Urteil des BFH vom 23.07.2008

BFH: juristische person, gesellschaft, rechtsschutzgarantie, prozessrecht, vertretung, wirtschaftsprüfer, behörde, steuerberater, rechtsmittelbelehrung

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 23.7.2008, II B 101/08
Vertretungszwang vor dem BFH verfassungsgemäß
Gründe
1 Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie ohne Beachtung des vor dem Bundesfinanzhof (BFH)
geltenden Vertretungszwangs eingelegt worden ist.
2 Vor dem BFH muss sich --wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem vorbezeichneten Urteil hervorgeht-- jeder
Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch
einen Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Rechtsanwalt, niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt,
Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt sind
ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und
Buchprüfungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte
Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig
werden. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde (§ 62a der Finanzgerichtsordnung --FGO--; nun § 62 Abs. 4
i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember
2007, BGBl I 2007, 2840).
3 Im Streitfall ist die Beschwerde nicht von einer solchen Person oder Gesellschaft eingelegt worden; die Beschwerde ist
daher als unzulässig zu verwerfen.
4 Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin und Beschwerdeführerin greift der in Verfahren vor dem BFH geltende
Vertretungszwang nicht in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen ein. Nach ständiger Rechtsprechung
verstößt er insbesondere nicht gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG), denn die
Anrufung des BFH wird dadurch weder unzumutbar noch in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise erschwert (vgl.
m.w.N. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2008 VII B 256/07, BFH/NV 2008, 968, sowie Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 1976 1 BvR 373/76, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1977, 33).
Aus diesem Grund liegt auch keine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG vor, dem im Rahmen des Grundrechtsschutzes in
gerichtlichen Verfahren lediglich eine Auffangfunktion zukommt. Im Übrigen gehört auch das Prozessrecht zur
verfassungsmäßigen Ordnung, die vom Grundrechtsträger bei der Wahrnehmung seines Freiheitsrechtes zu beachten
ist.