Urteil des BFH vom 06.12.1994

BFH (höhe, abnahme des werkes, treu und glauben, gesellschafter, vereinbarung, sondervergütung, abnahme, vorbehalt, geschäftsführung, gesellschaft)

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 24.1.2008, IV R 87/06
Abgrenzung zwischen Sondervergütung und Entnahme des Gesellschafters einer Personengesellschaft - Änderung eines
unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen, als fehlerhaft erkannten Steuerverwaltungsaktes
Leitsätze
Wird dem Gesellschafter einer Personengesellschaft eine (zusätzliche) Vergütung gewährt, die nicht durch Dienstleistungen
oder Nutzungsüberlassungen i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, sondern durch das Bestreben veranlasst ist, ihn vorzeitig an
noch nicht realisierten Gewinnen der Gesellschaft zu beteiligen, so handelt es sich um eine Entnahme des Gesellschafters .
Tatbestand
1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und die A-GmbH (A) sind zu je 50 v.H. an der Arbeitsgemeinschaft B
(ARGE) beteiligt. Zweck der ARGE ist das Abteufen von zwei Schächten aufgrund eines 1983 geschlossenen
Werkvertrages mit der C-GmbH (C). Die ARGE begann mit den Arbeiten am 1. April 1984.
2
Für das Durchteufen der nicht standfesten wasserführenden Schichten des Deckgebirges verwendete die ARGE das
Gefrierschachtverfahren. Dazu wird unter Verwendung von Gefrierrohren das den geplanten Schacht umgebende
Gebirge eingefroren. Nach Fertigstellung des Schachtes taut der Frostmantel durch natürliche Wärme wieder auf.
3
Der Vertrag mit der C sah vor, dass Leistungen für eine Nettoangebotssumme von rund 120 Mio. DM erbracht werden
sollten. Zur Erleichterung und Vorbereitung der Endabnahme wurden den technischen Gegebenheiten entsprechend
vorläufige Bauabnahmen vorgenommen. Durch diese vorläufigen Bauabnahmen sollten weder die Abnahme erklärt
noch Ansprüche wegen nicht vertragsgemäßer Lieferung oder Leistung präjudiziert werden. Die Endabnahme sollte
für die beiden Schächte getrennt nach Fertigstellung aller Leistungen stattfinden; frühestens dann, wenn das Gebirge
um den betreffenden Schacht herum in einer Zone von wenigstens 0,5 m Breite auf der ganzen Länge des
Gefrierschachtteils aufgetaut sein werde. Die Gefahr sollte mit der Abnahme auf die C übergehen. Noch im Jahr 1999
verweigerte die Auftraggeberin die von der ARGE beantragte Endabnahme bis auf weiteres. Im April 2002 kam es zu
einer Teilabnahme.
4
Nach dem Gesellschaftsvertrag waren die Gesellschafter verpflichtet, zur Erreichung des Gesellschaftszwecks im
Verhältnis ihrer Beteiligung Beiträge und Leistungen an die ARGE zu erbringen. Die Gesellschafterleistungen wurden
nach § 4.2 des ARGE-Vertrages nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages vergütet. Sofern eine Festlegung der
Vergütung fehlte, sollte die "Aufsichtsstelle" entscheiden. Bei ihr handelt es sich um das höchste Organ der ARGE, in
dem beide Gesellschafter je eine Stimme haben.
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Den Gesellschaftern oblag gemeinsam die technische Geschäftsführung der ARGE. Die kaufmännische
Geschäftsführung und Vertretung oblag der Klägerin allein. § 11 des Vertrages regelt die Vergütung für
Sonderleistungen der ARGE-Partner. Die Klägerin sollte danach für die kaufmännische Geschäftsführungstätigkeit
eine sog. Federführungsgebühr in Höhe von 0,8 v.H. des Umsatzes erhalten. Für die technische Geschäftsführung
sollte beiden Gesellschaftern eine weitere Federführungsgebühr zustehen, deren Höhe sich zunächst ebenfalls auf
0,8 v.H. vom Umsatz belief. Die technischen Federführungsgebühren wurden zum 1. Januar 1991 auf 2,3 v.H. erhöht.
6
Die von der Auftraggeberin gezahlten Gelder mussten nach dem Gesellschaftsvertrag zur Deckung der laufenden
Ausgaben einschließlich der Gesellschafterleistungen, zur Tilgung kurzfristiger Kreditverbindlichkeiten und zur
monatlichen Angleichung der Gesellschafterkonten verwendet werden. Danach verbleibende Beträge standen den
Gesellschaftern zur Entnahme zur Verfügung. Sie wurden als Forderungen auf den
Gesellschafterverrechnungskonten aktiviert.
