Urteil des BFH vom 17.12.1997

Steuerliche Zurechnung eines Teilgeschäftsanteils im Rahmen einer Quotentreuhand - Steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses - Beweisführungslastregelung des § 159 Abs. 1 Satz 1 AO - Keine Einschränkung der freien Beweiswürdigung des FG dur

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 6.10.2009, IX R 14/08
Steuerliche Zurechnung eines Teilgeschäftsanteils im Rahmen einer Quotentreuhand - Steuerrechtliche Anerkennung eines
Treuhandverhältnisses - Beweisführungslastregelung des § 159 Abs. 1 Satz 1 AO - Keine Einschränkung der freien
Beweiswürdigung des FG durch § 159 AO
Leitsätze
1. Der Annahme eines zivilrechtlich wirksamen Treuhandverhältnisses steht nicht entgegen, dass dieses nicht an einem
selbständigen Geschäftsanteil, sondern --als sog. Quotentreuhand-- lediglich an einem Teil eines solchen Geschäftsanteils
vereinbart wird .
2. Ein solcher quotaler Anteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt damit einen
treugutfähigen Gegenstand dar .
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt. Mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 17. Dezember 1997 gründeten die Kläger die F-
GmbH; vom Stammkapital der F-GmbH in Höhe von 100.000 DM übernahmen der Kläger und die Klägerin jeweils
eine Stammeinlage im Nennbetrag von 50.000 DM. In einem von dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt
--FA--) angeforderten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der F-GmbH erklärten die Kläger unter dem 6. Januar
1998, mit jeweils 50.000 DM an der F-GmbH beteiligt zu sein; über das Bestehen von Treuhandverhältnissen gaben
die Kläger keine Erklärung ab.
2
Im Zuge einer bei den Klägern durchgeführten --nicht die Verhältnisse des Streitjahres betreffenden-- steuerlichen
Außenprüfung wurden dem Prüfer am 21. September 1998 vier jeweils auf den 17. Dezember 1997 datierte und mit
"Treuhandvertrag über einen Geschäftsanteil" überschriebene Verträge vorgelegt, in denen der Kläger bzw. die
Klägerin jeweils unter § 1 Ziff. 1 des Vertragstextes erklärten, an der am 17. Dezember 1997 zur Urkunden-Rolle Nr. ...
des Notars X gegründeten "F-GmbH i.G." einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von jeweils 50.000 DM zu halten.
Ferner enthielten die Verträge eine Vereinbarung darüber, dass - die Klägerin einen Teilgeschäftsanteil im
Nennbetrag von 13.300 DM mit Gründung der Gesellschaft als Treuhänderin für Herrn A hält; - die Klägerin einen
Teilgeschäftsanteil im Nennbetrag von 20.000 DM mit Gründung der Gesellschaft als Treuhänderin für Frau B hält; -
der Kläger einen Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 13.300 DM mit Gründung der Gesellschaft als Treuhänder für
Herrn R hält; - der Kläger einen Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 20.000 DM mit Gründung der Gesellschaft als
Treuhänder für Frau C hält.
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Die Kaufpreise für die in den Treuhandabreden bezeichneten Quotenanteile des jeweiligen Geschäftsanteiles sollten
bis zum 5. Januar 1998 zu bezahlen sein. Nach den weiteren Bestimmungen der Verträge waren der Kläger und die
Klägerin als Treuhänder u.a. bevollmächtigt, das Stimmrecht aus dem Geschäftsanteil --gemäß den Weisungen der
Treugeber-- auszuüben.
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Mit notariell beurkundetem Abtretungsvertrag vom 29. Dezember 1998 veräußerten die Kläger die von ihnen bei
Gründung der F-GmbH übernommenen Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils 50.000 DM an die N-AG. Unter
Ziff. III. 2. der Vertragsbestimmungen erklärten die Kläger, "dass sie Eigentümer der übertragenen Geschäftsanteile
sind, diese insbesondere weder an einen Dritten abgetreten, noch belastetet oder ver- oder gepfändet sind".
Gründungsgesellschafter der am 7. Oktober 1998 gegründeten N-AG waren die Kläger sowie A, B, R und C.
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Unter dem 30. September 1999 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr bei dem FA ein.
Einen Gewinn aus der Veräußerung ihrer Beteiligungen an der F-GmbH erklärten sie nicht. Auf der Grundlage der
eingereichten Erklärung setzte das FA die Einkommensteuer für das Streitjahr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ohne Berücksichtigung von Gewinnen der Kläger aus der
Veräußerung ihrer Beteiligungen an der F-GmbH fest.
