Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
20.10.2010

Staffelung der Urlaubstage nach Altersgruppen unzulässig?

Wird die Anzahl der Urlaubstage an das Alter der Arbeitnehmer gekoppelt, stellt dies nach Ansicht des Arbeitsgerichts Wesel (Nordrhein-Westfalen) eine unmittelbare Diskriminierung dar, da jüngere Arbeitnehmer in unzulässiger Weise für einen bestimmten Zeitraum schlechter gestellt werden als ältere.

Im entsprechenden Fall folgte das Gericht der Auffassung einer 23-jährigen Angestellten, die sich durch einen Manteltarifvertrag, welcher eine Staffelung der Urlaubstage nach Altersgruppen zwischen 30 und 36 Tagen enthielt, benachteiligt sah. Die entsprechende Tarifnorm stelle einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dar, § 3 Abs. 1 AGG.

Das Arbeitsgericht Wesel widersprach damit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das eine Urlaubsstaffelung auch für jüngere Lebensjahre bislang ohne konkrete Begründung für zulässig hält. Die Kammer zweifelte an der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung durch ein legitimes Ziel im Sinne des § 10 Abs. 1 AGG. Ein solches Ziel müsse anhand von objektiven Faktoren nachvollziehbar gemacht werden, die nichts mit der Diskriminierung aufgrund des Alters zu tun haben, es sei denn, das Ziel der gewählten Altersstruktur beruht auf einem nachvollziehbaren Erfahrungssatz oder sonstigen möglicherweise beachtenswerten öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Hierfür sah das Arbeitsgericht jedoch keine Anhaltspunkte.

Auch das vom Arbeitgeber angeführte Argument, der Manteltarifvertrag gewähre den Beschäftigten einen höheren Urlaubsanspruch als das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) und stelle die Beschäftigten mithin besser, ließen die entscheidende Kammer nicht gelten. Dies sei nicht der richtige Vergleichsrahmen. Bei der Prüfung einer Schlechterstellung müssen die Arbeitnehmer verglichen werden, die unter den Anwendungsbereich des entsprechenden Manteltarifvertrages fallen. Ein Vergleich mit Arbeitnehmern, denen lediglich der gesetzliche Mindesturlaub zusteht, sei nicht vorzunehmen.

ArbG Wesel, Urt. v. 11.08.2010

Az.: 6 Ca 736/10

Anmerkung: Ob diese Auffassung in weiteren Instanzen bestätigt wird, bleibt abzuwarten. Geringe Zweifel sind jedoch nicht unberechtigt.