Urteil des BFH vom 19.03.2014

Teilentgeltliche Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter: Beitrittsaufforderung an das BMF - Zuordnung eines in einer Personengesellschaft für einen Gesellschafter geführten Kontos zu den Kapitalkonten - Begriffe der sog. strengen Trennungstheorie, modifiz

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 19.3.2014, X R 28/12
Teilentgeltliche Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter: Beitrittsaufforderung an das BMF -
Zuordnung eines in einer Personengesellschaft für einen Gesellschafter geführten Kontos zu den
Kapitalkonten - Begriffe der sog. strengen Trennungstheorie, modifizierten Trennungstheorie und
Einheitstheorie
Leitsätze
Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten und die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Liegt dem Streitfall ein teilentgeltlicher Vorgang oder aber eine vollentgeltliche Übertragung in
Gestalt einer Einbringung gegen Mischentgelt zugrunde?
2. Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge
vertretenen "modifizierten Trennungstheorie" zu folgen: Käme es hierdurch zu Schwierigkeiten bei
der Besteuerung des Erwerbers des teilentgeltlich übertragenen Wirtschaftsguts?
3. Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge
vertretenen "modifizierten Trennungstheorie" zu folgen: Welche Auswirkungen hätte dies für die
Beurteilung teilentgeltlicher Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens?
4. Welche Argumente sprechen aus Sicht des BMF für die von ihm vertretene "strenge
Trennungstheorie"?
Tatbestand
1 I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2005 zur
Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Die Klägerin verpachtete im Wege der
Betriebsaufspaltung umfangreiches Anlagevermögen an eine Betriebs-GmbH. Zum
Betriebsvermögen des Besitz-Einzelunternehmens gehörten u.a. zwei Grundstücke, die mit
Werkhallen bebaut waren und von der Betriebs-GmbH genutzt wurden.
2
Mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 7. Dezember 2004 gründete die
Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar des Streitjahres 2005 eine GmbH & Co. KG (im
Folgenden: KG). Sie sollte mit einer Kapitaleinlage von 150.000 EUR einzige
Kommanditistin werden. Ferner war sie zunächst Alleingesellschafterin und einzige
Geschäftsführerin der --nicht am Vermögen der KG beteiligten-- Komplementär-GmbH. In
der KG waren nach § 4 des Gesellschaftsvertrags für jeden Gesellschafter sechs
Gesellschafterkonten zu führen, und zwar
1. das "Kapitalkonto" (Festkapital);
2. ein "Rücklagenkonto" für die Buchung von nicht auf einer Erhöhung des Festkapitals
beruhenden Zuzahlungen eines Gesellschafters in das Eigenkapital;
3. ein "Kapitalverlustkonto" für die Buchung etwaiger Verlustanteile mit
Wiederauffüllpflicht aus künftigen Gewinnanteilen;
4. ein "Sonderrücklagenkonto, GmbH-Kapital", auf dem der Nominalbetrag der als
Sacheinlage auf die KG zu übertragenden Beteiligung der Klägerin an der
Komplementär-GmbH zu buchen war;
5. ein "Verrechnungskonto (Privatkonto)", auf dem alle sonstigen Forderungen und
Verbindlichkeiten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern gebucht werden
sollten, insbesondere Gewinngutschriften, Zinsen aus dem Darlehenskonto sowie
sonstige Einlagen und Entnahmen. Das Verrechnungskonto war mit 2 % über dem
jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Die Gesellschaft war jederzeit zur Auszahlung
von Guthaben auf dem Verrechnungskonto berechtigt; ein Gesellschafter konnte
hingegen ohne Weiteres nur die Entnahme von bis zu 60 % des auf ihn entfallenden
Gewinnanteils verlangen, sofern ein entsprechendes Guthaben auf dem
Verrechnungskonto bestand und das Kapitalverlustkonto ausgeglichen war oder --bei
Nichterfüllung dieser Voraussetzungen-- ein entsprechendes Guthaben auf dem
Darlehenskonto bestand. Darüber hinausgehende Entnahmen konnten von der
Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit beschlossen werden (§ 10 Abs. 2,
3 des Gesellschaftsvertrags);
6. ein "Darlehenskonto", auf dem die von den Gesellschaftern gewährten Darlehen zu
erfassen waren. Guthaben auf diesem Konto waren mit einer Frist von sechs Monaten
zum Ende eines jeden Geschäftsjahres kündbar. Die KG war allerdings berechtigt, die
Rückzahlung auf fünf Geschäftsjahre zu verteilen, wenn ihre finanzielle Lage dies
erforderte. Die Verzinsung sollte durch einen Beschluss der
Gesellschafterversammlung festgelegt werden.
3 Die Klägerin sollte ihre Einlageverpflichtung durch --in einem gesonderten
Einbringungsvertrag zu regelnde-- Übertragung der bereits erwähnten zwei Grundstücke aus
dem Betriebsvermögen ihres Einzelunternehmens zu Buchwerten erbringen. Da die
Buchwerte dieser Grundstücke (490.583,52 EUR) zum Einbringungszeitpunkt höher waren
als der Nominalbetrag der Einlage, sah § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vor, dass der
Differenzbetrag dem Darlehenskonto der Klägerin nach § 4 Nr. 6 des Gesellschaftsvertrags
gutzuschreiben war.
4 Ebenfalls am 7. Dezember 2004 schloss die Klägerin mit der KG den Einbringungsvertrag.
Danach übertrug sie die beiden Grundstücke zum 1. Januar 2005 auf die KG. In Nr. III.5.
dieses Vertrags hieß es: "Als Gegenleistung für den nach Buchwerten eingebrachten
Grundbesitz erhält die Kommanditeinlage von EUR 150.000,00. Soweit der
Buchwertsaldo des eingebrachten Grundbesitzes den Nominalbetrag der Kommanditeinlage
von EUR 150.000,00 übersteigt, wird der Mehrbetrag als Darlehen der Gesellschaft gewährt.
Weitere Gegenleistungen werden der Einbringenden nicht gewährt."
5 Mit einem weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom selben Tage übertrug die Klägerin
ihren voll eingezahlten Anteil an der Komplementär-GmbH (nominal 25.000 EUR) auf die
KG. Gemäß § 4 dieses Vertrags hatte die KG keine Gegenleistung zu erbringen; der Anteil
sollte auf das Sonderrücklagenkonto gemäß § 4 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags gebucht
werden.
6 Am 15. März 2005 traten zwei der Söhne der Klägerin als weitere Kommanditisten mit
Kapitaleinlagen von je 75.000 EUR in die KG ein. Sie erbrachten ihre Einlageverpflichtung
durch Einbringung eines ihnen zu je 1/2 gehörenden, ebenfalls von der Betriebs-GmbH
genutzten Grundstücks, das sie bisher in ihrem Privatvermögen hielten. Der Grundbesitz
sollte zum Verkehrswert eingebracht werden; der die Kommanditeinlagen und die mit
eingebrachten Verbindlichkeiten übersteigende Betrag sollte der KG als Darlehen gewährt
werden.
7 Der Jahresabschluss der KG für 2005 datiert vom 14. Dezember 2006 und ist von der
Klägerin unterschrieben. Die KG führte hinsichtlich der von der Klägerin eingebrachten
Grundstücke die Buchwerte des Einzelunternehmens fort. Sowohl in ihrer Eröffnungsbilanz
zum 1. Januar 2005 als auch in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2005 wies die KG den sich
bei der Grundstückseinbringung durch die Klägerin ergebenden Mehrbetrag auf dem
"Verrechnungskonto (Privatkonto)" aus. Ebenso verfuhr sie hinsichtlich des Mehrbetrags aus
der späteren Grundstückseinbringung durch die Söhne der Klägerin. Den aus der
Einbringung des Anteils an der Komplementär-GmbH resultierenden Betrag von
25.000 EUR wies die KG auf dem für die Klägerin geführten "Sonderrücklagenkonto" aus. Im
Rahmen der Gewinnverteilung wurde für alle drei Kommanditisten eine "Vorabverzinsung
Darlehenskonten" vorgenommen.
8 Im Rahmen von Außenprüfungen bei der Klägerin und der KG vertrat der Prüfer die
Auffassung, die Übertragung der Grundstücke von der Klägerin auf die KG sei nach den
Grundsätzen der sog. "Trennungstheorie" insoweit als entgeltlich anzusehen, als der
Klägerin hierfür eine Gutschrift auf ihrem Privatkonto gewährt worden sei.
9 Noch während der Prüfung beantragte der Steuerberater der KG eine Bilanzberichtigung
dahingehend, die Buchung auf dem Sonderrücklagenkonto vorzunehmen. Er behauptete
hierzu, die Buchung auf dem Privatkonto sei unzutreffend und nicht vertragsgemäß
gewesen.
10 Mit dem angefochtenen, nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung geänderten
Einkommensteuerbescheid 2005 vom 20. März 2008 erhöhte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) das Ergebnis des Einzelunternehmens der
Klägerin um einen Entnahmegewinn aus der Einbringung der beiden Grundstücke in Höhe
von 232.015,12 EUR.
11 Im anschließenden Einspruchsverfahren behaupteten die Kläger, der Jahresabschluss der
KG für 2005 sei weder unterzeichnet noch --entsprechend § 7 Nr. 6 Buchst. a des
Gesellschaftsvertrags-- von der Gesellschafterversammlung festgestellt worden. Sie
vertraten daher die Auffassung, der bisher vorgelegte Jahresabschluss sei unverbindlich. Am
20. August 2008 reichten sie einen auf den 3. Juli 2008 datierten neuen Jahresabschluss für
2005 sowie das Protokoll einer Gesellschafterversammlung vom 18. August 2008 ein, in der
dieser Jahresabschluss festgestellt worden ist. Darin sind die Mehrbeträge aus den
Grundstückseinbringungen bei allen Kommanditisten auf den Sonderrücklagekonten
ausgewiesen; eine Verzinsung wurde nicht mehr vorgenommen. Das in den Akten des FA
befindliche Exemplar dieses Jahresabschlusses ist --im Gegensatz zum ursprünglichen
Jahresabschluss für 2005-- nicht unterschrieben.
12 Die Kläger behaupteten ferner, die Verwendung des Begriffs "Darlehen" im Gesellschafts-
und Einbringungsvertrag sei als "falsa demonstratio" anzusehen, da aus den Verträgen
hervorgehe, dass die Fortführung der Buchwerte vereinbart gewesen sei. Die Klägerin sei
sich über die Bedeutung der Begriffe "Darlehen" und "Darlehenskonto" nicht im Klaren
gewesen. Sie habe sich bei der Verwendung dieser Begriffe darüber geirrt, dass der Wortlaut
ihrer Erklärung in Widerspruch zu dem von ihr gewünschten handels- und steuerrechtlichen
Ergebnis stehen würde.
13 Der Vorgang falle im Ganzen unter § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes
(EStG). Weil das Privatkonto Entnahmebeschränkungen unterlegen habe, sei es ebenfalls
als Teil des Eigenkapitals anzusehen; eine Gutschrift auf einem solchen Konto sei nicht als
Entgelt zu behandeln.
14 Der spätere Eintritt der Söhne sei bereits bei Gründung der KG geplant worden. Hintergrund
der gewählten Gestaltung sei der Wunsch der Banken gewesen, alle Grundstücke in einer
einheitlichen Gesellschaft zusammenzufassen, weil einer der Söhne einen Bedarf an
Sicherheiten gehabt habe.
15 Nach erfolglosem Einspruchsverfahren verständigten sich die Beteiligten in der mündlichen
Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) darauf, dass ein Entnahmegewinn --sofern ein
solcher dem Grunde nach anzusetzen sei-- 220.787,37 EUR betrage. Die Vertreterin des FA
erließ in der mündlichen Verhandlung zu gerichtlichem Protokoll einen entsprechend
geänderten Einkommensteuerbescheid. Im Übrigen wies das FG die Klage ab.
