Urteil des BFH vom 23.01.2008

BFH (wiedereinsetzung in den vorigen stand, antrag, kläger, gesetzliche frist, frist, zpo, erklärung, aussicht, wiedereinsetzung, beschwerde)

BUNDESFINANZHOF Beschluß vom 17.4.2008, III S 12/08 (PKH)
Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtige Rechtsmitteleinlegung beim BFH - kein Vertretungszwang für Antrag beim
BFH
Tatbestand
1 I. Die Klage des Klägers und Antragstellers (Kläger) wegen Kindergeld wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das
Urteil wurde dem Kläger am 14. Dezember 2007 zugestellt. Mit dem am 25. Januar 2008 beim Bundesfinanzhof (BFH)
eingegangenen Schriftsatz vom 23. Januar 2008 teilt der Kläger sinngemäß mit, er beabsichtige, gegen das Urteil des
FG Beschwerde einzulegen. Aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei er jedoch nicht in der Lage,
einen Prozessvertreter zu bezahlen, und er finde auch keinen Rechtsanwalt, der ohne Bezahlung für ihn tätig werde.
Entscheidungsgründe
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II. Das Vorbringen des Klägers ist als Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die von ihm
beabsichtigte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des FG zu verstehen.
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Der Antrag wird abgelehnt.
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1. Der vom Kläger selbst gestellte Antrag ist zwar zulässig. Für ihn besteht kein Vertretungszwang nach § 62a der
Finanzgerichtsordnung --FGO-- (vgl. Beschlüsse des BFH vom 21. Dezember 2001 VII S 13/01, BFH/NV 2002, 692,
und vom 9. April 2002 X S 2/02 (PKH), BFH/NV 2002, 949).
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2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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a) Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten einer Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen
kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint. Unter diesen Voraussetzungen kann dem Beteiligten auch ein Rechtsanwalt oder ein
Steuerberater für das Verfahren vor dem BFH beigeordnet werden (§ 142 FGO, § 121 ZPO). Dem beim Prozessgericht
zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende
Belege beizufügen (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO). Die Erklärung ist auf amtlichem Vordruck abzugeben (§ 117
Abs. 3 und 4 ZPO).
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b) Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für
den Eintritt des Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juli 1999 V S 6/99,
BFH/NV 2000, 193). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Das vom Kläger beabsichtigte Verfahren wegen
Nichtzulassung der Revision hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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In diesem Zusammenhang ist ohne Bedeutung, dass die mit der Zustellung des Urteils des FG an den Kläger am 14.
Dezember 2007 in Lauf gesetzte Frist für die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde von einem Monat nach §
116 Abs. 1 Satz 2 FGO in der Zwischenzeit verstrichen ist. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit und damit
unverschuldet nicht in der Lage ist, eine vertretungsberechtigte Person mit der Einlegung der Beschwerde zu
beauftragen, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2007 IX S
10/07 (PKH), BFH/NV 2007, 1918).
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Die Wiedereinsetzung setzt jedoch voraus, dass der Beteiligte ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist
einzuhalten. Hiervon ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur auszugehen, wenn er innerhalb der Frist für die
Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH alles ihm Zumutbare getan hat, um das in seiner Mittellosigkeit
bestehende Hindernis zu beheben. Der Beteiligte muss daher bis zum Ablauf der Beschwerdefrist die
Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde schaffen. Dazu gehört,
dass er innerhalb der Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH den Antrag auf PKH stellt und
ferner die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgeschriebenen
Formblatt beifügt (z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. April 2004 VII S 9/04, BFH/NV 2004, 1288, und vom 28. September
2005 X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249, jeweils m.w.N.; vgl. auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
7. Februar 2000 2 BvR 106/00, Neue Juristische Wochenschrift 2000, 3344). Dem um PKH nachsuchenden
Beteiligten ist es zuzumuten, sich über die formalen Erfordernisse ggf. beim FG oder BFH zu erkundigen (BFH-
Beschluss in BFH/NV 2005, 2249, m.w.N.).
10 c) Im Streitfall ist die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde mit der Zustellung des FG-Urteils an den
Kläger am 14. Dezember 2007 in Lauf gesetzt worden und am 14. Januar 2008 abgelaufen. Der Antrag des Klägers
auf PKH ist jedoch erst am 25. Januar 2008 und damit verspätet beim BFH eingegangen. Dem Antrag war auch keine
Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger
ohne sein Verschulden gehindert war, den Antrag unter Beifügung des Formblatts rechtzeitig einzureichen (§ 56
FGO), sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Hinweis des Klägers auf seine beengten finanziellen Verhältnisse
und auf "die nervigen und körperlichen Belastungen" vermögen eine schuldlose Fristversäumung nicht zu begründen.
Es ist nicht erkennbar, weshalb es dem Kläger nicht möglich gewesen wäre, innerhalb der Beschwerdefrist einen
formell ordnungsgemäßen PKH-Antrag zu stellen, zumal dazu nur wenige Ausführungen und Angaben auf dem
vorgesehenen Formblatt erforderlich sind.
11 Da somit die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben sind
und die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde daher keinen Erfolg verspricht, war der PKH-Antrag abzulehnen.
Der Senat kann deshalb auch der Bitte des Klägers, ihm Anschriften bzw. Stellen zu nennen, wo er Hilfe bekommen
könne, nicht entsprechen.
12 3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 1 Nr. 3, § 3 Abs. 2 des
Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis).