Urteil des BFH vom 13.03.2017

BFH (wohnung, kläger, arbeitgeber, vorteil, arbeitnehmer, betriebliche einrichtung, verfügung, einkünfte, fahrer, dienstwagen)

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 22.9.2010, VI R 54/09
Arbeitgeberseitige Fahrergestellung nicht stets Lohn - Zweck des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG - Abgrenzung
zwischen Betriebsstätte am Wohnsitz und Wohnung - Beruflich veranlasste Umwegfahrten - Keine Beeinträchtigung der
Religionsausübungsfreiheit durch steuerliche Erfassung von Einnahmen kirchlich Angestellter
Leitsätze
Der Senat lässt offen, ob an der Rechtsprechung weiterhin festzuhalten ist, dass die arbeitgeberseitige Fahrergestellung für
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil begründet. Nach § 9 Abs. 1 Satz
3 Nr. 4 EStG in der bis einschließlich 2000 geltenden Fassung erhöht eine solche Fahrergestellung jedenfalls nicht die
anzusetzenden Lohneinkünfte des betreffenden Arbeitnehmers, weil selbst bei Ansatz eines lohnsteuerrechtlichen Vorteils
ein entsprechender Aufwand in gleicher Höhe entgegenstünde .
Tatbestand
1
I. Streitig ist, ob Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorliegen sowie ob und in welcher Höhe die
unentgeltliche Überlassung eines Dienstwagens samt Fahrer einen geldwerten lohnsteuerrechtlich zu erfassenden
Vorteil begründet.
2
Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger war als Leitender
Angestellter bei der evangelischen Kirche in A tätig und erzielte hieraus in den Streitjahren (1998 bis 2000) Einkünfte
aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin war freiberuflich tätig. Der Kläger bewohnte in B eine ihm vom Arbeitgeber
zugewiesene, über drei Etagen reichende Dienstwohnung. Deren einzelne Räume waren ohne besondere bauliche
Trennung über ein zentrales Treppenhaus mit angrenzendem Flur zu erreichen. Im 1. Obergeschoss befanden sich
zwei vom Arbeitgeber ausgestattete Räume, die dem Kläger zur Erledigung dienstlicher Aufgaben zur Verfügung
standen. Die Klägerin wohnte zudem in D, dort betrieb sie eine Praxis. Daneben nutzten die Kläger noch eine
gemeinsame Wohnung in E, wenn sie gemeinsam mehrere Tage arbeitsfrei hatten.
3
In den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre hatte der Kläger angegeben, 1998 und 1999 an je 60 Tagen und
im Jahr 2000 an 63 Tagen Fahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug zwischen der Wohnung in B und der Arbeitsstätte --
dem Sitz des Arbeitgebers (Verwaltung) im 49 km entfernten C-- durchgeführt zu haben.
4
Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger für die Streitjahre
zusammen zur Einkommensteuer und berücksichtigte dabei erklärungsgemäß die Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr.
4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Werbungskosten. Die Einkommensteuerbescheide wurden
bestandskräftig.
5
Eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Arbeitgeberin des Klägers ergab, dass dem Kläger ein Dienstwagen samt
Fahrer zwar nicht für die sonstige private Nutzung, aber für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur
Verfügung gestellt worden war. Angesichts dessen änderte das FA nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung die
bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre. Es setzte in den Änderungsbescheiden diese bisher
einkommensteuerrechtlich nicht erfasste Nutzungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2
EStG unter Berücksichtigung einer einfachen Entfernung von 49 km mit monatlich 0,03 % des inländischen
Listenpreises der jeweils überlassenen Fahrzeuge an. Die sich so ergebenden Werte erhöhte es jeweils um 50 %,
weil dem Kläger mit dem Dienstwagen auch ein Fahrer gestellt worden war. Dementsprechend erhöhte das FA in den
Streitjahren jeweils die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers um 16.087 DM (1998), um 17.476 DM
(1999) und um 17.754 DM (2000).
6
Der dagegen erhobene Einspruch war insoweit erfolgreich, als das FA Werbungskosten für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte für jeweils 225 Tage im Jahr berücksichtigte. Im Übrigen wies es den Einspruch zurück.