16 Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe die Grundstücke nicht unentgeltlich oder
ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten übertragen. Vielmehr sei ihr
durch die KG eine Darlehensforderung eingeräumt worden. Dies ergebe sich sowohl aus
dem Gesellschafts- und Einbringungsvertrag als auch aus der vorgenommenen Verzinsung.
Das im Vertrag erwähnte Darlehenskonto sei nicht als Kapitalkonto anzusehen. Es habe
auch der Interessenlage der Klägerin entsprochen, für die Einbringung Ansprüche gegen die
KG zu erhalten, da bei Gründung der KG sowohl der Sicherheitenbedarf eines Sohnes als
auch die geplante Aufnahme beider Söhne in die KG bereits bekannt gewesen sei. Die
Klägerin habe sich nicht über den Inhalt der getroffenen Vereinbarung geirrt, sondern
lediglich über die ertragsteuerrechtliche Auswirkung. Anhand der weiteren Verträge
(unentgeltliche Einbringung der Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH gegen
Gutschrift auf dem Sonderrücklagenkonto, entgeltliche Einbringung der Grundstücksanteile
der Söhne zum Verkehrswert) sei erkennbar, dass die Klägerin in der Lage gewesen sei,
zwischen unterschiedlichen Formulierungen und Vertragsgestaltungen zu unterscheiden.
Aufgrund der eindeutigen vertraglichen Vereinbarungen sei die anschließende
buchungstechnische Umsetzung durch die KG ohne Belang.
17 Sei der Vorgang danach als teilentgeltlich anzusehen, führe die Anwendung der "reinen
Trennungstheorie" zur Aufdeckung eines Teils der stillen Reserven. Dies entspreche zum
einen dem Leistungsfähigkeitsprinzip und trage zum anderen dem Umstand Rechnung, dass
in dem Vorgang sowohl eine entgeltliche Veräußerung als auch eine Schenkung liege.
18 Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG. In der
letztlich von der Gesellschafterversammlung festgestellten Bilanz sei der Mehrbetrag auf
einem Sonderrücklagenkonto --einem echten Kapitalkonto-- gebucht worden. Damit seien
die Grundstücke ausschließlich unentgeltlich sowie gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten eingebracht worden.
19 Letztlich könne die Qualifizierung als Kapital- oder Darlehenskonto aber dahinstehen, weil
auch bei Annahme eines entgeltlichen Vorgangs das "Gesamtentgelt" den Buchwert der
eingebrachten Wirtschaftsgüter nicht übersteige und daher nicht zu einer Gewinnrealisierung
führen könne. Die vom FG herangezogene "reine Trennungstheorie" habe keine gesetzliche
Grundlage. Sie spalte einen einheitlichen Übertragungsvorgang künstlich auf und schaffe
dadurch eine Sachverhaltsfiktion, die jedenfalls dann, wenn --wie hier-- die Summe der
Werte der Darlehensforderung und der Kommanditeinlage den Buchwert der eingebrachten
Wirtschaftsgüter nicht übersteige, zur Besteuerung von Scheingewinnen führe. Dies
widerspreche der Zielsetzung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG und verstoße gegen das
Leistungsfähigkeitsprinzip. Die Trennungstheorie sei von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung zwischenzeitlich aufgegeben worden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-
- vom 21. Juni 2012 IV R 1/08, BFHE 237, 503, und vom 19. September 2012 IV R 11/12,
BFHE 239, 76). Diese Entscheidungen seien zwar zu Übertragungen innerhalb einer
Mitunternehmerschaft ergangen. Es sei aber kein Grund dafür ersichtlich, weshalb bei
Übertragungen zwischen einem Einzel- und einem Gesamthandsbetriebsvermögen etwas
anderes gelten sollte.
20 Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 23. Mai
2012 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der Klägerin aus dem gewerblichen
Einzelunternehmen um 220.787,37 EUR gemindert werden.
21 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
22 Es ist der Auffassung, die Entscheidung der Vorinstanz stehe in Einklang mit der
überwiegenden bisherigen BFH-Rechtsprechung. Es regt an, eine Entscheidung des
Großen Senats des BFH herbeizuführen.
Entscheidungsgründe
23 II. Das FG hat die Einräumung der Darlehensforderung zutreffend als Gegenleistung der
KG an die Klägerin angesehen (dazu unten 1.). Daher kommt es auf die Rechtsfrage an, ob
bzw. in welchem Umfang es in derartigen Fällen zu einer Gewinnrealisierung kommt (zum
Meinungsstand in Rechtsprechung, Verwaltung und Literatur s. unten 2.). Zur weiteren
Förderung des Verfahrens wird das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aufgefordert,
dem Verfahren beizutreten und einige Fragen des Senats zu beantworten (dazu unten 3.).
24 1. Gewährung einer Gegenleistung in Gestalt der Einräumung einer Darlehensforderung
25 Das FG hat zu Recht angenommen, die KG habe der Klägerin eine Darlehensforderung
eingeräumt. Derartige Darlehensforderungen stellen nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung eine Gegenleistung dar (vgl. BFH-Urteile vom 11. Dezember 2001
VIII R 58/98, BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420, unter B.I.3.b bb bbb; vom 24. Januar 2008
IV R 37/06, BFHE 220, 374, BStBl II 2011, 617, unter II.2.a; in BFHE 237, 503, unter II.b aa,
und vom 18. September 2013 X R 42/10, BFHE 242, 489, unter II.2.).
26 a) Die sowohl im Gesellschafts- als auch im Einbringungsvertrag enthaltenen
Formulierungen, der übersteigende Betrag sei "dem Darlehenskonto" gutzuschreiben bzw.
"als Darlehen" zu gewähren, sind eindeutig. Dies stellen auch die Kläger in ihrer
Revisionsbegründung ausdrücklich nicht mehr in Abrede.
27 Die Würdigung des FG, diese Formulierungen seien nicht als "falsa demonstratio"
anzusehen, ist nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und daher gemäß § 118 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) für den erkennenden Senat bindend. Die vom FG
herangezogene Argumentation --namentlich die von ihm aufgezeigte Interessenlage der
Klägerin sowie die vergleichende Betrachtung der Formulierungen des Gesellschafts- und
Einbringungsvertrags einerseits mit denen des Anteilsübertragungsvertrags vom
7. Dezember 2004 und des Vertrags über den Beitritt der Söhne zur KG vom 15. März 2005
andererseits-- lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
28 b) Selbst wenn mit der Auffassung der Klägerin --und entgegen der Würdigung des FG--
nicht allein auf die im Gesellschafts- und Einbringungsvertrag getroffene Vereinbarung,
sondern auch auf die buchungstechnische Umsetzung dieser Vereinbarung durch die KG
abzustellen wäre, wäre die Gutschrift desjenigen Teilbetrags, der das Festkapital
übersteigt, als Gegenleistung der KG für die Einbringung der Grundstücke anzusehen.
29 In ihrem ursprünglichen --von der Klägerin entgegen ihrer nunmehrigen Behauptung
persönlich unterzeichneten-- Jahresabschluss für 2005 vom 14. Dezember 2006 hat die KG
diesen Betrag dem für die Klägerin geführten "Verrechnungskonto (Privatkonto)" gemäß § 4
Nr. 5 des Gesellschaftsvertrags gutgeschrieben und mit dem dort vereinbarten Zinssatz
verzinst. Dieses Konto ist nicht als Kapitalkonto anzusehen; vielmehr stellt das dort
ausgewiesene Guthaben der Klägerin eine Forderung gegen die KG dar.
30 Entscheidend für die Zuordnung eines in einer Personengesellschaft für einen
Gesellschafter geführten Kontos zu den Kapitalkonten ist vor allem, ob auf dem Konto
Verlustanteile verbucht werden sollen, und ob es im Falle des Ausscheidens des
Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft in die Ermittlung des
Abfindungsguthabens eingeht (vgl. BFH-Urteile vom 4. Mai 2000 IV R 16/99, BFHE 191,
539, BStBl II 2001, 171, unter 2.b; vom 12. Oktober 2005 X R 35/04, BFH/NV 2006, 521,
unter II.2.d cc, und vom 26. Juni 2007 IV R 29/06, BFHE 218, 291, BStBl II 2008, 103, unter
II.1.c bb). Keines dieser Merkmale ist vorliegend erfüllt. Verlustanteile sind nicht auf dem
Verrechnungskonto, sondern auf dem "Kapitalverlustkonto" gemäß § 4 Nr. 3 des
Gesellschaftsvertrags zu buchen. Für die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens
ist gemäß § 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags ausschließlich das Verhältnis der
jeweiligen Beteiligungen am Festkapital maßgebend.
31 Das von den Klägern in den Vordergrund gestellte Kriterium der auf dem
Verrechnungskonto bestehenden Entnahmebeschränkung ist demgegenüber nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht von entscheidender Bedeutung, weil auch
Gesellschafterdarlehen mit Kündigungsbeschränkungen versehen sein können, die
Entnahmebeschränkungen beim Eigenkapital wirtschaftlich vergleichbar sind (vgl. BFH-
Urteile in BFH/NV 2006, 521, unter II.2.d cc, und in BFHE 218, 291, BStBl II 2008, 103,
unter II.1.c bb). Im Übrigen ist die im Streitfall geltende Entnahmebeschränkung bei
wirtschaftlicher Betrachtung nicht allzu bedeutsam, weil ein Betrag in Höhe von 60 % des
jährlichen Gewinnanteils sofort und voraussetzungslos entnommen werden kann und
darüber hinausgehende Entnahmen von der Gesellschafterversammlung jederzeit mit
einfacher Mehrheit beschlossen werden können.
32 c) Der während des Einspruchsverfahrens eingereichte geänderte Jahresabschluss der KG
ist ersichtlich unter dem Eindruck der bereits laufenden rechtlichen Auseinandersetzung mit
dem FA erstellt worden und kann daher nur als Äußerung einer Rechtsauffassung der
Kläger angesehen werden, nicht aber einen Rückschluss auf das im Zeitpunkt der
Gründung der KG wirklich Gewollte zulassen. Er ist vom FG daher zu Recht nicht
berücksichtigt worden.
33 2. Von der Finanzverwaltung, Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassungen zur
Behandlung teilentgeltlicher Übertragungen
34 a) Die Finanzverwaltung ist seit jeher der Meinung, dass in Fällen der teilentgeltlichen
Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter Beteiligung von
Mitunternehmerschaften der Vorgang in ein voll entgeltliches und ein voll unentgeltliches
Geschäft aufzuteilen sei (vgl. Tz. 23, 28, 66 des sog. Mitunternehmererlasses, BMF-
Schreiben vom 20. Dezember 1977, BStBl I 1978, 8; allerdings noch ohne Vorgabe zur
konkreten Berechnungstechnik).
35 Gleiches gilt für die Verwaltungsanweisungen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung der
vorweggenommenen Erbfolge (BMF-Schreiben vom 13. Januar 1993, BStBl I 1993, 80,
Tz. 14, 34) und zum teilentgeltlichen Erwerb bei der Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen (BMF-Schreiben vom 16. September 2004, BStBl I 2004, 922,
Tz. 27).
36 Im BMF-Schreiben vom 7. Juni 2001 (BStBl I 2001, 367) zur Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz
3 EStG i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433)
heißt es erneut, teilentgeltliche Übertragungen seien in einen voll entgeltlichen und einen
voll unentgeltlichen Vorgang aufzuteilen. Auch die Übernahme von Verbindlichkeiten stelle
eine Form des Entgelts dar. Zur Höhe des realisierten Gewinns wird unter Bezugnahme auf
das Stichwort "teilentgeltliche Übertragung" in H 140 Abs. 4 des amtlichen
Einkommensteuer-Handbuchs (EStH) 2000 ausgeführt, der Umfang der Entgeltlichkeit
bestimme sich nach dem Verhältnis des Kaufpreises zum Verkehrswert des übertragenen
Wirtschaftsguts. In H 140 Abs. 4 EStH 2000 wird wiederum auf das BFH-Urteil vom 17. Juli
1980 IV R 15/76 (BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11) Bezug genommen, in dem die
Anwendbarkeit der "Trennungstheorie" für die teilentgeltliche Übertragung wesentlicher
Beteiligungen im Sinne der damaligen Fassung des § 17 EStG ausführlich begründet
worden ist und deren Rechtsfolgen dargestellt wurden.
