Urteil des BFH vom 29.04.2009

Milchlieferrecht als abnutzbares Wirtschaftsgut - AfA-Bemessung bei Betriebsaufgabe und Verpachtung der in das Privatvermögen übernommenen Milchreferenzmenge - Anwendungsbereich des § 55 Abs. 6 EStG - Unbegrenzte Nutzungsdauer bei zeitlich begrenzten Rech

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 29.4.2009, IX R 33/08
Milchlieferrecht als abnutzbares Wirtschaftsgut - AfA-Bemessung bei Betriebsaufgabe und Verpachtung der in das
Privatvermögen übernommenen Milchreferenzmenge - Anwendungsbereich des § 55 Abs. 6 EStG - Unbegrenzte
Nutzungsdauer bei zeitlich begrenzten Rechten
Leitsätze
1. Durch die MGV zugeteilte und vom Grund und Boden abgespaltene Milchlieferrechte sind abnutzbare immaterielle
Wirtschaftsgüter.
2. Werden solche Milchlieferrechte nach einer Betriebsaufgabe verpachtet, bemisst sich die AfA nach dem Entnahmewert.
Eine Abschreibung auf zehn Jahre ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) übernahm mit der Aufgabe seines land- und forstwirtschaftlichen
Betriebes zum 1. November 1996 das zum Betriebsvermögen zählende Milchlieferrecht --nach den finanzgerichtlichen
Feststellungen mit einer Größenordnung von 76 341 kg--, das auf nach § 55 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) zu bewertende Flächen entfiel, in sein Privatvermögen. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns wurde der
Entnahmewert dieser Milchquote unstreitig mit 114 511 DM angesetzt, ihr von dem Grund und Boden abgespaltener
Buchwert mit 97 308 DM. Der daraus resultierende Entnahmegewinn von 17 203 DM wurde bei der
Einkommensteuerveranlagung des Klägers für das Jahr 1996 im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
berücksichtigt.
2 Nach der Betriebsaufgabe verpachtete der Kläger die in sein Privatvermögen übernommene Milchreferenzmenge. Bei
der Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung machte er in den Jahren 1997 und 1998 u.a.
Absetzungen für Abnutzung (AfA) für die Milchreferenzmenge in Höhe von 1/10 des Entnahmewertes geltend, die der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) in voller Höhe anerkannte; die Einkommensteuerbescheide für
die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 sind bestandskräftig. Für das Streitjahr 1999 erkannte das FA die vom
Kläger in Höhe von 11 255,55 DM geltend gemachte AfA für die Milchreferenzmenge nicht an, da lediglich eine AfA in
Höhe von 1 720 DM angesetzt werden könne, diese jedoch im Streitjahr nicht mehr zu berücksichtigen sei, weil das
AfA-Volumen bereits in den Vorjahren aufgezehrt sei. Denn die Entnahme aus dem Betriebsvermögen sei tatsächlich
nur in Höhe des angesetzten Entnahmegewinns (17 203 DM) besteuert worden. Der Einspruch hiergegen blieb ohne
Erfolg.
3 Der Klage gab das Finanzgericht (FG) statt, da der Kläger berechtigt gewesen sei, im Streitjahr 1/10 des gemeinen
Werts des Milchlieferrechts im Aufgabezeitpunkt als AfA im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung anzusetzen. Insbesondere handele es sich bei dem Milchlieferrecht um ein abnutzbares immaterielles
Wirtschaftsgut. Es liege auch kein Ausnahmefall vor, bei dem abweichend von dem Grundsatz der Heranziehung des
gemeinen Werts als Bemessungsgrundlage für die AfA nach Betriebsaufgabe die ursprünglichen Anschaffungs- oder
Herstellungskosten zugrunde zu legen seien. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 55 Abs. 6 EStG.
4 Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Bei einem zugeteilten,
abgespaltenen Milchlieferrecht handele es sich nicht um ein abnutzbares Wirtschaftsgut. Ein Entnahmewert sei nur bei
einem entgeltlich erworbenen Milchlieferrecht Bemessungsgrundlage für die AfA. Andernfalls würde die
Sonderregelung des § 55 Abs. 6 EStG unterlaufen. Im Übrigen sei fraglich, in welcher Höhe jemals Aufwand für das
zugeteilte abgespaltene Wirtschaftsgut Milchlieferrecht entstanden sei und ob die ursprünglich im Grund und Boden
und dann im Wirtschaftsgut Milchlieferrecht ruhenden stillen Reserven tatsächlich bis zur Höhe des Entnahmewertes
aufgedeckt worden seien.