7
Mit dagegen erhobener Klage wandten sich die Kläger gegen den Ansatz eines geldwerten Vorteils im Wesentlichen
mit der Begründung, dass der Kläger sowohl in B als auch in C einen Dienstsitz gehabt habe und die Fahrten von B
nach C daher keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien.
8
Das Finanzgericht (FG) entsprach aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1187 veröffentlichten
Gründen der dagegen erhobenen Klage nur teilweise. Es berücksichtigte die streitigen Fahrten zwischen B und C als
solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, setzte diese als geldwerten Vorteil aber nur an, soweit das Fahrzeug für
solche Fahrten tatsächlich genutzt worden war. Die so ermittelten Werte erhöhte es mit Hinweis auf die frühere
Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 27. September 1996 VI R 84/95, BFHE 181, 181, BStBl II 1997, 147), wonach
die unentgeltliche Überlassung eines Fahrers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen geldwerten
Vorteil begründet, entsprechend den Lohnsteuer-Richtlinien --LStR-- (Abschn. 31 Abs. 7a LStR 1996, 1999 bzw. R 31
Abs. 10 LStR 2000) um 50 %.
9
Sowohl die Kläger als auch das FA wenden sich gegen die Vorentscheidung jeweils mit der Revision.
10 Die Kläger wenden sich mit der Revision gegen den Ansatz eines geldwerten Vorteils für Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Fahrten zwischen der Pfarrdienstwohnung in B und
der Kirchenverwaltung in C Fahrten zwischen zwei Betriebsstätten des Arbeitgebers seien.
11 Sie beantragen,
die Revision des FA zurückzuweisen und das Urteil des Hessischen FG vom 16. März 2009 dahingehend
abzuändern, dass die Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 vom 24. Juni 2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2005 dahingehend abgeändert werden, dass die Einkommensteuer 1998
auf 53.163 DM, die Einkommensteuer 1999 auf 57.429 DM und die Einkommensteuer 2000 auf 62.424 DM festgesetzt
wird.
12 Das FA beantragt,
die Revision der Kläger abzuweisen und
das Urteil des Hessischen FG vom 16. März 2009 11 K 3700/05 insoweit abzuändern, als darin der geldwerte Vorteil
für die Gestellung des Dienstwagens samt Fahrers für die Jahre 1998 bis 2000 nach § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG ermittelt
wurde und diesen Vorteil entsprechend der Einspruchsentscheidung des FA vom 31. Oktober 2005 nach den
Grundsätzen des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zu berechnen und bei der Ermittlung der Einkommensteuer 1998 bis 2000 zu
berücksichtigen,
im Übrigen, die Klage abzuweisen.
13 Das FG habe zu Unrecht --unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)-- den pauschalen
geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht nach der Pauschale des § 8 Abs. 2 Satz
3 EStG (0,03 % des Listenpreises für jeden Kalendermonat) angesetzt und die Chauffeurkosten auf Grundlage der
Lohnsteuer-Richtlinien bewertet; die Lohnsteuer-Richtlinien seien hierfür keine Rechtsgrundlage. Der Vorteil aus der
Überlassung eines Fahrers sei auf Grundlage der gesetzlichen Regelung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem
üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen.
14 Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -
-FGO--).
Entscheidungsgründe
15 II. Die Revision der Kläger ist nur teilweise begründet. Soweit das FG die Fahrten zwischen B und C als solche
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beurteilt hatte, ist die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126
Abs. 2 FGO). Das FG hat allerdings zu Unrecht die Lohneinkünfte des Klägers deshalb höher angesetzt, weil der
Arbeitgeber dem Kläger für diese Fahrten einen Fahrer zur Verfügung gestellt hatte; insoweit ist die Revision
begründet und der Klage zu entsprechen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
16 Die Revision des FA ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend auf Grundlage der
Rechtsprechung des erkennenden Senats, an der der Senat auch nach erneuter Prüfung festhält (vgl. Urteil vom
heutigen Tage in der Sache VI R 57/09), die Nutzung des Dienstwagens nur für die tatsächlich zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte durchgeführten Fahrten angesetzt.
