Urteil des BFH vom 14.03.2017

Keine außerbetriebliche Sphäre einer Kapitalgesellschaft - Verdeckte Gewinnausschüttung und Vorteilsausgleich bei strukturell dauerdefizitärem kommunalem Eigenbetrieb im Organkreis

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 22.8.2007, I R 32/06
Keine außerbetriebliche Sphäre einer Kapitalgesellschaft - Verdeckte Gewinnausschüttung und Vorteilsausgleich bei
strukturell dauerdefizitärem kommunalem Eigenbetrieb im Organkreis
Leitsätze
1. Die Begründung einer Organschaft zwischen verschiedenen kommunalen Eigenbetrieben in der Rechtsform einer GmbH
als Organgesellschaften und einer kommunalen Holding-GmbH als Organträgerin ist grundsätzlich nicht als missbräuchliche
Gestaltung i.S. von § 42 Abs. 1 AO anzusehen (Anschluss an das Senatsurteil vom 14. Juli 2004 I R 9/03, BFHE 207, 142) .
2. Der Senat hält auch unter der Geltung des sog. Halbeinkünfteverfahrens daran fest, dass eine Kapitalgesellschaft aus
körperschaftsteuerlicher Sicht über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung seit
Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 I R 54/95, BFHE 182, 123) .
3. Das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären kommunalen Eigenbetriebes in der Rechtsform einer GmbH (hier: das
Unterhalten eines Bäderbetriebs) ohne Verlustausgleich und ggf. ohne angemessenen Gewinnaufschlag durch die
Gesellschafterin (Trägerkörperschaft) führt regelmäßig zur Annahme einer vGA (Bestätigung des Senatsurteils vom 14. Juli
2004 I R 9/03, BFHE 207, 142) .
4. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter einer Organgesellschaft darf den Gesellschaftern auch dann keine
Vermögensvorteile zuwenden, wenn seine Handlungsweise für den Organträger von Vorteil wäre. Der Vorteilsausgleich
muss sich zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter vollziehen (Bestätigung des Senatsurteils vom 1.
August 1984 I R 99/80, BFHE 142, 123, BStBl II 1985, 18) .
Tatbestand
1 I. Alleingesellschafterin der Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, war im
Streitjahr 2001 eine Gemeinde. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war der Erwerb und die Verwaltung von
gemeindlichen Beteiligungen sowie die Planung, Beratung und Führung von gemeindlichen Eigengesellschaften unter
Berücksichtigung gemeindlicher Ziele zur Sicherstellung der Erfüllung gemeindlicher Aufgaben. In diesem
Zusammenhang war die Klägerin alleinige Anteilseignerin der E-GmbH, die die Entwicklung und den Vertrieb von
Grundstücken, insbesondere für Zwecke des Wohnungsbaus betrieb, sowie der H-GmbH, deren Unternehmenszweck
die Entwicklung, Errichtung und der Betrieb von Freizeit- und Erholungseinrichtungen, insbesondere eines
Hallenbades, sowie dazugehörende und ähnliche Geschäfte unter Berücksichtigung der gemeindlichen Aufgaben des
Angebotes von Sport und Erholung und Wahrung des Charakters öffentlicher Einrichtungen war. Mit Beherrschungs-
und Gewinnabführungsverträgen verpflichteten sich die beiden Tochtergesellschaften, ihren ganzen Gewinn an die
Klägerin abzuführen. Zugleich verpflichtete sich die Klägerin, jeden während der Vertragsdauer entstehenden
Jahresfehlbetrag auszugleichen.
2 In ihrer Körperschaftsteuererklärung für 2001 saldierte die Klägerin den Gewinn der E-GmbH in Höhe von 227 856 DM
mit dem Verlust der H-GmbH in Höhe von 552 646 DM und erklärte einen Jahresfehlbetrag von 338 320 DM. Der
Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht; er berücksichtigte zwar den
Gewinn der E-GmbH, nicht aber den Verlust der H-GmbH.
