Urteil des BFH vom 03.04.1998

Übernahme kommunaler Aufgabe durch Unternehmer - Leistungserbringung bei Verpflichtung eines Unternehmers gegen Entgelt zur Errichtung und Betrieb eines Schwimmbads für 10 Jahre - kein ermäßigter Steuersatz für Entgelt für Errichtung und Betrieb eines Sch

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 11.2.2010, V R 30/08
Übernahme kommunaler Aufgabe durch Unternehmer - Leistungserbringung bei Verpflichtung eines Unternehmers gegen
Entgelt zur Errichtung und Betrieb eines Schwimmbads für 10 Jahre - kein ermäßigter Steuersatz für Entgelt für Errichtung
und Betrieb eines Schwimmbads - Voraussetzung für Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG
Tatbestand
1
I. Die Stadt X (Stadt) veräußerte mit notariellem Vertrag vom 3. April 1998 mehrere zusammenhängende Grundstücke
an die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Der Kaufpreis betrug unter Berücksichtigung pauschalierter
Minderwerte für Abbruch- und Mehrgründungskosten 3,5 Mio. DM. Die Klägerin verpflichtete sich zum Abbruch der
aufstehenden Gebäude und zur Bebauung des Grundstücks mit einer Kombination aus einem öffentlichen
Schwimmbad und einem mehrgeschossigen Büro-, Geschäfts- und Wohnhaus gemäß der zwischen den
Vertragsparteien abgestimmten Planung und Bauausführung. Darüber hinaus verpflichtete sich die Klägerin in dem
Vertrag, das Schwimmbad für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren zu betreiben und die Nutzung für die
Öffentlichkeit einschließlich der Schulen und Vereine zu gewährleisten. Die Klägerin konnte über die von der
Allgemeinheit zu erhebenden Eintrittspreise frei entscheiden. Da die Vertragsparteien den Bau und den Betrieb des
Schwimmbades für nachhaltig unrentabel hielten, vereinbarten sie, dass die Klägerin Bau und Betrieb des
Schwimmbades im öffentlichen Interesse übernehme. Zur teilweisen Abgeltung der hieraus entstehenden Verluste
verpflichtete sich die Stadt zur Zahlung eines Betrages von 9,6 Mio. DM an die Klägerin. Aufgrund eines gesonderten
Vertrages vereinbarten die Stadt und die Klägerin, einen Teilbetrag von 6,1 Mio. DM mit einer Forderung der Stadt
gegen die Klägerin aus der Ablösung von Stellplatzerrichtungsverpflichtungen und den Restbetrag von 3,5 Mio. DM
mit dem Anspruch der Stadt auf Kaufpreiszahlung aus dem Grundstückskaufvertrag zu verrechnen. Da sich der Betrag
zur Ablösung von Stellplatzerrichtungsverpflichtungen später auf 5,1 Mio. DM ermäßigte, zahlte die Stadt 900.000 DM
an die Klägerin.
2
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--)
vom Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes aus. Die Klägerin habe an die Stadt Leistungen erbracht und hierfür
ein Grundstück erhalten, das nach einem Wertgutachten des Bausachverständigen des FA einen Wert von 37.809.100
DM gehabt habe. Weiter habe die Klägerin 6,1 Mio. DM durch Aufrechnung und Auszahlung erhalten, so dass die
Gegenleistung für die von der Klägerin erbrachte Leistung 43.909.100 DM betrage. Das darin enthaltene Entgelt habe
sich auf 37.852.672 DM und die hierfür nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes 1993
(UStG) für den Voranmeldungszeitraum Mai 1998 geschuldete Umsatzsteuer habe sich auf 6.056.427,50 DM
belaufen. Das FA erließ einen entsprechenden Bescheid über die Umsatzsteuer-Vorauszahlung Mai 1998 vom 10.
November 1999, aus dem sich unter Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen eine Umsatzsteuer von 6.045.857 DM
ergab, und gegen den die Klägerin Einspruch einlegte.
3
Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 1998 vom 24. Februar 2000, der gemäß
§ 164 der Abgabenordnung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung stand und gemäß § 365 Abs. 3 AO zum
Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2001 wies das FA den
Einspruch als unbegründet zurück.