17 1. Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG die
Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Danach ist die Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs
für private Fahrten für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Zulassung
zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (1 %-Regelung). Kann
das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich dieser Wert nach
§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nach Maßgabe der tatsächlichen Benutzung des Dienstwagens für solche Fahrten; der Senat
hält insoweit an seiner Rechtsprechung fest, dass der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (0,03 %-Regelung) nur
zur Anwendung kommt, wenn und soweit der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte benutzt; auf das unter dem Az. VI R 57/09 am heutigen Tage ergangene Urteil wird zur
weiteren Begründung zwecks Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
18 Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Kraftfahrzeug ausschließlich für Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte überlassen wird, nicht aber für eine sonstige private Nutzung. Dieser Auslegung steht insbesondere nicht
die Formulierung in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG entgegen, wonach das Fahrzeug "auch" für Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte genutzt werden kann, also § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG etwa eine Fahrzeugüberlassung für eine private
Nutzung jeder Art voraussetzte. Denn nach der Rechtsprechung des Senats erfasst die 0,03 %-Regelung keinen
privaten Nutzungsvorteil, der nicht schon durch die 1 %-Regelung erfasst wäre, sondern bezweckt lediglich als
Korrekturposten den Ausgleich des pauschalen Werbungskostenabzugs für Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte mit dem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1, 4 EStG in
der in den Streitjahren geltenden Fassung --a.F.--). § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG gewährt den Werbungskostenabzug
unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer tatsächlich Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
entstehen. Diesem Zweck als Korrekturposten entspricht es, wenn die 0,03 %-Zuschlagsregelung unabhängig von der
1 %-Regelung zur Anwendung kommt und ausgleicht, dass der Arbeitnehmer durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F.
in gleicher Weise wie durch die Entfernungspauschale einen Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte hat, obwohl ihm angesichts der Dienstwagenüberlassung dafür kein Aufwand entstanden war.
19 a) Ob eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG vorliegt, beurteilt sich nach den
Grundsätzen, die für den Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte i.S.
des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG gelten (Senatsurteil vom 4. April 2008 VI R 85/04, BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887).
Eine regelmäßige Arbeitsstätte in diesem Sinne ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des
Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen
Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht.
20 b) Räume, die sich in unmittelbarer Nähe zur Wohnung des Steuerpflichtigen befinden, von den übrigen Räumen der
Wohnung nicht getrennt sind und keine in sich geschlossene Einheit bilden, gelten nicht als Betriebsstätte des
Arbeitgebers, auch wenn der Arbeitgeber diese Räume dem Arbeitnehmer überlässt und der Arbeitnehmer sie
beruflich nutzt. Denn die berufliche Nutzung der Räume löst nicht deren Einbindung in die private Sphäre und lässt
den privaten Charakter der Wohnung insgesamt unberührt. Insoweit gelten die Grundsätze, welche die
Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Betriebsstätte am Wohnsitz und Wohnung heranzieht (BFH-Urteile vom
16. Februar 1994 XI R 52/91, BFHE 174, 65, BStBl II 1994, 468; vom 31. Juli 1996 XI R 5/95, BFH/NV 1997, 279; vom
6. Juli 2005 XI R 47/04, BFH/NV 2006, 43; BFH-Beschluss vom 12. Januar 2006 VI B 61/05, BFH/NV 2006, 739). Diese
Grundsätze hat das FG zutreffend seiner Entscheidung zu Grunde gelegt und auch in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise angewandt.
21 aa) Das FG hat seiner Entscheidung die von ihm getroffenen und nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen
und daher nach § 118 Abs. 2 FGO für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen zu Grunde gelegt, dass die
dem Kläger in B zur Verfügung stehenden beruflich genutzten Räume vom übrigen Wohnbereich in keiner Weise
räumlich getrennt, sondern --dem Typus eines häuslichen Arbeitszimmers entsprechend-- in die privaten Räume
eingebunden sind. Auf dieser Grundlage konnte das FG zu der revisionsrechtlich nicht angreifbaren Würdigung
gelangen, dass die Wohnung insgesamt der Privatsphäre zuzuordnen ist, auch wenn sie einzelne beruflich genutzte
Räume umfasst.
