Urteil des BFH vom 27.10.2009

BFH: gerichtshof der europäischen gemeinschaften, china, befreiung, verordnung, kontrolle, abgabe, verkehr, lieferung, kommission, begriff

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 27.10.2009, VII R 26/08
Antidumpingzoll: Anwendung der "de-minimis-Regelung" im Firmenverbund hinsichtlich der Befreiung vom Antidumpingzoll
auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China
Leitsätze
Die Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter Fahrradteile durch eine Partei an eine mit ihr geschäftlich
verbundene Partei ist antidumpingzollrechtlich keine Lieferung, denn hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für eine
Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China, nämlich die Lieferung der
Fahrradteile an Montagebetriebe in nur geringfügigen Mengen, vorliegen, sind geschäftlich miteinander verbundene Parteien
als eine Partei anzusehen .
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wendet sich gegen die Festsetzung von Antidumpingzoll auf die
Einfuhren von Fahrradteilen aus der Volksrepublik China (China) durch die T-GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die
Klägerin ist.
2 Durch die Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 (VO Nr. 2474/93) des Rates vom 8. September 1993 zur Einführung eines
endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur
endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Antidumpingzolls (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG--
Nr. L 228/1) wurde ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Fahrrädern und anderen Zweirädern mit
Ursprung in China eingeführt. Um die Umgehung des eingeführten Antidumpingzolls durch die Einfuhr von
Fahrradteilen zu verhindern, wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 (VO Nr. 71/97) des Rates vom 10. Januar 1997
zur Ausweitung des mit der VO Nr. 2474/93 eingeführten Antidumpingzolls [...] (ABlEG Nr. L 16/55) der auf die Einfuhren
von Fahrrädern mit Ursprung in China eingeführte Antidumpingzoll auf die Einfuhren wesentlicher Fahrradteile mit
Ursprung in China ausgeweitet. Art. 3 VO Nr. 71/97 gab der Kommission die Ermächtigung zum Erlass von
Bestimmungen, um Einfuhren wesentlicher Fahrradteile, mit denen der Antidumpingzoll nicht umgangen wird, von dem
ausgeweiteten Zoll zu befreien. Diese Bestimmungen wurden mit der Verordnung (EG) Nr. 88/97 (VO Nr. 88/97) der
Kommission vom 20. Januar 1997 [...] (ABlEG Nr. L 17/17) erlassen. Danach konnten (u.a.) gemäß Art. 14 VO Nr. 88/97
zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete wesentliche Fahrradteile vom Antidumpingzoll befreit werden, sofern sie
unter zollamtlicher Kontrolle im Verfahren der besonderen Verwendung an bestimmte Abnehmer geliefert oder in
geringer Stückzahl (weniger als 300 Stück/Monat) bezogen oder geliefert wurden.
3 Auf ihren Antrag waren der T-GmbH 1997 und 1999 zollamtliche Bewilligungen für die zollbegünstigte besondere
Verwendung bestimmter wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in China erteilt worden. Die T-GmbH gehörte seinerzeit
zu einer mit Fahrradteilen handelnden Firmengruppe, der außer ihr die RTV-GmbH sowie M als Inhaber der Einzelfirma
RM (Fa. RM) angehörten, dem die Gesellschaftsanteile der T-GmbH und der RTV-GmbH, deren Geschäftsführer er war,
zu 100 % gehörten. Die von der T-GmbH im Rahmen der ihr erteilten Bewilligungen zur besonderen Verwendung unter
Befreiung vom Antidumpingzoll eingeführten Fahrradteile wurden z.T. innerhalb der Firmengruppe an die Fa. RM und
die RTV-GmbH weitergegeben und diesen in Rechnung gestellt. Im Namen und auf Rechnung der jeweiligen Firma
wurden die Fahrradteile dann einzelnen Kunden verkauft.