3 Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war nur zum Teil erfolgreich. Das Finanzgericht (FG)
Düsseldorf verrechnete zwar den Gewinn der E-GmbH mit dem Verlust der H-GmbH. Es erhöhte den Gewinn aber
zugleich um eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe des sich daraus ergebenden Unterschiedsbetrags,
also im Umfang des organschaftlich auszugleichenden Verlusts von 324 790 DM zuzüglich eines Gewinnaufschlags
von (geschätzten) 3 v.H. eines Betrages von 780 502 DM. Das Urteil des FG vom 7. Februar 2006 6 K 6095/03 K,G,F ist
in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1007 veröffentlicht.
4 Die Beteiligten stützen ihre Revisionen auf Verletzung materiellen Rechts.
5 Das FA hat die angefochtenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 2001 sowie den Bescheid über
die Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2001 während des
Revisionsverfahrens geändert. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sich der Streitstoff dadurch nicht
geändert hat.
6 Die Klägerin hat ihren Antrag daraufhin angepasst und beantragt nunmehr sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und
den Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2001 vom 29.
November 2002 sowie die übrigen angefochtenen Steuerbescheide, letztere in der Fassung der geänderten Bescheide
vom 12. Juni 2007, unter Ansatz des Verlusts von 282 563 EUR zu ändern.
7 Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben sowie die Klage vollen Umfangs abzuweisen.
8 Beide Beteiligten wenden sich in der Sache wechselseitig gegen die Revision des jeweils anderen und beantragen
deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
9
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur vollumfänglichen
Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision der Klägerin ist
unbegründet.
10 Das FG hat zu Unrecht eine vGA lediglich im Umfang des Unterschiedsbetrages zwischen dem Verlust der H-GmbH
und dem Gewinn der E-GmbH angenommen.
11 1. Das FG hat allerdings in der Sache zutreffend entschieden, dass die Begründung der Organschaftsverhältnisse
gemäß § 14 (i.V.m. § 17) des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zwischen der E-GmbH und der H-GmbH als
Organgesellschaften einerseits und der Klägerin als Organträgerin andererseits zum Zwecke der sog. kommunalen
Querfinanzierung von Gewinn- und Verlustbetrieben (sog. steuerlicher Querverbund) regelmäßig nicht als
gestaltungsmissbräuchlich i.S. von § 42 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) anzusehen ist. Davon geht zwischenzeitlich
auch das FA aus. Im Einzelnen bezieht sich der Senat in diesem Punkt auf sein Urteil vom 14. Juli 2004 I R 9/03
(BFHE 207, 142), das einen ähnlich gelagerten Sachverhalt betraf; an der dort gegebenen Begründung wird
festgehalten.
12 2. In jenem Urteil in BFHE 207, 142 hat der Senat die Sache an das FG zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen.
Grund dafür war, dass das FG nicht geprüft hatte, ob die Voraussetzungen einer vGA der klagenden GmbH an ihre
Alleingesellschafterin, eine Stadt, vorgelegen haben. Der Senat bezog sich dazu auf sein Urteil vom 15. Mai 2002 I R
92/00 (BFHE 199, 217, m.w.N.), wonach eine vGA vorliegen kann, wenn eine Kapitalgesellschaft ohne angemessenes
Entgelt Geschäfte tätigt, die im privaten Interesse ihrer Gesellschafter liegen und bei der Gesellschaft selbst zu
Verlusten führen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind danach die von der Gesellschaft erzielten Verluste
außerbilanziell um die angefallenen Verlustbeträge sowie einen angemessenen Gewinnaufschlag zu erhöhen. Ein
gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, an dessen Verhalten sich prinzipiell auch die
Eigengesellschaft einer Gemeinde messen lassen muss, würde nicht bereit sein, eine fortdauernde
Kostenunterdeckung aus Dienstleistungen hinzunehmen, die an sich ihrem Gesellschafter --wie im Urteilsfall der Stadt
(vgl. auch z.B. Senatsurteil vom 27. Juni 2001 I R 82-85/00, BFHE 195, 572, BStBl II 2001, 773 bezogen auf einen
nichtselbständigen Betrieb gewerblicher Art)-- obliegen. Im Ausgangspunkt dieser Überlegungen steht die Erkenntnis,
dass Kapitalgesellschaften über keine außerbetriebliche Sphäre verfügen und dass deswegen verlustbringende
Aktivitäten, die die Kapitalgesellschaft in gesellschaftsrechtlicher (Mit-)Veranlassung unternimmt, unter den
Voraussetzungen einer ertragsteuerrechtlichen sog. Liebhaberei eine vGA der Kapitalgesellschaft an ihren
Gesellschafter auslösen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteile vom 4. Dezember 1996 I R 54/95,
BFHE 182, 123; in BFHE 199, 217; auch Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 28. November 1991 IV R 122/90, BFHE
166, 257, BStBl II 1992, 342; Gosch, KStG, § 8 Rz 955; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz 60 ff., 63 ff.; Oppenländer,
Verdeckte Gewinnausschüttung, 2004, S. 97 ff.).
