG. Zwar verfolgen die Regelungen in § 10 Abs. 3 Sätze 5 und 6 EStG einerseits und die sog. Öffnungsklausel
andererseits unterschiedliche Ziele. Die Regelung in Bezug auf die Altersvorsorgeaufwendungen will im
vorgesehenen gesetzlichen Rahmen gleitend zu einem --dem neuen Besteuerungssystem entsprechenden--
vollständigen Abzug dieser Aufwendungen gelangen. Demgegenüber knüpft die sog. Öffnungsklausel an vor dem
Jahr 2005 bestehende Verhältnisse an und zielt darauf ab, eine doppelte Besteuerung zu verhindern. Gleichwohl ist
das Schweigen des Gesetzgebers in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 in Bezug auf die fiktiven
Beiträge von Beamten zu ihrer Altersversorgung bereits ein starkes Indiz dafür, dass er deren Einbeziehung in die
Höchstbetragsberechnung nicht gewollt hat.
28 bb) Dieser Befund wird durch die Gesetzesmaterialien gestützt. Im Gesetzgebungsverfahren zum AltEinkG hatte der
Bundesrat die Auffassung vertreten, durch die gesetzliche Regelung sei "ein Verbot der Zweifachbesteuerung bei
bestimmten Personengruppen nicht sichergestellt". Im Wesentlichen von einer Zweifachbesteuerung betroffen seien
Selbständige, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert seien, Selbständige, die freiwillig in die
gesetzliche Pflichtversicherung eingetreten seien, sowie Selbständige, die Beiträge an berufsständische
Versorgungswerke erbrächten. Der Sonderausgabenabzug für die geleisteten Beiträge sei zudem nur beschränkt
möglich; der dieser Personengruppe zustehende Vorwegabzug habe sich in der Regel nur teilweise entlastend
ausgewirkt (BTDrucks 15/2563, S. 8 - Anlage 2 Nr. 2). Aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses
vom 28. April 2004 (BTDrucks 15/2986) wurde die sog. Öffnungsklausel in das AltEinkG aufgenommen. In seiner
Begründung vom 29. April 2004 (BTDrucks 15/3004, S. 20) hat der Finanzausschuss ausgeführt, mit der
Öffnungsklausel solle der Befürchtung einer drohenden doppelten Besteuerung auch in außergewöhnlichen Fällen
begegnet werden.
29 Diese Gesetzgebungshistorie zeigt die Intention des Gesetzgebers, mit der sog. Öffnungsklausel nur den besonderen
Fällen einer Doppelbesteuerung begegnen zu wollen, die in den Berechnungen der Sachverständigenkommission
zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (--
Sachverständigenkommission--, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Band 74, 2003, S. 50 ff.) nicht
ausreichend Berücksichtigung gefunden hatten. Dies sind die Fälle, in denen --wie bei den Selbständigen-- die
Altersvorsorgeaufwendungen nur in einem geringeren Maße als von der Sachverständigenkommission angenommen
steuerlich entlastet worden waren. Die Situation des Klägers, der zusätzlich zu seiner Beamtenversorgung noch eine
weitere Alterversorgung durch Beiträge zu einer Versorgungseinrichtung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG
aufgebaut hat, wird dagegen nicht angesprochen und damit nicht als problematisch angesehen.
30 cc) Zweck der sog. Öffnungsklausel ist --wie sich der Entstehungsgeschichte entnehmen lässt-- die Vermeidung der
Doppelbesteuerung in besonderen Fällen. Aufgrund der sog. Öffnungsklausel wird nicht im konkreten Einzelfall
geprüft, ob eine Doppelbesteuerung vorliegt, vielmehr wird sie bei Vorliegen der Voraussetzungen der typisierenden
Regelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zugunsten des Steuerpflichtigen gesetzlich vermutet
(Senatsurteil vom 4. Februar 2010 X R 58/08, unter B.IV.).