5 Das FA beantragt,
6 das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7 Der Kläger beantragt,
8 die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
9
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
10 Das FG hat zu Recht bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung dessen
Milchlieferrecht als abnutzbares Wirtschaftsgut beurteilt und den Entnahmewert des verpachteten Milchlieferrechts als
AfA-Bemessungsgrundlage herangezogen.
11 1. Zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) abziehbaren
Werbungskosten gehören nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG auch die AfA für das verpachtete Recht.
12 a) AfA sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG bei Wirtschaftsgütern vorzunehmen, deren Verwendung oder Nutzung durch
den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem
Jahr erstreckt.
13 Abgeschrieben werden können nur abnutzbare Wirtschaftsgüter. Immaterielle Wirtschaftsgüter können abnutzbar sein
oder zu den nicht abnutzbaren, immerwährenden Rechten zählen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Mai
1998 IV R 48/97, BFHE 186, 268, BStBl II 1998, 775, unter 1. b der Gründe, m.w.N.). Ein immaterielles Wirtschaftsgut
ist nicht abnutzbar, wenn seine Nutzung weder unter rechtlichen noch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zeitlich
begrenzt ist (BFH-Urteile vom 19. Oktober 2006 III R 6/05, BFHE 215, 222, BStBl II 2007, 301, unter II. 2. e der Gründe;
in BFHE 186, 268, BStBl II 1998, 775, unter 1. c der Gründe mit Hinweis auf § 253 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs --
HGB--). Bei zeitlich begrenzten Rechten kann ausnahmsweise von einer unbegrenzten Nutzungsdauer ausgegangen
werden, wenn sie normalerweise ohne weiteres verlängert werden, ein Ende also nicht abzusehen ist (vgl. BFH-
Urteile vom 18. Dezember 1970 VI R 99/67, BFHE 101, 100, BStBl II 1971, 237, unter II. der Gründe; vom 17. Februar
1993 I R 48/92, BFH/NV 1994, 455, unter 1. c der Gründe). Im Zweifel ist jedoch nach dem Grundsatz der Vorsicht von
einer zeitlich begrenzten Nutzung auszugehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).
14 Die Absetzung bemisst sich dabei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1
Satz 2 EStG).
15 Bemessungsgrundlage sind grundsätzlich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des jeweiligen abnutzbaren
Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Entnimmt jedoch ein Steuerpflichtiger wie im Streitfall das später vermietete
Wirtschaftsgut aus seinem Betriebsvermögen, so wendet die Rechtsprechung § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG entsprechend an
und geht neben dem Buchwert (fortgeschriebene Anschaffungskosten) von fiktiven Anschaffungskosten in der Höhe
aus, in der bei Ermittlung des Entnahmegewinns (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) oder des
Aufgabegewinns (§ 16 Abs. 1 und 3 EStG) kraft Gesetzes die stillen Reserven aufgelöst werden (vgl. BFH-Urteil vom
10. Mai 2007 IX R 6/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2008, 225, m.w.N.).
16 Ausnahmsweise sind bei der Überführung in das Privatvermögen die ursprünglichen Anschaffungs- oder
Herstellungskosten weiterhin als künftige AfA-Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen, wenn die stillen Reserven
nicht steuerlich erfasst worden sind (BFH-Urteil in HFR 2008, 225, m.w.N. zur Rechtsprechung).
17 b) Die Milchreferenzmenge ist ein immaterielles Wirtschaftsgut (ständige Rechtsprechung des BFH, Urteil vom 24.
August 2000 IV R 42/99, BFHE 193, 107, BStBl II 2003, 67, unter 1., m.w.N.).