37 Im BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2011 (BStBl I 2011, 1279, Tz. 15) zur Anwendung des
§ 6 Abs. 5 EStG in der --auch im vorliegenden Verfahren maßgebenden-- Fassung des
Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001
(BGBl I 2001, 3858) hält die Finanzverwaltung an dieser Auffassung fest.
38 Dies stellt auch gegenwärtig noch die Auffassung der Finanzverwaltung dar (vgl. BMF-
Schreiben vom 12. September 2013, BStBl I 2013, 1164, unter II.1.a).
39 b) Von der höchstrichterlichen Rechtsprechung war ein Fall wie der vorliegende bisher
noch nicht zu entscheiden. Diejenigen zur teilentgeltlichen Übertragung einzelner
Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens ergangenen BFH-Entscheidungen, denen man
eine Zustimmung zu der von der Finanzverwaltung vertretenen, im Folgenden als "strenge
Trennungstheorie" bezeichneten Auffassung entnehmen könnte, betreffen jeweils
Sachverhalte, die mit dem Streitfall nicht vollständig vergleichbar sind (unten aa). Gleiches
gilt aber auch für diejenigen Entscheidungen des IV. Senats des BFH, in denen die
Verwaltungsauffassung abgelehnt wird (unten bb; zu den unterschiedlichen rechnerischen
Auswirkungen s. unten cc). Im Bereich des Privatvermögens werden teilentgeltliche
Übertragungsvorgänge hingegen auch vom BFH durchgängig nach Maßgabe der strengen
Trennungstheorie beurteilt (unten dd).
40 aa) Die nachfolgend dargestellten BFH-Entscheidungen lassen zwar jeweils eine
Zustimmung zur strengen Trennungstheorie erkennen; die zugrunde liegenden
Sachverhalte sind aber mit dem Streitfall nicht in vollem Umfang vergleichbar.
41 (1) Das BFH-Urteil vom 18. März 1980 VIII R 148/78 (BFHE 133, 359, BStBl II 1981, 794)
betraf die Ermittlung der Anschaffungskosten des Erwerbers im Fall der teilentgeltlichen
Übertragung eines nicht steuerverstrickten Wirtschaftsguts des Privatvermögens
(Bodenschatz) in das Privatvermögen eines anderen Steuerpflichtigen, und damit nicht den
vorliegend einschlägigen Sachbereich. In einem obiter dictum heißt es allerdings: "Die
Frage nach einer gemischten Schenkung könnte nur dann bedeutsam sein, wenn das
Wirtschaftsgut in ein Betriebsvermögen gelangt wäre --was hier nicht der Fall war--, weil
dann bei einer gemischten Schenkung neben den tatsächlichen Anschaffungskosten auch
noch eine Einlage anzusetzen wäre." Diese Beurteilung würde den Grundsätzen der
strengen Trennungstheorie entsprechen, wobei der VIII. Senat seine Aussage allerdings
auf die Ermittlung der Anschaffungskosten des Erwerbers, nicht auf die Ermittlung des
Veräußerungsgewinns des Übertragenden bezogen hat.
42 (2) Das BFH-Urteil vom 2. Februar 1989 IV R 96/87 (BFHE 156, 163, BStBl II 1989, 504,
unter II.4.) befürwortete für die teilentgeltliche Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsguts
zwischen den Einzel-Betriebsvermögen von nahen Angehörigen unter Bezugnahme auf
das kurze obiter dictum in der vorstehend angeführten Entscheidung des VIII. Senats --
ebenfalls für Zwecke der Ermittlung der Anschaffungskosten des Erwerbers-- den Ansatz
einer Einlage zusätzlich zu dem gezahlten Kaufpreis.
43 (3) Im BFH-Urteil in BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420 war die Einbringung eines
einzelnen Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens in eine Personengesellschaft zum
Verkehrswert --also kein teilentgeltlicher Vorgang-- zu beurteilen. Das Entgelt bestand
einerseits in der Gewährung von Gesellschaftsrechten, andererseits in der Einräumung
einer Forderung sowie der Übernahme einer Verbindlichkeit. Der VIII. Senat hat hier
erstmals die konkrete Berechnungsweise, die der strengen Trennungstheorie zugrunde
liegt, ausdrücklich begründet (unter B.I.3.b), dies aber tragend nur für vollentgeltliche
Geschäfte --hier in Gestalt des Spezialfalls des sog. "Mischentgelts", bei dem ein Teil des
Entgelts durch die Möglichkeit der Buchwertfortführung privilegiert wird (dazu noch
ausführlich unten 3.a)-- entschieden. So seien die für einerseits vollentgeltliche und
andererseits unentgeltliche Übertragungsvorgänge geltenden unterschiedlichen
Realisationsgrundsätze in Fällen eines Mischentgelts im Wege der Aufspaltung des
Übertragungsvorgangs miteinander zu kombinieren. Demgegenüber sei die von Teilen der
Literatur favorisierte volle Zuordnung des Buchwerts zum entgeltlichen Teil wegen der
Einseitigkeit und Unangemessenheit dieser Lösung --ebenso wie umgekehrt eine alleinige
Zuordnung des Buchwerts zum unentgeltlichen Teil-- abzulehnen. Die Behandlung
teilentgeltlicher Übertragungsvorgänge hat der VIII. Senat hingegen ausdrücklich
offengelassen (Urteil in BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420, unter B.I.3.b cc aaa am Ende).
44 (4) In den Senatsurteilen vom 16. Juni 2004 X R 34/03 (BFHE 207, 120, BStBl II 2005, 378,
unter II.7.) und vom 23. Juni 2004 X R 37/03 (nicht veröffentlicht, unter II.7.) ist die
Anwendung der strengen Trennungstheorie zwar ausdrücklich bejaht worden. Die
Entscheidungen betrafen aber nicht --heute unter § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fallende--
Übertragungsvorgänge unter Beteiligung einer Mitunternehmerschaft, sondern die
teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern auf Kapitalgesellschaften, an denen
nicht nur der Übertragende, sondern auch Dritte beteiligt waren (heute von § 6 Abs. 6 Satz
2 EStG erfasst).
45 (5) Tragend ist die Berechnungsweise der strengen Trennungstheorie im
Anwendungsbereich des heutigen § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nur in instanzgerichtlichen
Entscheidungen herangezogen worden (z.B. Urteil des FG Münster vom 28. März 2001
8 K 5523/97 F, Entscheidungen der Finanzgerichte 2001, 877, rechtskräftig, betreffend
teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen den Sonderbetriebsvermögen
verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft).
46 bb) In der neueren Rechtsprechung vor allem des IV. Senats des BFH wird die
Verwaltungsauffassung demgegenüber abgelehnt. Auch diese Entscheidungen sind indes
zu Sachverhaltskonstellationen ergangen, die mit dem vorliegenden Fall nicht vollständig
vergleichbar sind.
47 (1) Dabei ist auch nach der Rechtsprechung des IV. Senats die Übernahme einer
Verbindlichkeit --außerhalb des Anwendungsbereichs der Einheitstheorie-- als Entgelt
anzusehen (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1997 IV R 28/97, BFH/NV 1998, 836, unter
II.2.a; in BFHE 237, 503, unter II.b aa, und in BFHE 239, 76, unter 1.a). Insoweit
unterscheidet sich diese Auffassung nicht von der Sichtweise der strengen
Trennungstheorie (vgl. zur Behandlung der Übernahme von Verbindlichkeiten mit
ausführlicher Begründung BFH-Urteil in BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420, unter B.I.3.b bb
aaa).
48 (2) Dem BFH-Urteil vom 6. September 2000 IV R 18/99 (BFHE 193, 116, BStBl II 2001,
229, unter 3.b) lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem Grundstücke mit stillen Reserven zum
Buchwert (ohne Gewährung zusätzlicher Gesellschaftsrechte) von einer
Personengesellschaft an eine Schwester-Personengesellschaft verkauft worden waren.
Der IV. Senat spaltete diesen teilentgeltlichen Vorgang zwar in einen entgeltlichen und
einen unentgeltlichen Teil auf, ordnete den Buchwert aber --anders als die
Finanzverwaltung-- nicht anteilig beiden Teilvorgängen, sondern in voller Höhe dem
entgeltlichen Teil zu, so dass sich kein Gewinn ergab ("Trennungstheorie mit vorrangiger
Zuordnung des Buchwerts zum entgeltlichen Teil"; im Folgenden kurz als "modifizierte
Trennungstheorie" bezeichnet).
49 Die Entscheidung ist zu der vor 1999 geltenden Rechtslage ergangen, als die nunmehr in
§ 6 Abs. 5 EStG enthaltene Regelung noch nicht existierte. Die Ausführungen zur
Ermittlung der Höhe des aus der teilentgeltlichen Übertragung resultierenden Gewinns
waren für die Entscheidung allerdings nicht tragend (gleicher Ansicht Wendt, Finanz-
Rundschau --FR-- 2002, 53, 63), weil es nur um die Frage ging, ob die ohne volle
Realisierung der stillen Reserven vorgenommene Übertragung der Grundstücke
(wesentliche Betriebsgrundlagen) in ein anderes Betriebsvermögen der Tarifbegünstigung
eines kurz darauf realisierten Gewinns aus einer Anteilsveräußerung entgegenstand.
50 (3) Im Fall des BFH-Urteils in BFHE 237, 503 übertrug der Kläger ein Grundstück mit hohen
stillen Reserven von seinem Sonderbetriebsvermögen bei der einen Personengesellschaft
in das Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft, an der er beteiligt war.
Die Gegenleistung bestand in der Einräumung einer Forderung in Höhe des Buchwerts des
Grundstücks. Der IV. Senat spaltete den teilentgeltlichen Vorgang in einen entgeltlichen
und einen unentgeltlichen Teil auf, ordnete den Buchwert aber in voller Höhe dem
entgeltlichen Teil zu.
51 Da hier allerdings die in den Jahren 1999 und 2000 geltende Fassung des § 6 Abs. 5 Satz
3 EStG anzuwenden war, die bei solchen unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften
vorgenommenen Übertragungsvorgängen, mit denen ein Rechtsträgerwechsel verbunden
war, zwingend den Ansatz des Teilwerts anordnete, führte auch der unentgeltliche Teil des
Vorgangs --ebenso wie der entgeltliche Teil-- zur vollen Aufdeckung der stillen Reserven.
Es kam daher für die Ermittlung der Höhe des insgesamt aus dem Übertragungsvorgang
realisierten Gewinns letztlich nicht darauf an, in welchem Umfang der Buchwert dem
entgeltlichen bzw. unentgeltlichen Teil zuzuordnen war (gleicher Ansicht Kempermann, FR
2012, 1082; Vees, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 681, 683), so dass das
Gesamtergebnis dieser Entscheidung des IV. Senats sich nicht von demjenigen
unterscheidet, das bei Anwendung der strengen Trennungstheorie eingetreten wäre.
52 (4) Das BFH-Urteil in BFHE 239, 76 (Nichtanwendungserlass durch BMF-Schreiben in
BStBl I 2013, 1164) betraf die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts des
Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen derselben
Mitunternehmerschaft im zeitlichen Anwendungsbereich der auch im vorliegenden
Verfahren maßgeblichen Rechtslage (§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in der ab 2001 geltenden
Fassung). Das Entgelt bestand in der Übernahme von Verbindlichkeiten, die den Buchwert
des Wirtschaftsguts nicht erreichten. Der IV. Senat verneinte eine Gewinnrealisierung aus
dem entgeltlichen Teil des Geschäfts, weil das Teilentgelt die Höhe des (gesamten)
Buchwerts nicht überstieg.