7
Die Aufsichtsstelle beschloss für die Jahre 1993 bis 1997 jeweils am Jahresende, dass die Gesellschafter zur
"Abdeckung von zusätzlichen Geschäftskosten" eine zusätzliche Federführungsgebühr erhalten sollten. Für die Jahre
1993 bis 1997 richtete sich deren Höhe nach einem für die verschiedenen Jahre unterschiedlichen Vomhundertsatz
des vom Baubeginn bis zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres angefallenen "Umsatzes". Für das Streitjahr (1994)
belief sich dieser Vomhundertsatz auf 3. Der maßgebliche "Umsatz" wurde mit 513 Mio. DM ermittelt (Beschluss der
Aufsichtsstelle vom 6. Dezember 1994). Die Klägerin berechnete der ARGE demzufolge mit Rechnung vom 31.
Dezember 1994 unter Angabe des Betreffs "Geschäftsführung" einen Betrag in Höhe von 15 390 000 DM. Diesen
Betrag buchte die ARGE in ihrer Buchführung per Konto "Federführungsgebühr" (Aufwandskonto) an Konto
"Forderungen ARGE-Partner". Gleichzeitig buchte sie diesen Betrag per Konto "in Ausführung befindliche
Bauaufträge" (Bestandskonto) an Konto "Erhöhung des Bestandes der in Ausführung befindlichen Bauaufträge"
(Ertragskonto). Die Klägerin erfasste die zusätzliche Federführungsgebühr als Sonderbetriebseinnahme.
8
Die Klägerin erzielte ausweislich ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1994 --einschließlich der Erträge aus der ARGE--
einen Jahresüberschuss in Höhe von 4 890 313 DM. Der Abschlussprüfer erteilte einen uneingeschränkten
Bestätigungsvermerk, ohne auf die zusätzliche Federführungsgebühr einzugehen.
9
Im Jahr 1996 reichte die Klägerin für die ARGE eine Feststellungserklärung ein, derzufolge sie, die Klägerin, aus den
laufenden Einkünften der ARGE anteilig 47 612 DM erzielte. Als Sonderbetriebseinnahmen wies sie einen Betrag in
Höhe von 16 691 628 DM aus, in denen die zusätzliche Federführungsgebühr enthalten war. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung.
10 Mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 beantragte die Klägerin, den Feststellungsbescheid insoweit zu ändern, als
bei ihr 15 390 000 DM als Erträge aus zusätzlichen Geschäftskosten zu Unrecht erfasst seien. Zur Begründung führte
die Klägerin aus, die Vereinbarung vom 6. Dezember 1994 sei steuerlich nicht anzuerkennen. Bei nahestehenden
Personen könnten nachträglich abgeschlossene Vereinbarungen nicht anerkannt werden. Es handele sich vielmehr
um Entnahmen der Gesellschafter.
11 Das FA lehnte die Änderung ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch zurück.
12 Hiergegen erhob die Klägerin als zur Vertretung berufene Geschäftsführerin der ARGE und als Feststellungsbeteiligte
Klage. Sie trug ergänzend vor, entgegen der Formulierung in dem Beschluss vom 6. Dezember 1994 seien bei ihr
keine zusätzlichen Kosten angefallen. Es handele sich um eine Vereinbarung, die einem Fremdvergleich nicht
standhalte. Zwar seien die Bestimmungen des ARGE-Mustervertrages in den zwischen ihr und der A geschlossenen
ARGE-Vertrag übernommen worden. Diese sähen jedoch keine zusätzliche --zudem von Baubeginn an kumulierte--
Anpassungsregelung vor. Eine solche Anpassung sei nicht üblich. Auch unter dem Gesichtspunkt einer
Teilgewinnrealisierung ergebe sich kein anderes Ergebnis. Zudem sei Streitgegenstand der Klage die Frage, ob eine
zusätzliche Federführungsgebühr als Sondervergütung zu berücksichtigen sei; aufgrund der im Übrigen
eingetretenen Teilbestandskraft des angefochtenen Feststellungsbescheides könne nicht mehr über eine
Teilgewinnrealisierung entschieden werden.
