Urteil des BFH vom 12.11.2009

Eidesstattliche Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung - Missbräuchliche Richterablehnung - Recht auf Akteneinsicht - Anforderungen an einen Geschäftsverteilungsplan - Zugriff auf gespeicherte Daten - Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt entscheidet

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 12.11.2009, IV B 66/08
Eidesstattliche Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung - Missbräuchliche Richterablehnung - Recht auf Akteneinsicht -
Anforderungen an einen Geschäftsverteilungsplan - Zugriff auf gespeicherte Daten - Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt
entscheidet über grundsätzliche Bedeutung
Gründe
1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2
1. Die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) führen nicht zur
Zulassung der Revision.
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a) Das Finanzgericht (FG) hat den Anspruch der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) auf rechtliches Gehör
(Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) nicht dadurch verletzt, dass es den Antrag auf Aufhebung
des Termins zur mündlichen Verhandlung abgelehnt hat und die mündliche Verhandlung am 11. April 2008 ohne den
Prozessbevollmächtigten der Klägerin durchgeführt worden ist.
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aa) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlicher Termin nur aus erheblichen
Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Liegen erhebliche Gründe i.S. von § 227 ZPO vor, verdichtet sich die nach
dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom
30. November 1992 X B 18/92, BFH/NV 1993, 732). Zu den erheblichen Gründen i.S. von § 155 FGO i.V.m. § 227 ZPO
kann auch die Verhinderung des sachbearbeitenden Bevollmächtigten durch einen anderen Gerichtstermin gehören
(BFH-Beschluss vom 29. Juli 2008 IX B 37/08, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst, 2008, 1358).
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Nach § 227 Abs. 2 ZPO sind die Gründe auf Verlangen glaubhaft zu machen. Eine eidesstattliche Versicherung ist zur
Glaubhaftmachung eines Sachverhalts nur dann geeignet, wenn zu diesem Zweck --außer der eigenen Erklärung--
keine weiteren Mittel der Glaubhaftmachung zur Verfügung stehen (BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2005 IV B 21/05,
BFH/NV 2006, 328, m.w.N.).
6
bb) Vorliegend hat die Klägerin die Gründe auf Verlangen nicht glaubhaft gemacht.
7
Die Klägerin beantragte die Verlegung des Termins, weil der Prozessbevollmächtigte am gleichen Tag zunächst
einen weiteren, bereits früher bestimmten Gerichtstermin bei dem Sozialgericht X wahrnehmen und er am Nachmittag
einen mehrstündigen Fachvortrag halten müsse. Diese Angaben versicherte der Prozessbevollmächtigte an Eides
Statt.
8
Der Vorsitzende Richter des erkennenden Senats des FG (Vorsitzender Richter am FG B) verfügte daraufhin, dass die
Gründe durch geeignete Unterlagen glaubhaft zu machen seien. Irrtümlich wurde diese Verfügung gegenüber der
Klägerin im Schreiben vom 17. März 2008 als Verfügung der Richterin am FG A bezeichnet. Der Vorsitzende Richter
am FG B forderte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch ein weiteres Schreiben auf, die Gründe glaubhaft
zu machen, und bat den Prozessbevollmächtigten, die Ladung des Sozialgerichts vorzulegen oder zumindest das
Aktenzeichen bekannt zu geben. Dieser Aufforderung kam der Prozessbevollmächtigte nicht nach.
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Die eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten reichte nicht aus, weil andere Mittel zur
Glaubhaftmachung zur Verfügung standen.
10 cc) Die Klägerin trägt zwar vor, ihr Prozessbevollmächtigter habe keine Ladung vorlegen und das Aktenzeichen nicht
nennen dürfen, weil er dadurch unbefugt das Mandantschaftsverhältnis in einem anderen Verfahren hätte offenlegen
müssen. Daran sah sich der Prozessbevollmächtigte aufgrund der Strafvorschrift des § 203 Abs. 1 Nr. 3 des
Strafgesetzbuches (StGB) gehindert.
11 Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift ist jedoch, dass die Einwilligung zur Offenbarung verweigert
worden ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 50/01, BFHE 205, 234, BStBl II 2004, 502, unter
II.2.b.bb.(4) der Gründe). Die Klägerin hat aber nicht dargelegt, dass dies hier der Fall war.
12 Der Senat braucht folglich nicht zu entscheiden, ob das Aktenzeichen eines Verfahrens, für das eine mündliche
Verhandlung anberaumt ist, kein Geheimnis i.S. des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist, weil es der Grundsatz der
Öffentlichkeit der Verhandlung (§ 61 des Sozialgerichtsgesetzes i.V.m. § 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes --
GVG--) gebietet, dass jedermann die Möglichkeit hat, sich ohne besondere Schwierigkeiten von Ort und Zeit einer
mündlichen Verhandlung Kenntnis zu verschaffen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BverfG-- vom 10.