53 Darüber hinaus hat der IV. Senat in dieser Entscheidung ausgeführt, die Voraussetzungen
des Entnahmetatbestands seien bei Übertragungsvorgängen innerhalb von
Mitunternehmerschaften --trotz des mit der Übertragung vom Sonder- ins
Gesamthandsvermögen bewirkten Rechtsträgerwechsels-- schon dem Grunde nach nicht
erfüllt. Auf dieser Grundlage wurde die in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG enthaltene
Bewertungsregelung in Bezug auf diese Fallgruppe als lediglich deklaratorische Vorschrift
angesehen.
54 Obwohl die in dieser Entscheidung enthaltenen Ausführungen zur Verneinung einer
Gewinnrealisierung aus dem entgeltlichen Teil des Geschäfts auch dann Geltung
beanspruchen würden, wenn man die weiteren Ausführungen zur fehlenden Erfüllung des
Entnahmetatbestands in Bezug auf den unentgeltlichen Teil des Geschäfts hinwegdenkt,
hat der IV. Senat am Ende der Entscheidungsgründe die ausdrückliche Einschränkung
vorgenommen, dass seine Beurteilung nur Fälle betreffe, in denen der Entnahmetatbestand
in Bezug auf die Differenz zwischen Teilentgelt und Verkehrswert bereits dem Grunde nach
nicht erfüllt sei, und keine Veranlassung bestehe, auf die nicht entscheidungserhebliche
Frage einzugehen, welche Rechtsfolge bei Erfüllung des Entnahmetatbestands eintrete
(Urteil in BFHE 239, 76, unter c). Daraus wird in der Literatur vielfach geschlossen, der IV.
Senat habe den --im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden-- Fall, dass der
Übertragungsvorgang über die Grenze des steuerlichen Betriebsvermögens der
Mitunternehmerschaft hinausreiche, ausdrücklich nicht entschieden (so Bode, Der Betrieb --
DB-- 2012, 2376; KE, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2012, 823, 824; Demuth, Der
Ertragsteuerberater --EStB-- 2012, 457, 458; Mitschke, FR 2012, 1156, 1157; Stein/Stein,
FR 2013, 156, 160; Schmidt/Kulosa, EStG, 33. Aufl., § 6 Rz 697, unter (b); wohl auch
Levedag, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2014, 337, 345 Rz 79).
55 (5) Der I. Senat des BFH hat sich --allerdings in einem Verfahren, in dem die Vorschrift des
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nach seiner Auffassung nicht anwendbar war-- zustimmend zu den
beiden vorgenannten Entscheidungen des IV. Senats geäußert (Urteil vom 10. April 2013
I R 80/12, BFHE 241, 483, BStBl II 2013, 1004, unter B.II.2.).
56 (6) In dem zur Rechtslage vor Schaffung des § 6 Abs. 5 EStG ergangenen Urteil vom
25. Juli 2000 VIII R 46/99 (BFHE 192, 516) hat auch der VIII. Senat der Sache nach die
modifizierte Trennungstheorie angewendet. Zu beurteilen war die teilentgeltliche
Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer
Personengesellschaft in das Einzel-Betriebsvermögen eines Mitunternehmers. Der
VIII. Senat führte (unter II.2.a) aus, grundsätzlich würden in einem derartigen Fall keine
stillen Reserven aufgedeckt. Dabei wies er ausdrücklich auf die abweichende Auffassung
der Finanzverwaltung hin ("im sog. Mitunternehmererlass ... aber Aufteilung in anteilige
Entnahme und anteilige Veräußerung"). Nur dann, wenn der Verzicht der Gesellschaft auf
die Erzielung des marktüblichen Entgelts auf einer Schenkung der Gesellschafter
untereinander beruhe, sei zusätzlich eine Entnahme anzusetzen (unter II.2.b).
57
Demgegenüber wäre es nach Maßgabe der strengen Trennungstheorie ausweislich der
vom VIII. Senat mitgeteilten Wertverhältnisse (Buchwert 951.118 DM, Kaufpreis
800.000 DM, Teilwert 1.000.000 DM) auch ohne bestehende Schenkungsabsicht zu einer
--vom VIII. Senat hier unter II.2.a der Entscheidungsgründe abgelehnten-- teilweisen
Gewinnrealisierung gekommen, wie die folgende Berechnung zeigt:
– Entgeltlichkeitsquote (800.000 DM tatsächlicher Kaufpreis/ 1.000.000 DM Teilwert): 80 %
– auf den entgeltlichen Teil des Geschäfts entfallender Buchwert (80 % von 951.118 DM):
760.894,40 DM
– aus dem entgeltlichen Teil des Geschäfts realisierter Gewinn (tatsächlicher Kaufpreis
800.000 DM ./. anteiliger Buchwert 760.894,40 DM): 39.105,60 DM.
58 (7) Zum BFH-Beschluss vom 4. April 2006 IV B 12/05 (BFH/NV 2006, 1460) findet sich in
der Literatur mitunter die Aussage, der IV. Senat habe hier --abweichend von seiner
sonstigen Linie-- die strenge Trennungstheorie bestätigt (so z.B. Mitschke, FR 2012, 1156;
Vees, DStR 2013, 681, 683). Dies ist indes unzutreffend. Vielmehr hatte bereits das dort
zuständige FA den Gewinn aus der teilentgeltlichen Veräußerung eines Wirtschaftsguts --
wohl irrtümlich und ohne die Problematik überhaupt zu erkennen-- nach den Grundsätzen
der modifizierten Trennungstheorie ermittelt. Das FG hat die Entscheidung des FA im
Ergebnis bestätigt; der IV. Senat hat im Rahmen der von ihm zu treffenden Entscheidung
über die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers --der die Anwendung der Einheitstheorie
und damit das vollständige Absehen vom Ansatz einer Entnahme begehrte-- lediglich
ausgeführt, die Frage nach der Gewinnrealisierung bei teilentgeltlicher Veräußerung
einzelner betrieblicher Wirtschaftsgüter sei geklärt und daher nicht von grundsätzlicher
Bedeutung; es komme zu einer vollständigen Realisierung der stillen Reserven.
59 Im zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Landwirt ein Grundstück seines
Betriebsvermögens für 50 DM/qm an seine Ehefrau verkauft und den entstandenen
Veräußerungsgewinn in Anwendung des § 6b EStG von den Anschaffungskosten eines
neu erworbenen Grundstücks abgezogen. Das FA ging von einem Teilwert von 70 DM/qm
aus und sah in dem Differenzbetrag (20 DM/qm) einen Entnahmegewinn, auf den § 6b
EStG nicht angewendet werden könne. Darin liegt der Sache nach die Anwendung der
modifizierten Trennungstheorie, weil das FA den Buchwert des teilentgeltlich veräußerten
Grundstücks in vollem Umfang dem entgeltlichen Teil des Geschäfts zugeordnet hat, so
dass dem unentgeltlichen Teil des Geschäfts kein Buchwert mehr zugeordnet werden
konnte. Hätte das FA die strenge Trennungstheorie angewendet, hätte es nicht den
gesamten "Mehrbetrag" von 20 DM/qm dem unentgeltlichen Teil des Geschäfts zuordnen
dürfen, sondern den Buchwert nach Maßgabe der Entgeltlichkeitsquote auf die beiden
Komponenten des teilentgeltlichen Geschäfts aufteilen müssen. Dadurch hätte sich ein
geringerer Entnahmegewinn und ein höherer --nach § 6b EStG begünstigter--
Veräußerungsgewinn ergeben.
60 cc) Anhand des im BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 1279 (Tz. 15) enthaltenen
Zahlenbeispiels lassen sich die rechnerischen Auswirkungen der unterschiedlichen
Berechnungsmethoden wie folgt darstellen:
61 Wenn der Gesellschafter einer OHG ein Wirtschaftsgut seines Einzel-Betriebsvermögens,
das einen Buchwert von 1.000 EUR und einen Teilwert von 10.000 EUR hat, gegen die
Übernahme einer sich auf 3.000 EUR belaufenden Verbindlichkeit, aber ohne Gewährung
von Gesellschaftsrechten oder sonstiges Entgelt in das Gesamthandsvermögen der OHG
überträgt, beträgt die Entgeltlichkeitsquote 30 %. Bei Zugrundelegung der
Verwaltungsauffassung wäre in Höhe des unentgeltlichen Anteils (70 %) gemäß § 6 Abs. 5
Satz 3 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 EStG bei der Übertragung der (anteilige) Buchwert von 700 EUR
anzusetzen. Im Umfang der Entgeltlichkeitsquote würden hingegen stille Reserven
realisiert; hierzu wäre dem gesamten Teilentgelt von 3.000 EUR der anteilige Buchwert
(30 % von 1.000 EUR) gegenüberzustellen, so dass sich im Einzelunternehmen des
Übertragenden ein Gewinn von 2.700 EUR ergäbe. Die OHG hätte das Wirtschaftsgut mit
den tatsächlichen Anschaffungskosten (3.000 EUR) zuzüglich des anteilig
übergegangenen Buchwerts (700 EUR) zu aktivieren (insgesamt 3.700 EUR); bei ihr
blieben also die noch nicht aufgedeckten stillen Reserven von 6.300 EUR steuerverhaftet.
62 Demgegenüber würde die Anwendung der modifizierten Trennungstheorie dazu führen,
dass dem Teilentgelt (3.000 EUR) der gesamte Buchwert (1.000 EUR) gegenüberzustellen
wäre, so dass sich aus dem Übertragungsvorgang ein Gewinn von lediglich 2.000 EUR
ergäbe.
63 Von der Einheitstheorie unterscheidet sich die modifizierte Trennungstheorie in Fällen, in
denen das Entgelt höher als der Buchwert, aber niedriger als der Teilwert des übertragenen
Wirtschaftsguts ist, zwar nicht hinsichtlich der Höhe der aufgedeckten stillen Reserven,
wohl aber darin, dass --insoweit übereinstimmend mit der strengen Trennungstheorie-- der
Anwendungsbereich der Sperrfristregelung des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG eröffnet ist.
Demgegenüber wäre ein solcher Vorgang nach der Einheitstheorie als vollentgeltlich
anzusehen und würde nicht zur Anwendung der Sperrfrist führen (zutreffend Niehus/Wilke,
FR 2005, 1012, 1015; Gossert/Liepert/Sahm, DStZ 2013, 242, 244; Dornheim, DStZ 2013,
397, 399).
64 dd) Für Zwecke der teilentgeltlichen Übertragung steuerverstrickter Wirtschaftsgüter des
Privatvermögens wird die strenge Trennungstheorie hingegen auch in der Rechtsprechung
einhellig vertreten.
65 (1) Im Fall des BFH-Urteils in BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11 übertrug der
Steuerpflichtige Anteile i.S. des § 17 EStG gegen eine Zahlung in Höhe des Nennwerts auf
seine Kinder. Der Verkehrswert der Anteile lag erheblich höher. Der IV. Senat hat aus der
im Tatbestand des § 17 EStG --sowohl auf Seiten der Voraussetzungen als auch der
Rechtsfolgen-- deutlich angelegten Unterscheidung zwischen entgeltlichen Veräußerungen
einerseits und unentgeltlichen Übertragungen andererseits abgeleitet, dass der Vorgang
einkommensteuerrechtlich so behandelt werden müsse, als sei ein Teil der Anteile voll
entgeltlich und der andere Teil voll unentgeltlich übertragen worden. Er hat diese
Betrachtung ausdrücklich nicht als "Besteuerung eines fiktiven Sachverhalts", sondern als
"Hilfsmittel zur Beschreibung der Rechtsfolgen" in Anknüpfung an den tatsächlich
verwirklichten Sachverhalt angesehen. Die Berechnungsweise des dortigen FA, zur
Ermittlung des Veräußerungsgewinns von der gesamten Gegenleistung
Anschaffungskosten lediglich in Höhe eines der Entgeltlichkeitsquote entsprechenden
Teils der Gesamt-Anschaffungskosten ("Buchwert") abzuziehen, hat der IV. Senat
ausdrücklich bestätigt (BFH-Urteil in BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11, unter 4.).