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Im Zuge einer weiteren, die Verhältnisse im Streitjahr betreffenden steuerlichen Außenprüfung legten die Kläger
zusätzliche Unterlagen vor, die belegen sollten, dass die zwischen den Klägern und den Treugebern A, B, R und C
getroffenen Treuhandvereinbarungen vor Gründung der F-GmbH getroffen worden seien. Zwar habe man die vom 17.
Dezember 1997 datierenden Treuhandverträge nachträglich schriftlich niedergelegt; gleichwohl seien die
Treuhandabreden bereits vor Abschluss des notariellen Gesellschaftsgründungsvertrages mündlich vereinbart und in
der Folgezeit genau eingehalten worden. Dies werde nicht zuletzt auch dadurch deutlich, dass die Kläger den Gewinn
aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der F-GmbH mit den Treugebern entsprechend den vereinbarten
Treuhandabreden geteilt hätten. Vor diesem Hintergrund seien die Treuhandvereinbarungen steuerlich
anzuerkennen mit der Folge, dass die Kläger im Streitjahr nicht wesentlich i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) beteiligt gewesen seien.
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Das FA vertrat demgegenüber die Auffassung, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass sie ihre Beteiligungen an
der F-GmbH tatsächlich von deren Gründung an treuhänderisch für die Treugeber A, B, R und C gehalten hätten. Die
Umstände des Streitfalles ließen es vielmehr als zweifelhaft erscheinen, dass die Treuhandvereinbarungen, wie von
den Klägern behauptet, bereits vor Gründung der F-GmbH bestanden hätten. Eine nachträgliche Begründung von
Treuhandverhältnissen hätte indes zu ihrer Wirksamkeit einer notariellen Beurkundung bedurft. Da es an einer
solchen fehle, sei davon auszugehen, dass die Kläger im Zeitpunkt der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an die
N-AG jeweils mit 50 000 DM am Stammkapital der F-GmbH beteiligt gewesen seien. Unter dem 1. Oktober 2003 erließ
das FA dementsprechend einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es nunmehr auch
einen von den Klägern aufgrund der Veräußerung ihrer Beteiligung an der F-GmbH erzielten Gewinn in Höhe von
jeweils 6.248.000 DM ansetzte.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der
Finanzgerichte 2008, 947 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen die Auffassung, dass die von den Klägern mit den
Treugebern A, B, R und C geschlossenen Treuhandvereinbarungen schon deshalb zivilrechtlich unwirksam seien,
weil die Teilgeschäftsanteile, auf die sich die jeweiligen Treuhandverhältnisse bezögen, weder bei Abschluss des
Gesellschaftsvertrages am 17. Dezember 1997 noch in der Folge durch eine nach Maßgabe des § 17 des Gesetzes
betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Streitjahr geltenden Fassung (GmbHG a.F.)
vorgenommene Abtrennung von dem jeweiligen restlichen Geschäftsanteil als selbständige Beteiligungsrechte
begründet worden seien; damit hätten diese bis zur Beendigung der vereinbarten Treuhandverhältnisse zu keinem
Zeitpunkt als selbständige Rechte bestanden. Gegenstand eines zivilrechtlich wirksamen Treuhandverhältnisses
könne nur eine Sache bzw. ein Recht sein, die bzw. das tatsächlich existiere, zumindest jedoch während des
Bestehens des Treuhandverhältnisses zu irgendeinem Zeitpunkt zur Entstehung gelange. Nur in einem solchen Fall
könnten sowohl Treugeber als auch Treuhänder ihre jeweiligen Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag
tatsächlich erfüllen. Die an die Treugeber weitergeleiteten Veräußerungsgewinnanteile seien auch nicht als
Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 EStG gewinnmindernd zu berücksichtigen.
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Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zu Unrecht gehe das FG davon aus, dass die
von den Klägern abgeschlossenen Treuhandvereinbarungen schon deshalb als zivilrechtlich unwirksam anzusehen
seien, weil sie sich lediglich auf Teilgeschäftsanteile bezögen, die weder bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages
am 17. Dezember 1997 noch in der Folge als selbständiges Beteiligungsrecht begründet worden seien. Ferner habe
das FG im Rahmen der Prüfung des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO zu Unrecht auf die spezialgesetzliche Beweislastregel des
§ 159 AO abgestellt; diese sei kein "Steuergesetz" i.S. des § 41 Abs. 1 Satz 2 AO. Jedenfalls hätte das FG die an die
Treugeber weitergeleiteten Kaufpreisteile bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG
gewinnmindernd berücksichtigen müssen. In diesem Zusammenhang habe das FG ferner zu Unrecht die von den
Klägern angebotenen Zeugenbeweise nicht erhoben.