Oktober 2001 2 BvR 1620/01, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 814).
13 dd) Demnach ist das FG auch nicht von dem BFH-Urteil vom 5. Dezember 1979 II R 56/76 (BFHE 129, 297, BStBl II
1980, 208) abgewichen; denn --anders als in dieser Entscheidung-- hat hier die Klägerin die Gründe für die
Terminverlegung auf Verlangen nicht glaubhaft gemacht.
14 b) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, dass eine Überraschungsentscheidung vorliege.
15 Eine solche ist anzunehmen, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder
tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter
und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem
bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet
das Gericht indes nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu
erörtern oder sie ihnen im Voraus anzudeuten. Auf naheliegende tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte braucht
das Gericht zumindest dann nicht hinzuweisen (§ 76 Abs. 2 FGO), wenn die Beteiligten --wie im Streitfall-- fachkundig
vertreten sind. Abgesehen davon muss ein Beteiligter bei unklarer Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich alle
vertretbaren rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf
einrichten (BFH-Beschluss vom 7. Mai 2009 IX B 13/09, BFH/NV 2009, 1266, m.w.N.).
16 aa) Die Klägerin rügt, das FG habe nicht ohne Hinweis darauf abstellen dürfen, der Prozessbevollmächtigte der
Klägerin hätte das Mandantschaftsverhältnis nicht offenbaren müssen, weil er die geltend gemachten Gründe auch
durch Vorlage einer Ladung hätte glaubhaft machen können, bei der der Name des Mandanten unleserlich gemacht
worden ist.
17 Dies hat indessen nahe gelegen. Im Schreiben vom 17. März 2008 ist die Klägerin zur Vorlage geeigneter Unterlagen
aufgefordert worden. Nach dem weiteren Schreiben des Vorsitzenden Richters am FG B hätte auch lediglich die
Nennung des Aktenzeichens genügt. Demnach hätte die Klägerin auch die Vorlage einer teilweise unkenntlich
gemachten Ladung in Betracht ziehen müssen.
18 bb) Die Klägerin hat ferner auch damit rechnen müssen, dass das FG im Rahmen der Prüfung, ob die Aufforderung
des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) rechtmäßig war, dem FA die maschinell gespeicherten
Daten auf einem Datenträger für die Außenprüfung zur Verfügung zu stellen, auf Art und Umfang der von der Klägerin
gespeicherten Daten abstellt. Denn ein Verwaltungsakt darf --wie die Klägerin selbst ausführt-- nicht etwas tatsächlich
Unmögliches verlangen.
19 c) Die von der Klägerin abgelehnten Richter haben zu Recht an der mündlichen Verhandlung sowie an der
Entscheidung über den Befangenheitsantrag und an der Sachentscheidung mitgewirkt. Denn die Ablehnungsgesuche
waren missbräuchlich.
20 aa) Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO richtet sich die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch nach den §§ 45, 47
ZPO. Danach wirkt der abgelehnte Richter an der Entscheidung grundsätzlich nicht mit. Von diesem Grundsatz gilt
jedoch dann eine Ausnahme, wenn die Ablehnung missbräuchlich ist (BFH-Beschluss vom 8. Oktober 1997 I B
103/97, BFH/NV 1998, 475, m.w.N.). Dies ist z.B. der Fall, wenn der Antrag offenbar grundlos ist (BFH-Beschluss vom
10. August 1987 X B 29/87, BFH/NV 1988, 103) oder nur der Verschleppung dient (BFH-Beschluss vom 30. Juli 1993 I
B 55/93, I B 56/93, BFH/NV 1994, 325).
21 bb) Vorliegend hat die Klägerin die Richterin am FG A vor allem deswegen abgelehnt, weil sich die Richterin am FG A
bewusst über die Voraussetzungen für eine Terminverlegung nach § 227 ZPO i.V.m. § 155 FGO hinweggesetzt und
dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Akteneinsicht verweigert habe. Diese Befangenheitsgründe sind
offenbar haltlos.
22 Eine vermeintlich oder tatsächlich rechtsfehlerhafte Entscheidung rechtfertigt für sich genommen die Besorgnis der
Befangenheit nicht (BFH-Beschluss vom 13. November 2008 XI B 20/08, BFH/NV 2009, 945). Im Streitfall kommt
hinzu, dass das Verhalten der Richterin am FG A offensichtlich rechtmäßig war. Dies war für die fachkundig vertretene
Klägerin auch erkennbar.
23 (1) Aus Sicht der Klägerin hat die Richterin am FG A, weil sie irrtümlich als Verfügende bezeichnet worden ist, die
Glaubhaftmachung der Gründe für die Terminverlegung verlangt. Wie dargelegt durfte das FG die Glaubhaftmachung
trotz der Versicherung an Eides Statt verlangen.