66 (2) Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung haben der IX. und XI. Senat für Zwecke der
Ermittlung der Anschaffungskosten des teilentgeltlichen Erwerbers eines zum
Privatvermögen gehörenden Grundstücks ausgeführt, auch dieses Geschäft sei in einen
entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Nur im Umfang des
unentgeltlichen Teils sei die Absetzung für Abnutzung (AfA) des Rechtsvorgängers gemäß
§ 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) fortzuführen; der
entgeltliche Teil des Vorgangs lasse neue Anschaffungskosten entstehen (BFH-Urteile
vom 24. April 1991 XI R 5/83, BFHE 164, 352, BStBl II 1991, 793; vom 5. Juni 1991
XI R 3/84, BFH/NV 1991, 679; vom 11. September 1991 XI R 20/89, BFH/NV 1992, 166,
unter II.4., und vom 24. Oktober 2000 IX R 95/97, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -
-HFR-- 2001, 677; ähnlich für den teilentgeltlichen Hinzuerwerb eines Anteils an einem
Wirtschaftsgut im Rahmen einer Erbauseinandersetzung, wenn der Anteil beim
übertragenden Miterben zum Privatvermögen, beim Erwerber aber zum
Sonderbetriebsvermögen gehört, BFH-Urteil vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166,
431, BStBl II 1992, 512, unter II.2.b am Ende).
67 Der Sache nach hat der BFH damit eine Aufteilung des "Buchwerts" (der
Anschaffungskosten) vorgenommen und diesen Betrag nicht etwa nur einer der beiden
Komponenten des Übertragungsvorgangs zugeordnet. Dies entspricht den Grundsätzen
der strengen Trennungstheorie.
68 (3) Die strenge Trennungstheorie ist ebenfalls für Zwecke der Ermittlung der
Anschaffungskosten bei einem Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG anzuwenden (BFH-
Urteil vom 29. Juni 2011 IX R 63/10, BFHE 234, 182, BStBl II 2011, 873). Im dortigen
Streitfall war der Steuerpflichtigen testamentarisch das Recht eingeräumt worden, einen
50 %-Anteil an einem Grundstück gegen Zahlung von 25 % des Verkehrswerts des
Gesamtgrundstücks erwerben zu können. Der IX. Senat hat diesen Erwerbsvorgang in
einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt, das gezahlte (Teil-)Entgelt in
voller Höhe den Anschaffungskosten des entgeltlich erworbenen Teils zugeordnet und
auch nur insoweit den Tatbestand des § 23 EStG als verwirklicht angesehen (ähnlich
bereits BFH-Urteile vom 22. September 1987 IX R 15/84, BFHE 151, 143, BStBl II 1988,
250, und vom 20. April 2004 IX R 5/02, BFHE 206, 110, BStBl II 2004, 987).
69 ee) Im weiter entfernteren Umfeld des vorliegend zu behandelnden Problems liegen
Entscheidungen zur teilentgeltlichen Übertragung strukturierter betrieblicher Einheiten
(Betriebe, Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile). Hier wird nach allgemeiner Auffassung
dem gesamten Veräußerungspreis einheitlich das tatsächlich gezahlte Teilentgelt
gegenübergestellt; die Übernahme bestehender betrieblicher Verbindlichkeiten gilt dabei
nicht als Entgelt (Einheitstheorie). Folge dieser Einheitsbetrachtung ist zum einen, dass der
gesamte Vorgang einheitlich als entweder voll unentgeltlich oder voll entgeltlich
angesehen wird. Zum anderen ergibt sich ein Veräußerungsgewinn nur, wenn und soweit
die Gegenleistung den Buchwert des Betriebsvermögens (Kapitalkonto) übersteigt.
70 Zur Begründung wird zum einen der Wortlaut des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG herangezogen,
wonach der Veräußerungsgewinn durch Gegenüberstellung des (tatsächlichen)
Veräußerungspreises und des Buchwerts zu ermitteln ist (BFH-Urteil vom 10. Juli 1986
IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811, unter 3.b). Ferner soll diese Betrachtung
sicherstellen, dass der Vorschrift des § 6 Abs. 3 EStG ein in der Praxis relevanter
Anwendungsbereich verbleibt, indem bei Betriebsvermögen, zu denen --wie allgemein
üblich-- nicht nur aktive Wirtschaftsgüter, sondern auch Schulden gehören, eine
unentgeltliche Übertragung nicht schon durch die Vorgabe einer bestimmten
Berechnungstechnik ausgeschlossen wird (BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 836, unter II.2.a,
und in BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420, unter B.I.3.b bb aaa). Beide Gesichtspunkte sind
auf die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen einer Mitunternehmerschaft und
ihrem Gesellschafter indes nicht übertragbar (so auch BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 836,
unter II.2.a).
71 Der erkennende Senat hat die Einheitsbetrachtung jüngst auch auf Fälle der Einbringung
strukturierter betrieblicher Einheiten in eine Personengesellschaft (§ 24 des
Umwandlungssteuergesetzes) gegen Gewährung eines Mischentgelts (Gesellschaftsrechte
und sonstiges Entgelt) erstreckt (Urteil in BFHE 242, 489).
72 Demgegenüber ist die Einheitstheorie nicht anzuwenden, wenn im Rahmen einer
Betriebsaufgabe einzelne Wirtschaftsgüter teilentgeltlich veräußert werden. In solchen
Fällen ist zugleich eine Entnahme verwirklicht, so dass die vollen stillen Reserven
aufzudecken sind (Senatsurteil vom 22. Oktober 2013 X R 14/11, BFHE 243, 271, BStBl II
2014, 158, unter II.2.b, insbesondere unter Berufung darauf, dass die lückenlose
Fortführung der stillen Reserven hier nicht gewährleistet werden könne).
73 c) In der Literatur werden unterschiedliche Auffassungen zu der Frage vertreten, ob bzw. in
welchem Umfang es in Fällen der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter
im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu einer Gewinnrealisierung kommt.
74 aa) Vor Bekanntwerden der Entscheidungen des IV. Senats in BFHE 237, 503 und BFHE
239, 76 folgte ein wohl leicht überwiegender Teil der Literatur der von der
Finanzverwaltung vertretenen strengen Trennungstheorie, zumeist allerdings ohne eigene
Begründung (van Lishaut, DB 2000, 1784, 1786, und DB 2001, 1519, 1520; Brandenberg,
FR 2000, 1182, 1185; DStZ 2002, 551, 558, und Steuerberatung 2012, 145, 150;
Kloster/Kloster, GmbHR 2000, 1129, 1132, und GmbHR 2002, 717, 726; Kölpin, Steuern
und Bilanzen 2001, 322; Dötsch, HFR 2002, 513; Röhner, Der Steuerberater --StB-- 2003,
206; Niehus/Wilke, FR 2005, 1012, 1015, und in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG
Rz 1453; Jäschke, GmbHR 2012, 601, 602; ohne eigene Stellungnahme die als
"herrschende Ansicht" bezeichnete Verwaltungsauffassung wiedergebend Strahl, Kölner
Steuer-Dialog --KÖSDI-- 2001, 12802, 12806, und FR 2005, 797; Rogall/Gerner,
Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2012, 81, 84).
75 Schon damals vertraten allerdings erhebliche Teile der Literatur --zumeist unter Berufung
auf die nicht tragenden Erwägungen im Urteil des IV. Senats in BFHE 193, 116, BStBl II
2001, 229-- die Auffassung, teilentgeltliche Übertragungen seien nach Maßgabe der
modifizierten Trennungstheorie zu beurteilen (Düll/Fuhrmann/Eberhard, DStR 2000, 1713,
1716; Korn, KÖSDI 2000, 12646, 12650, und KÖSDI 2002, 13272, 13276; Geck, Zeitschrift
für Erbrecht und Vermögensnachfolge --ZEV-- 2001, 41, 43; Schulze zur Wiesche, DStZ
2002, 740, 745, und DB 2004, 1388; Wendt, EStB 2002, 137, 138; FR 2002, 53, 63, und FR
2005, 468, 474; Böhme/Forster, Betriebs-Berater --BB-- 2003, 1979, 1983; Groh, DB 2003,
1403, 1408; Scharfenberg, DB 2012, 193). Mitunter verwendeten Vertreter dieser
Auffassung den Begriff "Einheitstheorie"; aus ihren inhaltlichen Ausführungen ging indes
hervor, dass sie die modifizierte Trennungstheorie meinten (z.B. Röhrig, EStB 2002, 475;
Ley, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 2003/2004, 135, 152, und KÖSDI 2009, 16678,
16687; Wacker, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2006/2007, 334; tatsächlich für
die Anwendung der Einheitstheorie aber Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6
Rz L 37).
76 bb) Nach Bekanntwerden der im Jahr 2012 ergangenen Entscheidungen des IV. Senats ist
die Zahl der Befürworter der modifizierten Trennungstheorie gestiegen (Wendt, BFH-
Praxisreport 2012, 299; StbJb 2012/2013, 29, 42, und DB 2013, 834; Wit, DStR 2012, 2053;
Bode, DB 2012, 2376; Prinz/Hütig, DB 2012, 2597, 2599; Kempermann, FR 2012, 1082,
und FR 2012, 1155; Strahl, KÖSDI 2012, 18054, 18057, und FR 2013, 322; U. Förster, DB
2013, 2047, 2051; Bohn/Pelters, DStR 2013, 281, 285; Stein/Stein, FR 2013, 156; Levedag,
GmbHR 2013, 673, 677; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 6 Rz 1191; Reiß in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 15 Rz 376a).
77 Von zahlreichen Autoren wird nunmehr darüber hinaus die Anwendung der --traditionell auf
die Übertragung betrieblicher Sachgesamtheiten beschränkten-- Einheitstheorie im
Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG vertreten (Demuth, Beratersicht zur
Steuerrechtsprechung --BeSt-- 2012, 33, 34; EStB 2012, 457, 459, und in
Demuth/Eisgruber, DStR 2012, Beihefter zu Heft 49, S. 135, 147; Wit, DStR 2012, 1503; kk,
KÖSDI 2012, 18042, 18045; Geck/Messner, ZEV 2012, 633, 636; Stahl, BeSt 2013, 3;
Plewka/Pott, Neue Juristische Wochenschrift 2013, 573, 575).
78 Die Verwaltungsauffassung hält derzeit nur noch eine Minderheit der veröffentlichten
Literaturstimmen für zutreffend (Mitschke, FR 2012, 1156; FR 2013, 314, und FR 2013, 648;
Dötsch, juris PraxisReport Steuerrecht --jurisPR SteuerR-- 49/2012 Anm. 2; Dornheim, Ubg
2012, 618, 622, und DStZ 2013, 397; Heuermann, DB 2013, 1328; Vees, DStR 2013, 681;
Blümich/ Ehmcke, § 6 EStG Rz 1320; Fischer in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 6 Rz 224;
Schmidt/Kulosa, § 6 Rz 697, unter (b); Herrmann in Frotscher, EStG, § 6 Rz 519, 519b;
wohl auch Gossert/Liepert/Sahm, DStZ 2013, 242, 243).
79 cc) Die Vertreter der strengen Trennungstheorie berufen sich zum einen auf den Wortlaut
des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ("soweit"). Auch könne der Buchwert nur insoweit einem
bestimmten Erwerbsvorgang gegengerechnet werden, als er durch diesen "veranlasst" sei
(§ 4 Abs. 4 EStG), weil sonst Erwerbsaufwand berücksichtigt würde, der nicht mit dem
Realisationstatbestand in Zusammenhang stehe (vgl. Heuermann, DB 2013, 1328, 1329).