31 Die Öffnungsklausel stellt eine zulässige pauschalierende Regelung dar. Der Gesetzgeber ist berechtigt, die Vielzahl
der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen
Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende
Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten --oder der mit der Anwendung der
Öffnungsklausel möglicherweise eintretenden Privilegierung-- gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen
(vgl. BVerfG-Beschluss vom 16. März 2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, 280, m.w.N.).
32 Bei der Öffnungsklausel hatte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien die steuerliche Situation der
Selbständigen im Auge, die aus zwei Gründen als nachteilig angesehen wurde: Zum einen stellte der Vorwegabzug
des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. keine ausreichende Kompensation des fehlenden steuerfreien Arbeitgeberanteils dar
(vgl. dazu auch Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.b aa(1)) und zum anderen konnten die
aufgrund der Satzungen der Versorgungswerke erhöhten Pflichtbeiträge wegen der Höchstbetragsbegrenzung des §
10 Abs. 3 EStG a.F. steuerlich nicht berücksichtigt werden. Die daraufhin gesetzlich normierte Öffnungsklausel führt zu
einer zulässigen pauschalierenden Lösung, obwohl sie die zugrunde liegenden Probleme nicht "punktgenau" löst.
Die Öffnungsklausel ist von ihrem Anwendungsbereich insofern weiter, als sie von allen Steuerpflichtigen, und nicht
nur von den Selbständigen, in Anspruch genommen werden kann. Zum anderen ist sie enger, weil nur die Renten mit
dem Ertragsanteil versteuert werden können, die auf Beiträgen beruhen, die oberhalb der jeweiligen
Beitragsbemessungsgrenze lagen. Eine möglicherweise eintretende Doppelbesteuerung bei Altersrenten, die auf
Beiträgen bis zur Beitragsbemessungsgrenze beruhen, wird durch die Öffnungsklausel hingegen nicht verhindert; sie
muss davon unabhängig geprüft werden.
33 c) Der Gleichheitssatz des Art. 3 GG fordert nicht die Anerkennung von fiktiven Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeiträgen bei der Höchstbeitragsberechnung und damit die Einbeziehung der Altersrente des Klägers in
die Öffnungsklausel.
34 aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet sowohl ungleiche Belastungen als auch ungleiche
Begünstigungen. Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis
eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten bleibt, ohne dass
sich ausreichende Gründe für die gesetzliche Differenzierung finden lassen. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt
dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe
unterschiedlich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Beschluss vom 25.
Februar 2008 2 BvL 14/05, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2008, 756, m.w.N. aus der
verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung).
35 bb) Der Gleichheitssatz könnte dann verletzt sein, wenn bei einem Beamten die gleiche Sachlage wie bei einem
Arbeitnehmer oder einem Selbständigen gegeben wäre und nur der Beamte nicht die Möglichkeit hätte, in den
Anwendungsbereich der sog. Öffnungsklausel zu gelangen.
36 Bei dem Vergleich der steuerlichen Situation des Klägers als Beamter mit der eines Arbeitnehmers oder der eines
Selbständigen sind zwei Betrachtungsweisen möglich: Man kann dem Ansatz der Kläger folgen und sich damit
begnügen, allein die freiwilligen Beiträge des Klägers mit den geleisteten Beiträgen eines Selbständigen oder eines
Angestellten zur freiwilligen Höherversicherung zu vergleichen. Man kann aber auch den Vergleich auf die steuerliche
Abziehbarkeit der gesamten Altersvorsorgeaufwendungen eines Angestellten, eines Selbständigen und eines
Beamten erstrecken (so der Ansatz des FA und des FG).
37 cc) Beide Betrachtungsweisen führen im Streitfall zum selben Ergebnis: Es hat keine gleiche oder vergleichbare
steuerliche Behandlung der oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Altersvorsorgebeiträge und der
freiwilligen Beiträge des Klägers gegeben, die die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG notwendig machen würde.