13 3. Auch an dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest. Sie hat zur Konsequenz, dass es sich bei den von
der H-GmbH im Streitjahr erwirtschafteten Verlusten im Grundsatz in vollem Umfang um vGA an die Gemeinde --als
Obergesellschafterin und der Klägerin nahestehende Person-- handelt, welche zunächst das Einkommen der H-
GmbH erhöhen, sodann infolge des abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrages gegenüber der Klägerin als
vorweggenommene Gewinnabführung anzusehen und von dieser nach Maßgabe von § 14 (i.V.m. § 17) KStG zu
versteuern sind (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 13. September 1989 I R 110/88, BFHE 158, 346, BStBl II 1990, 24, 27;
R 61 Abs. 4 Satz 1 bis 3 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 2004; Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 Rz 833). Bei
dieser steuerlichen Behandlung verbleibt es auch in mehrstufigen Beteiligungsketten, wenn durchgängig auf allen
Beteiligungsstufen Organschaftsverhältnisse bestehen. Ist Letzteres jedoch, wie im Streitfall zwischen der H-GmbH
und der Klägerin einerseits sowie der Gemeinde andererseits, nicht der Fall, und wird, wie ebenfalls im Streitfall, ein
als vGA anzusehender Vorteil von der untersten Gesellschaft (hier der H-GmbH) an die Ober-Gesellschaft (hier die
Gemeinde) gewährt, ist die vGA steuerlich zunächst im Organschaftsverhältnis zu der Zwischengesellschaft als
vorweggenommene Gewinnabführung und sodann --also bei der Zwischengesellschaft im Hinblick auf die
"nachfolgende" Gesellschafterebene-- als "normale" vGA zu werten (vgl. Witt/ Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die
Körperschaftsteuer, § 14 KStG nF Rz 288; Erle in Erle/Sauter, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 407; Gosch, a.a.O., § 8 Rz 237;
Kolbe in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, KStG, § 14 KStG Rz 82; FG Hamburg, Urteil vom 4. September 1997 II
82/94, EFG 1998, 392; s. auch Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 I R 247/81, BFHE 145, 165, BStBl II 1986, 195, 199).
Ob dabei neben der als vGA zu qualifizierenden Übernahme der Dauerverluste zusätzlich ein (angemessener)
Gewinnaufschlag zu machen ist, kann wegen des sog. Verböserungsverbots im Streitfall dahinstehen. Gleichermaßen
muss nicht entschieden werden, ob der Abschluss des Ergebnisabführungsvertrages mit der H-GmbH seinerseits --
dies aber nur im Umfang der Verrechnung mit den von der E-GmbH an die Klägerin abgeführten Gewinnen-- eine vGA
nach sich ziehen könnte (wohl ablehnend z.B. Klingebiel in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG nF
Stichwort "Betrieb gewerblicher Art", Rz 18a), oder ob in der vGA an die Gemeinde als Gesellschafterin der Klägerin
eine Vertragsverletzung seitens der H-GmbH gesehen werden könnte, aufgrund derer das handelsrechtlich
abzuführende Ergebnis zum Nachteil des Vertragspartners gemindert und deswegen der Gewinnabführungsvertrag
als nicht ordnungsgemäß durchgeführt anzusehen wäre (vgl. dazu Neumann in Gosch, a.a.O., § 14 Rz 405). Im
Einzelnen:
14 a) Der Senat hat ursprünglich --und ebenso wie zuvor schon der Reichsfinanzhof (vgl. Urteil vom 23. März 1927 I A
298/26, RFHE 21, 53, RStBl 1930, 353; vom 26. April 1930 I eA 45/30, RFHE 26, 309, RStBl 1930, 352)-- zu der bis
zum 31. Dezember 1976 geltenden Fassung des KStG die Auffassung vertreten, Aufwendungen einer
Kapitalgesellschaft könnten auch einem außerbetrieblichen Bereich zugeordnet werden (vgl. z.B. Gutachten vom 17.