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Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Finanzgericht (FG). Aufgrund eines Beweisbeschlusses vom 12. Juni 2006
kam der vom FG beauftragte Sachverständige im Gutachten vom 3. Mai 2007 zum Ergebnis, dass am
Wertermittlungsstichtag 3. April 1998 ausgehend von einem Grundstückswert von 11.600.650 DM der Verkehrswert für
die verkauften Grundstücke 9.350.000 DM betrage.
5
Während des Klageverfahrens änderte das FA die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende
Umsatzsteuerjahresfestsetzung für das Streitjahr durch die Bescheide vom 16. August 2002, 30. Oktober 2002 und 21.
Juni 2007. Alle Bescheide wurden gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.
Durch den Bescheid vom 16. August 2002 erhöhte das FA im Hinblick auf den von ihm angenommenen
Grundstückswert von 37.809.100 DM die steuerpflichtige Bemessungsgrundlage zunächst um 32.594.051 DM. Durch
den Steuerbescheid vom 30. Oktober 2002 kam es zu einer hier nicht streitigen Änderung.
6
Aufgrund des Gutachtens des vom FG beauftragten Sachverständigen ging das FA schließlich im
Umsatzsteuerbescheid vom 21. Juni 2007 davon aus, dass die Gegenleistung 9,35 Mio. DM betrage, so dass sich die
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage auf 8.060.344 DM und die hierfür entstandene Umsatzsteuer auf 1.289.655
DM ermäßigte. Unter Berücksichtigung des unstreitigen Vorsteuerabzugs von 599.059,03 DM ergab sich eine
Umsatzsteuer von 353.096,13 EUR (= 690.596 DM).
7
Das FG gab der Klage insoweit statt, als es von einer Gegenleistung von brutto nur 7 Mio. DM ausging, so dass sich
eine steuerpflichtige Bemessungsgrundlage von 6.034.482 DM ergab, und wies die Klage im Übrigen ab. Es sei von
einem steuerpflichtigen Leistungsaustausch auszugehen. Die Klägerin habe eine Leistung an die Stadt als
individuellen Leistungsempfänger erbracht. Der der Stadt eingeräumte Vorteil habe darin bestanden, dass diese
einen Anspruch auf Errichtung und Betrieb eines Hallenbades für einen Zeitraum von zehn Jahren erworben habe.
Die Klägerin habe damit die Stadt von einer ihr im Rahmen der Daseinsvorsorge obliegenden Aufgabe befreit. Die
Leistung sei nicht nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG steuerfrei. Die Gegenleistung belaufe sich im Rahmen eines
tauschähnlichen Umsatzes nach § 3 Abs. 12 UStG i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG auf 7 Mio. DM (brutto). Zum Entgelt
gehöre danach ein Betrag von 3,5 Mio. DM, da in dieser Höhe die Verlustübernahme nach § 7d des Kaufvertrages mit
dem Kaufpreis für das Grundstück verrechnet worden sei. Darüber hinaus sei in Höhe des Kaufpreises von 3,5 Mio.
DM auch der Wert der an die Klägerin übertragenen Grundstücke in die Bemessungsgrundlage einzuberechnen, da
nur aufgrund des Verkaufs zum Preis von 3,5 Mio. DM sich die Klägerin zum Bau des Schwimmbades und zu dessen
Betrieb für die Dauer von 10 Jahren verpflichtet hat. Die Leistung unterliege dem Regelsteuersatz, nicht aber § 12
Abs. 2 Nr. 9 UStG, da unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbades nur die Benutzung des Schwimmbades
verbunden sei.
8
Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2009, 522 veröffentlicht.
9
Mit Bescheid vom 4. Januar 2008 änderte das FA --während des Verfahrens über die Nichtzulassung der Revision--
die Steuerfestsetzung für das Streitjahr nochmals. Es ging entsprechend dem Urteil des FG von einer Gegenleistung
von nur noch 7 Mio. DM (brutto) aus, so dass sich eine Bemessungsgrundlage von nur 6.034.482 DM ergab.