13 Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah es zwar aufgrund von Zeugenaussagen als erwiesen an,
dass die zusätzliche Federführungsgebühr --anders als im Beschluss der Aufsichtsstelle angegeben-- nicht dazu
gedient habe, zusätzliche Kosten der Gesellschafter zu vergüten. Diese Ausdrucksweise sei nur gewählt worden --so
ein Zeuge wörtlich--, "damit das Kind einen Namen" habe. Vielmehr habe es sich um eine Erhöhung der ursprünglich
vereinbarten Federführungsgebühr gehandelt. Die Erhöhung der Federführungsgebühr sei steuerlich anzuerkennen,
da sie weder willkürlich noch unangemessen gewesen sei. Der Fall sei genauso zu werten, wie wenn von Anfang an
eine höhere Federführungsgebühr vereinbart worden wäre. Die Vereinbarung der zusätzlichen Federführungsgebühr
sei von den an der Beschlussfassung beteiligten Personen als Mittel betrachtet worden, um angesichts der positiven
Entwicklung des Auftrags einen Teilgewinn aus der Auftragsfertigung zu realisieren.
14 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.
15 Sie beantragt,
16 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung vom 7. August 2003 das FA zu
verpflichten, den Feststellungsbescheid 1994 für die ARGE dahingehend zu ändern, dass entsprechend dem
Änderungsantrag der Klägerin vom 20. Dezember 2000 deren Sondervergütung um 15 390 000 DM niedriger
festgestellt wird.
17 Das FA beantragt,
18 die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
19 II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126
Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
20 1. Einer Beiladung der ARGE nach § 60 Abs. 3 FGO bedurfte es nicht, weil die Klägerin die Klage zugleich als zur
Vertretung berufene Geschäftsführerin der ARGE erhoben hat (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19. August 1999 IV R 13/99,
BFHE 190, 11, BStBl II 2000, 85, m.w.N.). Die Beiladung der A war nicht notwendig i.S. des § 60 Abs. 3 FGO, weil die
Klage lediglich die Sondervergütungen der Klägerin betrifft (s. nachfolgend unter 3.).
21 2. Der Verwaltungsakt, mit dem das FA die Änderung des nach § 164 Abs. 1 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheides 1994
abgelehnt hat, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann der
Steuerpflichtige die Änderung des Steuer- oder Gewinnfeststellungsbescheides jederzeit beantragen (§ 164 Abs. 2
Satz 2 AO). Diesem Antrag ist --vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Möglichkeit, die Entscheidung zu
verschieben (§ 164 Abs. 2 Satz 3 AO)-- zu entsprechen, wenn der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene
Bescheid rechtswidrig ist.
22 a) Der Gewinnfeststellungsbescheid 1994 war insoweit rechtswidrig, als in ihm die von der Klägerin der ARGE in
Rechnung gestellte zusätzliche Federführungsgebühr als Sonderbetriebseinnahme den Gesamtgewinn der
Mitunternehmerschaft erhöhte. Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass die zusätzliche Federführungsgebühr als
Entnahme hätte behandelt werden müssen.
23 aa) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus
Gewerbebetrieb auch die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der
Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat. Als
Sondervergütungen sind im hier interessierenden Zusammenhang daher nur solche Vergütungen anzusehen, die als
Gegenleistung für die kaufmännische und technische Geschäftsführung der Klägerin für die ARGE anzusehen sind
(vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. März 2000 VIII R 13/99, BFHE 191, 517, BStBl II 2000, 612 zu
Nutzungsüberlassungen; Schmidt/Wacker, EStG, 26. Aufl., § 15 Rz 561). Die Feststellungen des FG lassen nur den
Schluss zu, dass es im Streitfall an diesen Voraussetzungen fehlt.
24 bb) Allerdings obliegt dem FG als Tatsacheninstanz grundsätzlich die Auslegung der Vereinbarung der Aufsichtsstelle
vom 6. Dezember 1994. Die Schlussfolgerung des FG, die Vereinbarung habe eine Erhöhung der ursprünglich
vereinbarten Sondervergütung zum Inhalt gehabt, wird durch die tatsächlichen Feststellungen des FG jedoch nicht
gedeckt und ist daher für den Senat nicht bindend. Vielmehr hat das FG aufgrund der Beweisaufnahme festgestellt,
dass die zusätzliche Federführungsgebühr nicht etwa deswegen gezahlt wurde, weil sich der Umfang der von der
Klägerin an die ARGE erbrachten Leistungen erhöht hätte. Die Federführungsgebühr ist auch nicht deswegen erhöht
worden, weil den in der Aufsichtsstelle paritätisch vertretenen Gesellschaftern die ursprünglich vereinbarte
Federführungsgebühr nachträglich unangemessen niedrig erschienen wäre. Vielmehr bezweckten die Gesellschafter
mit der Behandlung der zusätzlichen Federführungsgebühr als Sondervergütungen eine Teilgewinnrealisierung, die
ansonsten --jedenfalls nach herrschender Auffassung-- mangels Abnahme durch die Auftraggeberin handelsrechtlich
unzulässig gewesen wäre. Der bilanzrechtliche Hintergrund ist unter dem Schlagwort "Teilgewinnrealisierung bei
langfristiger Fertigung" bekannt.
