Urteil des BFH vom 21.06.1988

BFH (kläger, rechtsfrage, beschwerdeführer, rüge, zulassung, begründung, auslegung, 1995, interesse, verhandlung)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 16.9.2008, X B 50/08
Rüge einer (vermeintlichen) Nichtbeachtung der Feststellungslast
Gründe
1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache (unten 1.) nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor (unten 2.).
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1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn ihre Beantwortung durch den
Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung
im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln
(vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
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a) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist --vom hier nicht vorliegenden Fall ihrer Offenkundigkeit
abgesehen-- schlüssig und substantiiert darzulegen. Hierzu muss der Beschwerdeführer zunächst eine bestimmte, für
die Entscheidung des Streitfalls erhebliche Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll.
Des Weiteren muss der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage
klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Dazu
gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen Rechtsprechung
auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung
herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechsprechung des BFH).
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b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger beschränken sich darauf, die Frage
aufzuwerfen, ob von der Finanzverwaltung und vom Finanzgericht (FG) private Aufzeichnungen, die keine zwingende
Verbindung mit den betrieblichen Aufzeichnungen haben, ohne weitere Prüfung der Besteuerung zu Grunde gelegt
werden dürfen, insbesondere dann, wenn die Aufzeichnungen wirtschaftlich absolut unwahrscheinlich sind und die
Ermittlung der Besteuerungsgrundlage offenkundig gegen das Gebot der sachgerechten Schätzung verstoßen hat.
Ihre Ausführungen lassen keine über das Interesse der Kläger am Ausgang des Verfahrens hinausreichende,
allgemein interessierende, klärungsbedürftige und in diesem Rechtsstreit klärungsfähige Rechtsfrage erkennen.
Zudem haben es die Kläger versäumt, sich in der Beschwerdebegründungsschrift mit der einschlägigen
Rechtsprechung und Literatur auseinanderzusetzen.
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2. Auch die Rüge der Kläger, das FG habe die von Ihnen angetretenen Beweise nicht erhoben und insbesondere auf
die Einvernahme des sachverständigen Zeugen, Herrn Steuerberater X verzichtet, führt nicht zur Zulassung der
Revision. Wird --wie hier-- mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend gemacht, das FG habe Beweisanträge
übergangen, so muss der Beschwerdeführer, da es sich dabei um die Rüge eines "verzichtbaren Mangels" i.S. von §
295 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO handelt, nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. auch
vortragen, dass die Nichterhebung der Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt worden sei (vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 21. Juni 1988 VII R 135/85, BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841) oder --wenn dies nicht geschehen sein
sollte-- weshalb eine solche Rüge dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom
27. April 2005 X B 145/04, BFH/NV 2005, 1494).
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Daran fehlt es im Streitfall. Weder haben die Kläger substantiiert dargelegt noch ist aus dem Sitzungsprotokoll über
die mündliche Verhandlung am 30. Januar 2008 ersichtlich, dass die Kläger die Nichterhebung von Beweisen
beanstandet haben. Vielmehr hat der rechts- und sachkundige Prozessvertreter der Kläger lt. Sitzungsprotokoll
rügelos zur Sache verhandelt. Ohne auf weitere Sachaufklärung zu bestehen, hat er den Antrag gestellt, die
Einkommensteuerbescheide 1995 bis 2002 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 1995 bis 2002 jeweils vom 23.
Dezember 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2006 aufzuheben, hilfsweise die Revision
zuzulassen. Damit kann dem Vorbringen der Kläger in der Beschwerdebegründung, das FG habe nicht zu erkennen
gegeben, dass ein Beweis nicht erhoben werden soll, keine Bedeutung beigemessen werden.
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3. Die von den Klägern gerügte (vermeintliche) Nichtbeachtung der Feststellungslast oder eine fehlerhafte
Sachverhalts- oder Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen. Fehler bei der
Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im Einzelfall rechtfertigen indessen für sich gesehen nicht die
Zulassung der Revision (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24, m.w.N.).
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Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn das angefochtene Urteil derart schwerwiegende Mängel bei der
Auslegung revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf
sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. BFH-
Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837).
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Dass das angefochtene Urteil derart gravierende Mängel aufweist, haben die Kläger nicht vorgetragen. Solche sind
auch nicht ersichtlich.
10 4. Die zusätzliche Begründung vom 21. Juli 2008, in der die Kläger sinngemäß vortragen, der ungeklärte
Vermögenszuwachs sei auf eine Erbschaft der Klägerin von ihrer Mutter zurückzuführen und erst jetzt habe sie
Zugang zu den Nachlassunterlagen und dem Testament, ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit
einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116
Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO)
vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und
Ergänzungen-- nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen widerspricht diese Einlassung früherem Vorbringen der Kläger.
Danach sollte es sich bei dem im Jahr 2000 in Österreich angelegten Geld um Ersparnisse der Klägerin aus der
Angestelltentätigkeit in den Jahren 1978 bis 1990 handeln, das ihr der Vater erst zum Jahreswechsel 1999/2000
ausgehändigt habe, und der Vater des Klägers sollte diesem im Laufe der Jahre bei mehreren Gelegenheiten
insgesamt 85 000 EUR geschenkt haben.