4 Aufgrund einer Prüfung bei der T-GmbH vertraten das Hauptzollamt B, dessen Zuständigkeit auf den Beklagten und
Revisionsbeklagten (das Hauptzollamt --HZA--) übergegangen ist, und das HZA die Ansicht, dass die seitens der T-
GmbH eingeführten Fahrradteile z.T. nicht unter den für die Befreiung vom Antidumpingzoll geltenden Bedingungen
verwendet worden seien, und erhoben insoweit mit mehreren Bescheiden Antidumpingzoll nach. Die Nacherhebung
stützte sich auf die Prüfungsfeststellungen, wonach zum einen Fahrradteile als Muster bzw. zu Montagezwecken
verwendet oder wieder ausgeführt worden seien, zum anderen die monatliche Mengenbegrenzung durch Lieferungen
von mehr als 299 Fahrradteilen an die Fa. RM oder die RTV-GmbH überschritten und teilweise auch die
Verwendungsfristen nicht eingehalten worden seien. Die hiergegen erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg; im
anschließenden Klageverfahren wurde allerdings Antidumpingzoll z.T. erlassen, nachdem weitere
Verwendungsnachweise anerkannt worden waren.
5 Das Finanzgericht (FG) wies die wegen der verbleibenden Abgabenfestsetzung aufrechterhaltene Klage zum
überwiegenden Teil ab. Das FG urteilte, die Verwendung von Fahrradteilen zur Montage von Ausstellungsstücken und
Mustern sei keine abgabenbegründende Pflichtverletzung gewesen, und änderte insoweit die angefochtenen
Bescheide. Im Übrigen sei die Nacherhebung des Antidumpingzolls jedoch rechtmäßig. Die Abgabenschuld sei gemäß
Art. 204 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex (ZK) entstanden, weil die T-GmbH ihre Pflichten im Verfahren der besonderen
Verwendung insofern nicht erfüllt habe, als die eingeführten Fahrradteile z.T. einer anderen als der vorgeschriebenen
Verwendung zugeführt bzw. die Verwendungsfristen nicht eingehalten worden seien. Die T-GmbH sei nach der für eine
Befreiung allein in Betracht kommenden Vorschrift des Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 berechtigt gewesen, Fahrradteile
in Mengen von weniger als 300 Stück pro Monat selbst zu beziehen oder als Verteiler an eine andere Partei (Kunde) zu
liefern. Diese Berechtigung habe sie überschritten, soweit sie pro Monat mehr als 299 Stück bestimmter Fahrradteile an
die Fa. RM oder die RTV-GmbH geliefert habe, denn die Organschaft sei nicht wie eine Partei und die Lieferungen
innerhalb der Organschaft seien daher wie Lieferungen an andere Parteien (Kunden) zu behandeln. Eine
Pflichtverletzung i.S. des Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK seitens der T-GmbH liege auch insoweit vor, als sie Fahrradteile
nicht innerhalb eines Jahres an eine andere Partei geliefert habe. Die Fristüberschreitung habe sich auf die
ordnungsgemäße Abwicklung des Zollverfahrens der besonderen Verwendung ausgewirkt, denn die Voraussetzungen,
unter denen der T-GmbH bei rechtzeitiger Antragstellung eine Fristverlängerung hätte gewährt werden können, lägen
nicht vor.
6 Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, es müsse berücksichtigt werden, dass die T-GmbH, die RTV-GmbH und
die Fa. RM wirtschaftlich miteinander verbunden gewesen seien, eine körperschaftsteuerliche sowie umsatzsteuerliche
Organschaft gebildet hätten und deshalb eine Partei im Sinne der Antidumpingvorschriften gewesen seien. Hinsichtlich
der Fristüberschreitungen sei es nach Sinn und Zweck der Antidumpingvorschriften zweifelhaft, ob damit eine
Schädigung der Gemeinschaft verbunden gewesen sei. Bei der gebotenen sinngemäßen Anwendung der Vorschriften
über die besondere Verwendung hätten die Fristen auch rückwirkend verlängert werden können.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist teilweise begründet und führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung
der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Wegen Überschreitung der
monatlichen Mengenbegrenzung bei Abgabe bestimmter Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH ist eine
Antidumpingzollschuld nicht entstanden (2.). Ob und in welcher Höhe insoweit andere Pflichtverletzungen zur
Entstehung der Antidumpingzollschuld führen, bedarf weiterer Klärung (3.). Die Revision ist unbegründet und daher
zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO), soweit Antidumpingzoll wegen Überschreitung der Verwendungsfrist festgesetzt
worden ist (4.).