Mai 1952 I D 1/52 S, BFHE 56, 591, BStBl III 1952, 228; Urteile vom 2. November 1965 I 221/62 S, BFHE 85, 121,
BStBl III 1966, 255; vom 4. März 1970 I R 123/68, BFHE 98, 259, BStBl II 1970, 470; vom 7. Juli 1976 I R 180/74, BFHE
119, 494, BStBl II 1976, 753; vom 24. September 1980 I R 88/77, BFHE 131, 434, BStBl II 1981, 108). Spätestens
durch sein Urteil in BFHE 182, 123 hat er diese Rechtsprechung (auch für die Gesetzeslage nach dem KStG 1977, vgl.
Urteil vom 7. November 2001 I R 14/01, BFHE 197, 287, BStBl II 2002, 861) geändert; davon geht er seitdem in
ständiger Spruchpraxis aus.
15 An dieser Einschätzung hat sich unter der Geltung des sog. Halbeinkünfteverfahrens im Körperschaftsteuerrecht
nichts geändert. Zwar ist den Kritikern dieser Rechtsprechung (u.a. z.B. Hüttemann, Der Betrieb --DB-- 2007, 1603,
1608 f., und andernorts; Nippert, Die außerbetriebliche Sphäre der Kapitalgesellschaft im Körperschaftsteuerrecht,
2006, passim; B. Lang in Ernst & Young, a.a.O., § 8 Rz 418 ff.; Pezzer, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1998, 76, jeweils
m.w.N.) einzuräumen, dass eine der Kernerwägungen für diese Rechtsprechung --die gesetzlichen Besonderheiten
des früheren gliederungsrechtlichen Anrechnungsverfahrens gemäß §§ 27 ff. KStG a.F.-- infolge der
körperschaftsteuerrechtlichen Systemumstellung entfallen ist: Geblieben sind insofern jedoch alle anderen tragenden
Erwägungen, vor allem das Abstellen auf § 8 Abs. 2 KStG --die Bestimmung, dass alle Einkünfte der
Kapitalgesellschaft solche aus Gewerbebetrieb sind--, das Fehlen einer außerbetrieblichen Sphäre in der
Handelsbilanz (§ 238 Abs. 1 und § 246 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs --HGB--), das sich über § 5 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Steuerbilanz niederschlägt, das Fehlen einer § 12 Nr. 1 EStG
entsprechenden Vorschrift im Körperschaftsteuerrecht sowie schließlich der andernfalls mögliche
Wertungswiderspruch zu § 2 Abs. 2 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).
16 Auch jede dieser Erwägungen mag zwar unschwer eine Gegenerwägung finden, der als solcher Gewicht zukommt.
Auch diese Gegenerwägungen sind indes nicht neu; sie wurden bereits seinerzeit bei der Rechtsprechungsänderung
im Jahre 1996 berücksichtigt. Das betrifft insbesondere den Aspekt, ob § 8 Abs. 2 KStG konstitutiv sämtliche
Tätigkeiten und Sachverhalte, durch welche Vermögensvorfälle veranlasst werden, in solche aus Gewerbebetrieb
umqualifiziert, oder ob die Vorschrift das Vorhandensein einer der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7
EStG voraussetzt und nur diese Einkünfte in solche gewerblicher Art umqualifiziert (s. auch Gosch, StuW 1992, 350).