Ferner wird angeführt, wenn es bei einem voll entgeltlichen Vorgang zur vollen Aufdeckung
der stillen Reserven komme und bei einem voll unentgeltlichen Vorgang keine stillen
Reserven aufgedeckt würden, entspreche es den Regeln der Logik, dass eine
teilentgeltliche Übertragung eine entsprechende Teilaufdeckung der stillen Reserven
bewirke (Brandenberg, DStZ 2002, 551, 558). Damit werde die strenge Trennungstheorie
dem wirtschaftlich Gewollten --dem Umstand, dass in dem Vorgang sowohl eine
entgeltliche Veräußerung als auch eine schenkweise Übertragung liege-- gerecht und
ermögliche die eindeutige Zuordnung der beiden Teile des Geschäfts zu den jeweiligen
gesetzlichen Regelungen (Röhner, StB 2003, 202, 206; Niehus/Wilke, FR 2005, 1012,
1015); sie führe damit auch zu einer zielgenaueren Besteuerung (Vees, DStR 2013, 681,
683). Demgegenüber sei die modifizierte Trennungstheorie insofern widersprüchlich, als
sie einerseits zwar ebenfalls den Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen
Teil aufspalte, andererseits aber den Buchwert in vollem Umfang dem entgeltlichen Teil
des Geschäfts zuordne (Brandenberg, DStZ 2002, 551, 558; Niehus/Wilke, FR 2005, 1012,
1015; Dötsch, jurisPR SteuerR 49/2012 Anm. 2; Dornheim, DStZ 2013, 397, 400).
80 dd) Demgegenüber meinen die Vertreter der Gegenauffassung, die strenge
Trennungstheorie bewirke die Besteuerung fingierter, tatsächlich nicht erzielter Gewinne
und verstoße insofern gegen das Realisationsprinzip (Korn, KÖSDI 2002, 13272, 13276;
Ley, StbJb 2003/2004, 135, 152; Prinz/Hütig, DB 2012, 2597, 2599). Die Übertragung eines
einzelnen Wirtschaftsguts stelle einen einheitlichen, nicht weiter unterteilbaren
Geschäftsvorfall dar; das Wirtschaftsgut sei die kleinste Einheit der Besteuerung (Ley,
StbJb 2003/2004, 135, 152; ähnlich auch Wendt, StbJb 2012/2013, 29, 42, und DB 2013,
834, 838). Dem Gesetzgeber sei bekannt gewesen, dass die durch § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG
eröffneten Möglichkeiten nicht nur zu sinnvollen Umstrukturierungen, sondern auch zur
gezielten Verlagerung stiller Reserven eingesetzt werden könnten; dem wirke indes die
gesetzliche Sperrfrist entgegen (so Wendt, StbJb 2012/2013, 29, 43, und DB 2013, 834,
839).
81 3. Beitrittsaufforderung und Fragen an das BMF
82 Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage wird das
BMF gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO gebeten, dem Rechtsstreit zur Vorbereitung der
verfahrensabschließenden Entscheidung beizutreten. Im Rahmen des Beitritts sollte das
BMF zu den folgenden Fragen Stellung nehmen:
83 a) Liegt dem Streitfall überhaupt ein teilentgeltlicher Vorgang oder nicht vielmehr eine
vollentgeltliche Übertragung in Gestalt einer Einbringung gegen Mischentgelt zugrunde?
84 aa) Vorliegend sind der Klägerin im Gegenzug für die Einbringung der Grundstücke
erstmalig ein Kommanditanteil im Nominalbetrag von 150.000 EUR sowie eine
Darlehensforderung gewährt worden (Mischentgelt). Ein solches Mischentgelt ist dadurch
gekennzeichnet, dass das Entgelt aus zwei Komponenten besteht, von denen eine
Komponente --hier der in Gesellschaftsrechten bestehende Teil der Gesamtgegenleistung--
durch die Anordnung oder Möglichkeit einer Buchwertfortführung begünstigt ist. Jedenfalls
dann, wenn die Nominalwerte der beiden Entgeltskomponenten dem Teilwert des
eingebrachten Wirtschaftsguts entsprechen, handelt es sich um einen vollentgeltlichen,
tauschähnlichen Vorgang (Dötsch, HFR 2002, 513). Die bilanziellen Konsequenzen
entsprechen gleichwohl in vielen Fällen den bei teilentgeltlicher Übertragung eintretenden,
weil § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in Bezug auf den in Gesellschaftsrechten bestehenden Teil des
Entgelts zwingend die Fortführung des Buchwerts anordnet.
85 bb) Jedenfalls bei einem Mischentgelt, das dem Teilwert des eingebrachten Wirtschaftsguts
entspricht, hat die Rechtsprechung in Entscheidungen, die zu der bis 1998 geltenden
Rechtslage ergangen sind, die strenge Trennungstheorie angewendet. Dies ist nicht nur
vom VIII. Senat des BFH tragend entschieden worden (Urteil in BFHE 197, 411, BStBl II
2002, 420, unter B.I.3.b), sondern liegt der Sache nach auch einer Entscheidung des
IV. Senats zugrunde (Urteil in BFH/NV 1998, 836, unter II.2.b; dort hat der IV. Senat einen
vom FA nach den Grundsätzen der strengen Trennungstheorie ermittelten
Gewinnrealisierungsbetrag auch der Höhe nach ausdrücklich bestätigt).
86 Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt (z.B. Niehus/ Wilke, FR 2005, 1012, 1016, und
in HHR, § 6 EStG Rz 1455a; Mitschke, FR 2013, 648, 650), und zwar selbst von Autoren,
die auf teilentgeltliche Geschäfte die modifizierte Trennungstheorie anwenden wollen (z.B.
Schulze zur Wiesche, DStZ 2002, 740, 746, und DStR 2012, 2414, 2415; U. Förster, DB
2013, 2047, 2052). Andere wollen danach differenzieren, ob die Summe der Mischentgelte
dem Buchwert entspricht oder diesen übersteigt (so Ley, KÖSDI 2009, 16678, 16686 f.;
Demuth, EStB 2012, 457, 458, und in Demuth/Eisgruber, DStR 2012, Beihefter zu Heft 49,
S. 135, 146) bzw. plädieren für eine generelle Gleichbehandlung von Teil- und
Mischentgelt im Sinne der modifizierten Trennungstheorie (Wendt, EStB 2002, 137, 139;
Kempermann, FR 2012, 1082, 1083; Reiß in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 15 Rz 376b).
87 Der erkennende Senat würde bei vorläufiger Beurteilung keinen Anlass sehen, für Fälle der
vollentgeltlichen Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter gegen Mischentgelt von der
bisherigen, zu der bis 1998 geltenden Rechtslage ergangenen Rechtsprechung
abzurücken. Die bei teilentgeltlichen Übertragungen möglicherweise für die modifizierte
Trennungstheorie sprechenden Argumente (dazu ausführlich oben 2.c dd sowie unten
3.c aa) sind hier nicht anwendbar. Insbesondere ist kein rechtfertigender Grund dafür
ersichtlich, bei einem insgesamt entgeltlichen Vorgang den Buchwert des eingebrachten
Wirtschaftsguts nur einer der --grundsätzlich gleichrangigen-- Entgeltskomponenten
zuzuordnen. Auch ist die Norm des § 6 Abs. 5 EStG hier nicht einschlägig.
88 cc) Im Streitfall besteht indes die Besonderheit, dass zwar die Summe aus den
Nominalbeträgen der Darlehensforderung und der eingeräumten Gesellschaftsrechte unter
dem Teilwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter lag, was dafür sprechen könnte, den
Vorgang nicht als vollentgeltlich anzusehen. Andererseits war die Klägerin aber zunächst
zu 100 % am Gewinn und Vermögen der KG beteiligt. Für derartige Sachverhalte wird in
der Literatur vereinzelt vertreten, der Übertragungsvorgang sei ungeachtet des Umstands,
dass die Summe der Nominalbeträge der Gegenleistungen hinter dem Teilwert des
Wirtschaftsguts zurückbleibt, als voll entgeltlich anzusehen (so Brandenberg, DStZ 2002,
551, 557, und wohl auch in Ubg 2010, 767, 776; anders wohl Levedag, GmbHR 2013, 673,
678, und in GmbHR 2014, 337, 345). Denn in einem solchen Fall würden die allein dem
Einbringenden zuzuordnenden neuen Gesellschaftsrechte --auch wenn ihr Nominalbetrag
geringer sei-- wertmäßig den vollen Differenzbetrag zwischen dem Teilwert des
eingebrachten Wirtschaftsguts und dem gewährten sonstigen Entgelt repräsentieren.
89 dd) Für den Streitfall ist in diesem Zusammenhang aber auf die weitere Besonderheit
hinzuweisen, dass kurze Zeit nach der --zunächst allein durch die Klägerin
vorgenommenen-- Gründung der KG zwei Söhne der Klägerin als weitere Kommanditisten
beitraten, was nach den Feststellungen des FG von vornherein geplant war. Unter diesen
Umständen repräsentierte das Festkapital der Klägerin jedenfalls nicht auf Dauer den
vollen Differenzbetrag zwischen dem Teilwert der eingebrachten Grundstücke und der
eingeräumten Darlehensforderung. Dies könnte nach vorläufiger Beurteilung des Senats
dafür sprechen, den Streitfall angesichts dieser besonderen Umstände nicht als
Einbringung gegen (vollentgeltliches) Mischentgelt, sondern --jedenfalls wirtschaftlich und
unter Zugrundelegung des "Gesamtplans" der als Gesellschafter vorgesehenen Personen--
als teilentgeltlichen Vorgang einzuordnen.
90 b) Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge
vertretenen modifizierten Trennungstheorie zu folgen: Käme es hierdurch zu
Schwierigkeiten bei der Besteuerung des Erwerbers des teilentgeltlich übertragenen
Wirtschaftsguts?
91 Nach Auffassung des erkennenden Senats würde es ein gewichtiges Argument gegen die
modifizierte Trennungstheorie darstellen, wenn diese zu erheblichen Schwierigkeiten bei
der Besteuerung des Erwerbers --oder gar zur unbesteuerten Verflüchtigung stiller
Reserven-- führen würde. Solche Schwierigkeiten sind dem Senat nach derzeitigem
Kenntnisstand aber nicht ersichtlich.
92 aa) Fest steht, dass die Ermittlung der Anschaffungskosten und des Buchwertansatzes des
Erwerbers sowohl bei Anwendung der strengen als auch der modifizierten
Trennungstheorie spiegelbildlich zu den Grundsätzen vorzunehmen ist, die für die
Ermittlung des etwaig aus dem Übertragungsvorgang beim Übertragenden realisierten
Gewinns gelten (so im Ergebnis wohl auch Prinz/Hütig, DB 2012, 2597, 2600;
Gossert/Liepert/Sahm, DStZ 2013, 242, 245; Levedag, GmbHR 2013, 673, 680). Dies folgt
aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, wonach Satz 1 "entsprechend" gilt; in der
damit in Bezug genommenen Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist aber angeordnet,
dass im aufnehmenden Betriebsvermögen der Wert anzusetzen ist, der sich nach den
Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt (Buchwert). Damit ist sichergestellt, dass es
im Rahmen einer teilentgeltlichen Übertragung --unabhängig davon, welcher
Berechnungsmethode man für die Ermittlung des auf Seiten des Übertragenden
entstehenden Gewinns folgt-- buchmäßig nicht zu einer steuerfreien Verflüchtigung stiller
Reserven kommen kann, weil beim Erwerber stets der beim Veräußerer nicht aufgedeckte
Teil der stillen Reserven steuerverhaftet bleibt.
93 Für den Fall, dass die Besteuerung der stillen Reserven beim Erwerber nicht sichergestellt
ist, sieht die in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in Bezug genommene Regelung des Satzes 1 auch
bei unentgeltlichen Vorgängen eine Ausnahme von der Buchwertfortführung vor. In
derartigen Fällen bewirken die allgemeinen Gewinnrealisierungs- und
Bewertungstatbestände (z.B. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) auch für den unentgeltlichen Teil die
volle Gewinnrealisierung.