18 Bei Einführung des § 55 EStG zum 1. Juli 1970 war das Recht zur Milchgewinnung und Milchvermarktung ein
unselbständiges Recht, das in dem Wirtschaftsgut Grund und Boden mitenthalten war und mit diesem zusammen
bewertet wurde. Mit der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) vom 25. Mai 1984 (BGBl I, 720) ist mit Wirkung
vom 2. April 1984 die sog. Milchquotenregelung als Produktionseinschränkung in Form eines Milchlieferrechtes
eingeführt worden (vgl. dazu im Einzelnen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 14. Januar
2003, BStBl I 2003, 78). Die MGV stellt auf den Milcherzeuger, nicht auf den Eigentümer des Grund und Bodens ab.
Das ursprünglich als Nutzungsrecht untrennbar mit dem Grund und Boden verbundene Milchlieferrecht hat sich mit
Einführung der MGV vom Grund und Boden abgespalten (vgl. Wendt in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kap.
29a, Rz 135).
19 Nach § 5 Abs. 2 EStG und § 248 Abs. 2 HGB gilt ein allgemeines Bilanzierungsverbot für selbstgeschaffene
immaterielle Wirtschaftsgüter. Dieser Bestandteil der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung gilt auch für
bilanzierende Land- und Forstwirte (Wendt, a.a.O., m.w.N.). Ein entgeltlich erworbenes Wirtschaftsgut liegt jedoch
auch vor, wenn sich das Wirtschaftsgut von einem anderen entgeltlich erworbenen abgespalten hat. Das
abgespaltene Wirtschaftsgut ist dann mit einem Teil der Anschaffungskosten des insgesamt erworbenen zu bewerten.
Dementsprechend geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem Erlös aus der Veräußerung einer
Milchreferenzmenge ein aus dem Wert des Grund und Bodens abzuleitender Buchwert gegenzurechnen ist (sog.
Buchwertabspaltung, vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2000 IV R 11/00, BFHE 192, 547, BStBl II 2003, 64; vom 20.
März 2003 IV R 37/02, BFH/NV 2003, 1403). Danach ist ein Teil der Anschaffungskosten für den Grund und Boden auf
das davon abgespaltene Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge übergegangen (BFH-Urteil vom 25. November 1999 IV R
64/98, BFHE 190, 214, BStBl II 2003, 61).
20 Die Bewertung der verselbständigten Milchreferenzmenge bereitet insoweit Schwierigkeiten, als es vor ihrer
Abspaltung noch keinen Marktpreis für das Recht geben konnte, so dass auch ein Teilwert nicht aus tatsächlichen
Verkäufen abgeleitet werden kann (im Einzelnen Wendt, a.a.O., Rz 136). Er muss schätzweise ermittelt werden.
Dasselbe gilt, wenn zwar ein Recht im Zeitpunkt der Anschaffung als eigenständiges Wirtschaftsgut entstanden war,
es aber nur zusammen mit dem Grund und Boden übertragen werden konnte. So verhielt es sich mit den
Milchlieferrechten, die in der Zeit vom 2. April 1984 bis 29. September 1993 nicht selbständig gehandelt werden
konnten (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 78, Rz 2; Wendt, a.a.O., Rz 136 f.). Der Buchwert der
Milchreferenzmenge ist aus dem zum 1. Juli 1970 festgestellten Wert des Grund und Bodens abzuleiten. Der
Pauschalwert ist dazu im Verhältnis der am Tag der Ausfertigung der MGV (25. Mai 1984) für die Milchreferenzmenge
einerseits und den nackten Grund und Boden andererseits erzielbaren örtlichen Marktpreise aufzuteilen (BFH-Urteil in
BFHE 192, 547, BStBl II 2003, 64). Zur Berechnung des abgespaltenen Wertes von Milchlieferrechten hat die
Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 78 eingehend Stellung genommen. Danach betrug der Teilwert
des Milchlieferrechts zum 2. April 1984 0,80 DM/kg (BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 78, Rz 12).
21 2. Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Milchlieferrecht des Klägers um ein abnutzbares immaterielles
Wirtschaftsgut. Bemessungsgrundlage der AfA hierfür ist der im Rahmen der Betriebsaufgabe und Überführung in das
Privatvermögen angesetzte (gemeine) Wert des Milchlieferrechts.