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1. Das FG ist davon ausgegangen, dass im Streitfall eine Befreiung vom ausgeweiteten Antidumpingzoll allein gemäß
Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 in Betracht kommt und dass die T-GmbH nach dieser Vorschrift unter Befreiung vom
ausgeweiteten Antidumpingzoll berechtigt war, unter der zollamtlichen Kontrolle der besonderen Verwendung
bestimmte wesentliche Fahrradteile aus China in Mengen von weniger als 300 Stück pro Monat selbst zu beziehen
oder als Verteiler an eine andere Partei (Montagebetrieb) zu liefern. Der erkennende Senat folgt dieser --auch von
den Beteiligten nicht infrage gestellten-- Auslegung der Vorschrift, welche sich --wie das FG zutreffend ausgeführt hat--
aus den Erwägungsgründen Nr. 4 und 8 der VO Nr. 88/97 ergibt, denen zufolge zum einen Lieferungen wesentlicher
Fahrradteile an einen Montagebetrieb in einer Größenordnung von weniger als 300 Stück pro Monat als wirtschaftlich
und für die Ziele des Antidumpingzolls kaum von Bedeutung angesehen wurden und zum anderen auch Parteien, die
keine Montagen durchführen, das Befreiungssystem (als Verteiler) sollten in Anspruch nehmen können, sofern sie
Fahrradteile nur in diesen geringfügigen Mengen an Montagebetriebe liefern (vgl. auch Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 71/97 und
die Erwägungsgründe Nr. 37, 38 der VO Nr. 71/97 sowie Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen
Gemeinschaften vom 26. September 2000 T-74/97 und T-75/97, Slg. 2000, II-3067, Rz 12, 16).
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Der Senat hält dies für zweifelsfrei und sieht keine Verpflichtung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu richten (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 283/81 --
C.I.L.F.I.T--, Slg. 1982, 3415, 3430).
10 2. Der Senat teilt jedoch nicht die Ansicht des FG, die T-GmbH habe mit der Weitergabe zur besonderen Verwendung
abgefertigter wesentlicher Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH diese Teile i.S. des Art. 14 Buchst. c VO Nr.
88/97 anderen Parteien geliefert.
11 a) Der in der VO Nr. 88/97 verwendete Begriff der "Partei" wird dort nicht definiert. Art. 3 VO Nr. 71/97, der die
rechtliche Grundlage der VO Nr. 88/97 bildet, verwendet diesen Begriff nicht, sondern spricht von "Unternehmen", z.T.
auch von "Betrieben", allerdings auch wieder ohne eine Begriffsbestimmung. Durchgehend gebräuchlich dagegen ist
die Verwendung des Begriffs der "Partei" in der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (VO Nr. 384/96) des Rates vom 22.
Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden
Ländern (ABlEG Nr. L 56/1) sowie in dem dieser Verordnung zugrunde liegenden Übereinkommen zur Durchführung
des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 --Antidumpingkodex-- (ABlEG 1994 Nr. L
336/103) als Oberbegriff für die am Antidumpingverfahren beteiligten ausländischen und inländischen Hersteller,
Einführer und Ausführer.
