Urteil des BFH vom 13.03.2017

BFH: herstellungskosten, behandlung, eigenkapital, rücklage, neutralisierung, sammlung, wirtschaftsprüfer, einfluss, quelle, zulage

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Gericht:
Finanzgericht des
Landes Brandenburg
2. Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1996, 1997, 1998
Aktenzeichen:
2 K 878/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 1 EStG 1997, § 5 EStG
1997, Abschn 34 Abs 6 EStR
1990, § 10 InvZulG 1996
Keine Bildung eines Sonderpostens in der Steuerbilanz zur
Neutralisierung und Verteilung erhaltener Investitionszulagen)
Tatbestand
Die Klägerin betreibt die Trink- und Betriebswasserversorgung sowie die
Abwasserbeseitigung für die Abnehmer in den Städten L.... und M.... sowie den
Umlandgemeinden. Sie erhielt Investitionszulagen. In ihren Bilanzen wies die Klägerin die
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der zulagebegünstigten Wirtschaftsgüter in voller
Höhe aus und bildete gleichzeitig in Höhe der erhaltenen Investitionszulagen einen
Sonderposten mit Rücklageanteil, den sie entsprechend der betriebsgewöhnlichen
Nutzungsdauer der zulagebegünstigten Wirtschaftsgüter auflöste. Die jeweiligen
Auflösungsbeträge behandelte die Klägerin als nicht der Körperschaftsteuer
unterliegende Vermögensmehrungen und stellte sie in das Eigenkapital gemäß § 30
Abs. 2 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes alter Fassung - KStG a.F. - (EK 02) ein.
Darüber hinaus wies sie in ihrer Handelsbilanz eine "Rücklage aus der vorgesehenen,
aber nicht durchgeführten Kommunalisierung" aus, die sie steuerlich nicht als
Eigenkapital behandelte.
Das Finanzamt N... führte im Mai 2002 bei der Klägerin eine Außenprüfung für die
Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Kapitalertragsteuer und
Investitionszulagen für 1995 bis 1998 durch. Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass die
Bildung des Sonderpostens mit Rücklageanteil für die gewährten Investitionszulagen
unzulässig und dass der in der "Rücklage aus der vorgesehenen, aber nicht
durchgeführten Kommunalisierung" ausgewiesene Betrag in das Eigenkapital gemäß §
30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. (EK 04) einzustellen sei.
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ die hier
angefochtenen Bescheide.
Hinsichtlich der Behandlung der "Rücklage aus der vorgesehenen, aber nicht
durchgeführten Kommunalisierung" als EK 04 besteht zwischen den Beteiligten
mittlerweile Einigkeit. Streitig ist nur noch die bilanzielle Behandlung der erhaltenen
Investitionszulagen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie einen Sonderposten mit Rücklageanteil habe
bilden und diesen über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der zulagebegünstigten
Wirtschaftsgüter habe auflösen dürfen. Zwar bestimme § 10 des
Investitionszulagengesetzes (InvZulG 1996), dass die Investitionszulage die
Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht mindern dürfen. Diese Bestimmung sei
jedoch nicht verletzt, da sie, die Klägerin, die Anschaffungs- und Herstellungskosten in
voller Höhe angesetzt habe. Nicht untersagt sei es, anstelle der sofortigen Erfassung der
erhaltenen Investitionszulage im EK 02 einen Passivposten zu bilden, diesen über die
betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der zulagebegünstigten Wirtschaftsgüter
aufzulösen und die Auflösungsbeträge jeweils dem EK 02 zuzuführen. Dies sei auch
durch die Stellungnahme des Hauptfachausschusses des IDW 1/1984 in der Fassung von
1990 ausdrücklich vorgesehen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §
47 Abs. 1 KStG a.F. zum 31. Dezember 1995 vom 04. Dezember 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 26. April 2005 dahingehend zu ändern, dass die
Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt festgestellt werden:
- der ungemildert (mit 50 %) belastete Teilbetrag (EK 50) mit DM 104 184,
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- der ungemildert (mit 45 %) belastete Teilbetrag (EK 45) mit DM 451 724,
- der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag aus nicht der Körperschaftsteuer
unterliegenden inländischen Vermögensmehrungen (EK 02) mit DM 1 186 und
- der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag aus Einlagen (EK 04) mit DM 44
193 102,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §
47 Abs. 1 KStG a.F. zum 31. Dezember 1996 vom 09. Dezember 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 26. April 2005 dahingehend zu ändern, dass die
Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt festgestellt werden:
- der ungemildert (mit 45 %) belastete Teilbetrag (EK 45) mit DM 387 606,
- der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag aus nicht der Körperschaftsteuer
unterliegenden inländischen Vermögensmehrungen (EK 02) mit DM 3 735 und
- der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag aus Einlagen (EK 04) mit DM 45
414 852,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §
47 Abs. 1 KStG a.F. zum 31. Dezember 1997 vom 09. Dezember 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 26. April 2005 dahingehend zu ändern, dass die
Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt festgestellt werden:
- der ungemildert (mit 45 %) belastete Teilbetrag (EK 45) mit DM 374 596,
- der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag aus nicht der Körperschaftsteuer
unterliegenden inländischen Vermögensmehrungen (EK 02) mit DM 44 003 und
- der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag aus Einlagen (EK 04) mit DM 45
411 218,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §
47 Abs. 1 KStG a.F. zum 31. Dezember 1998 vom 09. Dezember 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 26. April 2005 dahingehend zu ändern, dass die
Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt festgestellt werden:
- der ungemildert (mit 45 %) belastete Teilbetrag (EK 45) mit DM 1319 343,
- der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag aus nicht der Körperschaftsteuer
unterliegenden inländischen Vermögensmehrungen (EK 02) mit DM 293 999 und
- der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag aus Einlagen (EK 04) mit DM 46
225 718,
den Bescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 1996 vom 09.
Dezember 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. April 2005
dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf DM 118 379,00 (€ 60 526,22)
und der Solidaritätszuschlag auf DM 6 510,85 (€ 3 328,94) festgesetzt wird
sowie
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären
und hilfsweise für den Fall des Unterliegens,
die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind
rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Bildung eines Sonderpostens, der der Neutralisierung und Verteilung der erhaltenen
Investitionszulagen dient, ist in der Steuerbilanz nicht zulässig.
Investitionszulagen sind anders als Investitionszuschüsse echte Subventionen
(Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 3. Auflage 2002, Rn. E 536). Sie dürfen aus diesem Grund
die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der mit ihrer Hilfe erworbenen
Wirtschaftsgüter nicht mindern. Dies ergibt sich auch ausdrücklich aus § 10 InvZulG
1996. Investitionszulagen stellen handelsrechtlich einen betrieblichen Ertrag dar; zum
Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung ist wegen der Steuerfreiheit der
Investitionszulage der handelsrechtliche Jahresüberschuss um den entsprechenden
Betrag zu kürzen (Winnefeld aaO.).
Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, wie oben beschrieben zu verfahren oder aber die
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Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, wie oben beschrieben zu verfahren oder aber die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter um die
erhaltene Investitionszulage zu kürzen, besteht demnach nicht. Insbesondere Abschnitt
34 EStR 1990, der als Verwaltungsvorschrift den erkennenden Senat ohnehin nicht
bindet, ist nach seinem eigenen Absatz 6 auf Investitionszulagen jedenfalls nicht
anwendbar. Ebensowenig ist es zulässig, in Höhe der empfangenen Investitionszulage
einen besonderen Passivposten zu bilden und diesen über die Nutzungsdauer der
erworbenen Wirtschaftsgüter abzuschreiben (zu der Möglichkeit dieser Verfahrensweise
bei Investitionszuschüssen, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 04.
November 1999 - IV B 152/98, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen
des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2000, 693, unter 2.b)aa) der Gründe; krit. aber z.B.
Groh, Steuer und Wirtschaft 1991, 90, 91).
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf die Stellungnahme HFA 1/1984 in der Fassung
von 1990 des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer. Diese
Stellungnahme hat lediglich für die handelsbilanzielle Behandlung von
Investitionszulagen Bedeutung; Einfluss auf die steuerliche Beurteilung kommt ihr
hingegen nicht zu. Im Übrigen ergibt sich aus der Stellungnahme, dass handelsbilanziell
Investitionszulagen gerade im Hinblick auf die steuerliche Behandlung häufig im Jahr der
Durchführung der Investition oder zum Zeitpunkt der Gewährung der Zulage in voller
Höhe als Ertrag vereinnahmt würden. Daraus ergibt sich, dass auch nach Auffassung
des Hauptfachausschusses die sofortige Vereinnahmung von Investitionszulagen
steuerlich jedenfalls möglich, wenn nicht sogar geboten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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