22 a) Das Milchlieferrecht ist abnutzbar (vgl. zu Zuckerlieferrechten BFH-Urteil vom 16. Oktober 2008 IV R 1/06, BFH/NV
2009, 723, unter II. 4, m.w.N.). Es handelt sich bei Milchlieferrechten um Rechte von zwar unbestimmter, aber
begrenzter Dauer, da Gewissheit über ihr Ende, nicht aber über dessen Zeitpunkt besteht. Zutreffend stellt das FG fest,
dass die Frage der Abnutzbarkeit der Milchreferenzmenge nicht davon abhängig sein kann, ob sie entgeltlich
erworben oder abgespalten wurde. Die zeitliche Begrenzung des Milchlieferrechts folgt aus der Abhängigkeit von der
MGV (zur Abnutzbarkeit eines entgeltlich erworbenen Milchlieferrechts BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 78, Rz 28;
Wendt, a.a.O., Kap. 30 Rz 18, m.w.N.; a.A. König in Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte,
Abschn. A Rz 1476d, für den Zeitraum vor dem 1. April 2008). Es handelt sich um ein Recht von unbestimmter Dauer,
da die MGV eine explizite Befristung zwar nicht enthält, jedoch die zugrunde liegenden Vorschriften der EU bisher
stets von einer zeitlichen Begrenzung (zunächst nur auf fünf Jahre) ausgegangen sind (König, a.a.O.). Diese Normen
wurden mehrmals, zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/03) des Rates vom 29. September
2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 270/123, 125) bis zum
31. März 2015 verlängert. Nach aktuellen Verhältnissen ist mit einer Verlängerung über diesen Termin hinaus nicht zu
rechnen. Die Finanzverwaltung ist seit Beginn der Produktionsbeschränkungen davon ausgegangen, dass das
Milchlieferrecht ein auf zehn Jahre befristetes Recht darstellt, und hat auf dieser Grundlage bei entgeltlich erworbenen
Milchreferenzmengen eine Verteilung der Anschaffungskosten auf zehn Jahre zugelassen. Nach König (a.a.O.) kann
dies allenfalls aus Billigkeitsgesichtspunkten akzeptiert werden, da bis zur Verlängerung über das Jahr 2008 hinaus
nicht absehbar war, wann die Produktionsbeschränkungen tatsächlich auslaufen und welche Regelungen an die
Stelle der Anlieferungsreferenzmenge treten würden. Jedoch war die ursprüngliche Verordnung (EWG) Nr. 856/84
des Rates vom 31. März 1984 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 90/10) auf fünf
aufeinanderfolgende 12-Monats-Zeiträume begrenzt. Diese Regelung wurde zunächst auf weitere vier Jahre
verlängert und dann von der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 (ABlEG Nr. L 405/1)
abgelöst, welche wiederum auf sieben Jahre begrenzt war. Diese Verordnung wurde dann durch die Verordnung (EG)
Nr. 1256/1999 (VO Nr. 1256/99) des Rates vom 17. Mai 1999 (ABlEG Nr. L 160/73) für weitere acht Jahre ab dem 1.
April 2000 verlängert. Danach war nach den Verhältnissen im Streitjahr 1999 von einer zeitlichen Begrenzung der das
Milchlieferrecht begründenden europarechtlichen Vorschriften auszugehen. Die Ungewissheit, ob etwaige
Verlängerungen der Regelungen folgen oder diese definitiv auslaufen würden, begründet die Annahme einer
unbestimmten, aber begrenzten Dauer des Milchlieferrechts. Dies korrespondiert mit der Zwecksetzung der
Milchreferenzmenge als vorübergehendes Marktregulierungsinstrument (vgl. von Schönberg, Deutsche Steuer-
Zeitung 2001, 145, 151). Entsprechend Art. 3 VO Nr. 1256/99 verpflichtete sich der Rat, im Jahr 2003 auf der
Grundlage eines Berichts der Kommission eine Halbzeitbewertung mit dem Ziel vorzunehmen, die gegenwärtige
Quotenregelung nach dem Jahr 2006 auslaufen zu lassen. Nach den Verhältnissen im Streitjahr kann damit nicht von
einer stets weiterfolgenden Verlängerung der Rechtsgrundlagen des Milchlieferrechts ausgegangen werden, auch
wenn ein solches mit der VO Nr. 1788/03 noch einmal ab 1. April 2004 für 11 Jahre verlängert wurde.
