Urteil des BFH vom 18.08.2010

Ordnungsgeld gegen einen als Zeugen geladenen Rechtsanwalt - Keine Berufung auf Zeugnisverweigerungsrecht bei Vernehmung in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 18.8.2010, I B 110/10
Ordnungsgeld gegen einen als Zeugen geladenen Rechtsanwalt - Keine Berufung auf Zeugnisverweigerungsrecht bei
Vernehmung in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH
Tatbestand
1 I. Das Finanzgericht (FG) erließ am 24. Februar 2010 einen Beweisbeschluss, nach dem Beweis erhoben werden sollte
über das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses bei der Klägerin durch Einvernahme des Beschwerdeführers als
Zeugen. Dem Beschwerdeführer wurde der Beweisbeschluss und eine Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 21.
April 2010 am 2. März 2010 zugestellt.
2 Am Nachmittag des 20. April 2010 sandte der Beschwerdeführer dem FG ein Fax, in dem er darauf hinwies, dass er als
Zeuge aussagen solle, ihm aber eine Entbindung von der Schweigepflicht seitens der Klägerin oder des Herrn X nicht
vorliege. Sollten ihm nicht entsprechende Erklärungen bis zum 20. April 2010 abends vorliegen, werde er nicht
erscheinen.
3 Die Senatsvorsitzende teilte dem Beschwerdeführer daraufhin mit, dass das Schreiben vom 20. April 2010 nicht
geeignet sei, sein Nichterscheinen zu entschuldigen. Er solle nicht als Rechtsberater aussagen, sondern Angaben zu
Sachverhalten machen, die seine Stellung als Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin beträfen. Hierzu bedürfe
es keiner Entbindung von der Schweigepflicht.
4 Mit Beschluss vom 21. April 2010 setzte das FG gegen den nicht erschienenen Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld
von 500 EUR fest und legte ihm die Kosten des Termins auf.
5 Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde, mit der er geltend macht, ihm stehe ein
Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b der Abgabenordnung (AO) zu. Die Tätigkeit für die
Klägerin bzw. für Herrn X sei im Rahmen eines langjährigen Mandatsverhältnisses erfolgt. Mangels Entbindung von der
Schweigepflicht sei es ihm verwehrt, eine Aussage zu machen. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
6 II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat dem Beschwerdeführer ohne Rechtsverstoß ein Ordnungsgeld und die
Kosten des Termins auferlegt.
7 1. Gemäß § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 380 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) werden einem
ordnungsgemäß geladenen Zeugen, ohne dass es eines Antrags bedarf, die durch sein Ausbleiben verursachten
Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden
kann, Ordnungshaft festgesetzt. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben
nur dann, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird (§ 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
8 2. Der Beschwerdeführer hat sein Ausbleiben nicht ausreichend entschuldigt. Er war auch nicht gemäß § 82 FGO i.V.m.
§ 386 Abs. 3 ZPO davon befreit, im Termin zu erscheinen. Nach dieser Vorschrift ist ein Zeuge trotz ordnungsgemäßer
Ladung von seiner Pflicht, im Termin zu erscheinen, befreit, wenn er seine Zeugnisverweigerung ordnungsgemäß nach
§ 386 Abs. 1 ZPO vor dem Termin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt. Der Beschwerdeführer hat
seine Zeugnisverweigerung nicht ordnungsgemäß erklärt. Zwar genügt gemäß § 386 Abs. 2 ZPO in den Fällen des §
383 Nr. 4, 6 ZPO zur Glaubhaftmachung die mit Berufung auf einen geleisteten Diensteid abgegebene Versicherung
(vgl. auch Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 27. Januar 2004 II B 120/02, BFH/NV 2004, 658). Eine solche
Versicherung hat der Beschwerdeführer indessen nicht abgegeben. Er hat auf seine Ladung hin nur erklärt, eine
Entbindung von der Schweigepflicht seitens des Herrn X bzw. der Klägerin liege nicht vor. Damit war unter den
Gegebenheiten des Streitfalls ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO indessen nicht
hinreichend dargetan. Der Beschwerdeführer war Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin, einer Vermögens-
und Immobilienverwaltungs GmbH, und sollte als solcher vernommen werden, was ihm schriftlich von der Vorsitzenden
mitgeteilt worden war. Das Halten von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und die Tätigkeit als Geschäftsführer
einer GmbH sind keine berufstypischen Tätigkeiten eines Rechtsanwalts. Es ist nicht ersichtlich und hätte daher
entweder einer Versicherung nach § 386 Abs. 2 ZPO oder weiterer Substantiierung bedurft, dass er zu diesem
Beweisthema Tatsachen hätte offenbaren müssen, die ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Anwalt anvertraut
wurden.