Andere Aspekte sind demgegenüber eher zu vernachlässigen. Das betrifft vor allem den gelegentlich erhobenen
Einwand, das Fehlen einer privaten Sphäre bei Kapitalgesellschaften widerspreche nicht zwangsläufig der Existenz
einer außerbetrieblichen Sphäre. Dieser Einwand verfängt nicht. Gerade weil Kapitalgesellschaften über keine private
Sphäre verfügen, hätte es nahegelegen, eine Regelung wie jene in § 12 Nr. 1 EStG zu schaffen, wäre der
Gesetzgeber vom Vorhandensein einer außerbetrieblichen Sphäre ausgegangen (Oppenländer, a.a.O., S. 69;
Wassermeyer in Crezelius/Raupach/L. Schmidt/Uelner [Hrsg.], Steuerrecht und Gesellschaftsrecht als
Gestaltungsaufgabe, Freundesgabe Haas, 1996, S. 401, 405). Schließlich ist zu gewichten, dass sich bei Annahme
einer außerbetrieblichen Sphäre beträchtliche Ungereimtheiten aus der wechselseitigen Überführung von
Wirtschaftsgütern aus der betrieblichen in die außerbetriebliche Sphäre und umgekehrt ergäben. Sowohl die
Überführung eines Wirtschaftsguts von der betrieblichen in die außerbetriebliche Sphäre als auch die Überführung
des Wirtschaftsguts aus der außerbetrieblichen Sphäre in die Privatsphäre des Gesellschafters müssten als Entnahme
verstanden werden, wofür es aber an einer Rechtsgrundlage fehlen dürfte und woraus sich überdies unterschiedliche
Bewertungsmaßstäbe ergäben. Denn anders als bei der Entnahme ist bei der vGA nicht der Teilwert, sondern der
Fremdvergleichswert anzusetzen. Zudem geht auch das Halbeinkünfteverfahren seiner "Idee" nach von einer
(definitiven) körperschaftsteuerlichen Vorbelastung der Kapitalgesellschaft aus.
17 Auch wenn den Kritikern der Senatsrechtsprechung einzuräumen ist, dass jene Erwägungen jeweils für sich
genommen den Schluss auf das Fehlen einer außerbetrieblichen Sphäre nicht zwingend herleiten mögen, so ändert
das nach allem nichts daran, dass das bisherige Regelungsverständnis nach Maßgabe der erwähnten
Gesichtspunkte in ihrer Gesamtheit einem anderweitigen Verständnis jedenfalls nicht unterlegen ist. Beide
Auslegungsmöglichkeiten sind zumindest gleichwertig. Angesichts dessen besteht keine hinreichende Veranlassung,
die ständige Spruchpraxis zugunsten eines anderen Rechtsverständnisses aufzugeben.
18 b) Scheidet damit bei einer Kapitalgesellschaft (anders als im Grundsatz und unbeschadet des § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG
bei einem Betrieb gewerblicher Art, vgl. z.B. Hüttemann, DB 2007, 1603, m.w.N.) trotz fehlender
Gewinnerzielungsabsicht ein sog. Liebhabereibetrieb aus, ist die bei gesellschaftlicher Veranlassung gebotene
Einkommenskorrektur --letztlich ebenfalls anhand der Abgrenzungsmerkmale zwischen Einkunftserzielung und sog.
Liebhaberei (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2004 I R 56/03, BFHE 208, 519)-- mittels der Grundsätze über die
vGA vorzunehmen. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG mindern vGA das Einkommen nicht. Für die Ermittlung des
Gewerbeertrages gilt Entsprechendes (§ 7 Satz 1 GewStG).
19 aa) Eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG setzt bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung
(verhinderte Vermögensmehrung) voraus, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des
Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang
mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004,
131). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat eine Veranlassung der Vermögensminderung durch
das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem
nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen
und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (Senatsurteil vom 16. März 1967 I
261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626).
20 bb) Die H-GmbH erlitt fortlaufend und auch im Streitjahr Verluste. Der von ihr unterhaltene Bäderbetrieb ist nach den
tatrichterlichen Feststellungen des FG, die den Senat binden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), strukturell dauerverlustbringend.