94 bb) In der Literatur wird teilweise vertreten, die Anwendung der modifizierten
Trennungstheorie führe auf der Seite des Erwerbers zu Problemen, weil der Buchwert
bereits beim entgeltlichen Teil des Geschäfts verbraucht werde und der --eine Entnahme
darstellende-- unentgeltliche Teil des Geschäfts daher mit 0 EUR bewertet werden müsse,
was der in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG getroffenen Regelung widerspreche (so Demuth, BeSt
2012, 33, 34; EStB 2012, 457, 459, und in Demuth/Eisgruber, DStR 2012, Beihefter zu
Heft 49, S. 135, 147; Stahl, BeSt 2013, 3, 4). Indes vermag der erkennende Senat --so man
sich denn grundsätzlich die modifizierte Trennungstheorie zu eigen machen wollte-- den
aufgezeigten Widerspruch nicht zu erkennen. Wenn es richtig sein sollte, den Buchwert in
voller Höhe dem entgeltlichen Teil zuzuordnen, dann steht für eine Gegenrechnung beim
unentgeltlichen Teil des Geschäfts denknotwendig kein Teil des Buchwerts mehr zur
Verfügung. Dass aus dem "Entnahme-Teil" des aufzuteilenden Geschäfts --unabhängig
von der Höhe des Buchwerts-- kein Gewinn realisiert wird, folgt gerade aus § 6 Abs. 5
Satz 3 i.V.m. Satz 1 EStG, steht aber nicht in Widerspruch zu dieser Regelung (ebenso
U. Förster, DB 2013, 2047, 2051).
95 c) Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge
vertretenen modifizierten Trennungstheorie zu folgen: Welche Auswirkungen hätte dies für
die Beurteilung teilentgeltlicher Übertragungen von Wirtschaftsgütern des
Privatvermögens?
96
aa) Die unter 2.b bb dargestellten Entscheidungen des IV. Senats betreffen zwar
ausdrücklich nur Sachverhalte, in denen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens
teilentgeltlich übertragen wurden. Nach Auffassung des erkennenden Senats müssen
teilentgeltliche Übertragungen aber sowohl im Betriebsvermögen als auch im
steuerverstrickten Privatvermögen nach denselben Grundsätzen beurteilt werden. Dies
folgt schon daraus, dass
-
einerseits die Art und Weise der Ermittlung des Veräußerungsgewinns beim
Übertragenden jeweils in folgerichtiger Weise Auswirkungen auf die Höhe der
Anschaffungskosten des Erwerbers --und damit auf die Höhe der künftig bei ihm
steuerverstrickten stillen Reserven-- haben muss (s. dazu ausführlich oben b),
-
andererseits aber nach einhelliger Auffassung sämtlicher Ertragsteuersenate des BFH
der Begriff der Anschaffungskosten bei allen Einkunftsarten einheitlich zu verstehen ist
(vgl. dazu Schmidt/Kulosa, § 6 Rz 32, mit Nachweisen auf die Rechtsprechung zu den
einzelnen Einkunftsarten).
97 Wenn aber der Begriff der Anschaffungskosten für alle Einkunftsarten derselbe ist und die
Berechnungsmethoden zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns einerseits und der
Anschaffungskosten andererseits zwingend miteinander verknüpft sein müssen, dann
können Veräußerungsgewinne aus teilentgeltlichen Geschäften im Betriebs- und
Privatvermögen nicht nach unterschiedlichen Grundsätzen ermittelt werden. Eine auf
Unterschiede zwischen Betriebs- und Privatvermögen gestützte Differenzierung hinsichtlich
der Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns und der Anschaffungskosten bei
teilentgeltlichen Geschäften ist nicht möglich (ebenso Mitschke, FR 2013, 648, 650; a.A.
jedoch Wendt, DB 2013, 834, 839; wohl auch Heuermann, DB 2013, 1328, 1329, unter
Verweis darauf, dass die Regeln der Einkünfteermittlung nicht deckungsgleich seien).
98 Dementsprechend meint ein Teil der Literatur, die vom IV. Senat aufgestellten Grundsätze
seien ohne Weiteres auch auf teilentgeltliche Veräußerungen steuerverstrickter
Wirtschaftsgüter des Privatvermögens anzuwenden (so Demuth, BeSt 2012, 33, 34; EStB
2012, 457, 459, und in Demuth/Eisgruber, DStR 2012, Beihefter zu Heft 49, S. 135, 146;
Dornheim, Ubg 2012, 618, 622; a.A. Stahl, BeSt 2013, 3, 4).
99 bb) Nach Auffassung des erkennenden Senats würde es ein gewichtiges Argument gegen
die modifizierte Trennungstheorie --auch im Betriebsvermögen-- darstellen, wenn diese im
Privatvermögen dazu führen würde, dass Teile der stillen Reserven sich anlässlich der
teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts unbesteuert verflüchtigen könnten. Dies
ist indes nicht der Fall (so im Ergebnis auch Geck/Messner, ZEV 2012, 633, 636; Strahl, FR
2013, 322, 326).
100 (1) Für diejenigen Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, bei denen Veräußerungsgewinne
gemäß § 20 Abs. 2 EStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen, ordnet § 20 Abs. 4
Satz 6 EStG an, dass in Fällen des unentgeltlichen Erwerbs dem Einzelrechtsnachfolger für
Zwecke dieser Vorschrift u.a. die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen ist.
Daraus folgt, dass --unabhängig davon, mit welcher Quotierung man die
Anschaffungskosten dem entgeltlichen und den unentgeltlichen Teil eines teilentgeltlichen
Geschäfts zuordnet-- stets derjenige Teil der Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts, der
beim Veräußerer nicht dem unentgeltlichen Teil zugeordnet worden ist --und daher den
beim entgeltlichen Teil entstehenden Veräußerungsgewinn gemindert hat-- auch dem
Erwerber nicht mehr zuzurechnen ist, so dass bei diesem ein entsprechend höherer Betrag
an stillen Reserven steuerverstrickt bleibt. Da die Steuerverstrickung der unter § 20 Abs. 2
EStG fallenden Wirtschaftsgüter nicht davon abhängig ist, dass eine bestimmte
Mindestbeteiligungshöhe erreicht wird, kann auch eine nur teilweise Anteilsübertragung --
anders als bei § 17 EStG, vgl. dazu unten (3)-- hier nicht zu einer unbesteuerten
Steuerentstrickung führen.
101 (2) Eine vergleichbare Rechtslage ergibt sich für Wirtschaftsgüter, die nach § 23 EStG
steuerverstrickt sind. Hier ordnet § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG an, dass bei unentgeltlichem
Erwerb dem Einzelrechtsnachfolger für Zwecke dieser Vorschrift u.a. die Anschaffung durch
den Rechtsvorgänger zuzurechnen ist. Auch im Anwendungsbereich des § 23 EStG kann
eine endgültige Steuerentstrickung daher nicht durch eine teilentgeltliche Übertragung
eintreten, sondern nur durch den Ablauf der im Tatbestand dieser Norm genannten Fristen.
Dies hat aber mit der Frage, in welchem Umfang teilentgeltliche Übertragungen zu
steuerbaren Einkünften führen, nichts zu tun.
102 (3) Etwas anders stellt sich die Rechtslage im Anwendungsbereich des § 17 EStG dar.
Zwar sind auch hier in Fällen unentgeltlichen Erwerbs die Anschaffungskosten des
Rechtsvorgängers maßgebend, der den Anteil zuletzt entgeltlich erworben hat (§ 17 Abs. 2
Satz 5 EStG). Dadurch, dass § 17 EStG die Steuerbarkeit einer Veräußerung vom
Erreichen einer bestimmten Mindestbeteiligungsquote (derzeit 1 %) abhängig macht, ist es
aber denkbar, einen bisher steuerverstrickten Anteil insoweit der Steuerverstrickung zu
entziehen, als ein Teil dieses Anteils unentgeltlich auf einen Dritten übertragen wird und
bei diesem die Mindestbeteiligungsquote nicht mehr erreicht wird. Für diese Fälle ordnet
§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG zwar noch eine fünfjährige Nachverstrickung des Teilanteils an;
nach Ablauf dieser Frist tritt jedoch eine Steuerentstrickung ein, ohne dass es zu einer
steuerlichen Erfassung der stillen Reserven kommt.
103 Würde nun bei teilentgeltlichen Übertragungen im Anwendungsbereich des § 17 EStG die
modifizierte Trennungstheorie angewendet, hätte dies zur Folge, dass anlässlich der
teilentgeltlichen Übertragung tendenziell ein geringerer Teil der stillen Reserven als nach
den bisher geltenden Grundsätzen aufgedeckt würde, weil die Anschaffungskosten
vorrangig dem entgeltlichen Teil des Geschäfts zugeordnet würden. Umgekehrt bedeutet
dies, dass bei teilentgeltlicher Übertragung solcher Teilanteile, die für sich genommen die
1 %-Grenze nicht mehr erreichen, nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist ein höherer Anteil der
ursprünglichen stillen Reserven unbesteuert entstrickt würde. Der entscheidende Grund für
den Eintritt dieser Wirkung wäre indes nicht in der für die Ermittlung der Höhe des
Veräußerungsgewinns geltenden Berechnungsmethodik, sondern in der bewussten
Ausgestaltung des Tatbestands des § 17 EStG durch den Gesetzgeber zu sehen, der für
unentgeltliche Übertragungen von Teilanteilen eben nur eine fünfjährige
Nachverstrickungsfrist angeordnet hat. Im Übrigen wäre der aus der Steuerverstrickung
nach § 17 EStG ausgeschiedene Anteil nunmehr nach § 20 Abs. 2 EStG verstrickt, sofern
der zeitliche Anwendungsbereich dieser Norm eröffnet wäre.
104 d) Welche Argumente sprechen aus Sicht des BMF für die von ihm vertretene strenge
Trennungstheorie?
105 Die Finanzverwaltung vertritt zwar seit Jahrzehnten für die Ermittlung des
Veräußerungsgewinns in Fällen der teilentgeltlichen Übertragung einzelner
Wirtschaftsgüter des Betriebs- und Privatvermögens die als "strenge Trennungstheorie"
bezeichnete Berechnungsweise, hat diese aber bisher nicht begründet. Auch das im
vorliegenden Verfahren beklagte FA hat --abgesehen von einem Verweis auf die
einschlägigen Verwaltungsanweisungen, die indes weder den erkennenden Senat noch
die Steuerpflichtigen binden-- selbst im Revisionsverfahren keine inhaltlichen Argumente
für seine Auffassung angeführt.
106 aa) Für die modifizierte Trennungstheorie spricht aus Sicht des erkennenden Senats im
Wesentlichen, dass ihre Ergebnisse in der Praxis als überzeugender empfunden werden
dürften (ähnlich auch Kempermann, FR 2012, 1155; letztlich gesteht dies auch Mitschke,
FR 2012, 1156, zu). So dürfte es in der Praxis als einleuchtend und "richtig" empfunden
werden, dass die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts mit einem Buchwert
von 50 und einem Teilwert von 100 für einen Preis von 70 im Anwendungsbereich des § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG zu einem Gewinn von 20 führt, zumal die verbleibenden stillen
Reserven beim Erwerber steuerverstrickt bleiben und die Sperrfristregelung des § 6 Abs. 5
Satz 4 EStG anwendbar ist. Dass sich nach der strengen Trennungstheorie ein Gewinn von
35 ergeben würde, bedarf erfahrungsgemäß sowohl einiger Rechenvorgänge als auch
gewisser Erklärungsversuche.