12 Den Vorschriften der VO Nr. 88/97 kann entnommen werden, dass es sich bei einer "Partei" um eine zu rechtlichen
Handlungen fähige Person oder einen Personenzusammenschluss handelt, die bzw. der insbesondere Anträge
stellen (Art. 1 Anstrich 5, Art. 3 VO Nr. 88/97) und Zollanmeldungen abgeben kann (Art. 2 VO Nr. 88/97). Da zur
Abgabe einer Zollanmeldung gemäß Art. 64 ZK jede Person (Art. 4 Nr. 1 ZK) berechtigt ist, kann angenommen
werden, dass eine "Partei" i.S. der VO Nr. 88/97 jede "Person" i.S. des Art. 4 Nr. 1 ZK sein kann. Die in den Anhängen I
und II zur VO Nr. 88/97 genannten Parteien bestätigen dies ebenso wie die Formulierung in Art. 14 VO Nr. 88/97 "von
einer anderen Person als einer befreiten Partei ...".
13 b) Da sowohl die T-GmbH als auch die RTV-GmbH und M in Fa. RM Personen i.S. des Art. 4 Nr. 1 ZK sind, kann zwar
jede(r) für sich als "Partei" angesehen werden, weil durch die (vom FG angenommene) Organschaft weder im Sinne
des Körperschaftsteuergesetzes noch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes die rechtliche Selbstständigkeit der
beteiligten juristischen Personen tangiert wird (vgl. Gosch/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 14 Rz 33,
44, 390, § 17 Rz 14; Radeisen in Vogel/ Schwarz, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 126, 138). Allerdings verlangt Art. 14
Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 bezüglich der Einhaltung der Mengenbegrenzung bei der Lieferung von Fahrradteilen
die Berücksichtigung der geschäftlichen Verbundenheit von Parteien, die auch allgemein im Antidumpingzollrecht von
Bedeutung ist (vgl. z.B. Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 384/96 sowie Art. 2 Abs. 1, Abs. 3 und Art. 4
Abs. 1 Antidumpingkodex). Danach werden bei der Bestimmung der Anzahl der in einem Monat angemeldeten oder
gelieferten Fahrradteile die von allen miteinander geschäftlich verbundenen Parteien angemeldeten oder gelieferten
Fahrradteile zusammengerechnet und damit diese verbundenen Parteien wie eine Partei behandelt. Daraus folgt,
dass auch die Abgabe zur besonderen Verwendung bestimmter Fahrradteile unter diesen miteinander geschäftlich
verbundenen Parteien nicht als eine antidumpingzollrechtlich relevante Lieferung angesehen werden kann.
14 c) Die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM waren i.S. des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 miteinander
geschäftlich verbunden.
15 Zutreffend weist die Revision in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Formulierung in Art. 14 Buchst. c Satz 2
VO Nr. 88/97 "... mit dieser Partei geschäftlich verbunden sind oder Ausgleichsvereinbarungen getroffen haben" die
entsprechende in Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 384/96 enthaltene Formulierung aufgreift und dass diese Vorschrift durch die
(Änderungs-) Verordnung (EG) Nr. 1972/2002 (VO Nr. 1972/2002) des Rates vom 5. November 2002 (ABlEG Nr. L
305/1) dahin ergänzt worden ist, dass bei der Frage der geschäftlichen Verbundenheit die in Art. 143 der Zollkodex-
Durchführungsverordnung (ZKDVO) genannten Kriterien herangezogen werden können. Mit dieser Ergänzung sollte
der Begriff der "Verbundenheit" präzisiert und ein Bezug zu Art. 15 Abs. 4 des Übereinkommens zur Durchführung des
Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (ABlEG 1994 Nr. L 336/119) hergestellt werden
(Erwägungsgrund Nr. 2 zur VO Nr. 1972/2002). Es handelt sich hierbei somit nicht um eine neue Begriffsbestimmung,
sondern lediglich um eine Klarstellung des bereits zuvor verwendeten Begriffs der "geschäftlichen Verbundenheit".
