Urteil des BFH vom 07.05.2010

Auffangstreitwert für Klage ohne Sachantrag

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 7.5.2010, IV S 3/10
Auffangstreitwert für Klage ohne Sachantrag
Tatbestand
1 I. Die Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Antragstellerin) war im Streitjahr 1998 Mitunternehmerin einer KG.
Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) wegen geringer Bedeutung keine gesonderte
und einheitliche Feststellung der Einkünfte der KG durchgeführt hatte, beantragte die Antragstellerin den Erlass eines
Gewinnfeststellungsbescheids. Das FA lehnte den Antrag durch negativen Gewinnfeststellungsbescheid ab. Ein von
der Antragstellerin eingelegter Einspruch blieb erfolglos. Das FA richtete die Einspruchsentscheidung an die KG,
vertreten durch die Antragstellerin.
2 Daraufhin erhob die Antragstellerin Klage als Vertreterin der KG. Während des Klageverfahrens erließ das FA eine
nach § 129 der Abgabenordnung berichtigte Einspruchsentscheidung, nach der die Antragstellerin selbst Adressatin
der Einspruchsentscheidung war. Das Finanzgericht (FG) legte die Klage als solche der Antragstellerin selbst aus und
wies die Klage als unzulässig ab.
3 Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin hob der beschließende Senat das FG-Urteil durch Beschluss
vom 28. Januar 2010 IV B 56/08 auf. Das FG habe zu Unrecht über eine Klage der Antragstellerin entschieden. Die
Klage sei als solche der KG auszulegen; über sie sei noch zu entscheiden.
4 Mit Schriftsatz vom 12. März 2010 begehrt die Antragstellerin eine Festsetzung des Streitwerts durch das Gericht. Ein
diesbezügliches Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich daraus, dass ein zahlenmäßig bestimmter Streitwert des
Verfahrens nicht erkannt werden könne.
Entscheidungsgründe
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II. 1. Der Antrag auf Streitwertfestsetzung ist zulässig.
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Nach § 63 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) setzt in der Finanzgerichtsbarkeit das Prozessgericht den
Wert des Streitgegenstandes durch Beschluss fest, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung
beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
(BFH) muss für den Antrag ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis bestehen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17.
November 1987 VIII R 346/83, BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287; vom 14. Juli 2009 VI S 10/09, Zeitschrift für Steuern
und Recht 2009, R866). Dieses fehlt in der Regel, wenn sich die Höhe des Streitwerts aus den Anträgen der
Beteiligten und der bisherigen Rechtsprechung des BFH zur Bemessung des Streitwerts in gleichartigen Fällen
eindeutig ermitteln lässt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 1980 IV R 235/75, BFHE 131, 288, BStBl II 1981,
38; vom 23. Mai 2001 IV S 1/01, BFH/NV 2001, 1431).
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Im Streitfall hat die Antragstellerin keinen bezifferten Antrag gestellt, vielmehr die Stellung eines Sachantrags
abgelehnt und einen Antrag auf Vertagung gestellt. Der Gegenstandswert des Rechtsstreits lässt sich danach nicht
ohne weiteres ermitteln, so dass ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für eine Streitwertfestsetzung durch das
Gericht besteht.
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2. Die Höhe des Streitwerts ist gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden
Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des
Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).
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Der Senat kann weder nach dem Sach- und Streitstand bis zur Entscheidung des FG noch anhand des Vorbringens
mit der Nichtzulassungsbeschwerde erkennen, welche betragsmäßige Bedeutung sich für die Antragstellerin aus dem
Verfahren ergibt. Soweit mit der Klage mittelbar möglicherweise die Klärung der zivilrechtlichen
Gesellschaftsverhältnisse beabsichtigt war, kann dies bei der Bemessung des Streitwerts nicht berücksichtigt werden.
Denn eine bindende Entscheidung derartigen Inhalts kann mit einer Klage vor einem FG gegen einen negativen
Gewinnfeststellungsbescheid nicht erreicht werden.
10 Der Senat bemisst den Streitwert deshalb nach § 52 Abs. 2 GKG mit 5.000 EUR.