10 Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen und formellen Rechts. Es liege bereits kein steuerbarer
Leistungsaustausch vor, da die Stadt keinen Vorteil erhalten habe. Die Stadt sei zum Bau und Betrieb des
Schwimmbades nicht verpflichtet gewesen, da bereits genügend andere Schwimmbäder zur Verfügung standen. Eine
Verpflichtung der Stadt unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge habe daher mangels Erforderlichkeit nicht
bestanden. Die "Übernahme einer [nur] möglichen Aufgabe der Stadt" reiche zur Begründung eines
Leistungsaustausches nicht aus, da sich hieraus kein Vorteil für die Stadt ergebe. Die Klägerin habe darüber hinaus
eine mögliche Aufgabe der Stadt "nicht um einer versprochenen Gegenleistung willen" übernommen. Sie habe sich
nicht zielgerichtet zur Erbringung einer Leistung verpflichtet, um eine geringwertige Gegenleistung zu erhalten. Bau
und Betrieb des Schwimmbades seien nur im Interesse der Allgemeinheit erfolgt. Sie habe zumindest keine
"versteckte" Gegenleistung in Form eines über den Kaufpreis hinausgehenden Grundstückmehrwerts erhalten. Wäre
von einem derartigen Mehrwert auszugehen, hätte das FG den Sachverhalt nur mangelhaft aufgeklärt, den Grundsatz
rechtlichen Gehörs verletzt und im Übrigen auch ihre Beweisangebote verfahrensfehlerhaft übergangen. Es liege
auch kein tauschähnlicher Umsatz vor. Im Übrigen sei jedenfalls der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, da eine
unterstellte Leistung jedenfalls unmittelbar mit dem Betrieb des Schwimmbades zusammenhänge.
11 Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung des Bescheides vom 4. Januar 2008 einen
Umsatzsteuerüberschuss von 306.294,03 EUR (= 599.059,03 DM) festzusetzen, hilfsweise den ermäßigten Steuersatz
anzuwenden.
12 Das FA beantragt,
die Revision teilweise als unbegründet zurückzuweisen.
13 Wie das FG zutreffend entschieden habe, habe die Klägerin eine steuerpflichtige Leistung an die Stadt erbracht. Ob
für die Stadt eine Rechtspflicht zum Bau und Betrieb des Schwimmbades oder ein Bedarf für das Schwimmbad
bestanden habe, sei unerheblich. Der wirtschaftliche Vorteil für die Stadt bestehe darin, dass Bau und Betrieb eines
nachweislich unrentablen Schwimmbades auf die Klägerin abgewälzt worden seien. Die Klägerin habe dies in Kauf
genommen, um das Innenstadtgrundstück für die Errichtung eines Einkaufs-, Büro- und Dienstleistungszentrums zu
erhalten. Der Klägerin sei aber insoweit zuzustimmen, als die "Bemessungsgrundlage" für den tauschähnlichen
Umsatz entgegen dem FG-Urteil nur 3,5 Mio. DM betrage. Der Kaufpreis könne nicht als Gegenleistung im Rahmen
eines tauschähnlichen Umsatzes angesehen werden, da der Kaufpreis dem Grundstückswert entsprochen habe. Die
Anwendung des ermäßigten Steuersatzes komme nicht in Betracht, da sich die Leistung der Klägerin nicht auf den
Betrieb des Schwimmbades beschränkt, sondern auch dessen Errichtung umfasst habe.
Entscheidungsgründe
14 II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Die Klägerin hat im Streitjahr keine
Leistung erbracht, so dass eine Besteuerung nur aufgrund bereits im Streitjahr vereinnahmter Entgelte in Betracht
kommt. Hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen.
15 1. Das Urteil des FG hat über die Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheides 1998 vom 21. Juni 2007 entschieden.
An die Stelle dieses Bescheides trat während des Beschwerdeverfahrens gemäß § 68 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO der
Änderungsbescheid vom 4. Januar 2008.