Abhilfe könnte nach Lage der Dinge nur ein monetärer Verlustausgleich durch die Klägerin bzw. durch deren
Alleingesellschafterin, der Gemeinde als der Trägerkörperschaft, bringen. Auf einen derartigen (schuldrechtlichen)
Ausgleich würde ein gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht verzichten. Ein solcher wäre
nach Lage der Dinge nicht bereit, Leistungen zu erbringen, die an sich dem (unmittelbaren oder mittelbaren)
Alleingesellschafter obliegen, und dafür auf Dauer Verluste hinzunehmen (z.B. Senatsurteile in BFHE 207, 142; vom
28. Januar 2004 I R 87/02, BFHE 205, 181; Gosch, a.a.O., § 8 Rz 633, 1039; Klingebiel in Dötsch/Jost/Pung/Witt,
a.a.O., Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG nF Stichwort "Betrieb gewerblicher Art", Rz 11; Frotscher in Frotscher/Maas,
Körperschaftsteuergesetz, Anh. zu § 8 Rz 302 Stichwort "Non-Profit-Gesellschaften"; Ellerich/ Schulte, DB 2005, 1138;
Becker/ Kretzschmann, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, 1421, 1426 f.). Gleiches ergibt sich, vermeidet man
unter den Gegebenheiten des Streitfalls der originären Zuweisung von Aufgaben an eine Kapitalgesellschaft durch
deren Gesellschafter den an dem gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter und an dessen
Verhalten gemessenen Fremdvergleich und stellt stattdessen unmittelbar auf das Verhalten eines gedachten
Gesellschafters ab (vgl. Oppenländer, a.a.O., S. 101 f.; vgl. auch Senatsurteile vom 23. Mai 1984 I R 294/81, BFHE
141, 266, BStBl II 1984, 673; vom 14. August 1985 I R 149/81, BFHE 144, 548, BStBl II 1986, 86).
21 cc) Zudem verlangt der Senat für die Annahme einer vGA auf der Ebene der Körperschaft, dass sich daraus beim
Gesellschafter objektiv ein zurechenbarer (materieller) Vorteil i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 1997 ergeben
kann (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; zustimmend z.B. Rose, DB 2005, 2596; anders z.B.
Kohlhepp, DB 2005, 1705; derselbe, Verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuer- und
Einkommensteuerrecht, 2006, passim, vor allem S. 127 ff. und S. 168 ff.). Dieser Anforderung ist im Streitfall indes
genügt.
22 aaa) Zwar erbringt die H-GmbH mit der Unterhaltung des Bäderbetriebs allgemeine öffentliche Leistungen an die
Bürger; sie nimmt nicht im engeren Sinne (kommunale Pflicht-)Aufgaben der Trägerkörperschaft wahr, deren
Übernahme geeignet wäre, bei dieser einen Vorteil auszulösen (vgl. zu dieser Unterscheidung Hölzer, DB 2003,
2090, 2091 f.; ähnlich Storg/Vierbach, Betriebs-Berater 2003, 2098, 2104). Das Unterhalten des Bäderbetriebs gehört
aber unbeschadet dessen zu den eigenen Aufgaben der Gemeinde als der Trägerkörperschaft im Rahmen der ihr
übertragenen kommunalen Daseinsvorsorge. Die Gemeinde lagert durch die Übertragung dieser Aufgabe auf die
Klägerin eigene und ihr obliegende Tätigkeiten aus. Dass die Aufgaben von ihr freiwillig, nicht jedoch
gezwungenermaßen übernommen werden, steht dem ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass die Gemeinde
ihrerseits einen insoweit altruistischen, ideellen Zweck verfolgt und dass das "tragende Motiv" für ihr Tätigwerden die
"Befriedigung der Bedürfnisse der Bürger" ist. Ausschlaggebend ist --wie bei anderen Körperschaften auch-- allein die
gesellschaftsrechtliche (Mit-)Veranlassung der Vermögensminderung (vgl. Gosch, a.a.O., § 8 Rz 633, 1039; Frotscher
in Frotscher/Maas, a.a.O., Anh. zu § 8 Rz 302 Stichwort "Non-Profit-Gesellschaften", m.w.N.; Becker/Kretzschmann,
DStR 2007, 1421, 1426 f.; in der grundsätzlichen Wertung ebenso Hüttemann, DB 2007, 1603, 1608 f.; Nippert, a.a.O.,
S. 190; im Ergebnis anders z.B. Beiser, DB 2005, 2598, sowie Der Gesellschafter, Zeitschrift für Gesellschafts- und
Unternehmensrecht, 2006, 178, unter Berufung auf ein abstraktes "Wohl der Allgemeinheit"; ähnlich Kalwarowskyj,
Kommunale Dauerverlustbetriebe und verdeckte Gewinnausschüttung, 2006, dort insbesondere S. 38 ff.; Kohlhepp,
a.a.O., S. 127 ff.).