10 Die Kläger beantragen,
den im Verlauf des Klageverfahrens ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. März 2006 sowie das
Urteil des FG vom 8. Februar 2008 aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr mit der
Maßgabe zu ändern, dass aus der Veräußerung der Anteile an der F-GmbH kein Veräußerungsgewinn erfasst wird.
11 Das FA beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
12 Das FA vertritt die Auffassung, dass ein Treuhandvertrag, der, wie im Streitfall, sich auf einen Teilgeschäftsanteil
beziehe, nicht tatsächlich durchführbar und daher mit den maßgeblichen Bestimmungen des GmbHG a.F. nicht
vereinbar sei. Das FG habe daher zu Recht die von den Klägern geschlossenen Treuhandvereinbarungen --auch
unter Berücksichtigung der Regelungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 159 Abs. 1 Satz 1 AO-- als unwirksam
angesehen. Zutreffend sei auch die Auffassung des FG, dass eine gewinnmindernde Berücksichtigung der an die
Treugeber weitergeleiteten Kaufpreisteile als Veräußerungskosten nicht in Betracht komme. Der von den Klägern
gerügte Verfahrensfehler liege nicht vor.
Entscheidungsgründe
13 II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an
das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --
FGO--).
14 1. Den gerügten Verfahrensmangel erachtet der Senat für nicht durchgreifend und sieht insoweit von einer weiteren
Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
15 2. Das FG ist indes zu Unrecht davon ausgegangen, dass die zwischen den Klägern und A, B, R und C
geschlossenen Vereinbarungen allein deshalb zivilrechtlich als unwirksam anzusehen sind, weil sie sich jeweils auf
einen (rechnerischen) Quotenanteil eines Geschäftsanteils bezogen haben, der nicht durch eine nach Maßgabe des §
17 GmbHG a.F. vorgenommene Abtrennung von dem jeweiligen Geschäftsanteil der Kläger als selbständiges
Beteiligungsrecht begründet worden ist; dies führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Das FG hat, ausgehend von
seinem Rechtsstandpunkt, nicht geprüft, ob die Quotenanteile mit Blick auf die maßgeblichen
Treuhandvereinbarungen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO oder ggf. nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen
sind. Der Senat kann auf der Basis der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die
Kläger im Streitjahr wesentlich i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 EStG an der F-GmbH beteiligt waren.
16 Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Abweichend von der zivilrechtlichen
Eigentümerstellung an Wirtschaftsgütern ist bei Vorliegen eines Treuhandverhältnisses das Treugut steuerrechtlich
dem Treugeber zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO).
17 a) Die Kläger waren im Streitjahr zivilrechtlich je zur Hälfte an der F-GmbH beteiligt. Nach Maßgabe der vom 17.
Dezember 1997 datierenden Treuhandverträge hielten die Kläger jedoch quotale Anteile ihrer jeweiligen
Geschäftsanteile als Treuhänder für A, B, R und C. Der Annahme eines (zivilrechtlich) wirksamen
Treuhandverhältnisses steht nicht entgegen, dass dieses nicht an einem selbständigen Geschäftsanteil, sondern --als
sog. Quotentreuhand-- lediglich an einem Teil eines solchen Geschäftsanteils vereinbart wird (vgl. Urteile des
Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20. Januar 1966 II ZR 46/63, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und
Bankrecht 1966, 472; vom 13. Juni 1994 II ZR 259/92, Der Betrieb --DB-- 1994, 1669, unter II.2.a; Urteil des
Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Dezember 2007 VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745; Karsten Schmidt,
Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 1828, 1867; Priester, Quotentreuhand am GmbH-Anteil, in: Der Fachanwalt für
Steuerrecht im Rechtswesen 1999, 153; s. auch P. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 39 AO Rz 170; Kruse in
Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz 39, m.w.N.). Der Anteil an einem selbständigen
Geschäftsanteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt damit einen
treugutfähigen Gegenstand dar. Die Treuhand bezeichnet in diesem Fall den Vertragszweck, die Quote dagegen
bestimmt --in technischer und betragsmäßiger Hinsicht-- die mittelbare Beteiligung des Treugebers am
Geschäftsanteil.
