Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
29.06.2011

Kündigung durch Bevollmächtigten soll gelernt sein

Enthält der Arbeitsvertrag eine Bestimmung, nach welcher der jeweilige Inhaber einer bestimmten Person zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt ist, kann ein Arbeitnehmer die Kündigung durch diese Person nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts zurückweisen, wenn der Arbeitgeber die kündigungsberechtigte Person weder konkret benannt hat, noch einen Weg eröffnet hat, wie Arbeitnehmer den Namen des Stelleninhabers erfahren können.

Im der Entscheidung des BAG zugrunde liegenden Arbeitsvertrag  war geregelt, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden könne. Schließlich kündigte die beklagte Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich. Das Kündigungsschreiben unterschrieb der Niederlassungsleiter „i. V.“. Daraufhin wie die Klägerin die Kündigung wegen Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde unverzüglich zurück und erhob Kündigungsschutzklage. Sie war der Auffassung, die Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte sie nicht davon in Kenntnis gesetzt, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

Nachdem die Klägerin in der ersten Instanz unterlag, gab das Landesarbeitsgericht ihrer Klage statt. Die Revision der Beklagten wies das BAG zurück, denn die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht wirksam gekündigt.

Gemäß § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft wie die Kündigung, welches ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte keine entsprechende Vollmachtsurkunde vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Dieses Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat.

Vorliegend hatte der kündigende Niederlassungsleiter keine Vollmacht vorgelegt und die Klägerin die Kündigung aus diesem Grund zurückgewiesen. Zwar wurde der Klägerin mitgeteilt, dass der jeweilige Niederlassungsleiter zum Ausspruch von Kündigungen befugt ist. In dieser bloßen Kundgabe einer Innenvollmacht liege aber in den Augen der Bundesrichter noch kein Inkenntnissetzen im Sinne des § 174 Satz 2 BGB. Ebenso reiche der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben selbst nicht aus.

Das BAG verlangt hier ein zusätzliches Handeln eines vollmachtgebenden Arbeitgebers. Die Beklagte hätte vor Zugang der Kündigungserklärung  der Klägerin ermöglichen müssen, die Person des Kündigenden der kündigungsbefugten Funktion zuzuordnen. Dies sei nicht mit der namentlichen Bezeichnung der Kündigungsberechtigten im Arbeitsvertrag gleichzusetzen. Es reiche vielmehr aus, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern aufzeigt, wie er unschwer in Erfahrung bringen kann, welche konkreten Personen zur Kündigung berechtigt sind. Beispielsweise könne dies über das Intranet oder durch Aushänge realisiert werden.

 

BAG, Urt. v. 14.04.2011

Az.: 6 AZR 727/09