38 (1) Vergleicht man --dem Ansatz der Kläger entsprechend-- nur die steuerliche Abziehbarkeit der
Altersvorsorgebeiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, sind im Gegensatz zur klägerischen Auffassung
doch erhebliche Unterschiede zwischen Beamten und Nicht-Beamten festzustellen. Bereits das BVerfG hat in seinem
Urteil in BVerfGE 105, 73 dargelegt, die unterschiedliche steuerliche Behandlung der diversen Vorsorgemaßnahmen
in der Erwerbsphase sei vor allem dadurch gekennzeichnet, dass einerseits die Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung weitgehend, jedoch nicht vollständig steuerbefreit seien oder steuermindernd geltend gemacht
werden könnten, dass aber andererseits die nicht für die Altersvorsorge beitragsbelasteten Beamten in
weitergehendem Umfang als die Rentenversicherten sonstige Vorsorgeaufwendungen steuermindernd geltend
machen könnten. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die ausführliche Darstellung der Rechtslage bis 2005 --
insbesondere § 3 Nr. 62, § 10 Abs. 3, § 10c Abs. 2 bis 4 EStG a.F.-- und deren wirtschaftlichen Auswirkungen durch
das BVerfG in BVerfGE 105, 73, unter A.I.5.c aa für Arbeitnehmer und A.I.5.c bb für Beamte verwiesen. Bereits diese
Unterschiede zeigen, dass eine Einbeziehung der Rente des Klägers in die sog. Öffnungsklausel verfassungsrechtlich
nicht erforderlich ist.
39 (2) Vergleicht man dagegen --wie das FA und FG-- die steuerliche Behandlung der gesamten
Altersvorsorgeaufwendungen, sind die Unterschiede noch größer. Bei einem Arbeitnehmer ist nicht nur der Teil der
Altersvorsorgeaufwendungen jenseits der Beitragsbemessungsgrenze ohne steuerliche Wirkung gewesen, sondern --
im Gegensatz zum Alimentationsprinzip bei den Beamten-- auch ein bestimmter Teil des Arbeitnehmerbeitrags bis zur
Beitragsbemessungsgrenze, der es nach Auffassung des BVerfG in BVerfGE 105, 73, 128 gerechtfertigt hätte, die
darauf beruhende Rente insoweit der Ertragsanteilsbesteuerung zu unterwerfen. Bei dem Vergleich mit einem
selbständig tätigen Steuerpflichtigen muss zusätzlich noch berücksichtigt werden, dass dieser nicht in den Genuss
des steuerfreien Arbeitgeberanteils gekommen ist.
40 Der Gesetzgeber konnte somit in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen von ihm vermuteten Fall
der Doppelbesteuerung typisierend durch die Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz
2 EStG regeln, ohne verpflichtet zu sein, auch die fiktiven Beiträge des Klägers aufgrund seiner Beamtenversorgung
bei deren Anwendung zu berücksichtigen.
41 d) Weitere Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG
bestehen nach Auffassung des erkennenden Senats nicht. Das gesetzliche Erfordernis, dass mindestens zehn Jahre
Beiträge oberhalb der gesetzlichen Beitragsbemessungsgrenze geleistet worden sein müssen, um insoweit zu einer
Ertragsanteilsbesteuerung zu gelangen, hat der erkennende Senat vor allem vor dem Hintergrund der
Administrierbarkeit und Praktikabilität dieser Ausnahmevorschrift als verfassungsgemäß angesehen. Zur Vermeidung
von Wiederholungen wird auf das Senatsurteil vom 4. Februar 2010 X R 58/08 unter B.IV.3. verwiesen.
42 3. Die Besteuerung der Renten des Klägers mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG anstelle eines Ertragsanteils verstößt nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung.
43 a) In seinem Urteil in BVerfGE 105, 73, unter D.II. hatte das BVerfG gefordert, dass in jedem Fall die Besteuerung von
Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der
Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen seien, dass eine doppelte Besteuerung vermieden werde.
Unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen der sog. Öffnungsklausel muss im konkreten Einzelfall damit
zusätzlich das Verbot der Doppelbesteuerung beachtet werden (Senatsurteil vom 4. Februar 2010 X R 58/08, unter
B.IV.3.).