16 Ob i.S. des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 eine geschäftliche Verbundenheit zwischen Parteien besteht, ist somit
--ebenso wie bei Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 384/96-- anhand der Vorschrift des Art. 143 ZKDVO zu beantworten. Für den
Streitfall folgt die für die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM anzunehmende geschäftliche Verbundenheit aus
Art. 143 Abs. 1 Buchst. a, e und f ZKDVO. Soweit daher von der T-GmbH in den freien Verkehr übergeführte
Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH abgegeben worden sind, handelte es sich nicht um Lieferungen i.S.
des Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97, weshalb auch eine die monatliche Mengenbegrenzung überschreitende
Weitergabe wesentlicher Fahrradteile innerhalb des "Verbunds" keine Pflichtverletzung im Zollverfahren der
besonderen Verwendung war. Maßgebend für die Einhaltung der nach Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97
vorgeschriebenen Mengenbegrenzung ist somit im Streitfall, ob aus diesem "Verbund" heraus wesentliche
Fahrradteile "letztendlich" (vgl. Erwägungsgrund Nr. 6 zur VO Nr. 88/97) an Montagebetriebe in einer Menge von
jeweils weniger als 300 Stück pro Monat geliefert worden sind.
17 d) Anders als das FG meint, führt auch der Umstand, dass der Fa. RM oder der RTV-GmbH keine Bewilligung gemäß
Art. 291 ZKDVO in der seinerzeit geltenden Fassung (ZKDVO a.F.) zur zollbegünstigten Verwendung von Waren erteilt
worden war, nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar ist der Hinweis des FG zutreffend, dass nach § 297 Abs. 1
ZKDVO a.F. im Fall einer Übertragung zur besonderen Verwendung abgefertigter Waren der Übernehmer im Besitz
einer Bewilligung gemäß Art. 291 ZKDVO a.F. sein muss; jedoch sind die Vorschriften der Art. 291 ff. ZKDVO a.F. über
die Abgabenbegünstigung bei besonderer Verwendung nach Art. 14 VO Nr. 88/97 "sinngemäß" anzuwenden.
Insoweit muss daher die spezielle antidumpingzollrechtliche Bestimmung des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97
Berücksichtigung finden, wonach --wie bereits ausgeführt-- Parteien, die miteinander geschäftlich verbunden sind, wie
eine Partei behandelt werden. Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. ist deshalb im Licht jener Vorschrift auszulegen mit der
Folge, dass die Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter Waren unter miteinander verbundenen
Parteien keine "Übertragung" der Waren i.S. des Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. ist. Es wäre --bezogen auf den Streitfall--
widersprüchlich, die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM --wie es Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 fordert--
antidumpingzollrechtlich als eine Partei anzusehen, also die T-GmbH so zu stellen, als hätte sie die weitergegebenen
Fahrradteile nach wie vor in ihrem Besitz, andererseits jedoch anzunehmen, sie habe die Fahrradteile einer anderen
Person i.S. des Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. "übertragen".
18 Die mit dem vorgeschriebenen Verfahren der besonderen Verwendung angestrebte zollamtliche Überwachung der
abgefertigten Waren sowie die damit einhergehende Möglichkeit der Kontrolle, ob sie "letztendlich" in geringfügigen
Mengen an einen Montagebetrieb geliefert worden sind, wird durch diese Betrachtungsweise nicht beeinträchtigt,
denn die Zollbehörde muss im Fall einer Kontrolle der Verwendung ohnehin alle geschäftlich miteinander
verbundenen Parteien gemäß Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 darauf prüfen, ob der gesamte "Verbund" die
Mengenbegrenzung eingehalten hat. Sie kann also im Streitfall sowohl von der T-GmbH als auch von der RTV-GmbH
bzw. M in Fa. RM den Nachweis verlangen, dass der Firmenverbund wesentliche Fahrradteile nur in Mengen von
weniger als 300 Stück pro Monat an Montagebetriebe geliefert hat.
