Urteil des BFH vom 27.03.2008

BFH: dienstleistungsfreiheit

BUNDESFINANZHOF Beschluß vom 27.3.2008, II B 80/07
Vorübergehende Ausübung von Dienstleistungen --Art. 50 EG--
Gründe
1 Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3
der Finanzgerichtsordnung (FGO).
2 1. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend macht, die Vorentscheidung weiche von der
Rechtsprechung anderer Gerichte ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO), genügt die Begründung dem
Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO u.a. deswegen nicht, weil keine tragenden abstrakten Rechtssätze
aus der Vorentscheidung sowie aus den nach Auffassung des Klägers abweichenden Entscheidungen anderer
Gerichte so gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. m.w.N. Beschluss des
Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Mai 2005 III B 5/05, BFH/NV 2005, 1758; zu den Voraussetzungen einer Rüge
wegen Divergenz und deren Darlegung vgl. m.w.N. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 43 ff. und
§ 116 Rz 40 ff.). Dies gilt sowohl bezüglich der vom Kläger angeführten Entscheidungen des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften (EuGH) als auch des Bundesgerichtshofs (BGH), hier insbesondere des BGH-Urteils
vom 13. Oktober 2005 3 StR 385/04 (Neue Juristische Wochenschrift 2005, 3732).
3 2. Soweit der Kläger geltend macht, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, genügt die Begründung
ebenfalls nicht dem Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
4 a) Ebenso wie für eine ordnungsgemäße Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung die bloße Behauptung der
Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift nicht ausreicht, entbindet auch die Behauptung eines Verstoßes gegen
höherrangiges Gemeinschaftsrecht nicht von einer näheren Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (BFH-
Beschlüsse vom 15. Februar 1995 VII B 100/94, BFH/NV 1995, 829; vom 11. März 1998 X B 49/97, BFH/NV 1998, 1091,
und vom 8. April 2005 V B 123/03, BFHE 209, 167, BStBl II 2005, 585).
5 b) Soweit dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen ist, von grundsätzlicher Bedeutung solle die Frage sein, wie das
Tatbestandsmerkmal "vorübergehend" in Art. 50 Satz 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
(EGV) auszulegen ist, wäre es erforderlich gewesen, die grundsätzliche Bedeutung substantiiert in einer an den
Vorgaben des Gemeinschaftsrechts sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung orientierten Auseinandersetzung
darzulegen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Januar 2005 III B 1/04, BFH/NV 2005, 1080). Dies ist nicht geschehen.
6 Die Auslegung des Art. 50 Satz 3 EGV ist durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. BFH-Beschluss vom 20.
Juni 2007 X B 156/06, BFH/NV 2007, 1928, m.w.N.). Der Kläger trägt keine neuen Gesichtspunkte vor, die eine erneute
Prüfung und Entscheidung dieser Frage erforderlich machen (vgl. m.w.N. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28).
7 Auch der Hinweis auf die Richtlinie 2005/36/EG ist ohne Eingehen auf Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/61/EG
unzureichend. Nach dieser Vorschrift gilt der Grundsatz, dass die Dienstleistungsfreiheit nicht aufgrund der
Berufsqualifikation eingeschränkt werden darf, nur für den Fall, dass sich der Dienstleister zur vorübergehenden und
gelegentlichen Ausübung des Berufs in den Aufnahmemitgliedstaat --im Streitfall Deutschland-- begibt. Die Richtlinie
setzt also, wie auch Art. 50 EGV, eine vorübergehende Dienstleistung voraus. Der Kläger hätte mithin darlegen
müssen, warum und aus welchen Gründen die Richtlinie gegen die Auslegung des Merkmals "vorübergehend" in Art.
50 EGV durch die Rechtsprechung sprechen soll.
8 3. Soweit der Kläger Verfahrensmängel rügt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), sind die die Mängel ergebenden Tatsachen nicht
genau bezeichnet und damit Verfahrensmängel nicht schlüssig dargelegt (vgl. BFH-Beschluss vom 12. April 2002 XI B
88/01, BFH/NV 2002, 1026). Insbesondere hat der Kläger jeweils nicht bezeichnet, was sich bei der Aufklärung des
Sachverhalts bzw. bei einer Beweiserhebung ergeben bzw. was er bei Gewährung rechtlichen Gehörs noch
vorgetragen hätte, und nicht dargelegt, dass bei dessen Berücksichtigung die Entscheidung des Finanzgerichts (FG),
ausgehend von seiner materiell-rechtlichen Auffassung, anders hätte ausfallen können (BFH-Beschlüsse vom 10.
Oktober 2007 IV B 130/06, BFH/NV 2008, 233; vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332; vom 28. Juli 1997
VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29).