44 b) Nach den dem Urteil des FG zugrunde liegenden Zahlen, an die der erkennende Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO
gebunden ist, hat der Kläger für den Zeitraum von 1964 bis 2000 eigene Beitragszahlungen zur gesetzlichen
Rentenversicherung in Höhe von 120.687 DM erbracht. Die Summe der von ihm in den Jahren von 2000 bis 2004
steuerfrei bezogenen Renteneinnahmen betrug 200.672 DM. Damit übersteigen die bereits vor Inkrafttreten des
AltEinkG erhaltenen, nicht der Besteuerung unterworfenen Rentenanteile die Summe der aus versteuertem
Einkommen geleisteten Beiträge bei weitem, selbst wenn --wie vom FG zugunsten des Klägers unterstellt-- sämtliche
Beiträge zur Rentenversicherung aus versteuertem Einkommen erbracht worden wären (siehe dazu aber oben II.2.c
cc(1)).
45 c) Da beim Kläger keine Doppelbesteuerung eingetreten ist und auch unter keinen Voraussetzungen eintreten wird,
muss im Streitfall weder die Frage entschieden werden, wie im einzelnen die Doppelbesteuerung zu ermitteln ist (vgl.
dazu Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.c), noch beurteilt werden, ob der Gesetzgeber den
Auftrag des BVerfG, "in jedem Fall" die Doppelbesteuerung zu vermeiden, in zutreffender Weise umgesetzt hat (zur
Anwendung des Nominalwertprinzips vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2010 X R 53/08, unter B.II.5.b).
46 4. Mit ihrem Vorbringen, die Höhe der erzielten Renteneinkünfte sei lediglich eine Frage der Rendite und damit für die
Prüfung der Doppelbesteuerung unerheblich, übersehen die Kläger, dass mit dem AltEinkG die Grundsätze der
Ertragsanteilsbesteuerung von Leibrenten neu geregelt wurden und nunmehr Rentenzuflüsse, auch soweit sie auf
eigenen Beitragszahlungen des Steuerpflichtigen zur Rentenversicherung beruhen, über den Ertragsanteil hinaus der
Besteuerung unterworfen werden können. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Senatsurteil in BFHE
223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.a bb verwiesen.
47 5. Zu einem anderen Ergebnis kann auch nicht der Umstand führen, dass die Versorgungsbezüge des Klägers wegen
seiner Renteneinkünfte gemäß § 55 BeamtVG gekürzt wurden. Zum einen weisen die Kläger selbst in ihrem
Schriftsatz vom 6. Oktober 2009 auf die vom erkennenden Senat geteilte Rechtsprechung des BVerfG hin, wonach es
für die verfassungsrechtliche Würdigung der Normen des EStG am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ausschließlich auf
die einkommensteuerliche Belastung ankomme, die diese Normen (gegebenenfalls im Verbund mit anderen Normen
des Einkommensteuerrechts) bei verschiedenen Steuerpflichtigen bewirken. Außerhalb der verfassungsrechtlich
maßgeblichen Vergleichsperspektive lägen dagegen Be- und Entlastungswirkungen, die sich jenseits der
einkommensteuerlichen Belastung erst aus dem Zusammenspiel mit den Normen des Besoldungs-, Versorgungs- und
Sozialversicherungsrechts ergäben (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 111).
48 Zum anderen hat das BVerfG jüngst in einem Nichtannahmebeschluss vom 16. März 2009 2 BvR 1003/08 (Zeitschrift
für Beamtenrecht 2009, 381) in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit der Kürzung der Versorgungsbezüge wegen des
Zusammentreffens von Versorgungsbezügen und Renten nach § 55 BeamtVG nach Inkrafttreten des AltEinkG
entschieden, dass sich auch mit "Wegfall des Steuerprivilegs für Altersrenten" verfassungsrechtlich keine neue
Situation ergeben habe. Mit der Besteuerung der Altersrenten sei ein verfassungsrechtlich bedenklicher Zustand
beseitigt worden.