22 bb) Die Revision beruft sich insoweit zu Unrecht darauf, dass der Kläger kirchenrechtlich gehalten sei, im Pfarrhaus zu
wohnen. Denn aus welchen Gründen und Motiven eine Wohnung benutzt wird und in dieser Wohnung beruflich
genutzte Räume liegen, ist grundsätzlich unerheblich. Entscheidend ist allein, dass der Kläger die vom Arbeitgeber
überlassene Wohnung zu Wohnzwecken nutzt.
23 Wenn die Revision einwendet, dass zur betrieblichen Sphäre nicht nur die beiden Büroräume, sondern die gesamte
Wohnung gehöre, weil in einem Pfarrhaus eine Trennung von Wohnung und Dienstzimmer nicht möglich sei, ist dies
eine subjektive Einschätzung der Kläger, die aber den objektiven Gegebenheiten, wie vom FG festgestellt, nicht
entspricht. Denn danach erstreckte sich die dem Kläger zugewiesene Dienstwohnung über drei durch ein zentrales
Treppenhaus verbundene Etagen. Im ersten Obergeschoss befanden sich die beiden Räume, die vom Arbeitgeber
ausgestattet waren und zur Erledigung dienstlicher Aufgaben zur Verfügung standen. Angesichts dessen ist die
Würdigung des FG, dass die beiden Büroräume der Wohnung insgesamt nicht das Gepräge geben, revisionsrechtlich
nicht nur nicht zu beanstanden; sie erscheint auch näherliegender als die Einschätzung der Kläger. Nichts anderes
ergibt sich aus den insoweit von der Revision herangezogenen Urteilen des BFH (in BFHE 174, 65, BStBl II 1994, 468;
vom 21. März 1995 XI R 93/94, BFH/NV 1995, 875). Denn auch dort wurde entscheidend darauf abgestellt, dass allein
eine betriebliche Benutzung der Räume deren Einbindung in die private Sphäre nicht löse und eine andere
Beurteilung nur gerechtfertigt sei, wenn durch nach außen erkennbare Umstände die häusliche Privatsphäre
zugunsten eines eindeutig betrieblichen Bereichs zurücktrete. Und vergleichbar mit dem hier vorliegenden Streitfall
der Kläger hatte der BFH dort (Urteil in BFHE 174, 65, BStBl II 1994, 468) trotz zweier beruflich genutzter Räume kein
Zurücktreten des privaten Bereichs hinter den betrieblichen Bereich angenommen. Und die vom Kläger genutzte
Wohnung wird auch nicht insgesamt dadurch zur Betriebsstätte, dass in einem Teil der übrigen Räume mitunter
Berufskollegen empfangen oder berufliche Besprechungen durchgeführt werden. Auch solche Nutzungen lassen den
Wohncharakter der Wohnung insgesamt unberührt.
24 Die einkommensteuerrechtliche Erfassung der streitigen Fahrten zwischen B und C beeinträchtigt den Kläger auch
nicht in seiner Religionsausübungsfreiheit. Insoweit berufen sich die Kläger zu Unrecht auf Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) sowie auf Art. 4 Abs. 1, 2 GG i.V.m. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 der Weimarer
Reichsverfassung. Denn die Religionsausübungsfreiheit wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass Gehälter und
sonstige Vorteile aus dem Arbeitsverhältnis auch bei den Arbeitnehmern steuerlich erfasst werden, die auf dem Gebiet
der Religionsausübung beruflich gegen Entgelt tätig sind. Daher beeinträchtigt die steuerliche Erfassung einer
kostenlosen Dienstwagennutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht die diesbezüglichen
Freiheitsrechte des Klägers.
25 cc) Soweit schließlich die Revision vorbringt, dass der Dienstwagen nur dann benutzt worden sei, wenn zugleich auch
Termine außerhalb der Kirchenverwaltung in C wahrgenommen worden seien, schließt dieses Vorbringen allein die
Anwendung der 0,03 %-Regelung als Korrekturvorschrift für den Werbungskostenabzug nicht aus.