25 Bei Werkverträgen i.S. des § 631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bedarf es außer der Übergabe der Abnahme
des Werkes durch den Besteller (§ 640 BGB), um den Übergang der Preisgefahr und damit die handels- und
steuerrechtliche Gewinnrealisierung herbeizuführen (BFH-Urteile vom 17. Januar 1963 IV 335/59 S, BFHE 76, 702,
BStBl III 1963, 257, und vom 13. November 1985 VIII R 391/83, BFH/NV 1986, 531; Krawitz, Deutsches Steuerrecht --
DStR-- 1997, 886, 888; Hillenbrand/ Brosig, Betriebs-Berater --BB-- 1994, 1397, 1398; Adler/ Düring/Schmaltz,
Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB § 252 Rz 82). Bei Verträgen über eine langfristige
Fertigung kann sich daraus ergeben, dass der Ausweis eines Gewinns beim Hersteller für lange Zeit ausgeschlossen
ist. Eine Teilgewinnrealisierung vor der endgültigen Abnahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Gesamtwerk in
abgrenzbare Teilleistungen zerlegt werden kann, eine Teilabnahme vertraglich vorgesehen und auch erfolgt ist (BFH-
Urteile vom 5. Mai 1976 I R 121/74, BFHE 119, 59, BStBl II 1976, 541; vom 7. September 2005 VIII R 1/03, BFHE 211,
168, BStBl II 2006, 298, unter II.B.4. der Gründe; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 6, S.
251; Stobbe in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 5 EStG Rz 292; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 270 "Langfristige
Fertigung", jeweils m.w.N.). Diese an einer strengen Anwendung des Realisationsprinzips orientierte
Gewinnrealisierung wird international als Completed-Contract-Methode bezeichnet. Ihr wird allerdings wegen des
durch sie verursachten unstetigen Ergebnisausweises eine Beeinträchtigung der Aussagefähigkeit und
Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse und damit ein Konflikt mit der Generalnorm des § 264 Abs. 2 des
Handelsgesetzbuchs (HGB) vorgeworfen. Ihre Kritiker stellen ihr die Percentage-of-Completion-Methode gegenüber,
bei der der Ertrag nach Maßgabe des Leistungsfortschritts berücksichtigt wird (vgl. Krawitz, DStR 1997, 886, 888 und
891). Wegen der für den Hersteller bis zur endgültigen Abnahme verbleibenden Risiken wird diese Methode
gleichwohl überwiegend abgelehnt (vgl. z.B. Knobbe-Keuk, a.a.O., § 6, S. 251; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 8. Aufl.,
S. 685 ff., Krawitz, DStR 1997, 886, 891, m.w.N.). Auch der BFH hat Bedenken gegen ein solches Vorgehen geäußert
(BFH-Urteil in BFHE 119, 59, BStBl II 1976, 541).
26 cc) Entgegen der Auffassung des FG kann eine Personengesellschaft dieser Problematik nicht durch eine
"Teilgewinnrealisierung im Bereich der Sonderbilanz" ausweichen. Der Gewinn, um den es hier geht, rührt aus dem
Vertrag der ARGE mit der Auftraggeberin her. Folglich kann der Gewinn auch nur im gesamthänderisch gebundenen
Gesellschaftsvermögen der ARGE entstehen. Nach dem insoweit geltenden Prinzip der transparenten Besteuerung
kann die ARGE Anteile an diesem Gewinn nicht weiterleiten, bevor er bei ihr entstanden ist. Andererseits bedarf es zur
Weiterleitung des bei der ARGE entstandenen Gewinns --anders als bei einer Kapitalgesellschaft-- keiner
Ausschüttung.
27 dd) Die von FA und FG vertretene Auffassung lässt sich auch nicht auf die Überlegung stützen, dass die zusätzliche
Federführungsgebühr --soweit angemessen-- nicht anders behandelt werden dürfe als eine von vornherein
vereinbarte höhere Federführungsgebühr. Das FG hat aufgrund der Zeugenaussagen festgestellt, dass die Zeugen
die Höhe der Federführungsgebühr gerade von der Höhe des mittlerweile entstandenen "Polsters" von nicht
realisierten Gewinnen (Differenz zwischen Anzahlungen einerseits und Restrisiken andererseits) abhängig gemacht
hätten. Eine Ermittlung der Federführungsgebühr auf dieser Grundlage wäre im Zeitpunkt der ursprünglichen
Vereinbarung nicht möglich gewesen. Diese Art der Bemessung der höheren Federführungsgebühr zeigt zugleich,
dass der Wert der von der Klägerin erbrachten Leistung bei ihrer Ermittlung keine Rolle spielte.
