Urteil des BFH vom 29.04.2008

BFH (anspruch auf rechtliches gehör, rechtliches gehör, akteneinsicht, sache, kläger, rüge, antrag, menschenrechte, zivilprozessordnung, beschwerde)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 30.10.2008, I S 33/08
Gegenstand einer Anhörungsrüge - keine Akteneinsicht in einem unzulässigen Verfahren der Anhörungsrüge
Tatbestand
1 I. Der Kläger, Beschwerdeführer und Rügeführer (Kläger) hat gegen den Senatsbeschluss vom 29. April 2008 I B
124/07 --der zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache
an das Finanzgericht führte-- Anhörungsrüge erhoben. Er beantragt unter anderem, das Verfahren im Rahmen einer
mündlichen Verhandlung fortzuführen. Sowohl der Anspruch auf rechtliches Gehör als auch weitere Verfahrensrechte
seien in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden - so sei es insbesondere versäumt worden, die
Sachentscheidungsvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen. Da eine finanzbehördliche
Zuständigkeitsvereinbarung unwirksam sei, sei ein anderes Finanzamt zuständig gewesen; darüber hinaus hätte der
Bundesfinanzhof (BFH) wegen der herrschenden Divergenzlage die Rechtssache dem Großen Senat des BFH
vorlegen müssen (im Übrigen finden sich unter dem Oberbegriff "Greifbare und offensichtliche Gesetzes- und
Rechtswidrigkeit" in 29 Gliederungspunkten Darlegungen zu Verfahrensfehlern und Gehörsverletzungen im Verlauf
des finanzgerichtlichen Verfahrens und durch den Beklagten, Beschwerdegegner und Rügegegner --Finanzamt (FA)--).
Der Beschluss stelle einen Verstoß gegen die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten dar.
Es seien diverse Verfahrensakten und Veranlagungsakten des FA beizuziehen; insoweit werde Antrag auf
Akteneinsicht gestellt und es bleibe weiterer Vortrag nach erfolgter Akteneinsicht vorbehalten.
Entscheidungsgründe
2 II. Die Rüge ist als unzulässig zu verwerfen (§ 133a Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es fehlt an einer
ordnungsgemäßen Darlegung i.S. des § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 133a Abs. 2 Satz 6 FGO.
3 Wie der Bundesgerichtshof (BGH) zur zivilprozessualen Anhörungsrüge des § 321a der Zivilprozessordnung --und
damit einem mit § 133a FGO vergleichbaren Rechtsbehelf-- entschieden hat, ist eine Anhörungsrüge gegen einen
Beschluss, mit dem die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen worden ist, unzulässig,
wenn sie sich nicht gegen eine neue und eigenständige Verletzung des Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes durch den
BGH richtet, sondern sich darauf beschränkt, bereits in der Berufungsinstanz erfolgte Gehörsverletzungen geltend zu
machen. Die Anhörungsrüge könne nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass dem BGH im Zusammenhang mit der
Überprüfung des in der Vorinstanz erfolgten Gehörsverstoßes ein Rechtsfehler unterlaufen sei (BGH-Beschluss vom
13. Dezember 2007 I ZR 47/06, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 2126). Dies entspricht der Konstellation im
Streitfall.
4 Soweit darüber hinaus dem erkennenden Senat vorgehalten wird, die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht
geprüft bzw. die Sache nicht dem Großen Senat des BFH vorgelegt zu haben, wird nur geltend gemacht, dass der
Senat in der Sache fehlerhaft entschieden habe; damit kann der Kläger im Verfahren der Anhörungsrüge nicht gehört
werden (s. allgemein BFH-Beschluss vom 9. Juni 2008 V S 40/07, BFH/NV 2008, 1854).
5 Nach der Rechtsprechung des BFH besteht in einem unzulässigen Rechtsmittelverfahren kein Anspruch auf
Akteneinsicht (z.B. BFH-Beschluss vom 14. Juni 2007 VIII B 201/06, BFH/NV 2007, 1804). Dies gilt entsprechend in
einem unzulässigen Verfahren der Anhörungsrüge.