24 (2) Darüber hinaus hat die Richterin am FG A mit Schreiben vom 18. März 2008 nicht die Akteneinsicht verweigert,
sondern lediglich aufgrund des auf den 11. April 2008 anberaumten Termins für die mündliche Verhandlung die
Versendung der Akten verweigert und auf eine Akteneinsicht im FG verwiesen.
25 Die Akteneinsicht bei Gericht ist entsprechend der gesetzlichen Grundentscheidung des § 78 Abs. 1 FGO die Regel.
Die Ausnahmen sind deshalb auf eng begrenzte Sonderfälle beschränkt (BFH-Beschluss vom 19. November 2002 V
B 166/01, BFH/NV 2003, 484). Die Klägerin hat keine Gründe geltend gemacht, weshalb die Akten ausnahmsweise
versendet werden sollen; diese sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Richterin am FG A zu Recht auf die
anstehende mündliche Verhandlung hingewiesen.
26 cc) Auch die Ablehnung des Vorsitzenden Richters am FG B war missbräuchlich, weil sie offensichtlich haltlos ist.
27 Die Klägerin begründete ihr Ablehnungsgesuch im Wesentlichen damit, dass der Vorsitzende Richter am FG B
behaupte, er habe das Schreiben vom 17. März 2008 verfügt und nicht, was zutreffe, die Richterin am FG A. Es stelle
sich die Frage, ob dies strafrechtlich relevant sei. Darüber hinaus sei der Termin zu verlegen gewesen. Der
Vorsitzende Richter am FG B habe über die Verlegung des Termins entschieden, obwohl er aufgrund des
Befangenheitsantrages nicht weiter habe am Verfahren mitwirken dürfen. Schließlich habe der Vorsitzende Richter am
FG B eine mündliche Verhandlung durchführen wollen, obwohl es keine gültige senatsinterne Geschäftsverteilung
gebe; denn diese sei nicht im Voraus für das gesamte Geschäftsjahr beschlossen worden.
28 Die Klägerin rügt damit vermeintlich rechtsfehlerhafte Entscheidungen des Vorsitzenden Richters am FG B. Diese
rechtfertigen aber keine Besorgnis der Befangenheit. Darüber hinaus waren die Maßnahmen --für die rechtskundig
vertretene Klägerin erkennbar-- offensichtlich rechtmäßig.
29 (1) Der Vorsitzende Richter am FG B hat die Verfügung zum Schreiben vom 17. März 2008 unterzeichnet. Eine Kopie
dieser Verfügung ist der Klägerin darüber hinaus nach Aktenlage bereits vor deren Befangenheitsgesuch gegen den
Vorsitzenden Richter am FG B zusammen mit dem Telefax vom 9. April 2008 zugesandt worden.
30 (2) Zu Recht hat der Vorsitzende Richter am FG B den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt (vgl. 1.a der
Gründe).
31 (3) Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand eine wirksame senatsinterne Geschäftsverteilung. Nach § 21g Abs.
2 GVG bestimmt der Beschluss über die senatsinterne Geschäftsverteilung vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen
Dauer, nach welchen Grundsätzen die Mitglieder an den Verfahren mitwirken; er kann nur geändert werden, wenn die
Änderung wegen Überlastung, ungenügender Auslastung, Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner
Mitglieder des Spruchkörpers nötig wird. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Beschluss des Plenums
des BVerfG vom 8. April 1997 1 PBvU 1/95, BVerfGE 1995, 322, unter C.I.4.b der Gründe). Vorliegend konnte der
Beschluss über die senatsinterne Geschäftsverteilung nach dieser Vorschrift zum 17. Januar 2008 geändert werden,
weil der Vorsitz im Senat zu diesem Zeitpunkt wechselte.
32 (4) Da das Befangenheitsgesuch missbräuchlich war, durfte der Vorsitzende Richter am FG B weiterhin am Verfahren
mitwirken.
33 d) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, die Besetzung des FG sei fehlerhaft gewesen und sie, die Klägerin, sei ihrem
gesetzlichen Richter entzogen, weil das FA nicht ausdrücklich im Geschäftsverteilungsplan genannt ist.
34 aa) Der Geschäftsverteilungsplan muss zur Wahrung des gesetzlichen Richters i.S. von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im
Voraus generell-abstrakt auch die im Einzelfall zur Mitwirkung berufenen Richter bestimmen und Vorkehrungen schon
gegen die bloße Möglichkeit und den Verdacht einer Manipulation der rechtsprechenden Gewalt treffen. Der
Geschäftsverteilungsplan muss den Prinzipien der Vollständigkeit, der Bestimmtheit und der Vorauswirkung
entsprechen (vgl. grundlegend Beschluss des Plenums des BVerfG in BVerfGE 1995, 322).