19 3. Da das FG eine andere Auffassung vertreten und schon die Überschreitung der monatlichen Mengenbegrenzung
durch Abgabe wesentlicher Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH als eine Pflichtverletzung gemäß Art. 204
Abs. 1 Buchst. a ZK angesehen hat, hat es nicht geprüft, ob der aus der T-GmbH, der RTV-GmbH und M in Fa. RM
bestehende Firmenverbund die Mengenbegrenzung bei Lieferungen an Montagebetriebe eingehalten hat und ob ggf.
--wie vom HZA angenommen-- weitere die Abgabenschuld begründende Pflichtverletzungen seitens der T-GmbH
vorliegen (sog. Ausfuhrfälle). Die Sache ist deshalb nicht spruchreif; entsprechende Feststellungen sind vom FG im
zweiten Rechtsgang nachzuholen.
20 4. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Antidumpingzollschuld gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK entstanden
ist, soweit die T-GmbH die in den freien Verkehr übergeführten Fahrradteile nicht innerhalb eines Jahres an eine
andere Partei geliefert hat. Diese seitens der T-GmbH einzuhaltende Verwendungsfrist folgt aus Art. 14 VO Nr. 88/97
i.V.m. Art. 294 Abs. 1 ZKDVO a.F. sowie aus den ihr 1997 und 1999 erteilten zollamtlichen Bewilligungen für die
zollbegünstigte besondere Verwendung bestimmter wesentlicher Fahrradteile. Die T-GmbH hat nach den
Feststellungen des FG in einzelnen Fällen diese Verwendungsfrist nicht eingehalten.
21 Der von der Revision vertretenen Ansicht, die durch Art. 14 VO Nr. 88/97 angeordnete "sinngemäße" Geltung der Art.
291 bis 304 ZKDVO a.F. bedeute, dass die Verwendungsfrist bei den zur besonderen Verwendung in den freien
Verkehr übergeführten Fahrradteilen nach Sinn und Zweck der maßgebenden Antidumpingzollschriften überschritten
werden dürfe, folgt der Senat nicht. Es widerspricht nicht dem Sinn und Zweck der VO Nr. 88/97, sondern ist vielmehr
aus Gründen der wirksamen zollamtlichen Überwachung geboten, dass eingeführte wesentliche Fahrradteile nach
Art. 294 Abs. 1 ZKDVO a.F. ihrer die Befreiung vom Antidumpingzoll rechtfertigenden besonderen Verwendung
innerhalb einer bestimmten Frist zugeführt worden sein müssen. Der Senat sieht auch insoweit keine Verpflichtung,
die Frage, was unter "sinngemäßer" Geltung des Art. 294 ZKDVO a.F. zu verstehen ist, dem EuGH zur
Vorabentscheidung gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorzulegen.
22 Das FG hat auch zu Recht entschieden, dass die festgestellten Überschreitungen der Verwendungsfrist nicht gemäß
Art. 204 Abs. 1 2. Halbsatz ZK i.V.m. Art. 859 Nr. 1 ZKDVO als Verfehlungen gelten, die sich auf die ordnungsgemäße
Abwicklung des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben. Eine Fristverlängerung hätte der T-
GmbH bei entsprechender Antragstellung nur unter den Voraussetzungen des Art. 294 Abs. 3 ZKDVO a.F. gewährt
werden können, die jedoch nach den Feststellungen des FG nicht vorlagen. Zulässige und begründete
Revisionsgründe bezüglich dieser Feststellung sind nicht vorgebracht (§ 118 Abs. 2 FGO). Art. 294 ZK in der Fassung
der (Änderungs-)Verordnung (EG) Nr. 1602/2000 der Kommission vom 24. Juli 2000 (ABlEG Nr. L 188/1) findet auf
den Streitfall keine Anwendung; auf die entsprechenden Ausführungen des FG wird verwiesen.