23 b) Die von der Finanzverwaltung der Abschreibung entgeltlich erworbener Milchlieferrechte zugrunde gelegte und
vom FA im Streitfall --bezogen auf eine zu geringe Bemessungsgrundlage-- auch angesetzte Abschreibungsdauer
von zehn Jahren ist im Hinblick auf die zeitliche Unsicherheit der Fortdauer der Rechtsgrundlagen für das
Milchlieferrecht im Streitjahr aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Es handelt sich um eine vertretbare
Schätzung.
24 Zwar unterschreitet die geschätzte Nutzungsdauer die eines Geschäfts- oder Firmenwerts gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3
EStG. Jedoch ist diese Unterschreitung im Hinblick auf die dargelegten europarechtlichen Besonderheiten des
Milchmarktes jedenfalls vertretbar.
25 Als AfA-Bemessungsgrundlage ist der Entnahmewert Milchquote anzusetzen, der unstreitig 114 511 DM betrug. Dass
der Entnahmewert als solcher in unzutreffender Höhe der Besteuerung der Betriebsaufgabe zugrunde gelegt worden
wäre, ist vom FA nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Gründe dafür, dass anstelle des Entnahmewerts
lediglich der Entnahmegewinn als AfA-Bemessungsgrundlage heranzuziehen wäre, wie vom FA angenommen,
bestehen nicht.
26 Abgesehen davon, dass im Streitfall tatsächlich die stillen Reserven aus dem Milchlieferrecht bei der Betriebsaufgabe
aufgedeckt wurden, ergibt sich auch aus § 55 Abs. 6 EStG keine abweichende AfA-Bemessungsgrundlage. § 55 Abs.
6 EStG begrenzt den Abzug von Verlusten, die u.a. bei Entnahme dadurch entstehen, dass der Teilwert niedriger ist
als der doppelte Ausgangsbetrag nach § 55 Abs. 2 bis 4 EStG. § 55 Abs. 6 EStG schließt in bestimmten Fällen die
steuerwirksame Berücksichtigung von Buchverlusten aus, wobei ggf. ein Teil des Pauschalwerts i.S. von § 55 Abs. 1
EStG auf eine Milchquote mit der Folge entfällt, dass bei der Veräußerung bzw. Aufgabe des Betriebs ein
entsprechender Teil des verdoppelten Ausgangsbetrags sich im Hinblick auf das selbständige Wirtschaftsgut
Milchlieferungsquote verbraucht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 192, 547, BStBl II 2003, 64; Lamprecht in Kirchhof, EStG, 8.
Aufl., § 55 Rz 18).
27 Gegen die Anwendung von § 55 EStG auf die abgespaltene Milchquote des Klägers spricht jedoch schon der Wortlaut
von § 55 Abs. 1 Satz 2 EStG, auf den § 55 Abs. 6 Satz 1 EStG verweist. Jedenfalls kommt § 55 Abs. 6 EStG im Streitfall
deshalb nicht zum Tragen, weil es nicht um "Verluste" aus "der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden"
im Sinne dieser Vorschrift geht, sondern um einen Entnahmegewinn. Mit der Entnahme ist insgesamt ein neuer Wert --
vorliegend angesichts der Betriebsaufgabe-- in Gestalt des gemeinen Werts entstanden. Dieser Wert ist nicht von dem
Wert i.S. von § 55 Abs. 1 EStG abgeleitet; daher betrifft die Regelung des § 55 Abs. 6 EStG diesen Wert nicht. Im
Übrigen bezieht sich § 55 Abs. 6 EStG expressis verbis auf Gewinneinkunftsarten, nicht aber auf Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung. Soweit der BFH ausgeführt hat, dass § 55 Abs. 6 EStG der Berücksichtigung einer
Wertminderung auch als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entgegenstehe (BFH-
Urteil vom 16. Oktober 1997 IV R 5/97, BFHE 184, 453, BStBl II 1998, 185), ergab sich dies nicht aus einer
Anwendung der Vorschrift im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung selbst. Vielmehr betraf § 55
Abs. 6 EStG die Höhe der Entnahme, welche ihrerseits den Umfang der Werbungskosten bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung bestimmte.
28 3. Die Sache ist spruchreif. Unzutreffend hat das FA im angefochtenen Bescheid die von den Klägern geltend
gemachte AfA-Milchquote gekürzt.