16 Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil
keinen Bestand mehr haben kann (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE
203, 143, BStBl II 2004, 10; vom 10. November 2004 XI R 30/04, BFHE 208, 194, BStBl II 2005, 274; vom 23. August
2007 V R 10/05, BFH/NV 2007, 2217).
17 2. Darüber hinaus verletzt das Urteil des FG § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG. Nach dieser Vorschrift entsteht die
Steuer bei ihrer Berechnung nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der
Unternehmer die Leistung oder eine Teilleistung ausführt (Sätze 1 und 2) oder vor Ausführung der Leistung das
Entgelt oder einen Teil des Entgelts vereinnahmt (Satz 4).
18 a) Zwar hat die Klägerin aufgrund des mit der Stadt abgeschlossenen Vertrages im Streitfall sich zur Einbringung einer
entgeltlichen Leistung verpflichtet, die auch steuerpflichtig ist und dabei dem Regelsteuersatz unterliegt. Die Klägerin
hat diese Leistung jedoch entgegen dem FG-Urteil noch nicht im Streitjahr ausgeführt, so dass keine Steuerschuld
aufgrund einer bereits erbrachten Leistung entstanden ist.
19 aa) Entgeltliche Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der
Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen der Leistung und einem
erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich aus einem zwischen dem Leistenden und
dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen
ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27.
November 2008 V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II.1., und vom 18. Juni 2009 V R 4/08, BFHE 226,
382, BStBl II 2010, 310, unter II.2.a aa, m.w.N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-
- und des BFH).
20 bb) Für Leistungen eines Unternehmers an juristische Personen des öffentlichen Rechts bestehen keine
Besonderheiten. Auch hier kommt es für die Steuerbarkeit nur darauf an, dass zwischen Leistung und Gegenwert ein
unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger
bestehenden Rechtsverhältnis ergibt. Erbringt z.B. ein Unternehmer aufgrund eines gegenseitigen Vertrages
Leistungen zur Erfüllung der von ihm übernommenen Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts
gegen Entgelt, ist grundsätzlich von einem Leistungsaustausch auszugehen (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 2007
V R 20/05, BFHE 219, 403, BStBl II 2009, 483, Leitsatz 1; vom 5. Dezember 2007 V R 63/05, BFH/NV 2008, 996,
Leitsatz 2; in BFHE 226, 382, BStBl II 2010, 310, unter II.2.a aa, und vom 18. Dezember 2008 V R 38/06, BFHE 225,
155, BStBl II 2009, 749, Leitsatz 2).
21 Dass eine an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erbrachte Leistung mittelbar der Allgemeinheit zugute kommt
und letztlich im öffentlichen Interesse liegt, ist für die Steuerbarkeit eines Leistungsaustausches unerheblich. Auch
soweit die öffentliche Hand konkrete Leistungen für ihre im öffentlichen Interesse liegende Betätigung bezieht (wie
z.B. die Überlassung von Büroräumen oder Lieferung von Büromaterial oder Energie) und hierfür Zahlungen leistet,
liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch vor (BFH-Urteil in BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II.2.b). Dies gilt
auch, wenn die Leistung des Unternehmers an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts aus der Sicht der
betreffenden Körperschaft diese bei der Erfüllung einer freiwilligen oder Pflichtaufgabe (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20.
Dezember 2001 V R 81/99, BFHE 197, 352, BStBl II 2003, 213) dadurch entlasten soll, dass sie die betreffende
Leistung bei einem Dritten bezieht. Unerheblich ist schließlich auch, ob die Leistung für eine Körperschaft des
öffentlichen Rechts letztlich dem Nutzen der Allgemeinheit dient (BFH-Urteil in BFHE 226, 382, BStBl II 2010, 310,
unter II.2.a bb). Stets liegt die steuerbare Leistung aber nicht bereits in der bloßen Übernahme von Aufgaben, sondern
in der tatsächlichen Führung der Geschäfte und der Vornahme der Tätigkeiten, zu deren Erfüllung sich der
Unternehmer verpflichtet hat (BFH-Urteil in BFHE 226, 382, BStBl II 2010, 310, unter II.2.a aa).