18 b) Nicht jede formal als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung führt allerdings zur steuerrechtlichen
Anerkennung eines Treuhandverhältnisses. Vielmehr muss der Treugeber sowohl rechtlich als auch tatsächlich das
Treuhandverhältnis beherrschen. Ein solches Treuhandverhältnis liegt dem Grunde nach vor, wenn ein Gesellschafter
als Treuhänder Inhaber eines Geschäftsanteils mit der Maßgabe ist, die Rechte aus der Beteiligung nur unter
Beachtung eines mit dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrages auszuüben. Die fiduziarische
Vollrechtstreuhand wird durch ein dingliches und obligatorisches Element gekennzeichnet. Das dingliche Element
bestimmt die Zuordnung des Rechts. Das schuldrechtliche Element ist für die interne Bindung des Treuhänders
maßgebend. Das dingliche Rechtsverhältnis kann in Form der Übertragungstreuhand, der Erwerbstreuhand oder als
Vereinbarungstreuhand zustande kommen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 745).
19 Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben und damit eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft
abweichende Zurechnung gerechtfertigt ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen. § 159 Abs. 1 Satz 1 AO enthält eine
Beweisführungslastregelung für den Fall, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO
streitig sind (BFH-Urteil vom 13. November 1985 I R 7/85, BFH/NV 1986, 638; Forchhammer in Leopold/Madle/Rader,
AO, § 159 Rz 1). Allerdings befreit § 159 Abs. 1 AO das FG nicht von der Pflicht des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, nach
seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (BFH-Beschluss
vom 10. Januar 2007 VIII B 221/05, BFH/NV 2007, 1079).
20 3. Die Sache ist nicht spruchreif.
21 a) Das FG wird im zweiten Rechtsgang zunächst die zwischen den Klägern und A, B, R und C getroffenen
Vereinbarungen nach Maßgabe der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszulegen haben;
insbesondere ist von Bedeutung, inwieweit die Verträge dem Wortlaut ihrer Bestimmungen nach Züge einer
Erwerbstreuhand oder eher solche einer Vereinbarungstreuhand tragen. Sodann wird das FG weiter prüfen, ob die
nach den genannten Maßstäben eingeordneten Verträge nach den einschlägigen Bestimmungen des GmbHG a.F.
der notariellen Form bedurften. Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass im Streitfall Formerfordernisse nicht beachtet
worden sind und das zugrundeliegende Rechtsgeschäft vor diesem Hintergrund unwirksam ist, stünde dies nach § 41
Abs. 1 Satz 1 AO einer Zurechnung i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO dann nicht entgegen, wenn nach dem Inhalt
der formunwirksamen Abreden der Treugeber einerseits alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte
(Vermögensrechte und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann und andererseits die
Vertragsparteien die in dem formunwirksamen Vertrag getroffenen Vereinbarungen nachweislich in vollem Umfang
tatsächlich durchgeführt haben (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004, m.w.N.).
22 b) Kommt das FG zu dem Schluss, dass die zwischen den Klägern und A, B, R und C getroffenen vertraglichen
Vereinbarungen nicht als Treuhandabrede auszulegen sind, ist zu prüfen, ob eine (treuhänderische) Unterbeteiligung
--etwa in der Rechtsform einer BGB-Innengesellschaft-- vorliegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 2004, m.w.N.; BGH-
Urteil in DB 1994, 1669; Scholz/H. Winter/Seibt, GmbHG, 10. Aufl., § 17 Rz 4, zur vertraglichen Gestaltung bei
Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaften). In diesem Fall kann eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft
abweichende Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO gerechtfertigt sein.
23 Die Rechtsstellung eines wirtschaftlichen Eigentümers i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist dadurch
gekennzeichnet, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der
Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Ein an einem Kapitalgesellschaftsanteil
zivilrechtlich nicht unmittelbar Beteiligter ist wirtschaftlicher Eigentümer, wenn er nach dem Inhalt der getroffenen
Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben
und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann. Wirtschaftliches Eigentum in diesem Sinne setzt regelmäßig voraus, dass
der nicht unmittelbar Beteiligte aufgrund eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf
den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte
sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 IX R 74/06, BFHE 222, 458, BStBl II 2009, 124, m.w.N.). Da es für
die Besteuerung nicht auf die äußere Rechtsform, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, ist auch bei
der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern
das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 2004,
m.w.N.).