Urteil des BFH vom 05.10.2004

BFH (höhe, kläger, beschwerde, eröffnung, forderung, aufrechnung, uneinbringlichkeit, berichtigung, steuer, bemessungsgrundlage)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 12.8.2008, VII B 213/07
Aufrechung mit Steuerforderungen im Insolvenzverfahren
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Insolvenzverwalter in dem über das Vermögen einer GmbH
(Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren. Für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2001 gab der Kläger für die
Schuldnerin eine Umsatzsteuererklärung ab, die eine Steuerschuld ergab, welche sich jedoch aufgrund einer später
abgegebenen berichtigten Umsatzsteuererklärung, der der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--)
zustimmte, ermäßigte. Das sich aus der Ermäßigung ergebende Umsatzsteuerguthaben der Schuldnerin in Höhe von
… EUR resultierte in Höhe von … EUR aus der Berichtigung von nach Insolvenzeröffnung uneinbringlich gewordenen
Forderungen der Schuldnerin. Das FA buchte das gesamte Guthaben auf vor Insolvenzeröffnung fällig gewordene
Umsatzsteuerforderungen der Schuldnerin um und erließ auf Antrag des Klägers einen entsprechenden
Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2001, den es später dahin änderte, dass die Aufrechnung nur in Höhe von …
EUR erklärt wurde.
2 Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte,
dass § 96 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO) der Aufrechnung nicht entgegenstehe, weil der
Erstattungsanspruch der Schuldnerin, der aus der Uneinbringlichkeit von vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
begründeten Forderungen resultiere, eine vor Insolvenzeröffnung aufschiebend bedingt begründete Forderung der
Schuldnerin darstelle.
3 Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Er macht im
Wesentlichen geltend, dass das FG mit seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abweiche,
derzufolge die umsatzsteuerrechtlichen Saldierungsregelungen der §§ 16 ff. des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im
Rahmen der Prüfung des Aufrechnungsverbots gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu beachten seien.
Entscheidungsgründe
4 II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund jedenfalls nicht vorliegt, weshalb der
Senat auf die Mängel bezüglich der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen schlüssigen Darlegung der
Zulassungsgründe nicht näher eingehen muss.
5 Das FG-Urteil weicht nicht von den seitens der Beschwerde angeführten Urteilen des beschließenden Senats vom 5.
Oktober 2004 VII R 69/03 (BFHE 208, 10, BStBl II 2005, 195), vom 16. November 2004 VII R 75/03 (BFHE 208, 296,
BStBl II 2006, 193), vom 16. Januar 2007 VII R 4/06 (BFHE 216, 385, BStBl II 2007, 747) und vom 16. Januar 2007 VII R
7/06 (BFHE 216, 390, BStBl II 2007, 745) ab. Die mit diesen genannten Senatsurteilen entschiedenen Fälle betrafen
Vorsteuervergütungsansprüche, welche sich in dem betreffenden Besteuerungszeitraum sowohl aus vor als auch aus
nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vorsteuerabzugsbeträgen ergaben, und die Frage ihrer
Saldierung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG unter Beachtung des Aufrechnungsverbots des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
6 Um diese Frage geht es im Streitfall nicht. Vielmehr hatte die nach § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG durchzuführende
Saldierung der berechneten Steuer mit (allein nach Insolvenzeröffnung begründeten) Vorsteuerabzugsbeträgen
sowohl bei der ursprünglichen als auch bei der später berichtigten Umsatzsteuererklärung zu einer
Umsatzsteuerschuld der Schuldnerin und nicht zu einem Vergütungsanspruch geführt. Das Umsatzsteuerguthaben und
der entsprechende Erstattungsanspruch der Schuldnerin ergaben sich allein aus der Differenz der Steuerschuld gemäß
der ursprünglichen und der späteren berichtigten Umsatzsteuererklärung. Dass daher diese Differenz --soweit sie noch
streitig ist-- aus der Berichtigung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 1 UStG wegen Uneinbringlichkeit von
bereits vor Insolvenzeröffnung begründeten Forderungen der Schuldnerin resultierte und dass somit ihr auf dieser
Differenz beruhender Erstattungsanspruch eine bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufschiebend bedingt
begründete Forderung war, weshalb die Voraussetzungen des Aufrechnungsverbots des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO im
Streitfall nicht vorliegen, hat das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats
zutreffend erkannt (vgl. Senatsurteile vom 4. Februar 2005 VII R 20/04, BFHE 209, 13; vom 17. April 2007 VII R 27/06,
BFHE 217, 8; Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2005 VII B 309/04, BFH/NV 2006, 369).
7 Dass im Streitfall die seitens der Beschwerde geforderte "vorrangige Beachtung der umsatzsteuerlichen
Saldierungsregeln" einen nicht aufrechenbaren Erstattungsanspruch der Schuldnerin ergibt, ist weder vorgetragen
noch ersichtlich.
8 Allein der Umstand, dass das FG früher in einem ähnlich gelagerten Einzelfall mit Urteil vom 5. April 2006 4 K 96/05
(Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 1474) anders entschieden hat, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision,
zumal das FG seinerzeit bei jener Entscheidung --anders als im Streitfall-- die Senatsurteile in BFHE 209, 13 sowie in
BFHE 217, 8 und den Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 369 nicht berücksichtigt hat bzw. noch nicht kennen konnte.