Urteil des BFH vom 15.07.2008

BFH: europäisches gemeinschaftsrecht, europäische union, kirchensteuer, kapitalverkehrsfreiheit, eugh, grundrecht, diskriminierungsverbot, allgemeininteresse, amtsblatt, rechtssicherheit

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 15.7.2008, I B 202/07
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei Geltendmachung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der
Kirchensteuererhebung
Tatbestand
1 I. Die in Bayern wohnhaften Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gehören der katholischen Kirche an. Der Beklagte
und Beschwerdegegner (das Kirchensteueramt) hat gegen sie für das Streitjahr 2003 Kirchensteuer festgesetzt.
Hiergegen wenden sich die Kläger, die geltend machen, die Erhebung der Kirchensteuer verstoße gegen europäisches
Gemeinschaftsrecht. Das Finanzgericht (FG) München hat die Klage als unbegründet abgewiesen; sein Urteil vom 25.
September 2007 1 K 2102/06 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 404 abgedruckt.
2 Die Kläger begehren die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und begründen dies mit der grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache.
3 Das Kirchensteueramt beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
4 II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Kläger haben entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht hinreichend dargetan.
5 Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache muss der Beschwerdeführer zunächst eine für die
Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Erforderlich ist des Weiteren ein konkreter
und substantiierter Vortrag, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung durch die angestrebte
Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse
liegt (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625;
vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890; vom 24. Februar 1999 VIII B 50/98, BFH/NV 1999,
1220). Darüber hinaus sind Darlegungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen die Rechtsfrage unterschiedlich
beantwortet werden kann, was wiederum ggf. eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zu
dieser Frage vertretenen Auffassungen gebietet (BFH-Beschlüsse vom 24. August 2006 XI B 67/06, BFH/NV 2006,
2076; vom 14. Dezember 2006 II B 42/06, juris; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32).
6 Dem werden die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Kläger wiederholen darin lediglich
nochmals ihre Überzeugung, sie würden durch die Heranziehung zur Kirchensteuer unter Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1
des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EG-- (nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam
zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
1997 Nr. C-340, 1) gegenüber katholischen Bürgern anderer EU-Mitgliedstaaten in ihrer freien Religionsausübung
diskriminiert sowie unter Verletzung von Art. 43 und Art. 56 EG in ihrer Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit
beeinträchtigt; da hierzu noch keine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH)
vorliege, sei die Frage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und mithin von grundsätzlicher Bedeutung.
7 Es fehlt indes in der Beschwerdebegründung an jeglicher Erläuterung zu den Anwendungsbereichen der in Anspruch
genommenen EU-rechtlichen Bestimmungen und dazu, aus welchen Gründen die Auferlegung der Kirchensteuer auf
der Grundlage bayerischen Landesrechts und innerkirchlichen Rechts diesen Anwendungsbereichen unterfällt und die
betreffenden Normen verletzt. Inwiefern aus Art. 13 EG ein individuelles Grundrecht auf Schutz der
Religionsausübungsfreiheit abgeleitet werden können soll, wird nicht erläutert. Es unterbleibt in der
Beschwerdebegründung des Weiteren jegliche inhaltliche Befassung mit der in den Entscheidungsgründen des
angefochtenen Urteils ausführlich dargelegten Auffassung des FG, das Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG werde
durch die Heranziehung der Kläger zur Kirchensteuer nicht verletzt und die Anwendungsbereiche der Niederlassungs-
und der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 43, Art. 56 EG würden dadurch nicht berührt. Aus welchen Gründen und zu
welchen konkreten Auslegungsfragen unter Berücksichtigung der Ausführungen des FG zur Entscheidung des
Rechtsstreits die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EG erforderlich sein soll, ist somit aus
dem Beschwerdevorbringen nicht zu ersehen.