22 Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen ist der für die Steuerbarkeit erforderliche Leistungsaustausch aber zu
verneinen, wenn diese nur aus z.B. struktur- oder allgemeinpolitischen oder volkswirtschaftlichen Gründen erfolgen
und lediglich dazu dienen, die Tätigkeit des Zahlungsempfängers allgemein zu fördern, nicht aber als Gegenwert für
eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Träger der öffentlichen Kasse anzusehen sind (BFH-Urteile in BFHE
225, 155, BStBl II 2009, 749, unter II.3.a dd; in BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II.1.c, und in BFHE 226, 382,
BStBl II 2010, 310, unter II.2.a aa).
23 cc) Im Ergebnis diesen Grundsätzen entsprechend hat das FG zu Recht entschieden, dass sich die Klägerin
gegenüber der Stadt zur Errichtung und zum Betrieb des Schwimmbades für die Dauer von 10 Jahren gegen Entgelt
verpflichtet hat. Ob es sich hierbei aus Sicht der Stadt um eine Pflichtaufgabe oder eine von der Stadt nur freiwillig zu
erfüllende Aufgabe handelte, ist nach der Rechtsprechung des Senats unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an,
ob die Klägerin zielgerichtet ein Entgelt erhalten wollte, da ein lediglich unmittelbarer Zusammenhang, der sich hier
aus dem zwischen der Stadt und der Klägerin abgeschlossenen Vertrag ergab, ausreicht.
24 dd) Diese Leistung der Klägerin ist nicht steuerfrei, wie das FG zu Recht entschieden hat.
25 Nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG ist die Bestellung von dinglichen Nutzungsrechten, zu denen auch
Grunddienstbarkeiten i.S. der §§ 1018 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehören, steuerfrei. Die Vorschrift beruht auf
Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG, nach der die Vermietung und Verpachtung von
Grundstücken steuerfrei ist. Steuerfrei ist danach auch die Einräumung dinglicher Rechte, die dem Inhaber ein
Nutzungsrecht an dem Grundstück geben (EuGH-Urteil vom 4. Oktober 2001 Rs. C-326/99, Stichting Goed Wonen,
Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2001, 484). Erforderlich ist aber, dass der Nutzungsberechtigte --vergleichbar einem
Eigentümer-- (EuGH-Urteil in UR 2001, 484 Rdnr. 55) Unbefugte von der Nutzung ausschließen kann.
26 Die im Streitfall der Stadt von der Klägerin eingeräumte Grunddienstbarkeit diente nur dazu, die Verpflichtung der
Klägerin zu Bau und Betrieb des Schwimmbades abzusichern, räumte demgegenüber aber kein Recht ein, andere
von der Nutzung auszuschließen, so dass eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG nicht in Betracht kommt.
27 ee) Wie das FG weiter zutreffend entschieden hat, ist der Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, nicht aber der
ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG anzuwenden.
28 Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder
verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung der Heilbäder. Die Vorschrift ist eng auszulegen (BFH-Urteil vom 12.
Mai 2005 V R 54/02, BFHE 209, 171, BStBl II 2007, 283, unter II.1.). Soweit die Vorschrift die Anwendung des
ermäßigten Steuersatzes auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze anordnet,
beruht sie auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13 dieser Richtlinie, wonach die
Mitgliedstaaten das Überlassen von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen können. Hierzu gehört
nach der Rechtsprechung des Senats zwar auch die Aufrechterhaltung des Schwimmbadbetriebs für die Öffentlichkeit
und die diesem Betrieb dienenden Betriebsführungsleistungen (BFH-Urteil vom 19. November 2009 V R 29/08,
BFH/NV 2010, 713, unter II.d), nicht aber auch der Betrieb und die Errichtung eines Schwimmbades. Eine Anwendung
des ermäßigten Steuersatzes käme hier nur in Betracht, wenn mehrere eigenständige Leistungen vorlägen, wofür
aber keinerlei Anhaltspunkte bestehen.
29 ff) Das Urteil des FG ist gleichwohl rechtsfehlerhaft, da die Klägerin ihre Leistung nicht bereits mit der Übernahme der
Aufgabe, ein Schwimmbad zu errichten und zu betreiben, erbracht hat, sondern erst mit der tatsächlichen Ausführung
dieser Leistung (BFH-Urteil in BFHE 226, 382, BStBl II 2010, 310, unter II.2.a aa). Danach hat die Klägerin ihre
Leistung erst mit Ablauf des im Streitfall vereinbarten Betriebszeitraums von zehn Jahren erbracht. Für das Vorliegen
von Teilleistungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG bestehen jedenfalls nach den bisherigen
Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte.
