Rechtsanwalt Rolf Jürgen Franke

Rolf Jürgen Franke
12305, Berlin-Lichtenrade
20.04.2011

Kosten bei Rücknahme des Strafantrags

Der bei einem Verkehrsunfall Verletzte nahm seinen Strafantrag wirksam zurück, ohne an die Kostenfolge des § 470 StPO zu denken. Als ihm die Kostenrechnung präsentiert wurde, versuchte er zunächst vergeblich, den Kopf aus der Kostenschlinge zu ziehen, indem er die Rücknahme zurücknahm. Das ist nicht wirksam möglich (§ 77d Absatz 1 Sätze 2 und 3 StGB). Dem Verletzten wurde gleichwohl geholfen.



Die Polizei hatte zunächst von Amts wegen ermittelt.  Die Amtsanwaltschaft führte das Verfahren weiter und gab es an die Staatsanwaltschaft ab, weil es nicht nur ein Antragsdelikt zum Gegenstand hatte. In ihrer Abschlussverfügung hat die zuständige Staatsanwältin vermerkt, Anhaltspunkte für Delikte nach §§ 153, 226 StGB lägen nicht vor, im Übrigen sei das Mitverschulden des Geschädigten zu berücksichtigen, und den Erlass eines Strafbefehls wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil des Beschwerdeführers beantragt. In den angewandten Strafvorschriften ist § 77 StGB aufgeführt.

Die Kostenregelung lautet wie folgt:



§ 470 StPO

Wird das Verfahren wegen Zurücknahme des Antrags, durch den es bedingt war, eingestellt, so hat der Antragsteller die Kosten sowie die dem Beschuldigten und einem Nebenbeteiligten (§ 431 Abs. 1 Satz 1, §§ 442, 444 Abs. 1 Satz 1) erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen. Sie können dem Angeklagten oder einem Nebenbeteiligten auferlegt werden, soweit er sich zur Übernahme bereit erklärt, der Staatskasse, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten.


Hier setzt die Begründung des Landgerichts Berlin an:

"§ 470 StPO bestimmt indes nur, dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens sowie die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, wenn das Verfahren wegen Zurücknahme des Antrags, durch den es bedingt war, eingestellt wird. Nach dem Satz 2 der genannten Vorschrift können Kosten und/oder Auslagen der Staatskasse auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Hier ist das Verfahren aber nicht durch den Strafantrag bedingt gewesen. § 470 StPO ist nämlich nicht anwendbar, wenn bei Einleitung des Verfahrens Tateinheit eines Antragsdelikts mit einem Offizialdelikt bestanden hat, denn dann ist das Verfahren nicht nur durch den Strafantrag bedingt gewesen (vgl. Meyer-Goßner, 53. Auflage, Rdnr. 2 zu § 470 StPO, Degener in SK, Rdnr. 4 zu § 470 StPO; Hilger in Löwe-Rosenberg, 25. Auflage, Rdnr. 2 zu § 470 StPO).
Zwar wird für die Konstellation, dass ein als Offizialverfahren begonnener Strafprozess später nur noch wegen eines Antragsdelikts fortgeführt wird, die Auffassung vertreten, dass bei Rücknahme des Strafantrags § 470 StPO anwendbar sei, beschränkt auf die Kosten und Auslagen, die nach der Beschränkung des Verfahrensgegenstandes auf das Antragsdelikt entstanden sind (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 14. April 1964 – 1 Ss 66/64 –, GA 1964, 250). Diese Auffassung berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass der Antragsteller über die prozessuale Situation des Verfahrens zumeist nicht informiert ist, zumal er, soweit er nicht Nebenkläger ist und sich eines Rechtsanwalts bedient, in der Regel keine Akteneinsicht erhält. Deshalb ist es sachgerecht ein Verfahren insgesamt nur dann als durch einen Strafantrag bedingt zu betrachten, wenn nur eine auf Antrag verfolgbare Straftat Gegenstand des Strafverfahrens ist (vgl. RG JW 1891, 55; Eberhard Schmidt, Lehrkommentar StPO, 1970 Nachträge zu II., Rdnr. 7 zu § 470 StPO)."