26 Die 0,03 %-Regelung als Korrekturvorschrift ist für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte, im
Streitfall also für die Fahrten zwischen B und C, anzuwenden. Soweit der Kläger Dienstreisen von der Wohnung aus
angetreten hatte, kann für diese Fahrten die 0,03 %-Regelung nicht zur Anwendung kommen. Solches machte
indessen der Kläger nicht geltend und ist vom FG auch nicht festgestellt. Danach ist vielmehr davon auszugehen, dass
der Kläger auf den Dienstwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an den Tagen zurückgegriffen hatte,
an denen möglicherweise auch im Anschluss an die betreffenden Fahrten Dienstreisen durchzuführen waren. In
diesem Fall bleibt es allerdings bei der Anwendung der 0,03 %-Regelung für die Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte. Davon zu unterscheiden sind die von der Arbeitsstätte aus angetretenen Dienstfahrten; solche stehen
hier allerdings nicht im Streit. Insoweit hat sich das FG zutreffend auf die Rechtsprechung des Senats berufen, dass für
die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zur Anwendung kommt und für davon
abgrenzbare beruflich veranlasste Umwegfahrten die tatsächlichen PKW-Fahrtkosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als
Werbungskosten anzusetzen sind (vgl. Urteil vom 12. Oktober 1990 VI R 165/87, BFHE 162, 420, BStBl II 1991, 134).
27 2. Die Revision der Kläger ist insoweit begründet, als das FG die beim Kläger anzusetzenden Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit deshalb höher ansetzte, weil dem Kläger durch dessen Arbeitgeber für die hier noch
streitigen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch ein Fahrer gestellt worden war. Dabei kann der Senat
hier offenlassen, ob er an seiner Rechtsprechung weiterhin festhält, dass die arbeitgeberseitige Fahrergestellung für
solche Fahrten überhaupt einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil begründet (a). Denn nach der für die
Streitjahre 1998 bis 2000 geltenden Rechtslage erhöht eine solche Fahrergestellung jedenfalls nicht die bei dem
betreffenden Arbeitnehmer anzusetzenden Lohneinkünfte, weil selbst bei Ansatz eines lohnsteuerrechtlichen Vorteils
jedenfalls ein entsprechender Aufwand in gleicher Höhe entgegenstünde (b).
28 a) Mit Urteil in BFHE 181, 181, BStBl II 1997, 147 hatte der Senat entschieden, dass die Grundsätze, die für die
Gestellung eines Kraftfahrzeugs gelten und zu einem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil führen, wenn der
Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kostenlos ein Fahrzeug zur Verfügung stellt, in gleicher Weise für die Gestellung eines
Fahrers gelten. Der Senat bezweifelt, ob an dieser Auffassung weiter festzuhalten ist. Gegen diese Auffassung könnte
sprechen, dass die Überlassung eines Fahrers letztlich eine Arbeitsbedingung darstellt, die im Grundsatz nicht anders
zu behandeln ist wie andere Personalüberlassungen durch den Arbeitgeber für die Zwecke der Berufsausübung des
betreffenden Arbeitnehmers. Und diese Personalüberlassung dient auch nicht privaten Zwecken des Arbeitnehmers.
Denn nach der in den Streitjahren (1998 bis 2000) geltenden und bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt insoweit
unveränderten Rechtslage zählen die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den beruflich veranlassten
Fahrten. Deshalb sind solche Fahrten, soweit keine gesetzlichen Sonderregelungen getroffen sind, im Grundsatz nicht
anders zu behandeln als andere beruflich veranlasste Fahrten, die ebenfalls zu keinem weiteren Ansatz eines
lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils führen, wenn der Arbeitgeber dafür einen Chauffeur zur Verfügung stellt.