28 ee) Bei Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen kommt es nicht darauf an, ob dem Beschluss der
Aufsichtsstelle vom 6. Dezember 1994 bereits deshalb die steuerliche Anerkennung zu versagen war, weil er gegen
den das ganze Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Nichtanerkennung rückwirkender
Vereinbarungen (Senatsbeschluss vom 15. März 2000 IV B 35/99, BFH/NV 2000, 1185) verstieß. Die Anwendung
dieses Grundsatzes wäre jedenfalls nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Beschluss zwar zum Ende, aber noch
innerhalb des laufenden Veranlagungszeitraums getroffen worden war (BFH-Urteil vom 31. Juli 1963 I 164/62 U,
BFHE 77, 328, BStBl III 1963, 440).
29 ff) Ist die zusätzliche Federführungsgebühr nicht als Entgelt für die von der Klägerin gegenüber der ARGE erbrachte
technische Geschäftsleitung anzusehen, so fehlt es auf Seiten der ARGE an den Voraussetzungen für den
Betriebsausgabenabzug bzw. die Aktivierung bei den Herstellungskosten als "Speicherung" künftiger
Betriebsausgaben. Es handelt sich mithin um Entnahmen der Klägerin.
30 b) Die Klägerin ist nicht durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Unrichtigkeit ihrer
ursprünglichen steuerlichen Behandlung der zusätzlichen Federführungsgebühren zu berufen. Solange der Vorbehalt
der Nachprüfung i.S. des § 164 AO besteht, kann ein als fehlerhaft erkannter Steuerverwaltungsakt geändert werden.
Dabei ist unerheblich, ob derjenige, der die Änderung vornimmt (Finanzbehörde) oder begehrt (Steuerpflichtiger),
zuvor eine andere Rechtsauffassung vertreten hat.
31 3. Die Sache ist entscheidungsreif. Insbesondere bedarf es keiner Zurückverweisung zur Klärung der Frage, ob der
Gewinn der Gesellschaft deswegen zu korrigieren war, weil sich das Gesellschaftsvermögen infolge einer
Teilgewinnrealisierung erhöht hatte. Was die Höhe des Gesellschaftsgewinns angeht, so ist der
Gewinnfeststellungsbescheid 1994 bestandskräftig geworden. Die Höhe des Gewinns oder Verlustes im Bereich des
Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters kann für sich genommen Streitgegenstand im Klageverfahren gegen
einen Gewinnfeststellungsbescheid sein, mit der Folge, dass dann auch grundsätzlich nur über die diesen Bereich
betreffenden steuerrechtlichen Folgen zu entscheiden ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82,
BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und vom 7. August 1990 VIII R 257/84, BFH/NV 1991, 507). Allerdings hat der VIII.
Senat des BFH mehrfach darauf hingewiesen, dass er eine Ausnahme von diesem Grundsatz ggf. dann für geboten
hält, wenn die Angriffe gegen die Höhe des Sonderbetriebsgewinns eines Gesellschafters zwangsläufig
Auswirkungen auf die Höhe des Sonderbetriebsgewinns eines anderen Gesellschafters oder auf die Höhe des
Gewinns aus dem Gesellschaftsvermögen haben würden (BFH-Urteile in BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und vom
12. Dezember 1995 VIII R 59/92, BFHE 179, 335, BStBl II 1996, 219, unter C.II.2.b der Gründe). Das ist vorliegend
indessen nicht der Fall. Zwar hat die Nichtanerkennung der zusätzlichen Federführungsgebühr als Sondervergütung
zur Folge, dass die Gebühren nicht als Herstellungskosten der Schachtanlage aktiviert werden dürfen. Der Gewinn
der Gesellschaft im gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen ändert sich dadurch jedoch nicht. Auch
auf den Sonderbetriebsgewinn des anderen Gesellschafters A hat der Streit um die Behandlung der zusätzlichen
Federführungsgebühr bei der Klägerin keine Auswirkung. Zwar dürfte die der A eingeräumte zusätzliche
Federführungsgebühr rechtlich ebenso wenig als Sondervergütung anzuerkennen sein wie die der Klägerin
zuerkannte. Es ist aber keine Abhängigkeit in dem Sinne gegeben, dass die Nichtanerkennung als solche Auswirkung
auf die Höhe der Sondervergütungen der A hätte.