35 Maßgeblich ist der Geschäftsverteilungsplan zum Zeitpunkt der Entscheidung (BFH-Urteil vom 14. November 1995 VIII
R 84/93, VIII R 1/94, BFH/NV 1996, 416).
36 bb) Der maßgebliche, ab dem 17. Januar 2008 geltende Geschäftsverteilungsplan des FG genügt diesen
Anforderungen. Insbesondere ist dort abstrakt-generell und hinreichend bestimmt auch die Zuständigkeit des
beklagten FA geregelt:
37 Nach dem ab 17. Januar 2008 geltenden Geschäftsverteilungsplan hat der 11. Senat des FG u.a. die
Spezialzuständigkeit für die Anordnung und Durchführung von Außenprüfungen für die Bezirke von einzeln
aufgeführten Festsetzungsfinanzämtern. Hierzu gehören auch die FÄ A-Nord und A-Süd. Nach I.b cc i.V.m. I.a bb der
Anmerkungen, die Teil des Geschäftsverteilungsplanes sind, betrifft eine Klage den zugeordneten Finanzamtsbezirk
zunächst dann, wenn das betreffende Festsetzungsfinanzamt beklagte Behörde ist, andernfalls dann, wenn der Kläger
in diesem Finanzamtsbezirk seinen Wohnsitz, seine Geschäftstätigkeit oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
andernfalls dann, wenn eine Behörde, die nicht Festsetzungsfinanzamt ist, Beklagte ist und in diesem
Finanzamtsbezirk ihren Sitz hat.
38 Hieraus folgt für den Streitfall, dass der 11. Senat des FG deswegen zuständig war, weil die Klägerin ihren Sitz im
Bezirk der FÄ A-Nord oder -Süd hatte. Aufgrund der getroffenen Regelung musste das beklagte FA entgegen der
Auffassung der Klägerin nicht ausdrücklich benannt werden.
39 2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
40 a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein
allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und
Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. März 2006 V B 80/05,
BFH/NV 2006, 1250, m.w.N.). Sie muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein (BFH-Beschluss vom 19. Juli
2007 V B 222/06, BFHE 217, 310, BStBl II 2008, 163, m.w.N.).
41 b) Die von der Klägerin hinsichtlich der Befangenheitsanträge aufgeworfenen Rechtsfragen sind geklärt oder in einem
Revisionsverfahren nicht klärbar, weil die Befangenheitsgesuche rechtsmissbräuchlich waren.
42 c) Wie unter II.1.a der Gründe dargelegt ist bereits geklärt, dass eine eidesstattliche Versicherung nicht ausreicht,
wenn andere Unterlagen vorhanden sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FG den
Prozessbevollmächtigten auch nicht zu einer Straftat veranlasst.
43 d) Nicht klärungsbedürftig ist die Frage, ob "die Anforderung von Buchhaltungsunterlagen auf einem maschinell
lesbaren Datenträger das Übermaßverbot" verletzt, "wenn der Betriebsprüfer Buchhaltungsunterlagen in Papierform
zur Verfügung gestellt bekommen und prüfen kann".
44 Denn diese Frage ist unmittelbar aus dem Gesetz zu beantworten. Dieses eröffnet nämlich der Finanzverwaltung die
Möglichkeit, auf gespeicherte Daten zuzugreifen (§ 147 Abs. 6 der Abgabenordnung --AO--), ohne danach zu
unterscheiden, ob die in § 147 Abs. 1 AO genannten Unterlagen (auch) in Papierform vorliegen. Ferner wird in § 200
Abs. 1 Satz 2 AO zwischen der Vorlage der Unterlagen und den Befugnissen nach § 147 Abs. 6 AO unterschieden
(BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BFHE 225, 302, unter II.1.b aa der Gründe). Der Datenzugriff nach § 147
Abs. 6 AO soll darüber hinaus die Rechte der Finanzbehörde erweitern, nicht aber deren bisher schon bestehende
Befugnisse einschränken (BFH-Beschluss vom 26. September 2007 I B 53/07, I B 54/07, BFHE 219, 19, BStBl II 2008,
415, unter B.II.3. der Gründe).
45 e) Schließlich ist bereits geklärt, dass § 147 Abs. 6 AO dem Bestimmtheitsgebot genügt (BFH-Urteil in BFHE 225, 302,
unter II.1.b cc der Gründe). Maßgebend für die Frage, ob einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist
die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung der Revision (BFH-Beschluss vom 16. Oktober
2000 VIII B 18/99, BFH/NV 2001, 438, m.w.N.).
46 3. Aus diesen Gründen ist die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Halbsatz FGO)
zuzulassen.