Zutreffend wird daher im Schrifttum teilweise eingewandt, dass die arbeitgeberseitige unentgeltliche Überlassung
eines Fahrers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte keinen geldwerten Vorteil i.S. der §§ 19 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, 8 Abs. 2 EStG begründe, jedenfalls aber dem Ansatz eines Vorteils ein Werbungskostenabzug in gleicher Höhe
gegenüberstehe (vgl. Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl., § 19 Rz 50 "Kraftfahrzeuggestellung"; Polke, Betriebs-
Berater 1984, 1549; Lang, in: Steuerrechtsprechung, Steuergesetz, Steuerreform, Festschrift für Klaus Offerhaus 1999,
S. 433, 444).
29 b) Ein als Arbeitslohn zu erfassender Vorteil aus der arbeitgeberseitigen Gestellung eines Chauffeurs führt im Streitfall
nicht zu einem höheren Ansatz der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit. Denn der Kläger könnte die
dem Arbeitgeber dafür entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten abziehen, wenn er diese Aufwendungen
dem Arbeitgeber erstatten würde. Insoweit saldierten sich Einnahmen und Erwerbsaufwendungen des Klägers. In
diesem Fall sind Einkünfte daher ebenso wenig anzusetzen wie in dem Fall, dass der Arbeitgeber seinem
Arbeitnehmer eine Schadensersatzforderung erlässt, die bei ihrer Begleichung zum Werbungskostenabzug berechtigt
hätte (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 2007 VI R 73/05, BFHE 218, 180, BStBl II 2007, 766).
30 aa) Der Kläger könnte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG a.F. die Chauffeurkosten als Werbungskosten
abziehen. Danach sind Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Werbungskosten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG a.F. sind für Fahrten mit einem eigenen oder zur Nutzung
überlassenen Kraftfahrzeug die Aufwendungen mit Pauschbeträgen von 0,70 DM für jeden Kilometer der Entfernung
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen. Mit diesen Kilometer-Pauschbeträgen sind nach der ständigen
Rechtsprechung des Senats dazu die normalen, voraussehbaren Kosten, die dem Arbeitnehmer bei Benutzung des
eigenen privaten PKW für berufliche Zwecke entstehen, abgegolten. Deshalb können insbesondere
Kraftfahrzeugsteuern, Haftpflichtversicherungsprämien, übliche Reparaturkosten, Parkgebühren und Absetzung für
Abnutzung nicht neben den Kilometer-Pauschbeträgen als Werbungskosten abgezogen werden. In den
Pauschbeträgen sind indessen nicht berücksichtigt Unfallkosten und sonstige Kosten, die ihrer Natur nach
außergewöhnlich sind und sich einer Pauschalierung entziehen (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1982 VI R 133/79,
BFHE 135, 200, BStBl II 1982, 325, m.w.N.). Zu den durch diese Norm nicht abgegoltenen Aufwendungen gehören
auch die Personalkosten für einen Chauffeur. Chauffeurkosten sind auch nicht durch anderweitige steuerliche in den
Streitjahren 1998 bis 2000 geltende Regelungen als nichtabziehbare Aufwendungen qualifiziert. In den Streitjahren
gab es auch keine mit § 9 Abs. 2 EStG in der gegenwärtigen Fassung vergleichbare Regelung, wonach durch die
Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten sind, die durch die Wege zwischen Wohnung und
regelmäßiger Arbeitsstätte und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.
31 bb) Nach diesem Maßstab hatte das FG zu Unrecht die nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG i.V.m. Satz 5 EStG a.F. dem
Grunde nach zutreffend berücksichtigten Korrekturposten der Veranlagungszeiträume 1998 bis 2000 in Höhe von
2.204,61 DM, 1.317,12 DM und 1.663,16 DM um jeweils 50 % erhöht. Im Umfang dieser Erhöhungen ist die Revision
begründet und der Klage insoweit zu entsprechen.
32 3. Die Revision des FA ist unbegründet.
33 Der Senat hält auch nach erneuter Prüfung an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (Urteile vom 4. April 2008 VI R
68/05, BFHE 221, 17, BStBl II 2008, 890; in BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887, sowie vom 28. August 2008 VI R 52/07,
BFHE 223, 12, BStBl II 2009, 280), dass die 0,03 %-Regelung lediglich eine Korrekturvorschrift für den
Werbungskostenabzug ist; er verweist insoweit auf seine Entscheidung vom heutigen Tage (VI R 57/09).