23 Eine andere Einschätzung folgt nicht daraus, dass Gemeinden nach den landesgesetzlichen Regelungen sich
regelmäßig nur eingeschränkt an juristischen Personen in einer Rechtsform des privaten Rechts beteiligen dürfen. So
verlangt die im Streitfall einschlägige Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (Gemeindeordnung --GO
NRW-- vom 14. Juli 1994, GV NW 1994, 666) in ihrem § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, dass bei Gründung und Beteiligung
an Einrichtungen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 GO NRW gegeben sind und ein wichtiges Interesse an der
Gründung oder der Beteiligung vorliegt. Nach jenem § 8 Abs. 1 GO NRW schaffen die Gemeinden innerhalb der
Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner
erforderlichen öffentlichen Einrichtungen. § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GO NRW sieht eine solche öffentliche Einrichtung
u.a. in Bäderbetrieben. In diesen Regelungszusammenhängen verwirklicht sich jedoch lediglich, dass die Gemeinde
verpflichtet ist, ihrerseits --jedenfalls in erster Linie-- uneigennützig zu handeln und zum Wohle ihrer Bevölkerung tätig
zu werden. Zugleich bestätigt sich darin aber, dass es sich hierbei um eigene Aufgaben der Gemeinden handelt.
Wenn diese Aufgaben auf Eigenbetriebe in Gestalt selbständiger Kapitalgesellschaften ausgelagert werden, dann
müssen sich diese Gesellschaften allgemeinen, auch den steuerrechtlichen Rechtsgrundsätzen unterwerfen
(zutreffend Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., Anh. zu § 8 Rz 302 Stichwort "Non-Profit-Gesellschaften"; anders FG
Köln, Urteil vom 24. März 2004 13 K 5107/00, EFG 2004, 1156). Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass Gemeinden
in Nordrhein-Westfalen nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW sich unter bestimmten Beschränkungen durchaus
auch wirtschaftlich betätigen dürfen, insbesondere dann, wenn ein öffentlicher Zweck eine solche Betätigung erfordert.
Es wäre einem kommunalen Bäderbetrieb hiernach wohl ohne weiteres möglich, seinen Betrieb im Wettbewerb mit
vergleichbaren anderen privaten Betrieben in profitabler Weise zu unterhalten, was zur Folge hätte, dass der
Eigenbetrieb nicht auf eine fortwährende Verlustübernahme angewiesen wäre. Ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsleiter würde sich an diesen Möglichkeiten orientieren; er wäre nicht daran gehindert, entsprechend tätig zu
werden. In diesem Sinne hat sich die Klägerin letztlich auch eingelassen.
24 Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang schließlich, dass die "Auslagerung" des Betriebs gewerblicher Art
"Bäderbetrieb" in eine selbständige Kapitalgesellschaft aus Sicht der Kommune verlustmindernde wirtschaftliche
Effekte haben mag, welche sich einerseits in den kommunalen Haushalten und andererseits in der
Gebührenbelastung derjenigen Bürger niederschlagen, die die gemeindliche Einrichtung der Daseinsvorsorge, hier
den Bäderbetrieb, in Anspruch nehmen. Diese Minderungseffekte sind, was die kommunalen Haushalte anbelangt,
ausschließlich betriebswirtschaftlicher, nicht rechtlicher Natur. Sie stehen und fallen überdies mit der Beachtung und
Einbeziehung der Steuerquote, wie sie sich aus den Besteuerungsvorgaben nach Maßgabe der einschlägigen
Gesetze errechnet. Sollen diese Gesetze und damit die steuerlichen Auswirkungen als Aufwand unbeachtet bleiben,
bedürfte es ebenso wie hinsichtlich der sozialen Auswirkungen auf die Eintrittsgebühren eines ausdrücklichen, aus
Subventions- oder Sozialzweckgründen einschränkenden Regelungsbefehls, an welchem es jedoch fehlt.