107 Hinzu kommt, dass die modifizierte Trennungstheorie insbesondere für Fälle der
Übertragung eines Wirtschaftsguts gegen Übernahme der damit in Zusammenhang
stehenden Verbindlichkeiten eine Lösung anbietet, die weite Kreise als angemessen
ansehen dürften. Zwar ist in der Rechtsprechung aller Ertragsteuersenate unbestritten, dass
die Übernahme einer Verbindlichkeit --außerhalb des Anwendungsbereichs der
Einheitstheorie-- als Entgelt bzw. Entgeltsbestandteil anzusehen ist. Gleichwohl kommt es
hier nicht zu einem unmittelbaren Liquiditätszufluss; der Übertragende fühlt sich nicht
"bereichert".
108 Nicht zu unterschätzen ist auch die für die Rechtspraxis eintretende Erleichterung, die darin
liegt, dass die stillen Reserven des Wirtschaftsguts nicht mehr exakt bestimmt werden
müssten, weil es für die Anwendung der modifizierten Trennungstheorie nur noch auf den
Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen Veräußerungspreis und dem Buchwert
ankommt (Geck/Messner, ZEV 2012, 633, 636, und Geck, ZEV 2012, 691).
109 Ferner lassen sich nach der vorläufigen Auffassung des erkennenden Senats weder aus
der Besteuerung des Erwerbers (dazu oben b) noch aus der für Wirtschaftsgüter des
steuerverstrickten Privatvermögens geltenden Rechtslage (dazu oben c) durchgreifende
Einwände gegen die modifizierte Trennungstheorie ableiten.
110 Im Ergebnis kann auch aus der zivilrechtlichen und schenkungsteuerrechtlichen
Beurteilung teilentgeltlicher Geschäfte kein Argument für oder gegen eine bestimmte
Berechnungsweise des Veräußerungsgewinns im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5
Satz 3 EStG abgeleitet werden (vgl. hierzu einerseits Dötsch, jurisPR SteuerR 49/2012
Anm. 2; Dornheim, DStZ 2013, 397, 400; Mitschke, FR 2013, 648, 651; andererseits Wendt,
DB 2013, 834, 838). Die beiden genannten Rechtsgebiete folgen jeweils ihren eigenen
Regeln und Teleologien. So dienen die zivilrechtlichen Theorien über die Behandlung
gemischter Schenkungen dazu, die Anwendbarkeit der im Kauf- und Schenkungsrecht
jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen (z.B. Widerrufsmöglichkeit, Formbedürftigkeit,
Umfang der Gewährleistungsansprüche) zu klären. Diese Frage ist nicht notwendig
verknüpft mit der Frage, welche einkommensteuerrechtlichen Rechtsfolgen eine
Übertragung auslöst, die im Wege einer gemischten Schenkung vorgenommen wird (so
zutreffend bereits BFH-Urteil in BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11, unter 3.a).
111 bb) Gleichwohl würde der erkennende Senat bei vorläufiger Betrachtung die dogmatischen
Argumente, die für die Verwaltungsauffassung sprechen, etwas höher gewichten als die in
der Praxis möglicherweise verträglicheren Ergebnisse, die die Auffassung des IV. Senats
mit sich bringt.
112 (1) Dass ein teilentgeltliches Geschäft für Zwecke der zutreffenden Anwendung des § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG aufzuteilen ist, folgt bereits aus dem klaren Gesetzeswortlaut ("soweit").
Da die genannte Vorschrift --in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der
Gewinnermittlung-- für die unentgeltliche Komponente des Geschäfts besondere
Rechtsfolgen vorsieht, ist eine Aufteilung des teilentgeltlichen Geschäfts unvermeidlich. Sie
wird gesetzlich zwingend vorgegeben und hat --anders als manche Vertreter der
modifizierten Trennungstheorie meinen (oben 2.c dd)-- nichts mit einer von diesen
Vertretern abgelehnten Aufteilung des Wirtschaftsguts zu tun. Insoweit besteht im Übrigen
auch zwischen der strengen und der modifizierten Trennungstheorie --so wie sie vom
IV. Senat des BFH vertreten wird-- kein Dissens.
113 (2) Ist aber kraft gesetzlicher Anordnung das Rechtsgeschäft für Zwecke der Besteuerung
aufzuteilen und lässt das Gesetz --so liegt es hier nach Auffassung des erkennenden
Senats-- keinen Vorrang des einen oder des anderen Teils des Rechtsgeschäfts erkennen,
dann sprechen die besseren Argumente dafür, auch den Buchwert des Wirtschaftsguts
aufzuteilen und anteilig den beiden Teilen des Geschäfts zuzuordnen. Auch damit wird
nicht etwa "das Wirtschaftsgut" aufgeteilt, sondern lediglich der "Buchwert" --bei dem es
sich nicht um das Wirtschaftsgut selbst handelt-- in einer möglichst einsichtigen Weise in
die Ermittlung des steuerlichen Ergebnisses aus den beiden Teilkomponenten des
Geschäfts einbezogen. Gründe, die dafür sprechen, den Buchwert vorrangig gerade dem
entgeltlichen Teil des Geschäfts zuzuordnen, ergeben sich weder aus dem
Gesetzeswortlaut noch aus der gesetzlichen Systematik noch aus allgemeinen
Grundsätzen des Einkommensteuerrechts. Im Gegenteil gehört immer dann, wenn
Vorgänge zu beurteilen sind, die aus mehreren Komponenten bestehen, die anteilige
Zuordnung von Werten nach dem Maßstab, wie sie durch die eine oder die andere
Komponente wirtschaftlich verursacht bzw. veranlasst (§ 4 Abs. 4 EStG) sind, zu den
tragenden Grundsätzen des Einkommensteuerrechts.
114 (3) Zu eher ungereimten --und für den Steuerpflichtigen durchaus nachteiligen--
Ergebnissen kann die modifizierte Trennungstheorie beim teilentgeltlichen Erwerb von
Privatvermögen führen.
Beispiel: Die Steuerpflichtige S veräußert ein im Erbbaurecht errichtetes Gebäude
(Verkehrswert und AfA-Bemessungsgrundlage 200) zum Preis von 100 (auf den sich
auch der Restwert, d.h. das von S noch nicht ausgenutzte AfA-Volumen beläuft) an ihre
Tochter T.
Nach der strengen Trennungstheorie (BMF-Schreiben in BStBl I 1993, 80, Rz 16;
Schmidt/Kulosa, § 7 EStG Rz 68) hätte T aus dem entgeltlichen Teil eigene
Anschaffungskosten (und damit AfA-Volumen) von 100 und aus dem entgeltlichen Teil
gemäß § 11d EStDV fortgeführtes AfA-Volumen von 50 (50 % des Restwerts von 100).
Nach der modifizierten Trennungstheorie wäre der Restwert des Gebäudes in vollem
Umfang dem entgeltlichen Teil des Geschäfts zuzuordnen und daher "verbraucht"
(Teilentgelt 100 ./. Restwert 100 = 0). T könnte daher AfA-Beträge, die ihre
Rechtsvorgängerin nicht ausgenutzt hatte, nicht mehr selbst in Anspruch nehmen,
sondern nur ihre eigenen Anschaffungskosten von 100 abschreiben. Dieses Ergebnis
würde nach Auffassung des erkennenden Senats indes der --auch bei teilentgeltlichen
Geschäften Geltung beanspruchenden-- Wertung des § 11d EStDV nicht gerecht.
115 (4) Hinzu kommt, dass das Subjektsteuerprinzip eher für die strenge als für die modifizierte
Trennungstheorie streitet.
116 In den Fällen des § 6 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 1 EStG berühren sich drei grundlegende
einkommensteuerrechtliche Prinzipien (umfassend zum Folgenden Kloster/Kloster,
GmbHR 2002, 717, 718): Zum einen gilt das Realisationsprinzip, wonach zwar nicht schon
jede eingetretene Wertsteigerung, wohl aber die realisierte Vermögensmehrung der
Einkommensteuer unterliegt. Das Realisationsprinzip wird indes partiell durch das
Entstrickungsprinzip durchbrochen. Danach sind stille Reserven auch ohne Realisationsakt
aufzudecken, wenn sie ansonsten der Besteuerung entzogen würden. Ferner ist das
Subjektsteuerprinzip berührt, wonach die zutreffende individuelle Leistungsfähigkeit zu
erfassen ist, so dass grundsätzlich jeder Rechtsträgerwechsel zur Gewinnrealisierung
führen müsste. Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG würden das
Realisations- und Subjektsteuerprinzip für die Aufdeckung der stillen Reserven sprechen;
zur Erleichterung betriebswirtschaftlich sinnvoller Umstrukturierungen lässt der
Gesetzgeber es indes zu, stille Reserven auf einen anderen Rechtsträger übergehen und
die Einkommensteuer erst bei einem künftigen Realisationsakt in der Person des neuen
Rechtsträgers anfallen zu lassen.
117 Nach dem Subjektsteuerprinzip bzw. dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der
Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit muss grundsätzlich derjenige die
stillen Reserven versteuern, bei dem sie entstanden sind (vgl. Reiß, BB 2001, 1225, 1226,
und StbJb 2001/2002, 281, 305; Wendt, EStB 2002, 137; Crezelius, FR 2011, 401; ähnlich
auch Senatsurteil in BFHE 207, 120, BStBl II 2005, 378, unter II.2.b). Eine gesetzliche
Regelung, die das Übergehen stiller Reserven auf einen anderen Rechtsträger anordnet,
bewirkt zwar einerseits eine steuerliche Entlastung desjenigen, der die stillen Reserven
erwirtschaftet hat, andererseits aber stets eine Belastung desjenigen, der die stillen
Reserven nicht erwirtschaftet hat, dem sie aber buchmäßig zugeordnet werden. Die darin
liegende Durchbrechung des Prinzips der Besteuerung nach der persönlichen
Leistungsfähigkeit bedarf einer besonderen Rechtfertigung. Diese mag in den Fällen des
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ansatzweise darin gesehen werden, dass die Parteien einer
Unternehmensumstrukturierung es im Regelfall selbst bevorzugen werden, wenn es nicht
zu einer sofortigen Steuerzahlung durch das "richtige" Steuersubjekt kommt, sondern sie
die Steuerzahlung in die Zukunft verschieben können, auch wenn dies zur Folge hat, dass
künftig das "falsche" Steuersubjekt belastet wird, zumal die Gestaltungspraxis zahlreiche
Möglichkeiten bietet, auf zivilrechtlichem Wege einen Ausgleich für die interpersonelle
Verschiebung der Steuerzahlungspflichten zu finden.
118 Gleichwohl geht die auf den mutmaßlichen Willen der Parteien gestützte Rechtfertigung der
Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips nicht so weit, in derartigen Fällen in Abweichung
von den allgemeinen Grundsätzen den Buchwert einseitig der nicht begünstigten
Komponente des Geschäfts zuzuordnen, was zugleich das Volumen der steuerlichen
Begünstigung weiter erhöhen würde. Eine solche weitergehende Durchbrechung des
Subjektsteuerprinzips bedürfte auch einer weitergehenden Rechtfertigung, für die sich dem
Gesetz indes nichts entnehmen lässt.
119 Auch das Realisationsprinzip spricht in derartigen Fällen für die Berechnungsweise der
strengen Trennungstheorie. Denn in Bezug auf den tatsächlich gezahlten Teil-Kaufpreis ist
eine echte Gegenleistung vorhanden, die zu einem entsprechenden Zufluss liquider Mittel
und damit im steuerrechtlichen Sinne insoweit zur Leistungsfähigkeit führt. Dies gilt bei
streng dogmatischer Betrachtung --ungeachtet dessen, dass dieses Ergebnis in der
Rechtspraxis möglicherweise als unangemessen empfunden wird (s. oben aa)-- auch für
den Fall, dass das Entgelt nicht im Zufluss neuer Geldmittel, sondern in der Befreiung von
einer Verbindlichkeit besteht. Dieser Vorgang ist so zu betrachten, als seien dem
Veräußerer neue Geldmittel zugeflossen, die er nachfolgend zur Tilgung der
Verbindlichkeit einsetzt.