30 b) Zu Unrecht hat das FG in der Annahme, es liege ein tauschähnlicher Umsatz vor, den Wert des von der Klägerin
erworbenen Grundstücks in die Bemessungsgrundlage einbezogen.
31 aa) Umsatzsteuerrechtlich kann das Entgelt für eine Leistung auch in einer Leistung bestehen. Handelt es sich bei
dem Entgelt für eine Lieferung gleichfalls um eine Lieferung, liegt ein Tausch (§ 3 Abs. 12 Satz 1 UStG) vor, besteht
das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder einer anderen sonstigen Leistung, kommt es zu einem
tauschähnlichen Umsatz (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG). Tausch und tauschähnlicher Umsatz setzen eine durch den
Leistungsempfänger zu erbringende Leistung voraus.
32 bb) Im Streitfall hat die Stadt entgegen dem FG-Urteil jedoch keine Leistung im Rahmen eines tauschähnlichen
Umsatzes an die Klägerin erbracht.
33 Das FG geht in Übereinstimmung mit der Klägerin und --nunmehr im Revisionsverfahren auch dem FA-- bei seiner
Entscheidung davon aus, dass die Stadt die Grundstücke nicht unter Marktwert an die Klägerin verkauft habe. Erfolgte
der Verkauf der Grundstücke danach zu einem marktüblichen Preis, steht deren Übertragung nur zum Kaufpreis, nicht
aber auch zu der von der Klägerin erbrachten Errichtungs- und Betriebsleistung in einem unmittelbaren
Zusammenhang. Ein derartiger Zusammenhang hätte nur vorliegen können, wenn das Grundstück --wie vom FA
zunächst angenommen-- zu einem Preis unter seinem Wert verkauft worden wäre.
34 3. Die Sache ist nicht spruchreif und war daher an das FG zurückzuverweisen. Es sind noch weitere Feststellungen
erforderlich, um entscheiden zu können, in welchem Umfang die Klägerin im Streitjahr Entgelte vor der
Leistungsausführung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG vereinnahmt hat.
35 Bemessungsgrundlage für die nach dem Streitjahr erbrachten Leistungen der Klägerin ist das im Vertrag vereinbarte
Entgelt. Im Streitjahr, vor Ausführung der vereinbarten Leistung, kommt jedoch nur die Besteuerung der Anzahlungen
in Betracht, soweit diese im Streitjahr geleistet worden sind.
36 Die Stadt hatte sich aufgrund des Kaufvertrages im unmittelbaren Zusammenhang mit der von der Klägerin
übernommenen Bau- und Betriebsverpflichtung zu einer Zahlung von 9,6 Mio. DM verpflichtet. Nach § 7d des
Kaufvertrages wurde ein Teilbetrag von 3,5 Mio. DM zum gleichen Zeitpunkt wie der für den Erwerb des Grundstücks
zu errichtende Kaufpreis und damit einen Monat nach der vertraglich vorgesehenen Notarmitteilung über die
Wirksamkeit des Kaufvertrages fällig, so dass insoweit eine Vereinnahmung noch im Streitjahr erfolgt sein könnte.
37 Der Restbetrag von 6,1 Mio. DM war nach dem Kaufvertrag einen Monat nach Erteilung der Baugenehmigung fällig.
Dabei wurde die Forderung der Klägerin in Höhe von 5,1 Mio. DM durch Verrechnung mit der von der Klägerin an die
Stadt zu leistende Ablösezahlung für die Befreiung von der Stellplatzverpflichtung beglichen und der Restbetrag an
die Klägerin ausbezahlt. Sollte beides erst nach Ablauf des Streitjahrs erfolgt sein --wozu nähere Feststellungen zu
treffen sind-- käme insoweit eine Besteuerung aufgrund einer Entgeltvereinnahmung im Streitjahr nicht in Betracht.
38 4. Auf die Verfahrensrügen der Klägerin kam es nicht mehr an.