25 bbb) Die Gemeinde vermeidet infolge der Auslagerung in die Eigengesellschaft andernfalls unmittelbar bei ihr
auflaufende eigene Verluste. Denn diese Verluste treffen die Eigengesellschaft als insoweit eigenständiges
Rechtssubjekt. Dass die Verluste direkt oder indirekt im wirtschaftlichen Ergebnis doch wieder von der Gemeinde als
der Trägerkörperschaft getragen werden, indem diese die Verluste wirtschaftlich ausgleicht, ändert daran jedenfalls
dann nichts, wenn jener Ausgleich auf gesellschaftsrechtlicher Basis erfolgt. Die Hinnahme der Dauerverluste durch
die Kapitalgesellschaft und der Ausgleich jener Verluste auf der anderen Seite sind auseinanderzuhalten. Beide
Vorgänge lassen sich ebenso wenig wechselseitig "saldieren", wie dies möglich ist, wenn ein zunächst bevorteilter
Gesellschafter sich --von vornherein oder aber auch im Nachhinein-- bereit erklärt, den erlangten Vorteil
zurückzuzahlen. Beide Vorgänge sind gesellschaftsrechtlich (mit-)veranlasst, weswegen steuerlich der eine Vorgang
als vGA und der andere Vorgang als verdeckte Einlage zu beurteilen ist (im Ergebnis ähnlich Pinkos, DB 2006, 692,
1811; anders Kalwarowskyj, a.a.O., insbesondere S. 73 ff., sowie DB 2005, 2260, DB 2006, 1809).
26 So verhält es sich auch im Streitfall: Die Klägerin leistete den erforderlichen Verlustausgleich bei der H-GmbH auf der
Grundlage des mit dieser Gesellschaft nach Maßgabe von § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes geschlossenen
Gewinnabführungsvertrags. Trotz dieses Vertrags verbleibt es gegenüber der Gemeinde als Obergesellschafterin
aber dabei, dass die Verlustübernahme steuerlich als vGA zu behandeln ist. Diese vGA wird von der Klägerin an die
Gemeinde weitergeleitet, und zwar bei der notwendigen isoliert geschäftsvorfallbezogenen Betrachtung ohne mit den
anderweitigen Gewinnen aus der E-GmbH verrechnet und um diese Gewinne gemindert zu werden. Es kommt also
nicht darauf an, dass der organschaftlich auszugleichende Verlust der H-GmbH auf der Ebene der Klägerin im
wirtschaftlichen Ergebnis teilweise von den ebenfalls organschaftlich abzuführenden Gewinnen der E-GmbH
ausgeglichen wird. Der Vorteilausgleich muss sich zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter
vollziehen (vgl. Senatsurteil vom 1. August 1984 I R 99/80, BFHE 142, 123, BStBl II 1985, 18; Gosch, a.a.O., § 8 Rz
1046; Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., Anh. zu § 8 Rz 302 Stichwort "Organschaft"). Infolgedessen kann auch die
Frage dahinstehen, ob dieser Ausgleich Folge einer gezielten "Paketlösung" bei Begründung der beiden
Organschaftsverhältnisse zu der dauerdefizitären H-GmbH sowie der gewinnträchtigen E-GmbH ist, ob sich dadurch
überhaupt ein Vorteilsausgleich herstellen lässt und ob eine solche "Paketlösung" dem bei
Beherrschungsverhältnissen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter aus körperschaftsteuerrechtlicher Sicht
regelmäßig erforderlichen Gebot vorheriger, klarer und eindeutiger Abmachungen genügt.
27 4. Die Vorinstanz ist zum Teil von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Ihr Urteil war aufzuheben. Die Klage ist
vollen Umfangs abzuweisen.